Risikomodelle oft nicht sturmerprobt


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Nach Ansicht des französischen Mathematikers Benoît B. Mandelbrot unterschätzen die gängigen Methoden des Risikomanagements die Risiken an den Finanzmärkten. Mandelbrot wurde 1924  in Warschau geboren und lebt in Frankreich. Bekannt geworden ist Mandelbrot vor allem für die Entwicklung der Fraktalgeometrie als Mathematiker bei IBM. Bei Fraktalen handelt es sich um ein mathematisch definiertes Objekt, das nicht ein-, zwei- oder dreidimensional ist, sondern eine sog. gebrochenzahlige Dimension aufweist (etwa 1,3 oder 6,73). Das berühmteste Fraktal ist die so genannte Mandelbrot-Menge, die aufgrund ihres Aussehens oft  auch als "Apfelmännchen" bezeichnet wird. Seine wohl bekannteste Veröffentlichung ist "Die fraktale Geometrie der Natur".

Mandelbrot kritisiert an den traditionellen Risikomodellen, dass sie die Realität nur sehr eingeschränkt abbilden würden. "Die meisten Risikomodelle der Banken und Versicherungsunternehmen seien blind für Extremereignisse." so Mandelbrot während eines Vortrags vor dem Frankfurter Center for Financial Studies. Dies hänge vor allem damit zusammen, dass sie auf der Annahme der Gaußschen Normalverteilung basieren. Die besondere Bedeutung der Normalverteilung beruht unter anderem auf dem zentralen Grenzwertsatz, der besagt, dass eine Summe von n unabhängigen, identisch verteilten Zufallsvariablen in der Grenze  normalverteilt ist. Viele Prozesse aus der Natur und Gesellschaft, vor allem solche, in denen mehrere Faktoren unabhängig voneinander in verschiedene Richtungen wirken, lassen sich durch Normalverteilungen entweder exakt oder wenigstens näherungsweise sehr gut beschreiben.

Die historischen Erfahrungen an den Finanzmärkten zeigen jedoch, dass es weit häufiger zu extremen Preisausschlägen komme, die einer Normalverteilung widersprächen. Seiner Ansicht nach sollten die Risikomodelle durch fraktale Modelle ersetzt werden, die ein völlig anderes Erklärungsmuster nutzen. Kritik äußerte Mandelbrot auch für die bei Risikoexperten vielgenutzten GARCH-Modelle und die Black-Scholes-Formel zur Bewertung von Optionen. Mit Hilfe von fraktalen Modellen sei es im Gegensatz zu den traditionellen Methoden möglich, auch Extremsituationen analytisch zu erfassen. "Wenn jemand ein Schiff baut, interessiert ihn nicht, wann genau der nächste Sturm kommt. Er baut das Schiff so, dass es jeden denkbaren Sturm überlebt.", so Mandelbrot in Frankfurt. Etwas ähnliches sollte auch im Risikomanagement gelten. Denn: Rettungsboote werden nicht im Sturm gebaut.

 

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