Blick hinter die Kulissen

Bayer AG: Risikomanagement als Teil der Unternehmenssteuerung


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Der Bayer-Konzern kann auf eine lange und bewegte Vergangenheit zurückblicken: Das Unternehmen wurde im August 1863 in Barmen von Friedrich Bayer und Johann Friedrich Weskott unter der Firma "Friedr. Bayer et comp." gegründet. Wichtige Produkte für das Unternehmen wurden Fuchsin und Anilin. Bereits im Jahr 1881 stieg die Mitarbeiterzahl auf über 300. Zur dieser Zeit wurde auch die Wirkung der Acetylsalicylsäure und der Sulfonamide entdeckt, die unter den Markennamen Aspirin und Prontosil auf den Markt gebracht und für die spätere Bekanntheit des Unternehmens wichtig wurden. Mit dem Sulfonamid Prontosil führte Bayer das weltweit erste Chemotherapeutikum ein, das als Breitbandantibiotikum eingesetzt werden konnte. Gerhard Domagk erhielt dafür im Jahre 1939 den Nobelpreis für Medizin.

Heute besteht der Bayer-Konzern aus über 350 Gesellschaften mit insgesamt 108.400 Mitarbeitern. Die drei Teilkonzerne, die weitgehend selbstständig operieren, die Bayer HealthCare, Bayer CropScience und Bayer MaterialScience, erwirtschafteten im Jahr 2009 einen Gesamterlös  von rund 31 Milliarden Euro. Damals wie heute ist im Bayer-Konzern die Steuerung von Chancen und Risiken integraler Bestandteil des konzernweiten Systems der Unternehmensführung. Zentrale Bestandteile des Chancen- und Risikomanagementsystems sind der Planungs- und Controllingprozess, das konzerninterne Regelwerk und das Berichtswesen.

In regelmäßigen Konferenzen zur Geschäftsentwicklung werden die Chancen und Risiken, die in den Strategien der strategischen Geschäftseinheiten und der Regionen qualitativ und quantitativ bewertet werden, aktualisiert und Ziele und Steuerungsmaßnahmen vereinbart. Grundlage des Chancenmanagements des Bayer-Konzerns ist die detaillierte Beobachtung und Analyse der individuellen Märkte sowie die frühzeitige Erkennung und Bewertung von Trends, aus denen sich die Identifikation der Chancen ableitet. Dabei werden sowohl gesamtwirtschaftliche, branchenspezifische als auch regionale oder lokale Entwicklungen einbezogen. Zu den Aufgaben der Teilkonzerne und Strategischen Geschäftseinheiten gehört es, strategische Chancen auf den Märkten wahrzunehmen, in denen sie tätig sind. Auf Konzernebene wird hierfür der strategische Rahmen gesetzt und die Finanzierung sowie die Liquidität gesichert. Zudem werden chancenorientierte Projekte, die mehrere Teilkonzerne betreffen, zentral koordiniert und verantwortet.

Risikoeigentümer als Basis eines effizienten Risikomanagement

Die Grundsätze des Risikomanagements des Bayer-Konzerns sind in einer Richtlinie dokumentiert. In den Teilkonzernen, den Servicegesellschaften und den Einheiten der Holding wurden  Risikoverantwortliche auf Leitungsebene und Risikomanagementkoordinatoren benannt, um ein effizientes Risikomanagementsystem zu gewährleisten. Die Konzernrevision ist verantwortlich für die Koordination der konzernweiten Erfassung und Dokumentation von Risikofeldern und für die Weiterentwicklung des Risikomanagementsystems. Die Wirksamkeit des Risikomanagementsystems wird in regelmäßigen Abständen von der Konzernrevision geprüft. Darüber hinaus beurteilt der Abschlussprüfer im Rahmen seiner Jahresabschlussprüfung das Risikomanagementsystem und erstattet Konzernvorstand und Aufsichtsrat regelmäßig hierüber Bericht. Die Erkenntnisse aus diesen Prüfungen finden im kontinuierlichen Prozess zur Verbesserung des Risikomanagementsystems des Bayer-Konzerns Berücksichtigung.

Internes Kontroll- und Risikomanagementsystem basierend auf COSO

Bayer verfügt über ein internes Kontroll- und Risikomanagementsystem im Hinblick auf den (Konzern-)Rechnungslegungsprozess, in dem geeignete Strukturen sowie Prozesse definiert und in der Organisation umgesetzt sind. Dies ist so konzipiert, dass eine zeitnahe, einheitliche und korrekte buchhalterische Erfassung aller geschäftlichen Prozesse bzw. Transaktionen gewährleistet ist. Es stellt die Einhaltung der gesetzlichen Normen, der Rechnungslegungsvorschriften und der internen Konzernrichtlinie zur Rechnungslegung sicher, die für alle in den Konzernabschluss einbezogenen Unternehmen verbindlich ist. Änderungen der Gesetze, Rechnungslegungsstandards und andere Verlautbarungen werden fortlaufend bezüglich der Relevanz und Auswirkungen auf den Konzernabschluss analysiert und die daraus resultierenden Änderungen in den konzerninternen Richtlinien und Systemen angepasst. Grundlagen des internen Kontrollsystems sind neben definierten Kontrollmechanismen, beispielsweise systemtechnische und manuelle Abstimmprozesse, die Trennung von Funktionen sowie die Einhaltung von Richtlinien und Arbeitsanweisungen. Die Steuerung des Prozesses der Konzernrechnungslegung erfolgt bei der Bayer AG durch den Zentralbereich Group Accounting and Controlling.

Das interne Kontrollsystem der Finanzberichterstattung des Bayer-Konzerns basiert auf dem COSO (Committee of the Sponsoring Organisations of the Treadway Comission)-Rahmenwerk. Für die IT-Prozesse wurde eine Überleitung zum cobit (Control Objectives for Information and related Technology)-Rahmenwerk hergestellt. Die konzernweit verbindlichen Internal-Control-System-(ics-) Standards wurden daraus abgeleitet, zentral vorgegeben und in den Konzerngesellschaften umgesetzt. Das Management in den Gesellschaften des Konzerns trägt die Verantwortung für die Umsetzung und Überwachung des lokalen ics. In einem konzernweit genutzten System werden alle ics-relevanten Geschäftsprozesse, deren Risiken und Kontrollen einheitlich und prüfungssicher dokumentiert und in einem zentralen it-System auf Konzernebene transparent dargestellt.

Die Interne Revision als zentrale Einheit prüft u. a. die Zuverlässigkeit des Rechnungswesens der in- und ausländischen Gesellschaften. Dabei werden insbesondere folgende Aspekte berücksichtigt:

  • Einhaltung der gesetzlichen Auflagen sowie von Vorstandsdirektiven, sonstigen Richtlinien und internen Anweisungen,
  • formelle und materielle Ordnungsmäßigkeit der Rechnungslegung und der darauf aufbauenden Berichterstattung,
  • Funktionsfähigkeit und Wirksamkeit interner Kontrollsysteme zur Vermeidung von Vermögensverlusten,
  • Ordnungsmäßigkeit der Aufgabenerfüllung und Einhaltung wirtschaftlicher Grundsätze.



Rechtsrisiken und Branchenrisiken

Der Bayer-Konzern ist zahlreichen Risiken aus Rechtsstreitigkeiten oder -verfahren ausgesetzt. Dazu gehören insbesondere Risiken aus den Bereichen Produkthaftung, Wettbewerbs- und Kartellrecht, Patentrecht, Steuerrecht sowie Umweltschutz.

Die Preise pharmazeutischer Produkte sind auf vielen Märkten staatlicher Kontrolle und Regulierung ausgesetzt, einige Regierungen nehmen sogar direkt Einfluss auf die Preisbildung. Des Weiteren sind große Anbieter im Gesundheitswesen in einigen Absatzmärkten in der Lage, erheblichen Druck auf die Marktpreise auszuüben. Preisregulierungen und Preisdruck durch Generika-Anbieter, induziert durch staatliche Erstattungssysteme, die preisgünstigere Generika Markenprodukten vorziehen, schmälern die Renditen für pharmazeutische Produkte im Konzern und könnten im Einzelfall die Markteinführung eines neuen Produkts unrentabel machen. Der Bayer-Konzern geht davon aus, dass das jetzige Ausmaß der Preisregulierung und des Preisdrucks weiter bestehen oder sich sogar vergrößern wird. In diesem Kontext analysiert der Konzern regelmäßig Veränderungen des regulatorischen Umfelds in den Hauptabsatzmärkten. Je nach Ausmaß der staatlichen Regulierung kann es notwendig sein, das Geschäftsmodell bzw. die strategische Ausrichtung anzupassen.

Die Umsatzerlöse des Bayer-Konzerns unterliegen saisonalen Schwankungen. Insbesondere gilt dies für das CropScience-Geschäft, welches darüber hinaus auch witterungsbedingten Einflüssen unterliegt. Die Konjunkturzyklen der Abnehmerbranchen beeinflussen die Umsatz- und Ergebnisentwicklung des Teilkonzerns MaterialScience. Ein konjunktureller Abschwung, gekennzeichnet durch schwache Nachfrage und Überkapazitäten, führt zu erhöhtem Preisdruck und intensiverem Wettbewerb. Das frühzeitige Erkennen sich abzeichnender Entwicklungen im gesetzlichen und wirtschaftlichen Umfeld sowie ein aktives Portfoliomanagement sind wichtige Bestandteile der Geschäftssteuerung. Sowohl die gegenwärtige weltweite Konjunkturlage als auch die mittelfristigen Wirtschaftsentwicklungen werden quartalsweise analysiert und zur operativen Geschäftsplanung herangezogen. Allerdings bieten auch detaillierte Analysen keine Gewähr dafür, dass ein massiver konjunktureller Abschwung wie in den vergangenen zwei Jahren vorhergesehen werden kann.

Produktentwicklungsrisiken

Da die Wettbewerbsposition sowie die Umsatz- und Ergebnisentwicklung des Bayer-Konzerns in signifikanter Weise von der Entwicklung kommerziell erfolgreicher Produkte und Produktionstechnologien abhängen, investiert der Bayer-Konzern beträchtliche finanzielle Mittel in die Forschung und Entwicklung. Aufgrund langwieriger Entwicklungsprozesse, technologischer Herausforderungen, regulatorischer Vorgaben und starken Wettbewerbs ist jedoch nicht sichergestellt, dass alle Produkte, die sich zukünftig oder derzeit in der Entwicklungspipeline befinden, ihre geplante Marktreife erreichen und sich auf dem Markt kommerziell erfolgreich behaupten werden.

Darüber hinaus können mögliche Nebenwirkungen der Bayer-Produkte, die trotz vorheriger intensiver Prüfungen erst nach der Zulassung bzw. Registrierung entdeckt werden, zu einer teilweisen oder kompletten Rücknahme vom Markt führen. Ein solcher Vertriebsstopp kann freiwillig oder aber auch durch rechtliche und behördliche Schritte begründet sein. Auch Gerichtsverfahren und damit verbundene Schadenersatzforderungen wegen möglicher Nebenwirkungen von Bayer-Produkten können das Ergebnis erheblich belasten.

Um eine effektive und effiziente Verwendung der in die Forschung und Entwicklung investierten Mittel zu gewährleisten, hat der Bayer-Konzern eine entsprechende Aufbau- und Ablauforganisation mit Fachabteilungen, Arbeitskreisen und Reportingstrukturen zur Überwachung von  Entwicklungsprojekten implementiert.

Regulatorische Risiken

Insbesondere der Life-Science-Bereich ist strengen behördlichen Vorgaben hinsichtlich der durchzuführenden Studien sowie der Herstellung und Vermarktung einer Vielzahl seiner Produkte unterworfen. In einigen Ländern hat das Ausmaß an regulatorischen Kontrollen stark zugenommen.

Der Bayer-Konzern erwartet, dass sich dieser Trend besonders in den USA und der EU fortsetzt. Steigende Prüfanforderungen, beispielsweise an klinische oder (öko-)toxikologische Studien, können die Produktentwicklungskosten erhöhen und die Zeit bis zur (Re-)Registrierung verlängern. Potenziellen Risiken aus gesetzlichen und sonstigen Vorgaben wird dadurch Rechnung getragen, dass der Konzern Entscheidungen und die Gestaltung der Geschäftsprozesse auf eine umfassende rechtliche Beratung durch interne und externe Fachleute stützen. In eigens aufgesetzten Projekten wird die Umsetzung neuer Regularien koordiniert und versucht, eventuelle Nachteile für die Geschäftstätigkeit zu verringern.

Patentrisiken im Bayer-Konzern

Ein Großteil der Bayer-Produkte, insbesondere im Life-Science-Bereich, unterliegt dem Patentschutz. Der Bayer-Konzern ist derzeit in Gerichtsverfahren involviert, um den Patentschutz für Bayer-Produkte durchzusetzen. Insbesondere Generika-Anbieter versuchen, Patente vor ihrem Ablauf anzugreifen. Teilweise wird sogar die generische Version eines Produkts auf den Markt gebracht – eine sogenannte "at-risk" Markteinführung – bevor ein rechtskräftiges Patenturteil vorliegt.

Läuft ein Patent aus oder kann der Bayer-Konzern ein Patent nicht erfolgreich verteidigen, ist in der Regel mit verstärktem Wettbewerb und dem damit verbundenen Preisdruck durch den Markteintritt von Generika-Anbietern zu rechnen. In einzelnen Bereichen muss der Konzern  sich gegen Klagen Dritter aufgrund von Verletzung von Patenten oder sonstiger Schutzrechte verteidigen. Dies könnte die Entwicklung oder Herstellung bestimmter Produkte behindern oder gar stoppen und Bayer zu Schadenersatz- oder Lizenzzahlungen an Dritte verpflichten. Insbesondere die Life-Science-Bereiche verfügen über ein umfassendes Produkt-Lebenszyklus-Management. Darüber hinaus prüft die Bayer-interne Patentabteilung in Zusammenarbeit mit den jeweiligen operativen Abteilungen regelmäßig die aktuelle Patentlage und beobachtet mögliche Patentverletzungsversuche, um bei Bedarf rechtliche Schritte einzuleiten.

Produktions-, Beschaffungsmarkt- und Umweltschutzrisiken

Die Produktionskapazitäten an einigen Bayer-Standorte könnten beispielsweise durch technisches Versagen, Naturkatastrophen, regulatorische Rahmenbedingungen oder Lieferunterbrechungen bei Hauptrohstoffen oder Zwischenprodukten, etwa durch die Abhängigkeit von einem Lieferanten, beeinträchtigt werden. Wegen des sehr komplexen Herstellungsverfahrens gilt dies in besonderem Maße für die biotechnologischen Produkte. Gelingt es dem Bayer-Konzern in diesen Fällen nicht, mit der Produktion auf andere Standorte auszuweichen oder die Nachfrage aus Vorräten zu bedienen, wird es zu einem Umsatzrückgang kommen.

Die Versorgung mit strategisch wichtigen Rohstoffen wird soweit möglich über langfristige Verträge und / oder mit verschiedenen Lieferanten gesichert. Zusätzlich unterliegen sämtliche Schritte der Produktionskette sowie die verwendeten Materialien einer ständigen Kontrolle durch die entsprechenden Fachfunktionen.

Die Herstellung von chemischen Produkten birgt Risiken, die mit der Produktion, der Abfüllung, der Lagerung und dem Transport von Rohstoffen, Erzeugnissen und Abfällen verbunden sind. Diese Risiken können Personen-, Sach- und Umweltschäden, Produktionsausfälle und Betriebsunterbrechungen sowie die Verpflichtung zu Schadenersatzzahlungen zur Folge haben.

Darüber hinaus kann das Auftreten von ungewollten Kreuz-Kontaminationen der Pflanzenschutzmittel untereinander und von Spuren unerwünschter gentechnisch modifizierter Organismen in landwirtschaftlichen Erzeugnissen oder Lebensmitteln nicht vollständig ausgeschlossen werden.
Durch ein integriertes Qualitäts-, Gesundheits-, Umwelt- und Sicherheitsmanagement gewährleistet der Bayer-Konzern Prozesssicherheit.

Risiken aus der Informationstechnologie

Die Geschäfts- und Produktionsprozesse sowie die interne bzw. externe Kommunikation des Bayer-Konzerns basieren zunehmend auf Informationstechnologien. Eine wesentliche Störung oder gar ein Ausfall der globalen und regionalen Geschäftssysteme kann zu einem Datenverlust und einer Beeinträchtigung der Geschäfts- und Produktionsprozesse führen. Mit der Etablierung einer umfassenden Organisation für das IT-Risikomanagement, der Verabschiedung eines Regelwerks mit der Festlegung entsprechender Rollen und Verantwortlichkeiten sowie der Implementierung eines periodischen Berichtssystems wurden die Grundlagen für ein kontinuierliches und nachhaltiges Risikomanagementsystem für diesen Bereich gelegt. In diesem Kontext wurden technische Vorkehrungen, wie beispielsweise Datenwiederherstellungs- und Kontinuitätspläne, entwickelt.

Management von Finanz- und Rohstoffpreisrisiken

Als weltweit agierender Konzern ist Bayer im Rahmen seiner gewöhnlichen Geschäftstätigkeit Kreditrisiken, Liquiditätsrisiken sowie verschiedenen Marktpreisrisiken ausgesetzt, die einen wesentlichen Einfluss auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage haben könnten.

Unternehmenspolitik ist es, die aus dem operativen Geschäft sowie den daraus resultierenden Finanzierungserfordernissen entstehenden Marktpreisrisiken durch den Einsatz derivativer Finanzinstrumente zu eliminieren bzw. zu begrenzen. Derivative Finanzinstrumente werden dabei fast ausschließlich zur Absicherung von gebuchten und geplanten Transaktionen abgeschlossen. Der Einsatz von derivativen Finanzinstrumenten unterliegt strengen internen Kontrollen, die im Rahmen zentral festgelegter Mechanismen und einheitlicher Richtlinien erfolgen. Es werden vor allem außerhalb der Börse (d. h. OTC) gehandelte Devisentermin- und -optionsgeschäfte, Zinsswaps sowie Zins- / Währungsswaps, Warenswaps und Warenoptionen mit Banken, denen der Bayer-Konzern bonitätsabhängige Kontrahentenlimite zuteilt, abgeschlossen.

Im Folgenden wird auf die einzelnen Risiken im Zusammenhang mit Finanzinstrumenten sowie deren Management eingegangen.

Management von Kreditrisiken

Die Werthaltigkeit von Forderungen und anderen finanziellen Vermögenswerten kann beeinträchtigt werden, wenn Transaktionspartner ihren Verpflichtungen zur Bezahlung oder sonstigen Erfüllung nicht nachkommen. Da der Bayer-Konzern mit seinen Kunden keine Master-Netting-Vereinbarungen abschließt, stellen der Gesamtbetrag der finanziellen Vermögenswerte und eine Nichtrückzahlung des von der Bayer-Pensionskasse VVaG in Anspruch genommenen Gründungsstocks das maximale Ausfallrisiko dar. Aufgrund eines umfassenden Forderungsmanagements ist bis jetzt trotz der aktuellen Situation an den Finanzmärkten ein nur leicht erhöhtes Ausfallrisiko von Forderungen im Bayer-Konzern zu verzeichnen.

Zur effektiven Steuerung der Kreditrisiken aus offenen Handelsforderungen hat Bayer einen einheitlichen Risikomanagementprozess etabliert und eine entsprechende konzernweite Richtlinie verfasst. Es erfolgen regelmäßig Bonitätsanalysen der Kunden, Sicherheiten liegen für einen Teil dieser Forderungen vor. Für alle Kunden werden Kreditlimite festgelegt. Darüber hinaus werden alle Limite für Schuldner mit einem Gesamtrisikoexposure von zehn Mio. Euro und mehr sowohl vom operativen Kreditmanagement beurteilt als auch dem konzernweiten Risiko-Komitee Finanzen vorgelegt.

Zur Minimierung der Kreditrisiken werden Finanztransaktionen nur im Rahmen festgelegter Limite mit Banken und Partnern, die eine erstklassige Bonität aufweisen, getätigt. Die Risikolimite werden auf Basis von methodischen Modellen entwickelt und laufend beobachtet. Die Länderrisiken aus Warenlieferungen und Konzernkrediten werden kontinuierlich beobachtet, methodisch bewertet und zentral gesteuert.

Steuerung von Liquiditätsrisiken

Das Liquiditätsrisiko, d. h. das Risiko, aufgrund einer unzureichenden Verfügbarkeit von Zahlungsmitteln bestehende oder zukünftige Zahlungsverpflichtungen nicht erfüllen zu können, wird im Bayer-Konzern zentral gesteuert. Zur Sicherstellung der jederzeitigen Zahlungsfähigkeit werden liquide Mittel bereitgehalten, um konzernweit sämtliche geplanten Zahlungsverpflichtungen zur jeweiligen Fälligkeit erfüllen zu können. Diese bestehen sowohl in operativen Zahlungsströmen als auch in der Veränderung kurzfristiger Finanzverbindlichkeiten. Darüber hinaus wird eine Reserve für ungeplante Mindereingänge oder Mehrausgänge vorgehalten. Hierfür werden auf Basis historischer Zeitreihen, adjustiert um Veränderungen in der Geschäftsstruktur, Plan-Ist-Abweichungsanalysen durchgeführt. Daraus wird die Liquiditätsreserve ermittelt, die mit einer festgelegten Wahrscheinlichkeit eine negative Abweichung von den geplanten Zahlungsströmen abdecken kann. Die Höhe dieser Reserve wird regelmäßig überprüft und bei Bedarf den aktuellen Gegebenheiten angepasst. Die Liquidität wird hauptsächlich in Form von Tages- und Termingeldanlagen vorgehalten. Darüber hinaus stehen Bankkreditlinien, insbesondere eine nicht in Anspruch genommene syndizierte Kreditlinie in Höhe von 3,5 Mrd. Euro, zur Verfügung.

Sensitivitätsanalyse zur Messung von Marktrisiken

Das Marktrisiko besteht darin, dass der beizulegende Zeitwert oder künftige Zahlungsströme eines Finanzinstruments aufgrund von Änderungen der Marktpreise schwanken. Zum Marktrisiko zählen das Währungsrisiko, das Zinsrisiko und das sonstige Preisrisiko (insbesondere das  Rohstoffpreisrisiko).
Die Sensitivitätsanalyse ist ein weitverbreitetes Verfahren zur Risikomessung. Sie ermöglicht die Abschätzung potenzieller Verluste künftiger Erträge, beizulegender Zeitwerte oder von Cashflows marktrisiko-sensitiver Instrumente, die sich aus einer oder mehreren ausgewählten hypothetischen Veränderungen der Zinssätze, Wechselkurse, Rohstoffpreise und sonstiger relevanter Marktsätze oder Preise in einem bestimmten Zeitraum ergeben. Die Risikomanagement-Experten des Bayer-Konzerns nutzen die Sensitivitätsanalyse, da sie angemessene Risikoschätzungen auf der Grundlage direkter Annahmen (beispielsweise einer Zinserhöhung) gestattet. Bei den nachfolgenden Risikoschätzungen wird Folgendes zugrunde gelegt:

  • eine gleichzeitige, parallele Veränderung der Wechselkurse in Form einer Abwertung des Euro gegenüber sämtlichen Fremdwährungen um zehn Prozent;
  • eine Parallelverschiebung der Zinsstrukturkurven aller Währungen um 100 Basispunkte; und
  • ein gleichzeitiger Rückgang der Preise aller relevanten Rohstoffe, auf die der Bayer-Konzern Derivate hält, um 20 Prozent.


Der Bayer-Konzern verwendet Marktinformationen und zusätzliche Analysedaten, um derartige Risiken zu steuern und die Einschränkungen der Sensitivitätsanalyse abzuschwächen. Die Sensitivitätsanalyse hat sich als nützliches Instrument zum Erreichen einiger risikospezifischer Managementziele erwiesen. Sie bietet eine leicht verständliche Risikoschätzung und vermittelt damit einen ungefähren Eindruck davon, welche Auswirkungen eine Veränderung der Marktbedingungen auf das Geschäft haben könnte. Zudem gestattet die Sensitivitätsanalyse dem Bayer-Management, auf dieser Basis die erforderlichen Schritte einzuleiten, um derartigen Risiken zu begegnen.

Steuerung von Zinsrisiken im Bayer-Konzern

Ein Zinsrisiko liegt für den Bayer-Konzern vor allem bei finanziellen Vermögenswerten und Verbindlichkeiten mit Laufzeiten von über einem Jahr vor. Aus dem Risiko sich verändernder Kapitalmarktzinsen resultiert bei festverzinslichen Finanzinstrumenten (beispielsweise festverzinsliche Anleihen) ein Fair-Value-Risiko, da die beizulegenden Zeitwerte in Abhängigkeit von Zinssätzen schwanken. Bei variabel verzinslichen Finanzinstrumenten besteht ein Cashflow-Risiko, da die Zinszahlungen zukünftig zunehmen könnten.
Das Zinsrisiko des Bayer-Konzerns wird zentral analysiert und durch den Konzernbereich Finanzen gesteuert. Maßgabe hierfür ist die vom Management festgelegte Duration, die implizit auch das Verhältnis zwischen festverzinslicher und variabel verzinslicher Verschuldung beinhaltet. Die Duration unterliegt einer regelmäßigen Überprüfung. Um die angestrebte Zielstruktur des Portfolios zu erhalten, werden Derivate abgeschlossen, bei denen es sich vorwiegend um Zins- bzw. Zinswährungsswaps sowie Zinsoptionen handelt.

Rohstoffpreisrisiken und sonstige Preisrisiken

Der Bayer-Konzern benötigt signifikante Mengen an petrochemischen Rohstoffen und Energien für die verschiedenen Produktionsprozesse. Die Einkaufspreise für Rohstoffe und Energien können je nach Marktsituation erheblich schwanken. Zur Sicherung der Rohstoffpreise hat der Bayer-Konzern langfristige Verträge mit verschiedenen Lieferanten abgeschlossen. Zusätzlich werden in begrenztem Umfang Derivate (im Wesentlichen Warenswaps und -optionen) eingesetzt, um durch Änderungen der Energiepreise – insbesondere von Gas – hervorgerufene Schwankungen in der Gewinn- und Verlustrechnung langfristig zu glätten. Das operative Management der Rohstoffpreisrisiken liegt in der Verantwortung der Einkaufsabteilungen der Teilkonzerne und erfolgt im Rahmen von internen, zentral festgelegten Richtlinien und Limits, die einer ständigen Überprüfung unterliegen.


[Text basiert u. a. auf dem Geschäftsbereicht 2009 des Bayer-Konzerns, Bildquelle: Bayer AG]

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