Beseitigung von kontraproduktiven Anreize von Bonusregelungen

EU-Vorschlag für strengere Eigenkapital- und Vergütungsvorschriften


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Als Reaktion auf die anhaltende Finanzkrise hat die Europäische Kommission weit gehende Änderungen der Eigenkapitalvorschriften für Banken vorgeschlagen. Diese zielen u. a. darauf ab, die Institute zu einer strengeren Bewertung ihrer Handelsbuchrisiken zu verpflichten, die Eigenkapitalanforderungen für Weiterverbriefungen zu erhöhen, das Marktvertrauen durch striktere Pflichten zur Offenlegung von Verbriefungsrisiken zu stärken und die Banken zu soliden Vergütungspraktiken zu verpflichten, die eine übermäßige Risikobereitschaft weder fördern noch belohnen.

Den neuen Vorschriften zufolge sollen Banken, die bei Anlagen in hochkomplexe Weiterverbriefungen nicht nachweisen können, dass sie auch alle damit verbundenen Risiken kennen, künftig Beschränkungen unterliegen. Zudem sollen die nationalen Aufsichtsbehörden die Vergütungspolitik der Banken überprüfen. Für den Fall, dass diese den neuen Anforderungen nicht genügen, sollen Sanktionen verhängt werden können.

Korrekturen bei Verbriefungen und Vergütungen

Laut Kommissionspräsident José Manuel Durão Barroso (Bild links) werden mit den nun präsentierten Vorschlägen zwei Hauptursachen der aktuellen Krise an der Wurzel gepackt, nämlich die Bereich "Verbriefung" und "Vergütung". "Wir greifen durch, damit eine solche Krise sich nicht wiederholt. Der Vorschlag soll sicherstellen, dass die Banken über eine ihren tatsächlichen Risiken entsprechende Eigenkapitaldecke verfügen. Die Banken werden insbesondere die mit hochkomplexen Weiterverbriefungen verbundenen Risiken absichern und kontraproduktive Anreize von Vergütungs  und Bonusregelungen beseitigen müssen", so Barroso. Die EU-Kommission will Banken und Wertpapierfirmen rechtlich dazu verpflichten, dass ihre Vergütungspolitik mit einem wirksamen Risikomanagement vereinbar ist. Zu diesem Zweck werden die Aufsichtsbehörden die Befugnis erhalten, die zur Beseitigung von Schwachstellen notwendigen Maßnahmen einzuleiten, wozu auch die Erhöhung der Eigenkapitalanforderungen zähle. "Ich rufe die Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament zur Annahme der Vorschläge und andere Länder zur Einleitung ähnlicher Maßnahmen auf, damit die auf dem G20 Gipfel gemachten Zusagen eingelöst werden können", appellierte der Kommissionspräsident an alle Beteiligten.

Ähnlich wie Barroso äußerte sich auch Binnenmarkt  und Dienstleistungskommissar Charlie McCreevy (Bild rechts). Dieser erklärte, dass die Banken durch die neuen Vorschriften für Weiterverbriefungen dazu verpflichtet würden, bei Anlagen in diese Produkte erheblich mehr Eigenkapital zur Deckung ihrer Risiken vorzuhalten. Gleichzeit werden die zusätzlichen Offenlegungspflichten nach Einschätzung von McCreevy dazu beitragen, ein Klima das Marktvertrauens zu schaffen. "Die Anforderungen an Vergütung und Bonuszahlungen sollen der übermäßigen Risikobereitschaft, die in der Vergangenheit den kurzfristigen Erfolg über die langfristige Rentabilität und ein solides Risikomanagement gestellt hat, ein Ende setzen. Diese Änderungen werden das Risikomanagement verbessern, die Transparenz erhöhen und solidere Anlagepraktiken gewährleisten – drei Grundvoraussetzungen für ein gesundes und stabiles Bankensystem", so der EU-Kommissar.

Sicherung der finanziellen Stabilität von Banken

Die beiden Eigenkapitalrichtlinien (2006/48/EG und 2006/49/EG) zielen laut der EU-Kommission darauf ab, die finanzielle Solidität von Banken und Wertpapierfirmen sicherzustellen. Gemeinsam legen die Richtlinien fest, wie viele Eigenmittel Banken und Wertpapierfirmen vorhalten müssen, um ihre Risiken abzudecken und ihre Kunden zu schützen. Im Wesentlichen werden folgende Änderungen vorschlagen:

  • Weiterverbriefungen: Um zu gewährleisten, dass die Banken den mit Weiterverbriefungen verbundenen Risiken angemessen Rechnung tragen, sollen diese Produkte zum einen mit höheren Eigenkapitalanforderungen belegt werden. Zudem sollen die Offenlegungspflichten verschärft werden. Dies sei erforderlich, um das Marktvertrauen zu erhöhen und die Funktionsfähigkeit des Interbanken-Marktes zu verbessern.
  • Eigenkapitalanforderungen für das Handelsbuch: Mit dem Kommissions-Vorschlag soll die Bewertung der Handelsbuchrisiken geändert werden, um zu gewährleisten, dass die Banken den potenziellen Verlusten, die aufgrund ungünstiger Marktentwicklungen in Stresssituationen eintreten könnten, in vollem Umfang Rechnung tragen.
  • Vergütungspolitik und -praxis: Schließlich sollen Banken und Wertpapierfirmen zu einer soliden Vergütungspolitik verpflichtet werden, die übermäßige Risikobereitschaft weder fördert noch belohnt, um auf diese Weise die (nach den Worten der Kommission) "absurden" Gehaltsanreize zu beseitigen. Die Aufsichtsbehörden werden Banken, die sich nicht an die neuen Bestimmungen halten, sanktionieren dürfen.


Bankenverband befürchtet prozyklische Wirkungen der Vorschläge

In einer ersten Stellungnahme äußerte sich der Bundesverband deutscher Banken (BdB) grundsätzlich positiv zu den Vorschlägen der EU-Kommission. Laut BdB könnten die Änderungen dazu beitragen, die Banken widerstandsfähiger zu machen. Wichtig sei allerdings, dass die im Grundsatz berechtigten Änderungen an der Eigenkapitalausstattung nicht über das Ziel hinaus gingen. "Wegen bereits vorgenommener Rating-Herabstufungen vor allem bei komplexen Verbriefungspapieren halten die Banken für diese Papiere ohnehin schon mehr Eigenkapital vor – dies sollte bedacht werden", forderte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes, Hans-Joachim Massenberg. "Die erneuten Änderungen der EU-Kommission an der Eigenkapitalrichtlinie sind grundsätzlich zu unterstützen, allerdings muss der Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen Regeln sehr genau geprüft werden", so Massenberg weiter.

Keinesfalls dürften die vorgesehenen Erhöhungen der Eigenkapitalanforderungen die Bankbilanzen weiter belasten, bevor die Finanz- und Wirtschaftskrise überwunden sei. Nach den Vorstellungen der EU-Kommission sollen die neuen Regeln ab dem 31. Dezember 2010 gelten. "Kreditausfälle infolge des wirtschaftlichen Abschwungs werden sich vor allem ab dem kommenden Jahr massiv in den Bankbilanzen bemerkbar machen – von daher scheint uns der geplante Stichtag verfrüht", gibt Massenberg den Befürchtungen der Branche Ausdruck.

[Bildquelle oben: iStockPhoto]

Kommentare zu diesem Beitrag

Goofy /25.07.2009 06:56
Strengere EK-Vorschriften sind grundätzlich zu begrüßen ... allerdings bedingt dies, dass a) alle Schlupflöcher (siehe SPVs und Conduits) gestopft werden und b) die Methoden zur Berechnung des Kapitalbedarfs massiv überarbeitet werden. Insbesondere sollten sich die Banken von Risikomaßen wie etwa dem VaR verabschieden. Der stiftet mehr Schaden, da er von den meisten Entscheidern eh völlig falsch interpretiert wird ...
Stefan /25.07.2009 22:02
Wichtiger als strengere EK-Quoten und höhere Risikogewichte sind harmonisierte Aufsichtsstrukturen und vor allem eine glaubhafte Regulierung. Eine Regulierung, die den Marktteilnehmern das klare Signal gibt (wie in den vergangenen Jahren und Monaten), dass der Staat im Krisenfall schon einspringen wird, ist sinnlos. Und vor allem erfordert eine effiziente Regulierung auch qualifizierte Regulierer (von denen es heute leider nicht viele gibt) ... die meisten BaFin-Prüfer und Aufsichtsratsmitglieder haben sich erst mit CDOs, CDS, MBS und Conduits beschäftigt, als die Finanzkrise auf ihrem Höhepunkt angekommen war ...
Leo /27.07.2009 09:38
Ein massiver Fehler: Die Regierungen und die Regulatoren setzen auf die identischen Instrumente und Rezepte der Regulierung wie in den vergangenen Jahren. Leider wird auch völlig ausgeblendet, dass die Politik erst die Grundlagen geschaffen hat für die Finanzkrise ...
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