Kommentar

Design einer Währungsunion gegen die "griechische Grippe"


Design einer Währungsunion gegen die "griechische Grippe" News

Im Folgenden versuchen wir einen einfachen Vorschlag zu entwickeln, wie man die Währungsunion gegen die "griechische Grippe" immunisieren könnte. Dafür müssen wir einen kurzen Umweg über die Institutionenökonomik in Kauf nehmen. Über diesen Umweg wollen wir die Bedeutung der Kapitalstruktur sowohl aus Sicht der Investoren als auch aus der Sicht der Emittenten aufzeigen. Wir werden zeigen, dass eine Investition in Eigenkapital von Unternehmen durch eine Investition in die zugrunde liegenden Märkte dieses Unternehmens substituiert werden kann. Allerdings gibt es ein sehr starkes Argument für die Existenzberechtigung von Unternehmen  und zwar die Etablierung einer Kapitalstruktur mit verschiedenen Instrumenten unterschiedlicher Seniorität. Diese Idee führt uns zu einer äußerst eleganten Lösung zukünftiger "griechischer" Situationen: Diese könnten dadurch vermieden werden, dass Länder eine Kapitalstruktur einführen, also Anleihen unterschiedlicher Seniorität emittieren.

Six Sigma oder Six Stigma Events?

Wie oft denn noch?

Die Entwicklungen in Libyen und vor allem in Japan zeigen wieder einmal die Bedeutung exogener Schocks für die Märkte und damit die Grenzen klassischer Allokationskonzepte auf. Nachdem Investoren innerhalb weniger Jahre mehrere Male eine, im Volksmund gerne als "Six Sigma Event" (damit soll die geringe Eintrittswahrscheinlichkeit desselben ausgedrückt werden) genannte, Situation erlebt haben, verabschieden sich immer mehr Marktteilnehmer von dem Gedanken, dass nur in ganz seltenen Fällen ein herber Verlust in traditionellen Anlagestrategien zu erwarten sei. Die Ereignisse in Nordafrika/Nahost und Japan haben weitaus bedeutendere Auswirkungen als diejenigen auf die Kapitalmärkte, weshalb es uns schwerfällt, nur auf diese einzugehen. Falls die auf den folgenden Seiten aufgezeigten Wirkungszusammenhänge teilweise zynisch klingen mögen, möchten wir uns schon vorab hierfür entschuldigen.

Es liegt nun mal in der Sache selbst begründet, dass exogene Schocks nicht in den Erwartungen der Investoren eingepreist sind, sonst wären es nämlich keine. Die drei Themen, die uns in den letzten Wochen beunruhigten, sind die Eurokrise, die revolutionären Entwicklungen im Nahen Osten und die Folgen der Erdbebenkatastrophe in Japan. All diese Ereignisse kamen völlig überraschend und haben das noch vor wenigen Monaten geltende ökonomische Weltbild verändert.

Den Auslöser von krisenähnlichen Zuständen an den Märkten ex ante zu identifizieren ist schwerlich möglich – es spielt hier eben auch der Zustand des Finanzsystems eine entscheidende Rolle. Je fragiler das Finanzsystem ist, desto wahrscheinlicher führen exogene Schocks auch zu dramatischen Marktbewegungen. Diese Binsenweisheit hat jedoch auch eine logische Konsequenz: Die Analyse der Stabilität des Finanzsystems spielt eine sehr viel wichtigere Rolle als bisher angenommen. Eine gute Indikation stellt hierbei die Positionierung der Anleger dar. Die extreme Beliebtheit von "Tail Event Protection Funds" (Strategien, die auf crash-ähnliche Szenarien setzen) spiegelt den starken Anstieg der Risikoaversion vieler Investoren wider. Die Zuflüsse in Hedge-Fonds, die solche Strategien umsetzen, hat in den letzten zwei Jahren massiv zugenommen und die Anzahl der Banken, die mit Tail-Event-Strategien um die Investmenthäuser tingeln, auch.

Tail Event Protection … "A Crowded Trade"

Das Problem ist, dass diese Positionen bereits "crowded" sind, d. h. aufgrund der starken Nachfrage sind viele klassische Tail-Event-Strategien bereits immens teuer. Genau diese hohe implizite Wahrscheinlichkeit für Crash-Szenarien ist letztlich ein nicht zu unterschätzender Indikator für den aktuellen Zustand des Finanzsystems und möglicherweise zuverlässiger als Aktienkurse oder Credit Spreads.

Wir haben bereits mehrfach erwähnt, dass sich der Vergleich der aktuellen Situation an den Märkten mit den Jahren 2007/2008 förmlich aufdrängt. Einige Marktsegmente preisen das Ende des Abendlands ein, andere tun so, als wäre nichts gewesen. Wir wissen nicht, wer am Ende Recht behält, aber es ist anzunehmen, dass dies eine rein stochastische und weniger eine analytische Frage sein wird. Letztlich sind absolute Aussagen weitaus schwieriger als relative, womit wir beim Thema wären. Kein Vermögenswert sollte isoliert betrachtet bewertet werden, sondern in seiner relativen Wertigkeit zu anderen. Die Kapitalstruktur eines Unternehmens lässt quantitative Aussagen bzgl. der Bewertung aller Vermögensgegenstände zu, ohne sich auf irgendwelche Erwartungen stützen zu müssen. Aber die Kapitalstruktur hat noch eine ganz andere Dimension, die wir nachfolgend entwickeln wollen.

Wer kann es besser: Der Markt oder die Firma?

Eine Hommage an Coase

Die Idee zur folgenden Ausführung basiert auf der Lektüre eines Artikels von Immo Querner ("Wertorientierte Kapitalanlagestrategie eines als Kapitalgesellschaft verfassten Versicherungsunternehmens", ZVersWiss (2010), 99(3), 319-333), in dem der Frage nachgegangen wird, warum ein professioneller Kapitalanleger einer Versicherung Eigenkapital zur Verfügung stellen sollte, wenn deren Ertragsprofil stark von Marktrisiken abhängt. Denn diese kann der Investor ja durchaus auch direkt am Markt eingehen und dadurch friktionale Kosten, die in der Versicherung entstehen, umgehen. Die Grundidee ist eine der Neuen Institutionenökonomik, in die wir nachfolgend kurz eingehen, um damit die darauf basierende Argumentation zu verdeutlichen.

Exkurs: The Nature of the Firm

Die Arbeit von Ronald Coase ("The Nature of the Firm", Economica (1937), 4(16), 386-405) ist ein wegweisender Artikel und stellt die Geburtsstunde der Neuen Institutionenökonomik dar. Auch wenn Coase laut eigener Aussage die Tragweite gar nicht abgesehen hat, wird hier die Basis geschaffen, um Wechselwirkungen von Institutionen in einer Ökonomie zu analysieren. Es stellt sich die grundlegende Frage, warum Wirtschaftssubjekte über Firmen oder Partnerschaften miteinander agieren anstatt direkt über den Markt zu kontrahieren? Aus der Beantwortung dieser Frage kann man ableiten, unter welchen Bedingungen Firmen letztlich entstehen. Das eröffnete eine völlig neue Denkrichtung in der Ökonomie, da die traditionelle Schule damals vorgeschlagen hat, dass Märkte effizient seien, also immer den "optimalen" Austausch von Gütern und Dienstleistungen gewährleisten. Wozu also Firmen? Coase argumentierte über Transaktionskosten (Suchkosten, Informationskosten etc.), die durch den Marktmechanismus entstehen. Die Existenzberechtigung von Firmen besteht folglich darin, Güter bei geringeren Transaktionskosten zu produzieren. Natürlich entstehen auch Kosten innerhalb der Firma, weshalb sich die optimale Größe derselben letztlich durch die Grenzkosten externer und interner Kontrakte definiert. Was auf den ersten Blick wie eine theoretische Spielerei aussieht, stellt letztlich die Grundlage dar, um die Entstehung von Firmen zu verstehen und beschreibt unter anderem auch, wie technologischer Fortschritt die Entwicklung von Firmen beeinflusst. Es zeigt aber einen weiteren ganz entscheidenden Punkt für unsere Argumentation auf: Jeder Marktteilnehmer kann sich entscheiden, wie er gewisse Güter, Dienstleistungen oder auch Vermögensgüter allokieren möchte – über den Markt direkt oder über eine Firma!



Zurückkommend auf unser Versicherungsbeispiel, stellt sich also folgendes Problem: Wenn die Versicherung zu 100 % Marktrisiken nimmt, liegt ihre primäre Existenzberechtigung aus Sicht des Aktionärs darin, dass sie Ver-mögenswerte effizienter managen kann als der Aktionär selbst. Nun ist es in der Realität natürlich so, dass die Versicherung eben auch Versicherungsrisiken eingeht und hier durchaus positive Korrelationseffekte erzielt werden können. Des Weiteren gibt es natürlich steuerliche und regulatorische Effekte, die eine Eigenkapitalinvestition in eine Versicherung ökonomisch rechtfertigen können – allerdings sollte die Tatsache, dass von Versicherungen durchaus substituierbare Marktrisiken eingegangen werden, in der EK-Allokation des Investors berücksichtigt werden.

Finanzinstitute sind Derivate auf die Kapitalmärkte

Dieser Gedanke lässt sich in der Finanzindustrie relativ leicht erweitern. Man stelle sich eine Bank vor, deren Gewinn maßgeblich im Investment-Banking-Bereich erzielt wird. Dieser Bereich ist offensichtlich stark abhängig von den Entwicklungen an den Märkten, somit von der Effizienz im Handel und ist folglich weniger von dem Geschäftsmodell der Bank an sich determiniert. Als Investor wird man sich eben auch die Frage stellen, was diese Bank besser kann als man selbst, vor allem vor dem Hintergrund immenser Kosten, die innerhalb der Bank (insbesondere im Investment Banking) anfallen. Die Bank schüttet ja die Gewinne nicht vollständig an die Aktionäre aus, sondern die Dividende wird in der Praxis nur ein Bruchteil des reinen Ertrags, der durch die Übernahme von Marktrisiken entstanden ist, reflektieren.

Anders formuliert (und wir tun hier nun temporär so, als würden wir der Kapitalmarkttheorie Glauben schenken), spiegelt der Aktienkurs nichts anderes wider als den Barwert zukünftiger Dividendenzahlungen, die wiederum direkt durch den Gewinn bestimmt werden. Das Finanzunternehmen (welcher Art auch immer) muss (und hier tun wir so, als würden wir der Institutionenökonomik Glauben schenken, was uns weitaus einfacher fällt) konsequenterweise Vermögenswerte effizienter handeln, als es der Investor direkt am Markt umsetzen kann. Wenn man die Aktienkursentwicklung im Finanzbereich mit der des Gesamtmarktes während der letzten Jahre vergleicht, sind etwaige Zweifel hier durchaus berechtigt.

Der für unsere Argumentation relevante Punkt dieser Überlegung besteht allerdings nicht darin, die Existenzberechtigung von Finanzinstitutionen zu hinterfragen, sondern vielmehr darin, zu manifestieren, dass das Ge-winnprofil einer Finanzinstitution durch direkte Investitionen im Markt nachgebildet werden kann. Ein Portfolio, das aus Katastrophen-Bonds, Staatsanleihen (hier dürfen die Peripherieländer nicht fehlen!) und Aktienmarkt-ETFs besteht, sollte sich ähnlich wie der Aktienkurs einer Versicherung verhalten.

Die Existenzberechtigung der Finanzindustrie

Wir sind uns durchaus bewusst, dass dies eine extreme Vereinfachung der Realität und eine gewisse Ignoranz gegenüber dem Geschäftsmodell der Finanzindustrie darstellt, wir können jedoch diesem Gedanken durchaus Sympathie abgewinnen. Wir bewegen uns argumentativ irgendwo zwischen Modigliani/Miller, Merton und Coase und würden uns nicht anmaßen, hierzu einen erhellenden Beitrag liefern zu können, aber es bleibt zumindest die Erkenntnis, dass eine Investition in die Finanzindustrie aus Sicht des Aktionärs nur dann Sinn ergibt, wenn mindestens einer der folgenden Punkte als erfüllt gilt:

  1. Kostenvorteile: Um die Argumentation der Neuen Institutionenökonomik aufzugreifen, können Kostenvorteile beim Handel von Vermögenswerten gegenüber dem direkten Handel über den Markt entstehen. Das gilt sicherlich für bestimmte Investments (bspw. für den Handel von Genussscheinen oder Private Placements, die exakt den Anforderungen der Versicherung entsprechen), aber es gilt sicherlich nicht für sehr liquide Vermögenswerte, wie ETFs.
  2. Korrelationseffekte: Das Finanzunternehmen erzielt einen Diversifikationseffekt durch die Mischung von klassischem Geschäftsrisiko (Versicherungsrisiken oder Finanzierungsrisiken) und Kapitalmarktrisiken. Hierbei kann es sich um klassische Absicherungsstrategien handeln, beispielsweise wenn eine Bank zur Absicherung ih-res Unternehmensfinanzierungs-geschäfts CDS einsetzt. Versicherungen hingegen können Investitionen in Öl rechtfertigen, indem sie auf Wetter- und Umweltrisiken innerhalb ihrer originären Tätigkeit als Versicherung verweisen, die mit einem Anstieg des Ölpreises verbunden sein könnten. Der Konjunktiv ist bei dieser Argumentation unser Freund, aber es bestünde zumindest die Möglichkeit positiver Effekte. Man könnte jedenfalls wohlmeinend argumentieren, dass erst die Möglichkeit der Übernahme von Marktrisiken das Eingehen von Versicherungsrisiken erlaubt.
  3. Kosten der Liquidität: Finanzunternehmen sind unter der Annahme einer stabilen und deterministischen Passivseite in der Lage, eine Liquiditätsprämie zu verdienen, die seinem Aktionär anderweitig nicht zugänglich wäre. Es drängt sich der Gedanke auf, dass dieses Geschäftsmodell von einigen Finanzinstituten in den Jahren 2005 bis 2008 stark ausgebaut wurde – mit bekanntem Erfolg. Der Glaube an Liquiditätsprämien in einem Umfeld unendlich zur Verfügung stehender Liquidität erscheint zumindest fragwürdig. Möglicherweise wird das Vorhandensein von anderen Risiken oftmals mit dem Risiko eines Liquiditätsentzugs verwechselt – ganz sicher dürfte nach den Erfahrungen der letzten Jahre allerdings sein, dass das Management von Liquiditätsrisiken in Abwesenheit von entsprechenden Instrumenten extrem schwierig ist und oftmals nicht funktioniert hat.
  4. Regulatorische Vorteile: Man könnte – durchaus valide – argumentieren, dass das regulatorische Umfeld einen Vorteil für den Kauf von Vermögenswerten über eine Versicherung gegenüber dem direkten Kauf am Markt haben kann. Dieser ökonomische Vorteil entsteht dadurch, dass der Regulator ein Interesse hat, dass Versicherungs-leistungen angeboten werden – auch wenn dadurch die Arbitrage-Freiheit am Markt außer Kraft gesetzt wird. Allerdings steigt dadurch die Gefahr des Staatsversagens, was sich vor allem während des Platzens der New Economy Bubble gezeigt hat.

 

Folgt man dieser Argumentation, kann man die Finanzindustrie als Derivat des Finanzmarktes begreifen und die Entwicklung der letzten Jahre scheint diese Analogie zu stützen. Diese These lässt sich eben auch auf Industrieunternehmen jeglicher Couleur anwenden.

Weshalb es Unternehmen gibt

Rohstoffunternehmen = Rohstoffmarkt

Letztlich kann die obige Idee auf alle Unternehmen übertragen werden. Einige Beispiele eignen sich hierfür be-sonders gut, man denke nur an Unternehmen, die sehr stark an einen einzigen Vermögenswert gebunden sind. Bei einigen Unternehmen ist der Zusammenhang sehr offensichtlich, beispielsweise bei solchen, deren Gewinnerzielung an einen Rohstoff geknüpft ist.

Wenn die Gewinnerzielung des Unternehmens maßgeblich durch die Preisentwicklung eines Rohstoffes bestimmt wird, wäre alles andere als eine immens hohe Korrelation zwischen dem Aktienkurs sowie dem Rohstoff auch überraschend. Diese Analyse lässt sich allerdings auf nahezu alle Unternehmen anwenden, auch wenn der Zusammenhang zwischen der Gewinnerzielung des Unternehmens und einigen zugrunde liegenden Märkten etwas komplexer sein kann. Die nachfolgende Abbildung 1 stellt den Zusammenhang zwischen einer Kupferminenaktie und dem Kupferpreis dar.


Abbildung 1: Was ist was? Kupferpreis gegen den Xstrata-Aktienkurs [Quelle: Bloomberg]
Abbildung 1: Was ist was? Kupferpreis gegen den Xstrata-Aktienkurs [Quelle: Bloomberg]

Betrachtet man zum Beispiel einen Automobilhersteller, sollte dessen Gewinnwachstum maßgeblich von den Input-Kosten (Rohstoffpreise), den Arbeitskosten (als Proxy kann hier die Inflationsrate herangezogen werden), den Wechselkurskonstellationen (durch Translations- und Transaktionseffekte, die direkt auf die Bilanz wirken), dem Zins/Spread-Niveau als Indikator für die Refinanzierungskosten und der Entwicklung der Nachfrage (die wiederum vom verfügbaren Einkommen bzw. Wirtschaftswachstum, aber auch vom Ölpreis abhängt) abhängen. Die Aktienkursentwicklung eines Automobilunternehmens sollte sich also sehr gut durch eine Kombination von Rohstoffindizes (Öl, Stahl), den Wechsel-kursentwicklungen zu den Hauptexportmärkten, der Inflationsrate und einem Proxy für Wirtschaftswachstum (welches man zumindest nicht liquide direkt handeln kann) darstellen können.

Unternehmen = Markt?

Für jede Industrie lassen sich folglich Märkte abgrenzen, über deren Wertentwicklung sich der Gewinn der Unter-nehmen und somit deren Aktienkursentwicklung nachbilden lässt. Jetzt kann man wiederum argumentieren, dass man alle diese Märkte mit Long- oder Short- (Bedenke: Das Geld ist fort) Positionen widerspiegeln kann. Damit stellt sich die Frage, ob eine Firma den Vermögensgegenstand (der in unserem Beispiel nichts anderes ist als eine be-grenzte Menge von Märkten) effizienter zur Verfügung stellen kann als es der Markt tut. Nun gibt es natürlich offensichtliche Vorteile dadurch, dass eine Firma sich darauf spezialisiert hat, genau diesen Vermögenswert bereitzustellen, auch wenn es zu friktionalen Kosten innerhalb des Unternehmens kommt.

Neben der Tatsache, dass sich eben nicht alle Parameter des Unternehmensgewinns effizient am Markt handeln lassen (z. B. Wirtschaftswachstum), kann das Unternehmen regulatorische (EK-Optimierung aus Sicht des Aktionärs) und steuerliche Optimierungsmechanismen implementieren, die dem Markt nicht zur Verfügung stehen. Beispielsweise können Kosten steuerlich günstig wirken, was dem Gewinnwachstum, völlig unabhängig von den zugrunde liegenden Märkten, zuträglich sein kann. Es besteht die Möglichkeit, dass das Gewinnwachstum des Unternehmens stärker ausfällt als die Preisentwicklung auf den Märkten, weshalb der Kauf der Vermögenswerte über ein Unternehmen effizienter sein kann als die direkte Transaktion am Markt.

Nun wird es immer Situationen geben, in denen die Firma einen Vermögensgegenstand effizienter bereitstellen kann als der Markt. Aber ein sehr starkes Argument gegen die Beteiligung an einem Unternehmen und für den direkten Kauf am Markt stellt, neben den hohen friktionalen Kosten innerhalb der Firma, das Risiko des Missmanagements dar. Letztlich liegt das entscheidende Argument für die Existenzberechtigung eines Unternehmens darin, dass es in der Lage ist, eine Kapitalstruktur zu implementieren!

Ein Hoch auf die Kapitalstruktur!

Wir brauchen euch doch!

Dieser Punkt mag auf den ersten Blick wenig relevant erscheinen – doch bei genauerer Betrachtung zeigt sich seine logische Stringenz. Eine Firma weist einen signifikanten Vorteil gegenüber einem Markt auf: Sie ist in
der Lage, eine Kapitalstruktur zu entwickeln und unterschiedlichen Arten von Investoren ein differenziertes Risiko/Return-Profil zu bieten – obwohl alle diese Investoren in dieselben zugrunde liegenden Märkte investieren. Eine Firma differenziert sich genau dann vom Markt, wenn sie eine Kapitalstruktur implementiert hat!

Ein letztes Mal zurück zu unserem Versicherungsbeispiel: Kapitalstruktur bedeutet, dass die Versicherung eine Vielzahl von Instrumenten emittiert, neben Aktien eben auch Anleihen unterschiedlicher Seniorität. Somit haben Investoren die Möglichkeit, ihrer Risikoneigung entsprechend an dem Business Case der Versicherung teilzuhaben, wobei zumindest die Anleiheinvestoren ein völlig anderes Risiko/Return-Profil generieren als das des Marktes. Aus Sicht der Investoren greift hier das Irrelevanz-Theorem der Finanzierung (Modigliani/Miller) nicht, da die Etablierung der Kapitalstruktur weitreichende Konsequenzen mit sich bringt. Die entscheidenden Vorteile aus Sicht des Investors umfassen drei Punkte:

  1. Investitionsentscheidung: Der Vorteil aus Sicht eines Investors besteht nun darin, dass er auch nicht linear vom inhärenten Risiko eines Marktes daran partizipieren kann! Während der Aktionär direkt an die Marktentwicklung gekoppelt ist, hat der Anleiheinvestor ein völlig anderes Risiko/Return-Profil.
  2. Überlebenswahrscheinlichkeit: Aus Sicht des Unternehmens, eröffnet eine Kapitalstruktur die Möglichkeit zwischen verschiedenen Investorengruppen zu unterscheiden und weitaus flexibler auch auf Krisensituationen zu reagieren. Das ist aus Sicht des Investors wichtig, da die Überlebenswahrscheinlichkeit für das Unternehmen zunimmt, wenn es in der Lage ist Unternehmenswerte flexibel zwischen den Stakeholdern zu allokieren – z.B. wenn Dividendenzahlungen ausgesetzt oder Coupons verschoben werden!
  3. Regulatorische/Steuerliche Vorteile: Ein Unternehmen mit einer Kapitalstruktur ist in der Lage, sehr viel flexibler auf regulatorische/steuerliche Anforderungen zu reagieren – es ist aber auch in der Lage, diese effizient auszunutzen ("regulatorische Arbitrage"). D. h. der "Business Case" wird wichtiger als der zugrunde liegende Markt – was eben auch eine (aus Sicht einiger Investoren zumindest) effizientere Bereitstellung eines Vermögenswertes im Vergleich zum Markt nach sich zieht!


Da die Vorteile für den Investor nicht nur ökonomischer Natur sind, kann das Argument nicht gelten, dass man auch jede Position eines Stakeholders über Derivatepositionen im den Markt nachbilden kann (Merton).

Die Einführung einer Kapitalstruktur führt dazu, dass man eine Investition in eine Firma nicht mehr direkt mit der in einen Markt vergleichen kann, da Erstere eine Reihe von zusätzlichen "Features" aufweist, die im Markt nicht darstellbar sind. Nun haben wir abgeleitet, welche Vorteile die Existenz einer Kapitalstruktur für den Investor mit sich bringt – nachfolgend argumentieren wir aus der Sicht des Emittenten! Auch aus dieser Perspektive zeigt sich, dass eine Kapitalstruktur Vorteile generiert.

Und was hat Griechenland damit zu tun?

Die Lösung steht noch aus

Vor den Geschehnissen in Japan und Libyen ist die Eurokrise etwas in den Hintergrund geraten, obwohl die Ergebnisse des Eurogipfels in Brüssel signifikante Weichenstellungen für die Zukunft mit sich bringen. Hierbei sind vor allem zwei Punkte beschlossen worden, die weitreichende Folgen haben werden: Die Installation eines persistenten Rettungsschirms und die ersten Schritte hin zu einer europäischen Haushalts-, Steuer- und Sozialpolitik. Zynische Beobachter dürfen durchaus die Sorge äußern, dass es sich hierbei wiederum rein um die Bekämpfung der Symptome und nicht um die Ausräumung der wahren Ursachen der Krise handelt.

Die Schaffung eines ständigen Rettungsschirms: Die EU hat beschlossen, dass der temporäre Rettungsfonds in Höhe von EUR 250 Mrd. ab 2013 in einen dauerhaften Rettungsfonds in Höhe von EUR 440 Mrd. übergehen und mit Hilfe von Garantien und Kapitaleinlagen der Mitgliedsländer finanziert werden soll. Die Krise in der EWWU ist aber in erster Linie eine der ökonomischen Divergenz der Mitgliedsländer. Natürlich ist die unterschiedliche ökonomische Situation der einzelnen Mitgliedsstaaten auch bei der Einführung des Euro als das zentrale Risiko gesehen worden, allerdings bestand die Hoffnung, dass die Einführung einer Gemeinschaftswährung zu einer ökonomischen Konvergenz führt. Diese Hoffnung ist offensichtlich enttäuscht worden. Vielmehr hat die Vereinheitlichung der Geldpolitik dazu geführt, dass sich aus der Annäherung der Refinanzierungskosten der Mitgliedsländer eine immense Fehlallokation von Kapital entwickelt hat. Diese Fehlallokation von Kapital hat nicht nur auf nationalstaatlicher Ebene stattgefunden (subventionierte Infrastrukturmaßnahmen in Griechenland oder das Aufblähen des irischen Bankensektors), sondern auch international. Das allerdings dürfte angesichts einer immer weiter voranschreitenden Globalisierung und Integration des europäischen Kapitalmarktes wenig Verwunderung hervorrufen. Letztlich hat die Konvergenz der Refinanzierungskosten die Divergenz der wirtschaftlichen Entwicklung gefördert. Die Errichtung eines ständigen Rettungsschirms wird diese Problematik nicht lösen, sondern sie wird dazu führen, dass ständige Transferzahlungen zu leisten sein werden – ohne hier das Schlagwort der Transferunion bedienen zu wollen. Der politische Wille, einen gemeinsamen Währungsraum zu erhalten, ist auch ökonomisch durchaus nachvollziehbar. Und dieser politische Wille kostet eben Geld. Aber es besteht die Gefahr, dass mit der Installation eines persistenten Transfermechanismus dieses Ziel eben genau nicht erreicht wird, da es der elementaren Notwendigkeit ökonomischer Konvergenz diametral entgegensteht.

Die ersten Schritte hin zu einer gemeinsamen Fiskalpolitik. Bei der Verhandlung bezüglich der Konditionen für die Rettungspakete Griechenlands und Irlands wurden erstmals die künftigen möglichen Sanktionsmechanismen aufgezeigt. Die logische Konsequenz dieser ersten Schritte ist eine gemeinsame Fiskalpolitik innerhalb der EWWU. Das entscheidende Argument für deren Befürworter ist, dass hiermit zukünftige Schuldenprobleme besser in den Griff zu bekommen sind und frühzeitige Interventionen der anderen Staaten eine zukünftige "griechische Grippe" verhindern können. Diesem Mechanismus kann man aber durchaus einiges entgegen halten. Entscheidend hierbei ist, dass den einzelnen Mitgliedsländern nach der Wechselkurs- und der Geldpolitik mit der Fiskalpolitik das letzte Instrument der nationalstaatlichen Wirtschaftspolitik genommen wird. Solange die ökonomische Entwicklung innerhalb der Mitgliedsländer einigermaßen synchron verläuft, mag das Sinn machen. Aber genau das tut sie ja eben nicht. Einer Jugendarbeitslosigkeit von mehr als 40 % in Spanien (Zyniker entgegnen, dass diese Zahl nur durch die stark verbreitete Schwarzarbeit so hoch ist, was das Problem allerdings noch sehr viel schlimmer erscheinen lässt) muss eben mit individuellen wirtschaftspolitischen Mitteln entgegnet werden und nicht mit EU-weit einheitlichen geld- und fiskalpolitischen Zielen, die in anderen Ländern (ohne Ju-gendarbeitslosigkeit oder ohne Schwarzarbeit, wie immer man das auch sehen möchte) wiederum völlig andere sein mögen.

Die Stabilität der Eurozone ist das Ziel der auf dem EU-Gipfel getroffenen Beschlüsse. Wir haben gewichtige Zweifel, ob Stabilität so langfristig hergestellt werden kann! Die nach wie vor hinterherhinkende politische Integration innerhalb der EWWU kann sich als der Sargnagel des Euro erweisen. Allerdings bestehen durchaus auch Ansätze, die auf den ersten Blick sehr ungewöhnlich erscheinen, aber durchaus in der Lage sein könnten, einige der Schwachstellen in der EWWU zu bekämpfen. Im Folgenden stellen wir einen solchen vor.

Die Kapitalstruktur als Rettung der Eurozone

Aus den oben dargestellten Vorteilen einer Kapitalstruktur für Finanzinstitute und für Unternehmen leitet sich die Frage ab, ob sich die daraus abgeleiteten Erkenntnisse auch auf Staaten übertragen lassen. Zur Wiederholung: Die Vorteile einer Kapitalstruktur aus Sicht des Emittenten umfassen:

  1. Flexiblere Refinanzierungsbedingungen
  2. Flexiblere Möglichkeiten, auf Refinanzierungskrisen zu reagieren
  3. Stabilere Stakeholder-Konstellationen und effiziente Allokation von Risikokapital


Die Probleme Griechenlands und Irlands (und leider auch anderer europäischer Staaten) basieren zu einem großen Teil darauf, dass fast die gesamte Staatsverschuldung und eben auch die gesamten Verpflichtungen (z. B. zukünftige Zahlungen an die Bürger) pari passu, also gleichberechtigt, nebeneinander stehen. Ein Staat hat also keinen Puffer dadurch, dass er einige Stakeholder enttäuscht – er enttäuscht in der Regel immer alle zusammen und hat dadurch immense Probleme bei der Bekämpfung von Schuldenkrisen.

Was sollen Staaten nun tun? Es erscheint auf den ersten Blick verwirrend, dass ein Staat Aktien ausgibt. Aber warum eigentlich? Und zumindest die Ausgabe von Schuldtiteln unterschiedlicher Seniorität erscheint durchaus möglich.
Das Problem der europäischen Peripheriestaaten kann darauf reduziert werden, dass es ihnen angesichts der gemeinsamen Geldpolitik innerhalb der Währungsunion möglich war, sich viel zu günstig (so paradox das klingen mag) zu refinanzieren. Sie mussten nicht den ihrer Politik entsprechenden Risikoaufschlag bezahlen, um am Kapitalmarkt Geld aufzunehmen. Im Zusammenspiel mit der extrem expansiven Geldpolitik der EZB hat dies einerseits dazu geführt, dass das allgemeine Zinsniveau niedrig war. Andererseits haben europäische Investoren auf der Ausschau nach Renditesteigerung eben auch die zur Verfügung gestellte Liquidität in Länder investiert, die einen Spread-Aufschlag gegenüber den "sicheren Häfen" (Deutschland et al.) gezahlt haben. Folglich wurde dieser Spread-Aufschlag viel zu gering. Während also die ökonomische Entwicklung divergiert ist, sind die Renditeniveaus konvergiert – eine fatale Entwicklung, die das Kernproblem der Eurozone widerspiegelt.

Aber das Problem bekommt eine zusätzliche Dimension dadurch, dass die Staaten nur sehr eingeschränkte Re-finanzierungsmöglichkeiten haben. Ein Großteil der externen Verschuldung wird durch die Emission von Staatsanleihen erreicht, wobei sich diese Schuldtitel nur in der Ausgestaltung von Laufzeit und Coupons unter-scheiden. Aber alle diese Staatstitel sind aus Sicht der Gläubiger gleichgestellt. Ein externer oder interner Schock innerhalb einer Volkswirtschaft (z. B. die Bankenkrise in Irland) kann also zu einer dramatischen Erhöhung der Refinanzierungskosten führen, der man deshalb nichts entgegenzusetzen hat, da man als einziges Instrument die Emission weiterer gleichgestellter Schuldtitel hat. Die einzige Möglichkeit bei einer Schuldenkrise besteht also darin, mehr am Kapitalmarkt für dringend benötigte Liquidität zu bezahlen, was wiederum die Schuldenproblematik verstärkt.

Die Möglichkeit von Ländern, anders besicherte Schuldtitel herauszugeben schafft nun einige Vorteile. Man stelle sich im einfachsten Fall vor, es gäbe zwei Arten von Anleihen, vor- und nachrangige, die einerseits einen vor- und nachrangigen Anspruch an den Emittenten beinhalten, andererseits natürlich auch mit unterschiedlichen Risikoaufschlägen durch das Land kompensiert werden müssen. Im Falle einer Schuldenkrise können also die nachrangigen Investoren aus Sicht des Landes als Puffer für die vorrangigen herangezogen werden, indem ihnen beispielsweise die Zinszahlungen reduziert oder ausgesetzt werden. Dadurch das man einige Investoren (die dafür aber mit einem höheren Spread/Coupon anfänglich für ihr Investment kompensiert worden sind) schlechter stellt, kann man den Teil der vorrangigen Investoren weiter bedienen, was sich wiederum in geringeren Risikoaufschlägen im Vergleich zu einheitlichen Schuldtiteln in Krisenzeiten widerspiegelt. Somit kann die Refinanzierung auch in einer ökonomischen Extremsituation weiter aufrechterhalten werden, was das obige Argument der Flexibilität in der Refinanzierung und eben auch in der Krisenbekämpfung erfüllt.

Des Weiteren wird die Konstellation der Stakeholder (Anteilseigner) stabiler, da nicht alle Investoren denselben Risiken ausgesetzt sind. Das heißt, Kapital kann effizienter allokiert werden und zwar nach der individuellen Risikoneigung einzelner Investoren.

Man könnte in letzter Konsequenz sogar daran denken, dass Länder in der Lage sind, eigenkapitalnahe Papiere zu emittieren (die Staatsaktie), deren Rendite/Rückzahlung beispielsweise an das Wirtschaftswachstum des Landes gekoppelt sind – eben genauso wie der Wert einer Aktie eines Unternehmens vom Gewinnwachstum desselben abhängt. Im Falle einer Depression würden in erster Linie die "Aktionäre" des Landes betroffen sein und nicht die "Senior Bondholder", weshalb es dann auch leichter möglich ist, weiterhin zu günstigen Konditionen neues Geld am Markt durch die Ausgabe von "Senior-Anleihen" einzunehmen und die Refinanzierung der Volkswirtschaft sicherzustellen.

Was Staaten von Unternehmen lernen können

Diese Idee mag auf den ersten Blick abstrus wirken, hat aber theoretisch ihre Berechtigung. Unternehmen machen genau das: Sie nutzen ihre Kapitalstruktur aus, um flexibel auf die Marktentwicklung zu reagieren. Unternehmen ohne Kapitalstruktur (z. B. Familienunternehmen) tun sich hierbei sehr viel schwerer als solche mit Kapitalstruktur. Sehr viele Unternehmen gäbe es nicht mehr, wenn sie nicht die Gelegenheit gehabt hätten, in Krisensituationen Verluste an Aktionäre weiterzugeben.

Dasselbe gilt natürlich in besonderem Maße für Finanzinstitute – wie uns die letzten Jahre wieder einmal deutlich vor Augen geführt haben. Das beste Beispiel hierfür ist gerade in Irland zu beobachten. Der irische Staat ist nur deshalb in der Bredouille, weil er ein ausuferndes Bankensystem retten musste – der große Vorteil ist, dass Irland (natürlich völlig ungewollt) auf einmal eine Kapitalstruktur besitzt – nämlich die der Banken! Durch die sukzessive Verlustabwälzung an die Aktionäre und die nachrangigen Gläubiger bestehen diese Banken überhaupt noch, während Irland auf "Senior-Ebene" durch den Rettungsschirm die Refinanzierung sicherstellen kann. Irland ist nicht mehr oder weniger Pleite als Griechenland – aber es kann flexibler auf die aktuelle Situation reagieren und sich sogar erlauben, der EU Zugeständnisse bei der Erhöhung der Unternehmenssteuer zu verweigern. Eben deshalb, da Irland in der Lage wäre, sein Refinanzierungsproblem durch einen Ausfall aller Bankanleihen zu lösen. Da dadurch das europäische Bankensystem seine nächste Krise erfahren würde, hat Irland eine nicht zu unterschätzende Macht bei der Durchsetzung seiner Forderungen.

Dies mag aus Sicht einiger europäischer Staaten (vor allem denjenigen, deren Bankensysteme und Kapital-sammelstellen immense Volumina an irischen Bankenanleihen halten) eine unschöne Vorstellung sein – es zeigt aber, dass die Refinanzierungsflexibilität von dem Vorhandensein einer Kapitalstruktur positiv beeinflusst werden kann.

Der IMF setzt diesen Mechanismus übrigens seit langem um. Und zwar dadurch, dass die vom IMF bereitgestellten Kredite vorrangig sind gegenüber internationalen Staatsanleihen. Dadurch rettet er nicht nur Staaten aus akuten Finanznöten, sondern er gibt ihnen dadurch auch zusätzliche Refinanzierungsflexibilität.

Warum sollten nun Investoren in nachrangige Instrumente investieren? Aus demselben Grund, aus dem sie es auch bei Unternehmen tun – das zusätzliche Risiko wird durch eine höhere Renditeerwartung kompensiert. Natürlich stellt dieser Vorschlag keine direkte Heilung der "griechischen Grippe" dar, da sich potenzielle nachrangige Investoren nur zu immens hohen Zinssätzen bereit erklären würden, Geld zu leihen. Man muss diesen Mechanismus prophylaktisch verstehen. In Zukunft könnten Schuldenkrisen innerhalb Europas stark abgemildert werden, wenn man die Mög-lichkeit der Emission nachrangiger Anleihen in Betracht zöge.

Wir geben gerne zu, dass dieser Vorschlag nur eine erste Idee darstellt, glauben aber, dass ein marktnaher Mechanismus der Stabilität der EWWU dienlicher wäre als die Etablierung komplexer Transfermechanismen, welche die große Gefahr des Staatsversagens in sich bergen.


Jochen FelsenheimerJochen Felsenheimer ist Co-Head of Credit bei Assenagon Asset Management S.A. Er war von 2001 bis 2008 im Research der HypoVereinsbank (UniCredit Group) beschäftigt. Dort leitete er das Credit Strategy & Structured Credit Research-Team und war Stellvertretender Leiter des Global Credit Research-Teams. Er verantwortete alle Publikationen speziell zu den Themen Kreditmarkt, Kreditderivate sowie strukturierte Kredite und ist selbst Autor mehrerer Bücher und wissenschaftlicher Artikel zu den oben genannten Themenbereichen. Er promovierte an der volkswirtschaftlichen Fakultät der LMU München.


[Quelle: assénagon: credit newsletter Nr. 03/2011 │ 23. März 2011 │ Mit freundlicher Genehmigung von Assenagon Asset Management S.A. / Bildquelle oben: iStockPhoto]  



Kommentare zu diesem Beitrag

RiskNET Redaktion /25.03.2011 14:27
+++ Geldmengenwachstum im Euroraum gewinnt an Dynamik +++

Das Geldmengenwachstum in der Eurozone hat sich im Februar überraschend deutlich beschleunigt, blieb aber noch immer moderat. Damit dürften sich die Inflationssorgen der Europäischen Zentralbank (EZB) nicht verstärkt haben, mit einer Zinserhöhung sei aber weiterhin zu rechnen, sagten Bankvolkswirte. Positiv wurde auch gewertet, dass die Kreditvergabe an den Privatsektor stärker zulegte als zu Jahresbeginn, was in erster Linie an der hohen Kreditnachfrage der Haushalte lag. Zudem machte sich bei der Vergabe von Unternehmenskrediten eine fortgesetzte Besserung bemerkbar.

Wie die EZB am Freitag mitteilte, stieg das Geldmengenaggregat M3 gegenüber dem Vorjahresmonat um 2,0%, nach Zuwächsen von 1,5% im Januar und 1,7% im Dezember 2010. Die von Dow Jones Newswires befragten Volkswirte hatten nur einen Anstieg um 1,7% prognostiziert. Für den gleitenden Dreimonatsdurchschnitt wurde im Februar eine gegenüber dem Vormonat unveränderte Wachstumsrate von 1,7% ausgewiesen, während ein Plus von 1,6% erwartet worden.

Für die Februar-Entwicklung der enger gefassten Geldmenge M1 wies die EZB eine jährliche Wachstumsrate von 2,9% aus, nach plus 3,2% im Vormonat. Für die viel beachtete Expansion der Buchkredite an den privaten Sektor wurde ein Anstieg auf eine Jahresrate von 2,6% verzeichnet. Im Januar war hier ein Wert von plus 2,4% gemeldet worden.

Wie die EZB im Rahmen ihrer monetären Analyse weiter berichtete, blieb die Vorjahresrate der gesamten Kreditgewährung in der Eurozone mit plus 3,8% gegenüber Januar unverändert. Die Kreditvergabe an die öffentliche Hand schwächte sich auf eine Jahresrate von plus 10,5% (Januar: plus 11,7%) ab. Die Kreditvergabe an den privaten Sektor beschleunigte sich dagegen und nahm um 2,3% (plus 2,1%) zu, was Beobachter als Anzeichen für eine anhaltend gute Konjunkturentwicklung werteten.

Die Kreditvergabe an die Unternehmen des Euroraums legte im Februar weiter zu. Das Kreditvolumen an nicht-finanzielle Unternehmen stieg im Februar um 16 Mrd EUR, nachdem es im Januar um 18 Mrd EUR zugenommen hatte. Dabei waren alle Laufzeiten betroffen. Entsprechend erhöhte sich die Jahresveränderungsrate auf plus 0,6% von plus 0,5% im Januar.

Die Kreditvergabe an private Haushalte expandierte im Februar mit einer Jahresrate von 3,0% (plus 3,1%). Dabei nahm die Kreditvergabe für den Hauskauf um 3,8% (plus 3,9%) zu, während die Vergabe von Konsumkrediten ihr Vorjahresniveau um 0,9% (minus 1,0%) unterschritt.

"Die Belebung bei der Kreditvergabe bleibt intakt, doch sind die Wachstumsraten im historischen Vergleich noch immer sehr gedämpft", sagte Postbank-Ökonom Thilo Heidrich. In der Summe deuteten die Daten darauf hin, dass die von der EZB großzügig zur Verfügung gestellte Liquidität allmählich ihren Weg in die Wirtschaft finde. Die Wachstumsraten der Geldmenge und der Kredite seien aber noch immer "sehr moderat".

Ähnlich äußerte sich Commerzbank-Ökonom Michael Schubert. Angesichts der verhaltenen monetären Dynamik werde die EZB wohl bei ihrer Einschätzung bleiben, dass zumindest auf der Basis der monetären Entwicklung der Inflationsdruck auf mittlere Sicht begrenzt bleibe. "Das dürfte sie aber nicht davon abhalten, die Zinsen bald anzuheben", sagte Schubert. EZB-Präsident Jean-Claude Trichet hatte nach der jüngsten Ratssitzung eine erste Zinserhöhung für April signalisiert, der weitere Schritte folgen dürften.

In ihrem Monatsbericht für März hatte die EZB erläutert, dass das tatsächliche Geldmengenwachstum zwar höher sei als die aus konjunkturellen und zinstechnischen Gründen nach unten verzerrten M3-Jahresraten gegenwärtig auswiesen, aber trotzdem noch als moderat gelten dürfe. Das deute darauf hin, dass die Risiken für die mittelfristige Preisstabilität begrenzt seien. Der EZB-Referenzwert für das M3-Wachstum beträgt 4,5%.

Nach Einschätzung von Ken Wattret, Chefökonom von BNP Paribas, hat die Notenbank in ihrem jüngsten Monatsbericht den Fokus auf das Geldmengenwachstum gelenkt, um den Weg für die angekündigte Zinserhöhung zu bereiten. "Das hilft, die bevorstehende Straffung der Geldpolitik zu begründen", sagte Wattret zu den Ausführungen der EZB. Die monetäre Analyse ist für die EZB - im Unterschied zu anderen großen Zentralbanken - Teil des geldpolitischen Entscheidungsprozesses.
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