Toxische Wertpapiere: Banken drohen laut Bericht weitere hohe Verluste

Deutsche Banken sitzen auf Giftpapieren von einer Billion Euro


Die aktuelle Finanzkrise legt eine traurige und für viele Marktteilnehmer auch sehr teure Wahrheit offen: Viele Banker hatten ihre Welt als ein großes Spielcasino begriffen und dabei so ziemlich alle Grundregeln des Bankgeschäfts außer Kraft gesetzt. Wahrscheinlich können sich nur noch wenige Banker daran erinnern, dass hohe Renditen nur mit hohem Risiko zu erzielen sind. Auch die "goldene Bankregel" wurde in den vergangenen Jahren außer Kraft gesetzt. Sie besagt nichts anderes, als dass die Höhe und Fälligkeit der von einem Kreditinstitut gewährten Kredite den zur Verfügung gestellten Einlagen entsprechen müssen. Kurzfristige Einlagen sollten nur kurzfristig ausgeliehen werden, während langfristige Einlagen kurz-, mittel- und langfristig ausgeliehen werden können.

Die Kreditkrise zwang in den vergangenen Monaten die einstigen Könige des Kapitalismus in die Knie, nachdem sie zuvor die globale Ökonomie in eine systemische Krise getrieben hatten. Die Commerzbank ist teilverstaatlicht, die IKB an die Investmentgesellschaft Lone Star verscherbelt, die BayernLB und WestLB mussten Milliardenbelastungen verbuchen. Die Hypo Real Estate konnte der Insolvenz nur durch ein milliardenschweres Rettungspaket des Bundes entrinnen. Und nun könnte alles noch schlimmer kommen. Basierend auf Informationen von SPIEGEL Online ergab eine Umfrage unter den führenden zwanzig deutschen Finanzkonzernen, dass die Bilanzen der Institute mit faulen Wertpapieren bis zu 300 Milliarden Euro belastet sind. Nur ein Viertel davon wurde bereits abgeschrieben.

Nach dem Spiegel-Bericht sitzen die befragten Institute "toxische Wertpapiere" im Volumen von knapp unter 300 Milliarden Euro, von denen erst rund ein Viertel abgeschrieben wurde. Drei Viertel steht noch immer zu mittlerweile utopischen Werten in den Büchern der Banken. Das Finanzministerium selbst geht davon aus, dass der gesamte deutsche Bankensektor Risikopapiere mit einer Summe von bis zu einer Billion Euro in den Büchern führt.

Kommentare zu diesem Beitrag

SwissBanker /17.01.2009 15:05
Was sind schon "peanutsmässige“ eine Billion Euro im Vergleich zu 1.000.000 Mrd. US-Dollar ... man könnte auch sagen: 1.000 Billionen US-Dollar. Das ist das Volumen an Derivaten weltweit (basierend auf Schätzungen der Bank für internationalen Zahlungsausgleich). Das weltweite "ausserbörsliche“ derivative Volumen wird auf 863.000 Mrd. US-Dollar geschätzt. Zu den OTC-Derivaten kommen rund 80.000 bis 100.000 Mrd. US-Dollar an derivativen Produkten, die an geregelten Börsen gehandelt werden. Wenn der Ballon mal platzt, dann knallt es richtig ;-((
PeterPan /17.01.2009 17:16
Kritisch ist meines Erachtens primär der CDS-Markt, der weltweit ca. ein Volumen von rund 54.000 Mrd. $ umfasst. Dort schlummern die größten systemischen Risiken der Finanzmärkte!
Hubi /17.01.2009 17:42
bin gespannt wie lange peer steinbrueck sein position zu den staatlichen muelldeponien fuer faule kredite noch halten kann. als begruendung weist er ja gerne darauf hin, dass steuergelder von 150 oder 200 milliarden euro benoetigt wuerden. auf die eine oder andere milliarde kommt es jetzt doch auch nicht mehr an, oder?
Frank /17.01.2009 20:07
Vor lauter Nullen kann man ja schnell den Überblick verlieren. Daher hier mal mit allen Nullen ...

>> CDS-Marktvolumen: 54.000.000.000.000 Dollar

>> Potenzielles Volumen an Giftpapieren bei deutschen Banken: 10 hoch 12, also eine Eins mit 12 Nullen: 1.000.000.000.000 Euro

>> Volumen an Derivaten weltweit: 1.000.000.000.000.000 Dollar

Zu Verwirrung kann beitragen, dass im US-Englisch die Billion für 10 hoch 9 steht: "Billion" entspricht also der Milliarde in der deutschen Sprache und so ziemlich allen anderen Sprachen!
Lenin /18.01.2009 07:51
Hat eigentlich irgendjemand einen Überblick, wem die Rettungsmillarden letztendlich zugute kommen?
ZockerWelt /20.01.2009 17:08
Und diese Oberschlaumeier Merkel, Steinbrück und Co, die das Hütchenspiel der Zockerbanken erst ermöglicht haben, spielen sich nun als Retter und Erlöser auf, anstatt ihr völliges Versagen auf ihren Hut zu nehmen. Noch schlimmer ist es, dass die identischen Personen in wenigen Monaten noch einmal gewählt werden ...
Pirate007 /20.01.2009 19:49
Stinbrueck wird keine andere Wahl haben als eine "bad bank" zu gruenden. Die Alternative waere noch mehr Banken zu verstaatlichen. Auf den Verlusten bleibt er so oder so sitzen. Unterm Strich ist das globale Bankensystem pleite. Bad luck ...
Joy /20.01.2009 20:29
Die Mehrzahl der Banken sind eh nur noch leere Hüllen. Daher werden die Regierungen an einer "bad bank" nicht vorbeikommen. Bitter ist jedoch, dass so die Verantwortung wegdelegiert wird. Auch wird eine bad bank zu massiven Wettbewerbsverzerrungen führen. ;-(
ZockerWelt /21.01.2009 09:16
Was hier auch noch ne Rolle spielt, ist, dass allein die zehn größten deutschen Banken in den kommenden zwölf Monaten 400 Mrd. Euro (900 Mrd. für die nächsten 36 Monate) an Anleihen tilgen müssen. Wo soll der Schotter herkommen?
Sven /22.01.2009 20:07
SoFFin-Chef Merl hat die Nase voll: Nur drei Monate nach Gründung des Sonderfonds zur Rettung angeschlagener Banken (SoFFin) hat der Sprecher des Leitungsgremiums völlig überraschend seinen Rücktritt erklärt: Günther Merl gibt seinen Posten "aus persönlichen Gründen" zum 31. Januar ab, wie das Bundesfinanzministerium am Mittwoch in Berlin mitteilte. Die Bundesregierung sei bereits mit potenziellen Nachfolgern im Gespräch.

Die wahren Rücktrittsgründe sind jedoch andere: Offenbar gab es unterschiedliche Auffassungen über die Führung des Bankenrettungsfonds. Merl ist Sprecher des ursprünglich dreiköpfigen Lenkungsausschusses des SoFFin. Im Dezember hatte sich mit Karlheinz Bentele bereits ein erstes Mitglied aus dem Gremium zurückgezogen. Merl fühlte sich gegängelt vom überwiegend politisch besetzten Soffin-Lenkungsausschuss. Der sollte dem Leitungsgremium eigentlich nachgelagert sein. Stattdessen machte er faktisch die Vorgaben.

Zudem habe sich Merl an der Konstruktion des Soffin gestört, hieß es. So darf der Fonds den Instituten zwar faule Wertpapiere abkaufen, jedoch nur für drei Jahre - aus Sicht des Ex-Bankers zu kurz, um die Bilanzen effektiv zu entlasten. Schließlich soll sich Merl mit Stratthaus zerstritten haben, als dieser mit Plänen für eine Reform des Fonds - ohne Absprache - an die Öffentlichkeit ging.
Orakel /23.01.2009 22:57
Die staatlich finanzierte Giftmülldeponie wird kommen. Es ist nur eine Frage der Zeit! Welche Alternativen gibt es, als dass der Steuerzahler den von inkompetenten Bankern verursachten Giftmüll bezahlt. Politisch wird das zwar schwer zu vermitteln sein - aber der Steuerzahler wird auch diese Kröte schlucken. Wetten?
SevenEyes /23.01.2009 23:19
@Orakel: Warum soll der Steuerzahler für die Fehlinvestitionen der Banken aufkommen müssen? Haben die Banken jemals erwirtschaftete Gewinne an den Staat abgetreten (ausser, dass sie Steuern zahlen)? Wenn der Staat nicht von den Gewinnen der Banken profitiert, warum soll er für deren Verluste geradestehen und denen helfen, die Bilanzen zu bereinigen? Warum gelten für Banken andere Regeln als für Qimonda & Co?
Werner /24.01.2009 10:02
Die Dominorallye geht weiter: Die zweitgrößte US-Hypothekenbank Freddie Mac benötigt möglicherweise 35 Milliarden Dollar vom US-Finanzministerium. Dies gehe aus den gegenwärtigen Schätzungen des Managements hervor, hieß es am vergangenen Freitag in einer Meldung des Unternehmens an die US-Börsenaufsicht SEC.
Powerhouse /24.01.2009 23:14
Hier ein Zitat von Robert von Heusinger, 09.10.2008, Frankfurter Rundschau:

(...).. nun gilt es alle systemrelevanten Banken zu verstaatlichen und Börsen zu schließen. ...(...) Die Wahrheit ist: In letzter Instanz ist der Unterschied zwischen Staat und Markt kaum vorhanden. Am Ende ist alles Staat, am Ende sind es die Steuerzahler, die ihr Geld, ihre Bonität hergeben, damit sie auch morgen noch Geld verdienen können. Alle Wertpapiere, alle Schulden sind nichts anderes als ein Wechsel auf die Zukunft. Sie sind heute immer nur so viel wert, wie wir die Zukunft einschätzen. Damit sie wieder rosig ausschaut, muss der Staat, müssen die Steuerzahler die Macht über die Finanzmärkte zurückerobern.
Sam /25.01.2009 10:29
Der Staat ist ein schlechter Krisenmanager. Das Krisenmanagement nach der Logik "Verluste sozialisieren - Gewinne privatisieren" ist zu einfach. Krisen werden immer von faehigen Unternehmern bewaeltigt. Und davon gibt es immer noch eine ganze Menge - zumindest jenseits der Bankenwelt.
Lenin /25.01.2009 11:04
mit ihren rettungsschirmen, schrottpraemien, staatsbuergschaften erodiert der staat massiv die soziale marktwirtschaft und fuehrt und in den sozialismus und zu massiven wettbewerbsverzerrungen. gluecklicherweise haben wir mit angie merkel eine kanzlerin die sich in dem metier und stamokap perfekt auskennt. ;-((
Kasandra /25.01.2009 16:27
Das fränkische Familienunternehmen Schaeffler hat sich bei der Übernahme seines niedersächsischen Konkurrenten Continental offenbar verhoben. Jetzt klopfen auch Conti und Schaeffler beim Finanzminister an. Nach der Übernahme von Conti durch das Familienunternehmen Schaeffler Anfang Januar sei die neue Gruppe mit 22 Milliarden Euro verschuldet - so diverse Presseberichte. Nun wollen die Landesregierungen aus Bayern und Niedersachsen jeweils eine halbe Milliarde Euro zuschießen, berichtet das Handelsblatt unter Berufung auf anonyme Quellen aus den Unternehmen. In Regierungskreisen heiße es, dass es noch offen sei, wie genau die Staatshilfe gestaltet werde - etwa ob es eine Bürgschaft, Garantien oder eine direkte Beteiligung geben solle.

Und Qimonda läßt man den Bach runtergehen? Haben unsere Politiker eigentlich noch alle Tassen im Schrank? Wieso muss nun der Steuerzahler für eine äußerst fragwürdige Übernahme bluten?

Klingt alles nach "DDR light", oder?
ZockerWelt /26.01.2009 11:07
Helmut Schmidt hat recht, wenn er schreibt: "Die allermeisten dieser Papiere haben das gemeinsame Merkmal, dass Gewinn und Einkommen des jeweiligen Urhebers von Anfang an gesichert sind, während das sorgfältig verborgene Risiko der Wertminderung eines Derivats oder gar eines Absturzes allein beim Käufer des Papiers liegt – eine gut getarnte Form von Raubtierkapitalismus." ;-(
Jo /27.01.2009 23:03
@Hans: Es fragt sich aber doch, ob die Gier bei den Vorständen zu suchen ist oder vielleicht eher bei den Investoren und Aktionären. Wo waren denn die Aufsichtsräte/Verwaltungsräte und Regulatoren? Wir dürfen ausserdem nicht vergessen, dass die Finanzkrise in den USA begonnen hat ... und zwar basierend auf einer Politik des billigen Geldes und einer massiven Deregulierung (seit August 1987 und seit Alan Greenspan am Ruder war). Leider haben unsere Banker hierzulande nicht mitbekommen, dass die Politik des billigen Geldes zu einer massiven Blase geführt hat ...
Philipp /28.01.2009 10:47
Der amerikanische Ökonom Nouriel Roubini hat in der F.A.Z. weitere dramatische Entwicklungen vorausgesagt: Die Börsenkurse werden um weitere 20 Prozent fallen, die Kreditausfälle mehr als 3 Billionen betragen. ;-((
Max /28.01.2009 21:44
Bald ist der Damm gebrochen. Heute konnte man lesen, dass die Finanzbranche neue Hoffnung schöpft, faule Wertpapiere beim Staat abladen zu können. Vertreter der neuen US-Regierung und der Demokraten im Senat hatten diesen Weg als sinnvoll bezeichnet. Wenn Amerika eine solche „Bad Bank“ schaffen sollte, so das Kalkül vieler Investoren, müsste Europa nachziehen. Die Börse reagierte euphorisch auf die Überlegungen aus Washington. Was nun, Herr Steinbrück?
MobiDick /30.01.2009 17:26
Nun als doch ... viele kleine Bad Bank sollen kommen. Jedes einzelne Institut soll nun - nach Ansicht von Steinbrück - die Möglichkeit bekommen, Problempapiere aus seiner Bilanz auszulagern und so neu durchzustarten, sagte er der "Berliner Zeitung". Bei einer individuellen Lösung würde die Verantwortung für die Risikopapiere bei der jeweiligen Bank bleiben und nicht beim Steuerzahler landen. Der dann sauberen Bank müsste gegebenenfalls vom staatlichen Rettungsfonds Soffin geholfen werden. Also quasi die Lösung durch die Hintertür ... clever, clever
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