Deutschlands Finanzentscheider schlagen Alarm: Die wirtschaftliche Unsicherheit und die ausufernde Bürokratie stellen laut aktuellen Studien die größten Hemmnisse für Investitionen und Wachstum dar. Während der Ukraine-Krieg, die Nachwirkungen der Pandemie und protektionistische US-Handelspolitik die Märkte erschüttern, kämpfen CFOs mit der täglichen Realität wachsender Regulierungslasten.
Laut einer Umfrage des Kreditversicherers Coface, durchgeführt im März 2025, sehen 83 Prozent der befragten Finanzchefs in der wirtschaftlichen Volatilität ihre größte Sorge. Noch gravierender: 79 Prozent nennen explodierende Bürokratiekosten als Wachstumsbremse. Der Index zur wirtschaftspolitischen Unsicherheit erreichte im April 2025 ein Rekordhoch.
Kritik an regulatorischem Dauerfeuer – Investitionen bleiben aus
Bestätigt wird dieses Bild durch den Jahresmonitor 2024 der Stiftung Familienunternehmen, erstellt vom ifo Institut. Die Ergebnisse sind alarmierend: 90,8 Prozent der 1.763 befragten Unternehmen berichten von einer Zunahme der Bürokratielast seit 2022. Besonders betroffen: das produzierende Gewerbe und der Mittelstand. Fast die Hälfte der Unternehmen (45,6 Prozent) hat Investitionen aufgrund bürokratischer Anforderungen bereits zurückgestellt. Bei den Top 500 Familienunternehmen planen sogar 56,9 Prozent, geplante Projekte zu verschieben. 42,6 Prozent denken über eine (Teil-)Verlagerung ins Ausland nach.
Die Bürokratie ist längst nicht mehr nur ein lästiges Übel, sie wird zum wirtschaftlichen Risikofaktor. Die Unternehmen fühlen sich überfordert durch komplexe Vorschriften, langwierige Genehmigungsverfahren und eine mangelhaft digitalisierte Verwaltung.
Digitalisierung bleibt Wunschdenken
Dabei gäbe es Lösungen. Der Jahresmonitor zeigt: Nur fünf Prozent der befragten Unternehmen können mehr als 80 Prozent ihrer Verwaltungsaufgaben digital abwickeln. Und nur 8,5 Prozent berichten von reibungslos funktionierenden digitalen Verwaltungsprozessen. Die Konsequenz: Hoher Zeitaufwand, Frust in der Verwaltungskommunikation und ein Innovationsstau.
Erwartungen an die Politik: Bürokratieabbau statt Milliardenfonds
Die politischen Erwartungen der CFOs sind deutlich. Laut Coface-Studie fordern 62 Prozent Steuerentlastungen, 59 Prozent drängen auf Bürokratieabbau und 50 Prozent auf sinkende Energiekosten. Der von der Bundesregierung geplante 500-Milliarden-Euro-Infrastrukturfonds spielt dagegen für die Mehrheit (60 Prozent) nur eine untergeordnete Rolle.
"Die Forderung von Steuerentlastungen ist ein klares Signal für den Wunsch nach mehr finanziellen Spielräumen. Der Ruf nach Bürokratieabbau und sinkenden Energiekosten unterstreicht ebenfalls die Belastungen, mit denen sich die deutsche Wirtschaft aktuell konfrontiert sieht", kommentiert Katarzyna Kompowska, CEO von Coface Nordeuropa. Die Ergebnisse der Studien lassen keinen Zweifel: Ohne tiefgreifende Reformen verliert der Standort Deutschland weiter an Attraktivität.
Entschlossenes, strukturelles und praxisnahes Handeln gefordert
Die Kombination aus wirtschaftlicher Unsicherheit, wachsender Bürokratielast und zögerlicher Digitalisierung hemmt nicht nur Investitionen, sondern gefährdet langfristig die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen. Der Ruf der CFOs und Familienunternehmer ist eindeutig: Die Bundesregierung muss jetzt handeln – entschlossen, strukturell und praxisnah.