Schuldenkrise

Risikofaktor Griechenland


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Vertreter internationaler Organisationen und führender Industriestaaten haben am Wochenende den Druck auf Europa erhöht, das Problem des von Zahlungsunfähigkeit bedrohten Griechenland zu lösen. Zugleich zeichnete sich bei der am Sonntag beendeten Jahrestagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank weiterhin keine Einigkeit der Europäer untereinander in der Frage ab, ob und wie die finanzielle Schlagkraft des vorläufigen Rettungsfonds EFSF erhöht werden könnte. Derartige Maßnahmen könnten im Falle eines Zahlungsausfall Griechenlands notwendig werden, um Italien und andere hoch verschuldete Staaten der Eurozone vom Druck der Finanzmärkte abzuschirmen.

Spekulationen über eine Pleite des Mittelmeerlandes hatten Ende dieser Woche Auftrieb erhalten, nachdem der niederländische Zentralbankgouverneur Klaas Knot in einem Zeitungsinterview einen Zahlungsausfall Griechenlands nicht hatte ausschließen wollen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte zudem gesagt, eventuell müsse die Abmachung über eine Beteiligung privater Gläubiger an einer möglichen Schuldenrestrukturierung Griechenlands revidiert werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte eine Pleite Griechenlands am Wochenende aber erneut ausgeschlossen. Der Deutsche Bundestag wird in der kommenden Woche über die Erhöhung von Volumen und Befugnisse des EFSF abstimmen.

Unterdessen bemüht sich Griechenland weiterhin darum, die für eine Auszahlung der bis Mitte Oktober notwendigen Hilfstranche notwendigen Einnahmeerhöhungen und Ausgabeeinsparungen auf den Weg zu bringen. Finanzminister Evangelos Venizelos sagte in Washington, das Land werde seine Zahlungsverpflichtungen erfüllen. Gleichwohl werden derzeit verschiedene Möglichkeiten erwogen, für den Fall einer griechischen Staatspleite ein Übergreifen der Finanzierungsprobleme auf andere hoch verschuldete Staaten zu verhindern.

So hatte US-Finanzminister Timothy Geithner vorgeschlagen, die Schlagkraft des EFSF über eine "Hebelung" zu vervielfachen. Europäische Ökonomen hatten bereits vorher angeregt, dem EFSF Zugang zu einer Refinanzierung über die Europäische Zentralbank (EZB) zu geben. Allerdings wurde diese Option vor allem von deutscher Seite verworfen. Bundesbankpräsident Jens Weidmann sagte, er sehe die Erteilung einer Banklizenz an den EFSF als Problem, denn eine monetäre Finanzierung von Staatsschulden dürfe es nicht geben.

Allerdings verstärkte sich am Wochenende von europäischer Seite der Druck auf Deutschland, in Sachen EFSF zu einer Lösung zu kommen. So sagte EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn, in Europa wachse der Wille, den EFSF zu maximieren. Die Regierungen der Eurozone sollten nach Wegen zu einer Hebelung des EFSF suchen, so bald sie EFSF-Beschlüsse vom 21. Juli umgesetzt seien. Italien Finanzminister Giulio Tremonti sagte, zur Lösung außerordentlicher Probleme müssten außerordentliche Lösungen gefunden werden. "Zeit ist entscheidend, und es ist nur noch wenig übrig. Wir haben zu viel verschwendet", sagte er. Letztlich müsse es zur Ausgabe von Euro-Bonds kommen.

Als weitere Möglichkeit, mit einer drohenden Staatspleite Griechenlands umzugehen, wird derzeit Presseberichten zufolge ein Vorziehen des eigentlich erst für Mitte 2013 vorgesehenen Rettungsmechanismus ESM erwogen. Ein Unterschied zwischen ESM und EFSF besteht darin, dass der ESM den Zahlungsausfall eines Staates prinzipiell vorsieht. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagte, er sei prinzipiell offen für die Idee, den ESM auf 2012 vorzuziehen. Allerdings müssten hierzu erst auf nationaler Ebene die entsprechenden Beschlüsse gefasst werden.

Nach Aussage eines Vertreters der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G-20) wird überlegt, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Staatsanleihekäufe ausweiten könnte, während der EFSF einen Teil der potenziellen Wertverluste garantieren würde. Für diese Idee gebe es zunehmend Unterstützung. Auf die Frage, wie EZB-Präsident Jean-Claude Trichet zu dieser Idee stehe, sagte der G-20-Offizielle, Trichet scheide im November aus dem Amt. Dezidierten Widerstand gegen die Staatsanleihekäufe haben zuletzt nur die deutschen Vertreter im EZB-Rat, Jens Weidmann und Jürgen Stark, geleistet. Stark scheidet zum Jahresende auf eigenen Wunsch aus und wird durch Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen ersetzt.

Der IWF strebt vor dem Hintergrund der anhaltenden europäischen Staatsschuldenkrise eine Ausweitung seiner Finanzkraft an. Der IWF-Lenkungsausschuss erklärte zum Abschluss der Jahrestagung, die gegenwärtigen Potenzen des Fonds verblassten vor den möglichen Herausforderungen. Von deutscher Seite werden Vorschläge, Befugnisse und Finanzausstattung des Fonds zu erhöhen, skeptisch gesehen.

 

[Bildquelle: iStockPhoto]

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