Wir brauchen wieder ehrbare Kaufleute

Transparenz und Ehrlichkeit als Chance aus der Krise


"Zurück zu den Wurzeln einer ethischen Wertehaltung" – dieses Motto ist die Chance für die Banken, das verlorene Vertrauen ihrer Kunden zurück zu gewinnen. Hierzu muss der zentrale Bindungswert "Vertrauenswürdigkeit" wieder in das Zentrum der Bankenkultur gestellt werden, so wie es die ehrbaren Finanzkaufleute seit Generationen leben.

Die Finanzmarktkrise hat das Vertrauen der Bürger in die Banken so massiv untergraben, dass man hier geradezu von einer Vertrauenskrise in das Finanzsystem als solches sprechen kann. Regierung und Zentralbanken haben sich aus diesem Grund aktiv bemüht, das verlorene Vertrauen in das Finanzsystem zurückzugewinnen. Jetzt sind die Banken gefragt, sich wieder neu um das Vertrauen ihrer Kunden zu bemühen – ein schwieriges Unterfangen, zumal diese heute die ethischen Verhaltensmaßstäbe der Finanzdienstleister generell in Frage stellen. Die Banken stehen hierbei sogar vor einer doppelten Herausforderung: nicht nur die Kunden, sondern auch die Mitarbeiter wieder von ihrer Vertrauenswürdigkeit zu überzeugen.

Ethisches Verhalten wird von immer mehr Menschen als Chance aus der Krise gesehen. In vielen Ländern der Welt findet deshalb aktuell eine Rückbesinnung auf echte traditionelle Werte und Normen statt. Von Unternehmen erwartet man hierbei immer stärker die Übernahme sozialer Verantwortung. Die Maximierung des Profits, die sich immer mehr als  irrationale und gefährliche Gier manifestiert hat, wird zunehmend an den Pranger gestellt.
 
Das Phänomen der menschlichen Gier ist in der Menschheitsgeschiche jedoch nicht neu. Schon Aristoteles beklagte sich: "Diese Leute machen alles zum Mittel des Gelderwerbes, als wäre es der Zweck des Lebens" und auch Hippokrates ortete die Gier als "Quelle des Elends, der Sorgen und des Kummers". Und der Katechismus der katholischen Kirche nahm die Gier in die Liste der sieben Todsünden auf, die als Wurzeln aller Sünden gelten.

Transparenz und Ehrlichkeit als Chance aus der Krise

Leider ist die Gier auch heute noch die Triebfeder des Handelns vieler Menschen in unserem auf Konsum ausgerichteten Wirtschaftssystem. Viele Banken haben sich diesem Sog nicht entziehen können. Doch den Bankern allein die Schuld zu geben, greift zu kurz. Gerade bei den Privilegierten scheint das Unrechtsbewusstsein, wenn es um Profitgier geht, ganz besonders abhanden gekommen zu sein, lebt man doch vielfach nach eigenen Regeln, die ein Unrechtsbewusstsein gar nicht erst aufkommen lassen. Dazu beigetragen hat sicher auch die wachsende Anonymisierung des Marktes, die das Entdeckt¬werden eines "Unehrlichen" immer seltener werden lässt.

Am liebsten möchte man den Akteuren wie Jesus zurufen: "Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon!" Doch für den Gierigen endet die Gier nicht, so lange der andere mehr hat. Soziologen sehen in der Gier sogar einen gesellschaftlichen Trend, der sich in unserer konsumgetriebenen Welt immer weiter verstärkt und sich zum Beispiel in dem legendären Slogan "Geiz ist geil" sehr anschaulich darstellt. Denn Geiz ist ein besonders perfider Ausdruck der Gier.

Vielleicht hilft uns aber eine Erkenntnis von Mahatma Gandhi aus der Sinnkrise: "Die Welt hat genug für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht für jedermanns Gier". Für die Banken heißt das, sich wieder an Werten wie Transparenz und Ehrlichkeit auszurichten. Tugenden, die schon immer einen guten Kaufmann ausgezeichnet haben und von einzelnen Bankern heute noch mit hohem Einsatz gelebt werden.

Transparenz und Ehrlichkeit eröffnen den Banken viele Chancen, wenn sie sich an einem zentralen Ziel ausrichten: der Wahrnehmung des gesellschaftlichen Engagements zum Wohle der Gesellschaft und nicht nur einem Einsatz für wohltätige Projekte. Banken werden sich in diesem Zusammenhang vielen neuen Fragen der Verbraucher stellen müssen: Stiftet das Angebot einen Nutzen? Ist die Kostenstruktur fair kalkuliert? Steht die Sicherheit des Anlegers im Fokus und nicht die Provision des Verkäufers? Wo wird investiert? Und wo sieht die Bank ihre gesellschaftliche Aufgabe?

Ethik wir auch auf dem Arbeistmarkt zum Kriterium für die Banken

Ethik ist aber nicht nur die Grundlage für die Gewinnung des Kundenvertrauens, sondern auch zur Bindung der eigenen Leistungsträger von großer Bedeutung, denn die Finanzkrise strahlt auch auf die Reputation der Finanzdienstleister im Arbeitsmarkt negativ ab. Doch gerade im Direnstleistungs-Sektor bilden die Mitarbeiter den wichtigsten Erfolgsfaktor, sind sie doch im direkten Kundenkontakt tätig. Hier müssen die Banken also ebenso verloren gegangenes Vertrauen aktiv wiedergewinnen.

Denn die Mitarbeiter von Banken wollen, wie alle Erwerbstätigen auch, stolz auf ihr Unternehmen sein und möchten dort ihre eigenen Wertvorstellungen wiederfinden. Sie streben nicht unbedingt nur nach ökonomischen Zielen und der persönlichen Karriere, sondern wollen sich dabei oftmals auch für Dinge einsetzen, die werteorientiert und achtbar sind.

Allerdings fehlen in der "Fortune 100: best companies to work for" alle großen Banken. Nur der kleine Hypothekenanbieter Quick Loans steht hier auf Platz 2, weil er von Subprime-Hypotheken die Finger gelassen hat.

Ethisch einwandfreies Verhalten ist also keine Einbahnstrasse, sondern wird zu einem langfristigen Wettbewerbsfaktor und in der Finanzkrise zu einem klaren Wettbewerbsvorteil.

Der Aufbau einer ethischen Marke ist die beste Basis für nachhaltiges Kundenvertrauen

Die Banken werden vor diesem Hintergrund nicht nur die Erneuerung ihrer Finanzprodukte und Services nach ethischen Faktoren vornehmen müssen, sondern auch generell eine Neubewertung ihrer ethischen Verhaltensstandards und gesellschaftlichen Rolle.

Grundlage hierfür ist nicht der weitere Ausbau eines nach ausschließlicher Gewinnmaximierung  ausgerichteten Unternehmens, sondern der Aufbau einer werteorientierten, ethischen Marke mit einem verbindlichen, im Unternehmen gelebten Regelsystem, die ihre Kraft durch die Entwicklung wertegeleiteter, fairer Produkte und einer damit verbundenen sinnhaften Kommunikation am besten entfalten kann. In dieser Erkenntnis liegt heute für Banken die größte Chance, das Risiko der Finanzkrise zu überwinden. Gute Beispiele gibt es viele: Mit der Ethik-Bank, die auch in Österreich tätig ist, der ABS Alternative Bank Schweiz, der Basler Freien Gemeinschaftsbank BCL oder der deutschen Ökobank sind hier einige davon genannt.

Zurück zu den Wurzeln: Der Wertehaltung eines ehrbaren Kaufmanns! So sollte das Motto der Banken in ihrem gesamte Verhalten lauten. Denn nur mit Ehrlichkeit und Transparenz können die Finanzdienstleister wieder ihren zentralen Wert der Vertrauenswürdigkeit als Grundlage des Kundenvertrauens neu beleben und ihr Ansehen in der Öffentlichkeit und bei ihren Mitarbeitern wieder herstellen.

Der Autor Wolfgang Schiller ist Inhaber der Schiller Brand Company. Seine Arbeitsschwerpunkte sind die Durchführung von ganzheitlichen Prozessen zur Bildung von gestaltstarken Marken-Systemen mit einer hohen Kundenbindungsenergie.


Kommentare zu diesem Beitrag

Stephan /09.04.2009 20:22
Vor kurzem hatte ich in einem Blog gelesen: "Investment-Banker sind mathemathisch veranlagte Finanzjongleure und Börsenspekulanten mit einem übertriebenen, spezifisch trainierten Spieltrieb, den sie zum Beruf gemacht haben. Dabei kann man - ohne polemisieren zu wollen - von einer institutionalisierten Spielsucht sprechen. Spielsucht gilt in der Psychiatrie als psychische Erkrankung, die meist von sozialen und psychosomatischen Symptomen begleitet wird und die einer langwierigen Therapie bedarf. Einer solchen Therapie bedarf wohl zur Zeit auch unser krankes Finanz-, Währungs- und Börsensystem. [...]

Fazit. Das Credo der Investmentbanker und Spekulanten ist die Geldgier. “Beat the system!” heisst ihr Motto und wer dies schafft, wird als Held gefeiert und bekommt einen dicken Bonus. Dabei agieren sie weitgehend ohne jegliches Rechtsempfinden und im vollen Vertrauen in das System - immer ihre Boni vor Augen. Da hat Ethik und Ehrlichkeit keinen Platz ;-(( Leider wird sich das wohl auch nicht so bald ändern ... den Glücksspiel und unsere Kapitalmärkte sind nicht weit voneinander entfernt ...
Sabine /10.04.2009 09:46
Klingt alles nach "Back to the roots" ... im Kern geht es doch um den Ruf nach alten Tugenden. Der ehrliche Kaufmann scheint ein Auslaufmodell zu sein. Müssten wir nicht bereits in der Schule und an den Universitäten damit beginnen un den Schülern und Studenten erklären, dass moralisches Verhalten ein ganz wesentlicher Produktionsfaktor ist? Heute erklären die meisten Ökonomen ihren Schülern, dass das Wirtschaftssubjekt stets gemäß seinem Eigeninteresse handelt und sich immer dann opportunistisch verhält, wenn es dies ungestraft tun kann. Wenn das die Regeln der Wirtschaft sind, dann darf man sich über die aktuelle Finanzkrise, die Diskussionen um Bonuszahlungen etc. nicht wundern ...

Wolfgang Schiller hat Mahatma Gandhi zitiert. Von Gandhi stammt auch das folgende Zitat: "Wir selbst müssen die Veränderung sein, die wir in der Welt sehen wollen." Der dieses sagte, hat das, was er damit meinte, der Welt als seine Botschaft vorgelebt. Davon sind die meisten Unternehmenslenker (und auch Politiker) noch ziemlich weit entfernt ;-(
warum... /05.05.2009 14:59
Der ehrbare Kaufmann ist sicherlich eine Diskussion wert, nur was nützt er? Langfristig wird die Rendite an jede Regulation und Moral den Hebel anlegen. Wen juckt es denn, ob ein Weltkonzern unanständig wirtschaftet, wenn das eigene Depot gut läuft?? Das einzige was wirklich wirksam wäre, wenn man Renditen über 10% mit 100% besteuert, weltweit. Dies wäre nur gerecht, denn Renditen darüber sind meißt nicht nachhaltig erwirtschaftet und schädigen somit die Gesellschaft. Eine Besteuerung bedeutet in diesem Falle eine Rückführung der Mittel zum Geschädigten. Sollten die Gewinne alternativ von Unternehmen in Sachvermögen angelegt werden, würde wiederum die Allgemeinheit profitieren durch die Investitionswirkung.
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