Piraterie auf den Weltmeeren nimmt zu


News

Piraten – noch immer verbindet so mancher mit ihnen den verklärenden Hauch von Abenteuer und Freiheit. "Fluch der Karibik", der erste Hollywood-Film, dessen Idee von einer Themenpark-Attraktion stammt, hat dazu sicherlich beigetragen. Die Wirklichkeit im 21. Jahrhundert ist weniger romantisch: Klaus Störtebekers und Jack Sparrows Erben sind straff organisiert, bis an die Zähne bewaffnet und kaltblütig. Laut Statistik des "International Maritime Bureau", einer Einrichtung der Internationalen Handelskammer ICC in London, hat sich die Zahl der Überfälle auf See in den letzten zehn Jahren mehr als verdreifacht. So wurden 2003 weltweit 445 Angriffe gemeldet, 20 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Dunkelziffer dürfte noch weitaus höher liegen.

Auch die Bilanz der letzten Monate könnte Stoff für zahlreiche Drehbücher liefern: von Januar bis März 2004 werden 22 Schiffs-Besatzungsmitglieder getötet, im gleichen Zeitraum des Vorjahrs waren es nur vier. Im Juni erfolgt eine Serie von bewaffneten Piratenangriffen in der nördlichen Straße von Malakka, bei der innerhalb von zwölf Tagen acht Schiffe attackiert werden. Am 15. September entern fünf Angreifer mit Schusswaffen ein Containerschiff vor Kingston (Jamaika), brechen in den Frachtraum ein und stehlen zudem die Schiffsvorräte. Fünf Tage später entern drei bewaffnete Räuber einen Tanker an seinem Liegeplatz vor Dumai (Indonesien) und bedrohen die Wache mit Messern.

Romantische Legenden, harte Realität

Vor allem die Gewässer rund um Indonesien sind berüchtigt. Hier schlugen die Freibeuter der Moderne 2003 allein 121 Mal zu. Mit ihren wendigen Schnellbooten sind sie den meisten Opfern an Geschwindigkeit überlegen. Selbst Containerfrachter und Großtanker sind nicht vor ihnen sicher. In 23 Prozent der Fälle waren im letzten Jahr Tanker das Angriffsziel. Dabei kommt den Tätern der technische Fortschritt in der Handelsschifffahrt sogar noch entgegen: verglichen mit früher sind heute weit weniger Seeleute nötig, um eine Fracht an ihren Bestimmungsort zu transportieren. Piraten haben es daher viel leichter, Schiffe in ihre Gewalt zu bringen.

"Im Verhältnis zu den täglichen Schiffsbewegungen weltweit ist die Zahl der Übergriffe aber immer noch vergleichsweise gering", erklärt Ralf Zibell vom Risiko-Service der Allianz Marine & Aviation in Hamburg. "Bisher haben es die meisten Banden auf Waren abgesehen, die sich leicht zu Geld machen lassen: Zigaretten, Computer, Handys und Ähnliches. Im Seeverkehr werden inzwischen aber auch schon mal ganze Schiffe samt Besatzung gekapert." Dabei gehen die Täter bei ihren Angriffen zunehmend brutaler vor. Seeleute, die lediglich entführt und auf einer unbewohnten Insel ausgesetzt werden, gehören noch zu den Glücklicheren.

1992 richtete das "International Maritime Bureau" (IMB) aufgrund der rapiden Zunahme von Angriffen auf See in Malaysias Hauptstadt Kuala Lumpur das Piracy Reporting Center ein. Es versorgt Besatzungen und Reedereien kostenlos mit Informationen über verdächtige Schiffsbewegungen auf den Weltmeeren, gibt Warnungen heraus und meldet Überfälle an die zuständigen Behörden. Darüber hinaus unterstützt es Eigner bei der Auslösung von entführten Besatzungsmitgliedern sowie beim Wiederauffinden von Schiffen und gestohlener Ladung.

Stromstoß für Piraten

In jüngster Zeit rüsten immer mehr Reedereien gegen die wachsende Bedrohung auf und installieren auf ihren Schiffen das Satellitenortungssystem ShipLoc, das jederzeit eine genaue Lokalisierung erlaubt. ShipLoc wird offiziell vom IMB unterstützt und sendet Informationen sowohl an deren Büro als auch an den Schiffseigner, wenn es zu einem Alarm kommt. Das System funktioniert auch, wenn das Schiff von Strom und Kommunikationsmitteln abgeschnitten wird – zwar kann es Piratenangriffe nicht verhindern, hilft aber den Behörden bei der Suche nach entführten Schiffen.

Daneben werden Schiffe mit Elektrozäunen ausgestattet, die ein Entern von See her so gut wie unmöglich machen. Unerwünschte Eindringlinge erhalten bei Berührung einen Stromschlag von 9.000 Volt – nicht tödlich, aber unmissverständlich. Gleichzeitig wird Sirenenalarm ausgelöst.

Neben solchen technischen Vorkehrungen sieht Ralf Zibell eine gut ausgebildete Mannschaft als Grundlage, sich gegen Überfälle abzusichern. Sie sollte über das Piraten-Risiko gut informiert und deshalb wachsam sein. Wenn sich verdächtige Boote nähern, sollten die Matrosen sofort einen Notfallplan umsetzen können: dabei werden zunächst alle Decklichter eingeschaltet und das Typhon-Signal sowie der Alarm für die Mannschaft ausgelöst. Wichtig ist auch, sofort das IMB Piracy Center zu verständigen und "Mayday" an Schiffe in der Umgebung zu funken.

 

Kontakt: Allianz Marine & Aviation, Hugo Kidston, hugo.kidston@ma.allianz.com, Tel.: +44 -20-7877 3009

 

Risk Academy

Die Intensiv-Seminare der RiskAcademy® konzentrieren sich auf Methoden und Instrumente für evolutionäre und revolutionäre Wege im Risikomanagement.

Seminare ansehen
Newsletter

Der Newsletter RiskNEWS informiert über Entwicklungen im Risikomanagement, aktuelle Buchveröffentlichungen sowie Kongresse und Veranstaltungen.

jetzt anmelden
Lösungsanbieter

Sie suchen eine Softwarelösung oder einen Dienstleister rund um die Themen Risikomanagement, GRC, IKS oder ISMS?

Partner finden
Ihre Daten werden selbstverständlich vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Weitere Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.