Sammelindex zur Wirtschaftsstimmung

Wirtschaftsstimmung in Eurozone im Sinkflug


Eurozone-Wirtschaftsstimmung im Sinkflug News

Die Wirtschaftsstimmung in der Eurozone hat sich im August unerwartet stark abgekühlt, wobei die Eintrübung im Dienstleistungssektor, im Einzelhandel und bei den Verbrauchern besonders ausgeprägt war und regional betrachtet Deutschland und Österreich die stärksten Einbrüche verzeichneten. Lediglich im Bau verbesserte sich die Stimmung. Die Inflationserwartungen von Unternehmen und Verbrauchern entwickelten sich uneinheitlich.

Wie die Europäische Kommission am Dienstag mitteilte, sank der von ihr veröffentlichte Sammelindex zur Einschätzung der wirtschaftlichen Entwicklung (ESI) auf 98,3 Punkte von revidiert 103,0 (vorläufig: 103,2) im Vormonat. Das war der niedrigste Stand seit Mai 2010 (98,4). Volkswirte hatten lediglich einen Indexrückgang auf 100,5 Zähler erwartet. Für den Index der gesamten Europäischen Union (EU) wurde ein Rückgang auf 97,3 Zähler von 102,3 im Vormonat ausgewiesen. Die Verkaufspreiserwartungen in Industrie und Dienstleistungssektor gingen zurück, lagen aber noch über ihren langjährigen Mittelwerten. Dagegen erhöhten sich die Inflationserwartungen der Verbraucher weiter.

Volkswirte konstatierten eine anhaltende Verunsicherung im Euroraum, hielten sich aber mit Voraussagen über eine möglicherweise bevorstehende Rezession zurück. "Die Frage ist, ob die Stimmungsindikatoren sinken, weil die Unternehmen weniger Aufträge bekommen oder ob sie unter dem Eindruck der Staatsschuldenkrise sinken", sagte Michael Krüger, Chefvolkswirt des Bankhauses Lampe. Sollte der Rückgang mit der Schuldenkrise im Zusammenhang stehen und es dort zu einer gewissen Beruhigung käme, dann wären die Rezessionsgefahren geringer, kalkulierte Krüger. Allerdings müsse man nun noch ein bis zwei Monate abwarten, ob sich das so bestätige.

Aus Sicht von Commerzbank-Volkswirt Christoph Weil gibt der Indikator noch keine Antwort auf die Frage, ob die eskalierende Staatsschuldenkrise einen ähnlichen Unsicherheitsschock auslöst wie die Pleite von Lehman Brothers. "Wir gehen weiterhin davon aus, dass die Euro-Wirtschaft nicht in eine erneute Rezession abgleitet", sagte er und fügte hinzu: "Dann darf der ESI in den kommenden Monaten nicht unter 90 fallen." Der Abschwung in den bonitätsstarken Ländern könnte die Staatsschuldenkrise seiner Meinung nach weiter anheizen, denn damit sänken deren Möglichkeiten und wohl auch die Bereitschaft, den Krisenländern zu helfen.

Auch Postbank-Volkswirt Heinrich Bayer interpretierte die deutlich nachgebende Stimmung zunächst nur als ein weiteres Indiz für eine spürbare konjunkturelle Abkühlung in den nächsten Monaten. "Allerdings gehen wir auch davon aus, dass der Stimmungseinbruch am aktuellen Rand infolge der Marktturbulenzen der letzten Wochen überzeichnet ist und sich deshalb nicht eins zu eins in der realen Wirtschaft niederschlagen wird", erläuterte er.

Der Sammelindex zur Wirtschaftsstimmung umfasst die Einschätzung von Industrie, Bauwirtschaft und Dienstleistungsgewerbe sowie das Verbrauchervertrauen und die Entwicklung des Einzelhandels in der EU. Für Deutschland fiel der Index gegenüber dem Vormonat um 5,7 Punkte auf 107,0 Zähler und wies damit innerhalb der großen Mitgliedsländer den stärksten Rückgang auf. Für Frankreich wurde kein Index für August ausgewiesen. In Italien verringerte sich der Index zur Wirtschaftsstimmung um 0,7 auf 94,1 Punkte. In Spanien ermäßigte er sich um 0,3 auf 92,7 Zähler.

Die Zuversicht der Industrie in der Eurozone hat sich im August auf minus 2,9 Punkte verschlechtert von plus 0,9 im Vormonat, womit der Index noch leicht über seinem langjährigen Durchschnitt liegt. Volkswirte hatten eine Abschwächung des Index auf minus 2,0 erwartet. Der Kommission zufolge wurde der Auftragsbestand in der Industrie ungünstiger beurteilt und auch die Produktionserwartungen trübten sich ein. Für die gesamte Union wurde ein Rückgang des Industrievertrauens auf minus 2,5 von plus 0,1 Punkten ausgewiesen.

Das Verbrauchervertrauen für den gemeinsamen Währungsraum, das 20 Prozent des Gesamtindex ausmacht, trübte sich im August erwartungsgemäß deutlich ein, da die Verbraucher die künftige Wirtschaftslage pessimistischer beurteilten und ihre Sorgen über eine mögliche künftige Arbeitslosigkeit zunahmen. Der Index fiel auf minus 16,5 von minus 11,2 im Juli. Die Vorabschätzung hatte auf minus 16,6 Punkte gelautet. Für die gesamte EU belief sich dieser Index auf minus 16,8 (Vormonat: minus 12,4) Punkte.

Auch im Einzelhandel des Euroraums trübte sich die Stimmung im August weiter ein, der Index sank auf minus 8,7 (minus 3,6) Zähler. Der Stimmungsindex für den Dienstleistungssektor fiel auf plus 3,7 (plus 7,9) Punkte. Dagegen stieg der Index für die Bauwirtschaft auf minus 23,3 (minus 24,3) Zähler.

Beim Industrievertrauen wurde für Deutschland eine Verschlechterung auf plus 4,6 (plus 9,6) Zähler ausgewiesen. Das Verbrauchervertrauen in Deutschland fiel auf plus 0,2 (plus 8,4) Punkte. Die Stimmung im Bereich Finanzdienstleister, die nicht im Sammelindex berücksichtigt ist, trübte sich sowohl im Euroraum als auch in der gesamten EU deutlich ein.


[Bildquelle: iStockPhoto]

Kommentare zu diesem Beitrag

RiskNET Redaktion /30.08.2011 16:59
+++ Standard & Poor's sieht kein "Double-Dip" in Europa +++

Trotz des verlangsamten Wirtschaftswachstums in den meisten Ländern der Eurozone geht die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) nicht von einem erneuten Abgleiten Europas in die Rezession ("Double Dip") aus. "Wir halten daran fest, dass es nicht zu einem echten Double-Dip kommen wird, da wir für die kommenden 18 Monaten verschiedene Zeichen für ein anhaltendes Wachstum sehen", teilte S&P in einer am Dienstag veröffentlichten Studie mit. Dazu gehöre die lebhafte Nachfrage aus den Schwellenländern und eine verhaltene, aber spürbare Erholung bei den Investitionsausgaben der Unternehmen.

Stützen könnte das Wachstum zudem die Nachfrage der Verbraucher aus den wenig verschuldeten Haushalten Europas. Allerdings stellen laut S&P die nach wie vor hohe Arbeitslosigkeit und der kürzliche Einbruch an den Aktienmärkten signifikante Risiken dar.

Aufgrund der schwächeren europäischen Daten zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) im zweiten Quartal und des zu erwartenden Gegenwinds für die europäischen Volkswirtschaften hat die Agentur ihre Prognose für das BIP-Wachstum in der Eurozone auf 1,7% für das laufende Jahr 2011 und 1,5% für 2012 gesenkt. Im Juli war S&P noch von 1,9% bzw. 1,8% ausgegangen.
RiskNET Redaktion /01.09.2011 17:39
+++ Deutscher Industrie-PMI fällt im August auf Zwei-Jahres-Tief +++

Die Geschäftstätigkeit in der verarbeitenden Industrie Deutschlands hat sich im August deutlich stärker verringert als zunächst berichtet. Der Einkaufsmanagerindex (PMI) der Industrie sank auf 50,9 Punkte von 52,0 im Vormonat, wie der Datendienstleisters Markit am Donnerstag im Zuge einer zweiten Veröffentlichung mitteilte. Im ersten Ausweis war ein gegenüber dem Vormonat unveränderter Indexstand berichtet worden und Volkswirte hatten im Mittel mit einer Bestätigung dieses Werts gerechnet. Nach dem vierten Rückgang in Folge liegt der Indikator nun auf dem tiefsten Stand seit September 2009 und nur noch knapp über der Marke von 50 Punkten, welche die Grenze zwischen Expansion und Kontraktion anzeigt.

Die wesentlichen Ursachen für den Rückgang waren laut Markit die rückläufigen Auftragseingänge und eine nur noch langsam wachsende Produktion. Zudem äußerten sich die befragten deutschen Einkaufsmanager verunsichert über die weiteren Aussichten der globalen Konjunktur.

"Die deutsche Industrie näherte sich im August der Stagnation an; ein weiterer Rückgang der Auftragseingänge ließ nur noch ein geringes Produktionswachstum zu. Besonders die Exporteure bekommen nun die weltweite Abschwächung der Konjunktur zu spüren", kommentierte Markit-Ökonom Tim Moore. Außerdem wirke sich die unbewältigte Schuldenkrise in der Eurozone auf die Zuversicht der Unternehmen aus, geplante Investitionen seien daher vorsichtshalber verschoben worden.
RiskNET Redaktion /02.09.2011 13:06
+++ Griechischer Finanzminister gegen weitere Einsparungen +++

Griechenland lehnt weitere Haushaltsmaßnahmen aus Angst vor einem tieferen Abgleiten in die Rezession ab. In einer Pressekonferenz am Freitag sagte der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos, das Bruttoinlandsprodukt des Landes werde 2011 um etwa 5% schrumpfen - mehr als bislang erwartet. Weitere Maßnahmen seien aber nicht erforderlich, um die Defizitziele zu erreichen.

Zugleich bestätigte Venizelos, dass die Gespräche zwischen Griechenland und internationalen Geldgebern zur wirtschaftlichen und haushaltspolitischen Lage für 10 Tage unterbrochen wurden. Die Aussetzung der Verhandlungen mit Vertretern der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und des Internationalen Währungsfonds (IWF) sei aber gemeinsam vereinbart und käme nicht einem Abbruch gleich, versicherte der Minister. Die Gespräche bezeichnete er als "freundschaftlich". Ursprünglich sollten die Verhandlungen am 5. September abgeschlossen werden.

Bei den Gesprächen mit der gemeinsamen Delegation der drei Organisationen - oft als Troika bezeichnet - geht es um die Fortschritte der griechischen Regierung bei dem im Gegenzug für die Finanzhilfen vereinbarten Reformen. Ein zufriedenstellender Befund hierbei ist Voraussetzung für die Auszahlung weiterer Hilfskredite an das hoch verschuldete Land. Einen Haushaltsentwurf für 2012 werde Griechenland am 3. Oktober vorlegen, kündigte der Minister an.

Regierungsmitarbeiter hatten zuvor gesagt, dass die Troika das griechische Haushaltsdefizit 2011 auf 8,8% beziffert und das Land zu weiteren Einsparungen verpflichten will. Die griechische Regierung hatte bereits im August ihre Prognose zum Wirtschaftswachstum nach unten revidiert. Demnach wird für das laufende Jahr eine BIP-Kontraktion um 4,5% bis 5,3% erwartet, nachdem zuvor ein Minus von 3,9% erwartet worden war.

Die Vorgänge offenbaren unterschiedliche Auffassungen zwischen der griechischen Regierung und der Troika, meint der unabhängige Politik-Analyst Anthony Livanios. "Die Troika ist unzufrieden mit der Umsetzung der griechischen Sparprogramme", so der Beobachter. Auf der anderen Seite wolle die Regierung Stärke demonstrieren, um Gewerkschaften und andere Interessengruppen zu beschwichtigen. "Beide Seiten haben also gute Gründe für eine Pause".
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