Kolumne: "Bitte anschnallen, aber keine Panik!"


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Das Leben verläuft in Zyklen. Konjunkturzyklen, Produktlebenszyklen und nicht zuletzt der rätselhafte Hormonzyklus, der angeblich alle sieben Jahre zuschlägt. Auch die Aktienmärkte unterliegen Zyklen, wobei zwischen aufwärts tendierenden Perioden (Bullenmarkt oder Hausse) und rückläufigen Perioden (Bärenmarkt oder Baisse) unterschieden wird. Je nach Zyklusphase können Märkte auch als reif oder unreif qualifiziert werden. Seit neuestem wird die gegenwärtige Situation regelmäßig mit dem Begriff „mature bull market" beschrieben und das nicht von ungefähr. Der aktuelle Bullenmarkt, der im Jahr 2003 begann, geht jetzt eindeutig in eine neue Phase über. Diese so genannte Reifephase neigt zu weitaus stärkerer Volatilität, kann aber nichtsdestotrotz attraktive Renditen abwerfen. Das wichtigste Merkmal dieser neuen Phase ist ein Nachlassen der Gewinndynamik. Von 2003 bis 2006 stiegen die Gewinne nahezu explosionsartig, die Erträge verdoppelten sich in etwa von Jahr zu Jahr und die Aktienkurse schossen in die Höhe. Die Aktienbewertung veränderte sich daher kaum. Ertragswachstum allein reicht jetzt aber nicht mehr aus, um die Märkte voranzutreiben. Auch die KGVs müssen nachziehen. Da das Kursgewinnverhältnis jedoch von Makrodaten und Marktstimmung abhängt, ist es als Kurstreiber weniger verlässlich als ein hohes Ertragswachstum. Weitere typische Merkmale eines reifen Bullenmarktes sind die verstärkte Fremdmittelaufnahme bei Unternehmen und eine Zunahme der Fusions- und Übernahmetätigkeit. In dieser Phase kann es leicht zur „Blasenbildung“ kommen. Betroffen sind dann vor allem die Gewinner der letzten Hausse. Als Beispiele seien Japan in den späten 80ern sowie Technologie- und Telekomwerte in den späten 90ern genannt. Die Reifephase eines Bullenmarktes dauert erfahrungsmäßig rund zwei Jahre.

Damit sich die gegenwärtige Reifephase halten kann, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein: Eine Rezession in den USA kann abgewendet werden, die Notenbanken senken die Leitzinsen und es finden genug Fusionen und Übernahmen statt, um den „Gier-Faktor“ zu nähren. Momentan konstatieren wir noch einen klaren Mangel an Gier. Nur an den Emerging Markets ist ein hoher Risikoappetit zu beobachten. Eine neue Blase fände hier daher das ideale Umfeld. In China hat sich zweifelsohne bereits eine Blase aufgebaut, in anderen Schwellenländern ist das jedoch durchaus nicht der Fall. In anderen Teilen der Welt hält sich der Risikoappetit in Grenzen. Bären und Bullen finden sich zu nahezu gleichen Teilen und für beide Seiten gibt es gute Argumente. Die Bären argumentieren, dass die anhaltende Kreditkrise in eine Baisse führt und das Risiko einer Rezession in den USA damit steigt. Die Bullen halten dem entgegen, dass die amerikanische Notenbank intervenieren würde, um eine Rezession abzuwenden, und dass die üblichen Anzeichen für das Ende einer Hausse noch nicht vorliegen. Bullenmärkte enden in der Regel mit Überbewertungen, übermäßigem Optimismus, Blasen und strapazierten Bilanzen. Bisher liegt noch keines dieser Merkmale vor. Für uns ist das Glas daher immer noch halb voll und nicht etwa halb leer. Auch über die nächsten sechs bis zwölf Monate dürfte mit Aktien noch Geld zu machen sein. Investoren sollten dabei auf Large Caps mit gesunden Bilanzen und überdurchschnittlich hohem Gewinnwachstum setzen, auch wenn diese Titel vergleichsweise teuer erscheinen. Echte Wachstumswerte werden auf reifen Bullenmärkten normalerweise nur noch teurer. Wir mögen zwar einen turbulenten Flug vor uns haben, aber das Ziel ist es wert!

Ad van Tiggelen ist Senior Strategist bei ING Investment Management, Den Haag.

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