Bewertung immaterieller Vermögensgegenstände nach QIS5

QIS5: Europäische Versicherer stehen in Startposition


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Mit Spannung wurde die Veröffentlichung des Vorschlags für die fünfte quantitative  Auswirkungsstudie QIS5 erwartet. Am 15. April 2010 war es endlich so weit. Die Europäische Kommission hat einen Vorschlag für QIS5 veröffentlicht. QIS5 wird voraussichtlich die letzte offiziell von der Europäischen Kommission mit Unterstützung durch CEIOPS durchgeführte Studie sein, mit der die Versicherer ihre Solvenzkapitalanforderung testweise bestimmen können, bevor das neue Aufsichtssystem endgültig in Kraft treten wird. Stakeholder haben bis zum 20. Mai 2010 Gelegenheit, die Anleitung zu kommentieren.
Die Ergebnisse der letzten quantitativen Auswirkungsstudie QIS4 haben die Notwendigkeit für weitere Adjustierungen aufgezeigt, sei es im Hinblick auf die Kalibrierung der einzelnen Parameter, aber auch im Hinblick auf einige grundsätzliche Aspekte der Formel. Die Aufseher sehen in der Finanzkrise weitere Indikatoren, die Kapitalanforderungen zu verschärfen. CEIOPS hat der Europäischen Kommission auf Level-2-Ebene des Lamfalussy-Prozesses hierfür zahlreiche Vorschläge unterbreitet. Vorausgegangen war ein ausführlicher Konsultationsprozess, bei dem über 100 Stakeholder mehr als 30.000 Kommentare einreichten.

Der nun veröffentlichte Vorschlag der EU-Kommission weicht jedoch in vielen Aspekten (etwa bei der Kalibrierung der Standardformel und der Zinsstrukturkurve zur Bewertung der versicherungstechnischen Rückstellungen) von CEIOPS Vorschlägen der vergangenen drei Konsultationswellen ab. Die EU-Kommission teilt die Bedenken der Industrie, dass die unveränderte Übernahme zu einem überproportionalen Anstieg der Kapitalanforderungen führen würde. Sie hat bereits weitere Anpassungen angekündigt, die noch im Zuge der Konsultierungsphase erarbeitet werden.

Die SCR mit der Standardformel gemäß QIS5

Das Vorhalten einer bestimmten Höhe an Eigenmitteln soll das Insolvenzrisiko begrenzen. Der europäische Standardansatz soll das gesamte Risikospektrum eines Versicherungsunternehmens abbilden. Versicherer müssen mit Einführung der neuen Aufsichtsregeln den Solvenzkapitalbedarf SCR künftig anhand der Standardformel oder auf Basis eines eigenen internen Modells bestimmen, wobei die Verwendung  eines internen Modells von der zuständigen Aufsichtsbehörde genehmigt werden muss. Die Risikolage eines Versicherers soll der Solvency-II-Richtlinie zufolge auf Basis des Value-at-Risk bei einem Sicherheitsniveau von 99,5 Prozent für die Zeitperiode eines Jahres bewertet werden. Damit lassen sich der Verlust einer vorgegebenen Periode zu einem vorgegebenen Sicherheitsniveau quantifizieren und die Frage beantworten, über wie viel Kapital das Unternehmen verfügen muss, um das Sicherheitsniveau einhalten zu können.

Der europäische Standardansatz ist ein Bottom-up-Ansatz. Abbildung 1 stellt im Wesentlichen die einzelnen Module dar, die in QIS5 zu berechnen sind.

Aufbau des Standardansatzes [Quelle: Munich RE: Solvency Consulting Knowledge Series: QIS5: EU-Kommission veröffentlicht Vorschlag, April 2010
Abbildung 1: Aufbau des Standardansatzes [Quelle: Munich RE: Solvency Consulting Knowledge Series: QIS5: EU-Kommission veröffentlicht Vorschlag, April 2010]

Wie schon in QIS4 müssen die Versicherer Kapitalanforderungen für die Risikomodule versicherungstechnische Risiken (unterteilt nach Leben, Schaden-Unfall und Gesundheit), Markt- und Ausfallrisiken quantifizieren. Neu in QIS5 ist die Bewertung der Risiken aus immateriellen Vermögensgegenständen. Nach den internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS) sind "intangible assets" alle identifizierbaren, nicht monetären und nicht körperlichen Vermögenswerte (beispielsweise Geschäfts- oder Firmenwert, gewerbliche Schutzrechte). Ihre Bilanzierung ist im IAS 38 geregelt. Neben dem Kriterium der Identifizierbarkeit ist zu prüfen, ob die Werte unter der Kontrolle des bilanzierenden Unternehmens stehen, ob ein zukünftiger wirtschaftlicher Nutzen zu erwarten ist und ob die Anschaffungs- oder Herstellungskosten zuverlässig ermittelt werden können. Unter die Kategorie der immateriellen Vermögensgegenstände fallen beispielsweise auch Risiken, die sich aufgrund sinkender Kapitalmarktpreise oder auch unerwarteter Liquiditätsengpässe am Kapitalmarkt ergeben. Zudem werden interne Risiken bewertet (beispielsweise das Risiko durch Verlust von Markenimage oder das Risiko, dass Entwicklungsprojekte nicht rechtzeitig abgeschlossen werden).

Abhängigkeiten zwischen den Risiken

Korrelations- und Diversifikationseffekte werden sowohl innerhalb einzelner Risikomodule als auch zwischen den verschiedenen Modulen berücksichtigt. Bei Kapitalanlagen sind beispielsweise Abhängigkeiten zwischen Aktien- und festverzinslichen Anlagen zu prüfen, auf Risikomodulebene zum Beispiel Abhängigkeiten zwischen Lebens- und Schaden-Unfallversicherungsunternehmen.

Die Kapitalanforderungen der einzelnen Teilrisiko- und Risikomodule sind schließlich unter Berücksichtigung von Diversifikations- und Korrelationseffekten in der Größe Basis-Solvenzkapitalanforderung BSCR zusammenzufassen. Die Versicherer können zur Bewertung der Kapitalanforderungen unter bestimmten Voraussetzungen unternehmenseigene Parameter verwenden. Das operationale Risiko und mögliche Anpassungen sind separat zu ermitteln. Das Gesamtrisiko ergibt sich aus der Addition von BSCR, operationalem Risiko und weiteren Anpassungen. Bei diesem Schritt werden Abhängigkeiten jedoch vernachlässigt.

Höhere Kapitalanforderungen gegenüber QIS4

Die Europäische Kommission hat bereits in ihrem Anschreiben an die Stakeholder auf eine Fortsetzung der Arbeiten an der Standardformel während der Konsultationsphase hingewiesen. Festzuhalten allerdings bleibt: Der QIS5-Vorschlag zeigt bereits eine Vielzahl von Adjustierungen bei der Bewertung der Kapitalanforderungen, die sich größtenteils mit der Veröffentlichung der endgültigen Vorschläge zu den Durchführungsmaßnahmen auf Level-2-Ebene des Lamfalussy-Prozesses angekündigt haben. Die Versicherer müssen dennoch im Vergleich zu QIS4 mit höheren Kapitalanforderungen rechnen.


[Der Text basiert auf der folgenden Veröffentlichung: Munich RE: Solvency Consulting Knowledge Series: „QIS5: EU-Kommission veröffentlicht Vorschlag", April 2010]

Weitere Informationen zur "Solvency Consulting Knowledge Series" der Munich RE hier


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