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Politik und Finanzwirtschaft haben ihre Hausaufgaben nicht gemacht


Politik und Finanzwirtschaft haben ihre Hausaufgaben nicht gemacht News

Die deutsche Wirtschaft wird 2012 nach Einschätzung der Industrie und arbeitgebernaher Konjunkturforscher nicht in eine Rezession rutschen. Die Spitzen des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) und des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) verlangten aber von der Politik entschlossene Maßnahmen zur Eindämmung der Krise.

"Aus einer industriellen, realwirtschaftlichen Perspektive heraus gibt es für ein erneutes Rezessionsszenario keinen Anlass," erklärte BDI-Präsident Hans-Peter Keitel in einem am Montag veröffentlichten Brief an deutsche Industrieunternehmer. Die Wirtschaft und besonders die Industrie präsentierten sich nach wie vor in robuster Verfassung. "Die industrielle Produktion und die Lageeinschätzung der Unternehmen sind auf hohem Niveau, die Auftragsbücher der Firmen gut gefüllt."

Das IW senkte zwar aufgrund einer Umfrage bei Unternehmen seine Wachstumsprognose für 2012 leicht auf rund ein Prozent. IW-Direktor Michael Hüther betonte jedoch am Montag in Berlin, die Ergebnisse der Umfrage signalisierten "eine deutlich nachlassende Dynamik der deutschen Wirtschaft im kommenden Jahr und damit eine gestiegene Rezessionsgefahr, aber noch keine Rezession". Die Hälfte der Unternehmen sehe für 2012 konstante Geschäfte. Rund 31% erwarteten sogar einen Produktionszuwachs, während annähernd 19% mit einem Minus rechneten.

Etwas weniger optimistisch ist die Deutsche Bundesbank. Wie aus dem am Montag veröffentlichten Monatsbericht für November hervor geht, rechnet sie für 2012 nur noch mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,5% bis 1,0%. In ihrer letzten gesamtwirtschaftlichen Prognose von Juni 2011 hatte sie noch ein Wachstum von 1,8% prognostiziert. Die Bundesbank rechnet damit, dass die deutsche Wirtschaft in den kommenden Monaten in "schwierigeres konjunkturelles Fahrwasser geraten" wird. "Die empfindliche Abkühlung vor allem der Auslandsnachfrage vermischt sich mit der Nervosität an den Finanzmärkten", analysierte sie.

Derzeit gebe es jedoch erste Anzeichen einer Strategie verzögerter Unternehmensplanungen, konstatierte der IW-Direktor. Ob daraus eine tiefe Rezession folgen werde, hänge entscheidend von den Politikern ab. "Wir gehen davon aus, dass die Politik die Herausforderung erkannt hat und an ihrem Willen zur Lösung keine nachhaltigen Zweifel aufkommen lässt", sagte er. So dürften keine Anreize gesetzt werden, die eine solide Budgetpolitik schwächten. Gemeinsame europäische Anleihen lehnte Hüther deshalb ab. "Die Bundesregierung ist gut beraten, hier ihre klare Linie zu halten."

BDI-Präsident Keitel monierte, Politik und Finanzwirtschaft hätten ihre Hausaufgaben im Zuge der Krise nur teilweise gemacht. "Beide (...) springen nach wie vor zu kurz, dauerhafte und nachhaltige Lösungen sind in beiden Bereichen nicht in Sicht, und dieses Verhalten untergräbt das Zutrauen der Käufer von Staatsanleihen massiv," kritisierte er. Die Finanzwirtschaft solle sich wieder "auf ihre dienende Funktion für die Realwirtschaft" besinnen und wettbewerbsfähige Finanzierungsbedingungen für die Unternehmen anbieten, verlangte Keitel.

Unterdessen erwartete auch die Bundesregierung eine deutliche Konjunkturabschwächung. "Das aktuelle Indikatorenbild deutet darauf hin, dass die deutsche Wirtschaft zum Jahresende wahrscheinlich eine merklich ruhigere Gangart einlegen wird", erklärte das Finanzministerium in seinem am Montagmorgen veröffentlichten Monatsbericht. "Die Risiken bleiben hoch", konstatierte Finanz-Staatssekretär Jörg Asmussen. Für die Haushalts- und Finanzpolitik gelte es, "vor dem Hintergrund dieser Entwicklung den erfolgreichen Konsolidierungskurs konsequent fortzusetzen".

 

[Bildquelle: iStockPhoto]

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