USA nicht mehr Supermacht des Weltfinanzsystems

Das Weltfinanzsystem wird multipolarer


Bundesfinanzminister Peer Steinbrück hat den USA einen wahrscheinlichen Verlust ihrer Rolle als Supermacht des Finanzsystems vorhergesagt. "Die Fernwirkungen der Krise sind derzeit nicht absehbar", sagte Steinbrück im Deutschen Bundestag in einer Regierungserklärung zur Finanzkrise. "Eines scheint mir aber wahrscheinlich: Die USA werden ihren Status als Supermacht des Weltfinanzsystems verlieren", erklärte Steinbrück. "Nicht abrupt, aber erodierend", hob er hervor. "Die Wall Street wird nie mehr so sein, wie sie war", erklärte er. Das Weltfinanzsystem werde multipolarer. "Diese ernste globale Finanzmarktkrise wird tiefe Spuren hinterlassen", sagte der Finanzminister voraus. Sie werde "das Weltfinanzsystem tief greifend umwälzen". Die Welt werde nicht wieder so werden wie vor dieser Krise. "Wir müssen uns in nächster Zeit weltweit auf niedrigere Wachstumsraten und - zeitlich verschoben - eine ungünstigere Entwicklung auf den Arbeitsmärkten einstellen", warnte Steinbrück. Bislang habe das internationale Krisenmanagement funktioniert. Es sei nicht zu einem Kollaps des Weltfinanzsystems gekommen. "Und das, obwohl wir in den letzten Wochen an den Finanzmärkten eine weitere Zuspitzung der schlimmsten Bankenkrise seit Jahrzehnten erlebt haben", betonte er. Die Ersparnisse der Bürger seien aber sicher, erklärte Steinbrück in seiner Rede. "Unsere Realwirtschaft wird in Mitleidenschaft gezogen", konstatierte Steinbrück. "Die Abwärtsrisiken für die Konjunktur können wir nicht ignorieren." In welchem Ausmaß die öffentlichen Haushalte betroffen seien, liege an mehreren Faktoren, so an der Reaktion der Steuereinnahmen, die bisher keinen Einbruch verzeichneten, auf die abgeschwächte Konjunktur, an der Entwicklung des Arbeitsmarktes, die nach wie vor positiv sei, und an der Fähigkeit der deutschen Wirtschaft, wieder Fahrt aufzunehmen.

Der deutsche Bankensektor werde von den krisenhaften Entwicklungen nicht verschont, sagte Steinbrück. Zum Glück hielten sich die Engagements deutscher Banken bei Lehman Brothers in einem überschaubaren Rahmen und seien verkraftbar. Das Volumen der bekannten Verluste in Europa sei "in keiner Weise mit denjenigen in den USA zu vergleichen", hob er hervor. Die Fälligkeit der im Zuge der Stützungsmaßnahmen des Bundes über die KfW bei der IKB bereit gestellte Bürgschaft von 600 Mio. EUR sei "unwahrscheinlich", betonte Steinbrück zudem. Steinbrück berichtete, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sei "sich sicher, dass die in den letzten Jahren gesteigerte Risikotragfähigkeit der deutschen Institute ausreicht, die Verluste auszugleichen und die Sicherheit der privaten Ersparnisse zu gewährleisten". Mit Blick auf die Realwirtschaft sei Deutschland in der vorteilhaften Lage, "dass sich unsere Unternehmen, insbesondere der auf Kreditfinanzierungen angewiesene Mittelstand - trotz Abschwung und sich verschärfender Kreditkonditionen - bislang nicht einer Kreditklemme gegenübersehen", bekräftigte Steinbrück.

Der Bundesfinanzminister äußerte in seiner Rede heftige Kritik an der Regulierung des US-Finanzsystems und meinte, die USA hätten anders als zum Beispiel Deutschland "bislang die Investmentbanken nicht ausreichend reguliert und beaufsichtigt". Dieses "in weiten Teilen unzureichend regulierte System" breche gerade zusammen. Steinbrück kritisierte "die staatlichen Stellen in den USA für ihr spätes Vorgehen", begrüßte aber deren differenziertes Handeln. In Deutschland oder der gesamten Europäischen Union (EU) sei aber ein Rettungsprogramm wie in den USA "weder notwendig noch sinnvoll". Als Konsequenz aus der Krise seien "neue Verkehrsregeln für den Finanzmarkt" nötig, erklärte Steinbrück. Unter anderem forderte er in diesem Zusammenhang ein  internationales Verbot rein spekulativer Leerverkäufe. Auch dürften Kreditrisiken nicht mehr zu 100 %, sondern nur noch zu höchstens 80 % verbrieft werden.

[Text: RISIKO-MANAGER.com]

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