Schuldenkrise im Euroraum

Deutsche Konjunktur "im Abwärtssog"


Deutsche Konjunktur "im Abwärtssog" News

Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) hat seine Prognosen für das deutsche Wachstum deutlich gesenkt und sieht die hiesige Konjunktur inzwischen "im Abwärtssog". Das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) werde 2012 nur um 0,7% zunehmen, 2011 wachse es um 3,2%, was jedoch wesentlich auf die sehr gute Entwicklung im ersten Quartal zurückgehe, erklärte das Konjunkturinstitut der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung am Mittwoch in Berlin.

"Nach nur gut sechs Monaten Dauer ist die kräftige wirtschaftliche Erholung in Deutschland abrupt beendet", beklagten die IMK-Ökonomen, die die Vorhersage gegenüber ihrer Prognose vom Juni für 2011 um 0,8 Prozentpunkte und für 2012 um 1,6 Prozentpunkte zurücknahmen. Bis Ende 2011 werde die deutsche Wirtschaft lediglich mit deutlich gebremster Dynamik wachsen, und im kommenden Jahr setze sich sogar ein stagnativer Trend durch. "Die deutsche Wirtschaft ist in einen Abwärtssog geraten", konstatierten die Forscher.

Als Hauptursache nannten sie die Schuldenkrise im Euroraum, die bei wichtigen Handelspartnern zu massiven öffentlichen Sparprogrammen und zu einer tiefen Skepsis über die weite wirtschaftliche Entwicklung geführt habe. Darunter leide der deutsche Export. Weitere Faktoren seien die schwache wirtschaftliche Entwicklung in den USA und eine leichte konjunkturelle Beruhigung in Asien. Die Entwicklung am deutschen Arbeitsmarkt sei trotz der starken konjunkturellen Eintrübung vorerst positiv, die Arbeitslosigkeit werde auch 2012 im Jahresdurchschnitt leicht sinken.

Das IMK erwartet im Schnitt 2,98 Millionen Arbeitslose dieses Jahr und 2,87 Millionen im nächsten, was einer Arbeitslosenquote von 7,1% im Jahr 2011 und 6,8% im Jahr 2012 entspricht. Für die deutschen Exporte rechnete das IMK mit einem Wachstum um 8,3% in diesem und um 3,6% im kommenden Jahr. Die Importe legen laut der Prognose 2011 um 7,7% und 2012 um 4,1% zu. Die realen privaten Konsumausgaben steigen nach der Erwartung des IMK 2011 um 1,3% und 2012 um 0,7%.

"Die gute Nachricht unserer Prognose ist: In dem aus unserer Sicht wahrscheinlichsten Szenario wird die Wirtschaft weder in Deutschland noch im Euroraum 2011 oder 2012 in eine Rezession abgleiten", sagte der wissenschaftliche IMK-Direktor Gustav A. Horn. "Die schlechte Nachricht: Wir sind nicht weit davon entfernt". Die Konjunktur falle im kommenden Jahr "abrupt vom Galopp in den Krebsgang".

Das IMK ging in seiner Prognose davon aus, dass sich die Staatsschuldenkrise im Euroraum bis Ende 2012 nicht dramatisch zuspitzen wird. Allerdings schlossen die Ökonomen eine Eskalation auch nicht aus. Sollte es beispielsweise in Griechenland zu einem Schuldenschnitt kommen, drohe eine neue Finanzmarktkrise und dem gesamten Euroraum eine tiefe Rezession. "Die Prognose ist mit hohen Risiken behaftet", warnte Horn bei einer Pressekonferenz in Berlin.

Die Wissenschaftler rechnen damit, dass die Europäische Zentralbank (EZB) Anfang kommenden Jahres "angesichts der sich abschwächenden wirtschaftlichen Entwicklung und der nachlassenden Teuerungsrate ihre verfrühten Zinsschritte zurücknehmen und den Leitzins wieder auf 1,00% senken" werde. Die Preissteigerung in Deutschland sahen die Ökonomen 2011 wegen starker Preisausschläge bei Rohstoffen und Lebensmitteln mit 2,3% etwas über dem Inflationsziel der EZB, für 2012 rechneten sie aber mit einer deutlichen Beruhigung der Teuerung auf 1,6%.

Der deutschen Finanzpolitik empfahlen sie, sich darauf vorzubereiten, auf einen expansiven Kurs umzuschwenken, falls sich die wirtschaftliche Lage weiter verschlechtere. Dazu sollten im Rahmen der Schuldenbremse vorhandene Spielräume "offensiv genutzt" werden. Horn sprach sich in diesem Kontext für eine Erhöhung investiver Ausgaben zum Beispiel im Bildungsbereich aus, die über höhere Steuern für Haushalte mit hohem Einkommen und Vermögen gegenfinanziert werden sollten. Zudem erwartete er für 2012 einen Tariflohnzuwachs um 2,5%, der die relativ robuste Lage der deutschen Binnenkonjunktur stützen dürfte.

Das deutsche Staatsdefizit sah das IMK 2011 bei 0,8% des BIP und 2012 bei 0,9% nach noch 3,3% im vergangenen Jahr. "Hätte sich der Aufschwung fortgesetzt, wäre 2012 ein ausgeglichenes Budget oder ein Überschuss erreicht worden", sagte Horn. "Es wird aber nicht gehen, dass man die Defizite weiter zurückführt, wenn die Konjunktur derart schwach läuft."

 

[Bildquelle: iStockPhoto]

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