Kommentar: Trübe Aussichten bestimmen die Märkte


IFO schlecht - alles schlecht. 7000 befragte Unternehmensmanager sind so pessimistisch wie seit 2005 nicht mehr. Gewinnwarnungen unterstreichen die durch Ölpreis, Inflation und Zinsanstieg eingetrübten Aussichten. Die Folgen der Finanzkrise und der hohen Öl- und Energiepreise werden mehr und mehr in Form schlechter Unternehmenszahlen deutlich. Wegbrechender Konsum, schleppender Auftragseingang bzw. steigende Auftragsstornos bei gleichzeitig anziehenden Lohn- und Rohstoff-Kosten, lassen die Gewinnmargen und dadurch auch den überwiegend positiven Ausblick der Unternehmen vom Jahresanfang mehr und mehr dahin schmelzen.

Große Unsicherheit in allen Branchen

Ein Rückgang der Erwartungskomponente im IFO Geschäftsklimaindex für das kommende Halbjahr kam grundsätzlich nicht überraschend, der regelrechte Einbruch von 94,6 auf 90 Punkte aber schon. Passend dazu brachte am gleichen Tag Daimler eine Gewinnwarnung und Ford eine Rekord-Verlustmeldung, was den Aktien zehn Prozent bzw. 17 Prozent Tagesverlust bescherte. Münchner Rück zeigte tags darauf, dass sie hier keineswegs hintan stehen muss und katapultierte die Aktie ebenfalls per Gewinnwarnung um elf Prozent binnen Minuten in den Keller. Welcher Titel, welche Branche ist der/die nächste? Es sieht so aus, als könnte es jede(n) treffen und entsprechend groß ist die Unsicherheit. Nicht auszuschließen ist daher, dass der DAX seinen Tiefststand von Mitte Juli, als er „intraday“ kurzzeitig sogar unter 6.000 Punkte rutschte, demnächst gar unterschreitet. Dies ist vor allem aus dem Grund enttäuschend, weil rund zehn Prozent des DAX-Kapitals aktuell in Übernahmen befindlich und dementsprechend stabil sind.

Übernahmegeschäft könnte beflügeln

Zu VW, die nahezu auf Höchstkurs notieren, gesellte sich diesen Monat auch noch Continental, deren Aktien von einem „Familienbetrieb“ namens Schäffler aufgekauft werden. Ganz nebenbei übernimmt Roche noch den Rest der US-Biotechfirma Genentech für knapp 44 Mrd. Dollar und ein russischer Oligarch übernimmt den (nicht börsennotierten) deutschtürkischen Touristikkonzern Ögertours. Wer ist hier der nächste? Die UBS rechnet jedenfalls mit einem regen Übernahme-Geschäft im Jahr 2008. Grund: billiger Dollar und günstige Aktienkurse. Auch positive Überraschungen sind daher jederzeit möglich.

Schnäppchenjagd vs. Angstverkauf

Ähnlich gespalten ist auch die Stimmungslage bei vielen Fondsmanagern am Markt. Die einen blasen zur Schnäppchenjagd und argumentieren mit historisch günstigen KGV’s bzw. Kurs-Buchwertverhältnissen, die anderen sehen schwarz und halten Aktienquoten von null Prozent. Auch auf institutioneller Ebene scheinen die Aktienquoten eher unterdurchschnittlich. Münchner Rück z.B. schrieb im Rahmen seiner Gewinnwarnung von einer Aktienquote um sieben Prozent, die für Abschreibungen und damit die Gewinnwarnung verantwortlich sei. Andere Versicherungen sind Gerüchten zu Folge noch deutlich niedriger investiert. Das positive daran: wer keine Aktien mehr hat, kann auch keine mehr verkaufen. Das heißt der „Eindeckungs-Druck“ könnte im Falle eines Anspringens der Aktienmärkte entsprechend stark werden.

Stimmungswechsel noch ungewiss

Auch die Frühwarnsysteme empfehlen aktuell die Untergewichtung von Aktien. Ob es vor dem vierten Quartal noch zu einem Signalwechsel kommt, ist nicht sicher, jedoch auch nicht ausgeschlossen, zumal sich in den letzten Tagen eine leichte Entspannung bei wichtigen Indikatoren abzeichnet: Der Dollar konnte sich vom Jahrestief bei 1,60 Richtung 1,56 lösen, Öl kam von knapp 150 auf zeitweise unter 125 USD/Barrel zurück und auch die Umlaufrendite sinkt nach dreimaligem Antesten der 4,75 Prozent-Marke aktuell wieder leicht Richtung 4,50 Prozent. Die dünneren Handelsvolumina zur Urlaubszeit könnten noch für manch heißen Sommertag an der Börse sorgen. Ab 8. August ist zumindest etwas Ablenkung und für die Sportartikelhersteller etwas Zusatzumsatz dank Olympia zu erwarten.

Helmut Knestel ist Fondsmanager der unabhängigen Vermögensverwaltung GECAM AG und mitverantwortlich für das Portfoliomanagement der fünf GECAM Dachfonds.

[Text: Risiko-Manager.com]

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