Bauprojekte

Qualitätsmängel treiben Schäden in die Höhe


Bauprojekte: Qualitätsmängel treiben Schäden in die Höhe Studie

Ob Flughafen, Kraftwerk oder Autofabrik: Industrielle Bauprojekte werden zunehmend größer, komplexer, teurer – und verursachen dadurch deutlich höhere Schäden, wenn etwas schief läuft.

Aus der Analyse von mehr als 13.000 technischen Versicherungsfällen, die weltweit in einem Zeitraum von fünf Jahren bei industriellen Bauvorhaben erfasst wurden (Gesamtwert: fast 8 Mrd. Euro), haben sich sieben Trends herauskristallisiert, die laut einem neuen Bericht der Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS) die teuren Schäden im Bereich Engineering erklären. Bei deutschen Kunden, die 2.530 der rund 13.599 Schäden zu verzeichnen hatten, rangieren Schäden durch defekte Produkte und Qualitätsmängel sowohl bei Schadenhöhe (30 Prozent) als auch bei der Schadenanzahl (22 Prozent) auf dem Spitzenplatz. Weltweit verursachen Schäden durch Feuer/Explosion die höchsten Wertverluste (27 Prozent). Häufigste Schadenquelle weltweit sind auch hier defekte Produkte (27 Prozent).

Größere Verluste durch teurere Bauprojekte

Baustellen sind heute viel größer als in der Vergangenheit. Zudem können sich Bauprojekte über viele Jahre hinziehen. Der Ausbau des Al Maktoum International Airport in Dubai etwa wird erst 2030 abgeschlossen sein und rund 32 Milliarden Euro kosten. „Infolgedessen sind die Versicherungssummen jetzt viel größer - Projekte mit einem Wert von 4 bis 9 Milliarden Euro sind keine Seltenheit, Schäden in dreistelliger Millionenhöhe sind deshalb nicht auszuschließen", sagt Robert Maurer, Head of Engineering der AGCS in Zentral- und Osteuropa.  Die Überschwemmung während des Baus am Hidroituango-Wasserkraftdamm in Kolumbien im Jahr 2018 wird die Versicherer schätzungsweise rund 1,25 Milliarden Euro kosten, einen der größten Engineering-Schäden der Geschichte.

Feuer und Explosion treiben weltweit die Schäden in die Höhe

Feuer und Explosionen machen weltweit mehr als ein Viertel (27 Prozent) der Wertverluste aus und haben in fünf Jahren mehr als 2,1 Milliarden Euro an Versicherungsschäden verursacht. Naturkatastrophen sind eine weitere große Schadenquelle. In Deutschland sind Feuer und Explosionen dagegen nur für 5 Prozent der Schadenhöhen verantwortlich.

Mangelhafte Produkte und ungenügende Qualitätskontrollen nehmen zu

Defekte Produkte sind laut der AGCS-Schadenanalyse in Deutschland die häufigste Quelle für technische Schäden und die größte nach Schadenhöhen. Es gibt mehr als dreimal so viele Schadenfälle, die durch fehlerhafte Produkte hervorgerufen wurden, als zum Beispiel durch ein Feuer. „Wir sehen eine Zunahme an Schäden im Zusammenhang mit Mängeln und unzureichender Qualitätskontrolle auf breiter Front", sagt Martin Eckel, globaler Schadenregulierer der AGCS. So wurden größere Schadensfälle im Kraftwerksbau durch fehlerhaftes Schweißen verursacht.

 Größere Komplexität in der Lieferkette

In der Vergangenheit wurden ein Flughafen oder ein Kraftwerk meist von einem nationalen Auftragnehmer unter Einbeziehung lokaler Lieferanten gebaut. Heute werden Maschinen und Anlagen von Auftragnehmern aus der ganzen Welt geliefert. „Technologien werden immer spezialisierter, was die Kosten für Reparatur oder Austausch beträchtlich erhöhen kann. Wird eine aus China kommende Turbine beschädigt, dauert es mitunter bis zu 18 Monate, bis sie repariert ist", so Martin Eckel.

Anzahl der Betriebsunterbrechungen/Verzögerungen bei Inbetriebnahme steigt

Bau- und Ingenieurbüros stuften im Allianz Risiko-Barometer 2019 die Betriebsunterbrechung (BI) als zweitgrößtes Unternehmensrisiko ein. Das wachsende Bewusstsein für BI-Exponierung hat dazu geführt, dass immer mehr Unternehmen BI-Deckungen kaufen, insbesondere so genannte DSU-Versicherungen (Delay in Start-Up), die Verzögerungen bei Bau- oder Ingenieurprojekten nach Sachschäden abdecken. Die Entschädigung für Verzögerungen bei der Inbetriebnahme ist in den vergangenen zehn Jahren von rund 200.000 auf bis zu 500.000 Euro pro Tag gestiegen. Bei besonders großen Risiken kann sie sogar bis zu zwei Millionen Euro pro Tag betragen.

Politische Risiken und Sanktionen verteuern Bauprojekte

Große Bauprojekte können bis zu zehn Jahre Bauzeit in Anspruch nehmen, wobei meist Auftragnehmer und Lieferanten aus der ganzen Welt involviert sind. Dies macht Bauvorhaben anfällig für Störungen infolge von Sanktionen und Handelsstreitigkeiten.

Wachstum im Bereich grüner Energie bringt Chancen, aber auch Herausforderungen mit sich  

Mit zunehmender Nachfrage nach grüner Energie sind Solar- und Windprojekte immer umfangreicher geworden, Windräder auf See liegen zunehmend weitab von der Küste. Allein 2018 entstanden 409 neue Offshore-Windturbinen im Rahmen von 18 Windparkprojekten in der Europäischen Union. Darüber hinaus gewinnt Offshore-Wind in Nordamerika und Asien deutlich an Bedeutung. Dadurch kommt zu den technischen Risiken nun auch ein erhöhtes Naturgefahren-Risiko hinzu.  

Wachsende Bedeutung von Drohnen und anderen Technologien bei der Risiko- und Schadenbewertung

Mit der zunehmenden Komplexität großer Ingenieur- und Bauprojekte wird die Risikobewertung und Schadensfeststellung sowie die Ermittlung der eigentlichen Schadensursache wesentlich schwieriger. Auf der anderen Seite stehen Versicherern eine Reihe neuer Technologien zur Verfügung:

  • Kürzlich hat die AGCS Drohnen, Laserscanner und Computermodellierung eingesetzt, um die Ursache für eine Maschinenexplosion an einem unzugänglichen Ort zu ermitteln. Drohnen und Satellitenbilder wurden auch verwendet, um Ingenieurschäden nach den Rekord-Waldbränden in Kalifornien und dem Hurrikan Florenz im Jahr 2018 zu beurteilen.
  • Die AGCS koppelt 3 D-Topographiedaten von Drohnen mit hydrogeologischer Modellierungssoftware und Niederschlagssimulationsdaten, um das Risiko von Sturzfluten auf Baustellen vorherzusagen.
  • Satellitentechnologie bietet selbst an entlegenen oder gefährlichen Orten hochauflösende Bilder eines Standortes innerhalb von 24 Stunden nach einem Schadenvorfall.
  • Mit Hilfe des Building Information Modeling können alle relevanten Bauwerksdaten digital modelliert, kombiniert und erfasst werden. Durch diesen verbesserten Datenabgleich kann die Produktivität des Planungsprozesses hinsichtlich Kosten, Termine und Qualität gesteigert werden.

 

[ Bildquelle Titelbild: Adobe Stock ]
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