Vision der Zukunft des Bankwesens

42 Megatrends – Die Zukunft des Bankwesens gestalten


Rezension

Megatrends sind langfristige, tiefgreifende Entwicklungen, die Gesellschaft, Technologie, Politik und Wirtschaft über Jahrzehnte hinweg prägen. Für die Finanzwirtschaft besitzen sie besondere Relevanz, da Banken als zentrale Akteure in einem komplexen globalen System agieren, das stark von technologischen Innovationen, regulatorischen Veränderungen und gesellschaftlichen Erwartungen beeinflusst wird. Wer Megatrends frühzeitig erkennt und in seine Strategie integriert, kann nicht nur Risiken besser steuern, sondern auch neue Wachstumsfelder erschließen und die eigene Wettbewerbsfähigkeit sichern. Sie dienen damit als Kompass für Banken, die vor der Herausforderung stehen, ihre traditionellen Geschäftsmodelle in einer zunehmend digitalen, vernetzten und von Disruptionen geprägten Welt zu transformieren.

Vor diesem Hintergrund widmet sich Frank Schwab in seinem neuen Werk "42 Megatrends – Die Zukunft des Bankwesens gestalten" den wichtigsten Entwicklungen, die das Bankwesen nachhaltig verändern werden – oder bereits fundamental geändert haben. Der wohl wichtigste Megatrend ist der Siegeszug der Künstlichen Intelligenz (KI). Sie gilt als einer der bedeutendsten Treiber des 21. Jahrhunderts, da sie nicht nur Arbeitsprozesse und Geschäftsmodelle verändert, sondern auch das Verständnis von Intelligenz selbst in Frage stellt (S. 14f.). Möglich geworden ist diese Entwicklung durch das Zusammenwirken von exponentiell wachsender Rechenleistung, Big Data und algorithmischen Fortschritten, die in immer kürzeren Zyklen zu Innovationen führen. Die Annahmen und Ausführungen des Autors, einem der einflussreichsten Vordenker der Kreditwirtschaft und FinTech-Industrie, werden konsequent mit Studien und wissenschaftlichen Erkenntnissen unterlegt. Teilweise sind die angeführten Erhebungen mittlerweile überholt, im Ergebnis aber noch richtungsweisend.

Insbesondere die Chancen der KI liegen auf der Hand: Sie steigert Effizienz, schafft neue Geschäftsmodelle und bietet Lösungen für globale Herausforderungen auch jenseits der Finanzwirtschaft, etwa in der Medizin oder im Klimaschutz. Gleichzeitig bringt sie aber auch Risiken mit sich, etwa durch Arbeitsplatzverluste, algorithmische Verzerrungen oder Fragen des Datenschutzes. Für den Bankensektor ist KI besonders relevant, da er stark datengetrieben ist und sich auf Risikoabwägung konzentriert. KI-gestützte Systeme revolutionieren schon seit einigen Jahren die Betrugserkennung, indem sie Transaktionsmuster in Echtzeit analysieren und Fehlalarme drastisch reduzieren. Ein Beispiel ist die Danske Bank, die dank KI die Erkennung echter Betrugsfälle deutlich steigern konnte. Auch im Kundenservice ist die Technologie längst angekommen. Sprachbasierte Chatbots übernehmen Routineanfragen, verkürzen Wartezeiten und erhöhen die Effizienz, wie die Praxisbeispiele von JPMorgan Chase oder Bank of America zeigen. Darüber hinaus verändert KI die Finanzberatung durch personalisierte Empfehlungen, die auf der Analyse umfangreicher Kundendaten beruhen. Plattformen wie NOMI der Royal Bank of Canada demonstrieren, wie durch automatisierte Sparlösungen und verhaltensbasierte Insights Kundenbindung und -loyalität gesteigert werden können. Auch im Bereich der Kreditwürdigkeitsprüfung eröffnet KI neue Möglichkeiten, da sie alternative Datenquellen berücksichtigt und dadurch einer breiteren Bevölkerungsschicht Zugang zu Finanzierungen verschafft.

Langfristig, so Schwab, wird die Rolle der KI noch weitaus größer sein. Sie ermöglicht Hyper-Personalisierung, indem Banken Kundenbedürfnisse voraussehen und proaktive Lösungen wie Ausgabenprognosen oder automatisierte Investitionen anbieten. Sie eröffnet die Perspektive eines unsichtbaren Bankings, das nahtlos in den Alltag integriert ist und in Form von Embedded Finance bereits auf Plattformen wie Uber sichtbar wird. Sie wird zudem das Risikomanagement auf eine neue Stufe heben, indem Echtzeitdaten und alternative Informationsquellen systemische Risiken frühzeitig erkennbar machen und abfedern können. Am weitesten reicht die Vorstellung autonomer KI-Agenten, die ohne menschliches Eingreifen Portfolios verwalten, Finanzstrategien optimieren und komplexe Entscheidungen treffen. Damit würde hochentwickeltes Finanzwissen demokratisiert und für breite Kundengruppen zugänglich gemacht.

Neben der Künstlichen Intelligenz beschreibt Schwab eine Vielzahl weiterer Megatrends, die das Bankwesen tiefgreifend prägen. Eine vollständige Aufzählung würde den Rahmen einer Rezension sprengen. Zu der wertvollen Liste gehören u.a. APIs, die als Tore zur Zukunft gelten und durch die Vernetzung von Systemen die Grundlage für Open Banking schaffen (S. 14ff.). Sie ermöglichen den sicheren Datenaustausch zwischen Banken und Drittanbietern und bilden einen Eckpfeiler für Finanzinnovationen. Der globale Markt für API-Management wächst rasant und wird zu einem wichtigen Wettbewerbsfaktor. Auch die biometrische Sicherheit spielt eine immer größere Rolle: Verfahren wie Fingerabdruck- und Gesichtserkennung ersetzen Passwörter, machen Authentifizierungen schneller und sicherer und werden bis 2027 einen globalen Umsatz von über 50 Milliarden US-Dollar erreichen.

Die Blockchain-Technologie, die zuletzt etwas an Rückenwind verloren hat, sieht Schwab nach wie vor als einen wichtigen Treiber, der Vertrauen neu definiert. Sie schaffe dezentrale, transparente und effiziente Systeme für den Austausch von Werten, meint der Autor, der als überzeugter Vertreter der zugrundeliegenden Distributed Ledger Technologie (DLT) bekannt ist. Bis 2030 könnte sie so bedeutend werden, dass rund zehn Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts auf Blockchain basieren. Damit eng verbunden sind Kryptowährungen und das dezentrale Finanzwesen (DeFi), die traditionelle Bankmodelle in Frage stellen, aber zugleich neue Chancen für Finanzdienstleistungen und finanzielle Inklusion eröffnen. Stellt man den aufgeführten Studien-Beispielen (s. 29ff.) den aktuellen Stand der Pilotprojekte im deutschen Markt entgegen, gilt gleichwohl festzustellen, dass die Blockchain-Revolution bislang noch ausgeblieben ist.

Gleichzeitig verändert die Cloud die Infrastruktur des Bankensektors grundlegend (S. 35f.). Sie ermöglicht Agilität, Skalierbarkeit und Kosteneffizienz und fördert Innovationen wie personalisierte Dienstleistungen. Parallel dazu durchläuft die Branche eine Konsolidierungswelle, in deren Verlauf durch Zusammenschlüsse größere "Superbanken" entstehen, die neue Marktstrukturen und Wettbewerbsdynamiken prägen. Schließlich ist der Wettlauf um die Cybersicherheit ein unausweichliches Handlungsfeld: Angesichts der steigenden Bedrohungen im digitalen Raum kommt dem Schutz von Daten und dem Erhalt von Vertrauen höchste Priorität zu. Banken müssen sich als Verteidiger eines sicheren Finanzökosystems begreifen und kontinuierlich in Sicherheitstechnologien investieren.

Schwab betont in all diesen Zusammenhängen die Notwendigkeit, ethische Fragen und regulatorische Anforderungen in den Vordergrund zu stellen. Der verantwortungsvolle Einsatz neuer Technologien ist entscheidend, um Vertrauen und gesellschaftliche Akzeptanz zu sichern. Banken müssen daher klare Leitlinien für Transparenz, Fairness und Rechenschaft entwickeln und zugleich eine Innovationskultur aufbauen, in Talente investieren und robuste Dateninfrastrukturen schaffen. Kooperationen mit FinTechs, Technologiepartnern und Forschungseinrichtungen sind unerlässlich, ebenso wie die aktive Mitgestaltung regulatorischer Rahmenbedingungen.

Insgesamt macht Schwab deutlich, dass die beschriebenen Megatrends – allen voran die Künstliche Intelligenz, aber auch Open Banking, die nachhaltige Transformation, die Plattformisierung und Dezentralisierung der Industrie, Virtual Reality oder Gamification-Ansätze – keine bloßen technologischen Neuerungen sind, sondern fundamentale Treiber für einen umfassenden Wandel des Bankwesens. Sie eröffnen enorme Chancen für neue Geschäftsmodelle, bessere Kundenerfahrungen und effizientere Prozesse, erfordern jedoch zugleich einen bewussten, verantwortungsvollen Umgang. 

Das Buch leidet optisch ein wenig darunter, dass es ohne professionellen Verlag mit Lektorat und Korrektorat produziert wurde. Der Inhalt hätte sicherlich auch bei Fach-Medienhäusern Aufnahme gefunden, denn die Lektüre ist nicht nur für Visionäre äußerst gewinnbringend, sondern bietet gleichsam wertvolle Denkanstöße und Impulse für alle Bankpraktiker.

[ Bildquelle Titelbild: Autor ]

Details zur Publikation

Autor: Frank Schwab
Auflage: 1. Auflage
Seitenanzahl: 350
Verlag: Eigenverlag (Amazon Fulfillment)
Erscheinungsort: Breslau
Erscheinungsdatum: 2025

RiskNET Rating:

sehr gut Praxisbezug
sehr gut Inhalt
sehr gut Verständlichkeit

sehr gut Gesamtbewertung

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