WestLB: Risikochef van den Adel und Vorstand Fischer müssen gehen


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WestLB-Chef Thomas Fischer (Bild oben) räumt wegen der Affäre um Millionenverluste durch Aktienspekulationen seinen Posten. Auch Matthijs van den Adel (Bild unten), als Chief Risk Officer verantwortlich für das Risikomanagement der Bank, wurde abberufen. Die Nachfolge von Fischer an der Spitze der drittgrößten deutschen Landesbank tritt Alexander Stuhlmann an, wie WestLB-Aufsichtsratschef Rolf Gerlach am Donnerstag nach einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung in Düsseldorf mitteilte. Stuhlmann ist Ex-Chef der HSH Nordbank, der Landesbank von Hamburg und Schleswig-Holstein. Der 49-Jährige hatte die Bank zu Jahresbeginn überraschend verlassen, nachdem der private Investor Christopher Flowers dort eingestiegen war. Der Stuhl von Finanzvorstand Hans-Jürgen Niehaus wackelt nach FTD-Informationen ebenfalls. Der Aufsichtsrat glaube allerdings, "dass aufgrund dessen, was wir wissen, alles Notwendige getan ist". Fischers Vize Norbert Emmerich und der für den Eigenhandel zuständige Vorstand Werner Taiber könnten dagegen ihre Posten behalten. Gerlach sagte nach einem Bericht von RP-Online, der Aufsichtsrat glaube, mit Stuhlmann "genau den richtigen Mann gefunden zu haben, um die Bank in ruhiges Fahrwasser zu bringen".

Mit Blick auf die Abberufung von Fischer und van den Adel verwies Gerlach auf die noch laufende Sonderprüfung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Daraus hätten sich Erkenntnisse ergeben, "die uns nahegelegt haben, die entsprechende Entscheidung zu treffen", sagte Gerlach. Einzelheiten zur Abberufung der beiden Manager wollte Gerlach nicht nennen. Aber auch hier verwies Gerlach auf die laufende Sonderprüfung. Stuhlmann hatte bisher seine gesamte Karriere bei der Hamburger Landesbank und nach deren Fusion mit Schleswig-Holstein bei der HSH Nordbank verbracht. Er war dort nach dem Jura-Studium 1976 eingetreten und arbeitete sich bis zum Posten des Vorstandschef nach oben, den er 1998 übernahm.

Entscheidende Informationen verschwiegen

Die Affäre bei der WestLB hatte sich an den Geschäften der Börsenhändler der Bank entzündet. Sie hatten Berichten zufolge jahrelang Aktienkurse manipuliert, um auf dem Papier hohe Gewinne für die Bank zu erzielen und damit ihre Bonuszahlungen zu sichern, unter anderem Aktien von BMW, Volkswagen und Metro. Die Auflösung dieser gewaltigen Aktienpositionen hatte der Landesbank bereits im ersten Halbjahr einen Verlust von 243 Millionen Euro beschert. Die BaFin wirft dem Management der drittgrößten Landesbank vor, dem Aufsichtsrat entscheidende Informationen zu den riskanten Aktiengeschäften der Bank verschwiegen zu haben. Die Behörde stützt sich dabei auf ein von ihr in Auftrag gegebenes Gutachten der Wirtschaftsprüfer von KPMG. Laut "Focus Online" stießen die Finanzaufseher auf gefälschte Vorstandsprotokolle. Die Dokumente seien "nur lückenhaft und um die entscheidenden Stellen bereinigt" worden. Berichten zufolge hat Deutschlands oberster Finanzaufseher, Jochen Sanio, daher auf Ablösung Fischers gedrungen.

Eine Chronologie der Ereignisse

4. April 2007
Die misslungenen Spekulationen werden öffentlich, die Verluste könnten sich auf rund 100 Mio. Euro belaufen, so diverse Presseberichte.

5. April 2007
Die WestLB bestätigt die Entlassung von zwei Mitarbeitern. Laut Vorstand Werner Taiber gab es Regelverstöße im Eigenhandel.

10. April 2007
Die WestLB stellt gegen die beiden entlassenen Aktienhändler Strafanzeige. Vorstandschef Thomas Fischer kündigt die Aufklärung des Sachverhalts an.

11. April 2007
Weitere Details werden bekannt. Die entlassenen Mitarbeiter sollen jahrelang die Schlusskurse der Vorzugsaktien von Metro, BMW und VW manipuliert haben, weil sie auf ein Sinken der Kursdifferenz von Vorzügen und Stammaktien gesetzt haben.

13. April 2007
Bankchef Fischer stellt den Eigenhandel auf den Prüfstand. Aufgaben, Strukturen und Prozesse sollen überprüft und wenn nötig angepasst werden. Die BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) kündigt eine Sonderprüfung bei der WestLB an.

17. April 2007
Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft ermittelt gegen beide ehemaligen Aktienhändler wegen des Verdachts der Untreue.

19. April 2007
In einer Anhörung im Finanzausschuss des NRW-Landtags werfen SPD und Grüne Fischer vor, über das Ausmaß der Verluste keine Auskunft zu geben.

26. April 2007
Die WestLB löst wesentliche Positionen im Eigenhandel auf, darunter ein VW-Aktienpaket

8. Mai 2007
Es wird bekannt, dass zwei Mitarbeiter für die Überwachung des Aktienhandels und des Risikomanagements bereits vor zwei Wochen beurlaubt wurden.

30. Juni 2007
WestLB-Chef Fischer spricht von einem „Anschlag auf die Bank“. Der größte Teil der Verluste von rund 240 Mio. Euro beruhe auf kriminellen Aktivitäten und verratenen Geschäftspositionen.

10. Juli 2007
Vorstand Robert Stein scheidet „einvernehmlich“ aus dem Vorstand aus. Mit den Fehlspekulationen im Eigenhandel der Bank habe der plötzliche Abgang nichts zu tun, hieß es. Stein zeichnete bis Januar dieses Jahres für den Eigenhandel verantwortlich. Bereits seit einigen Monaten steht Stein, wie auch andere Vorstandsmitglieder, im Zusammenhang mit fehlgeschlagenen Spekulationen der WestLB mit Volkswagen AG-Aktien in der Kritik.

24. Juli 2007
Eine kurzfristig anberaumte Aufsichtsratssitzung wird bekannt.

26. Juli 2007
WestLB-Vorstand Thomas Fischer und WestLB-Risikovorstand Matthijs van den Adel räumen wegen der Affäre um Millionenverluste durch Aktienspekulationen ihre Posten.

 

[Bildquelle: WestLB, Bank-Verlag Medien]

 

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