Klare Richtung bei Solvency II: Lebensversicherer müssen jetzt handeln


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Europäische Lebensversicherer sollten die Vorbereitungen für die Einführung der neuen europäischen Solvabilitätsrichtlinie (Solvency II) nicht weiter hinauszögern, warnt die Unternehmensberatung Tillinghast in einer jüngsten Studie zum Stand der Versicherungsaufsicht in Europa. In den Niederlanden, der Schweiz und Großbritannien gibt es bereits marktwert-orientierte Aufsichtssysteme, die nach den Erwartungen von Tillinghast als Vorbild für Solvency II dienen werden. Daher sollten sich auch deutsche Gesellschaften mit den marktwert-orientierten Aufsichtssystemen auseinandersetzen. Sie sollten ihre eigene finanzielle Situation analysieren und darüber hinaus die Optionen und Garantien bewerten, die in ihren Lebensversicherungsprodukten enthalten sind.

Wolfgang Hoffmann, Principal bei Tillinghast Deutschland, sagt: "Die komplexen Aufsichtsmodelle, die in Großbritannien, der Schweiz und den Niederlanden entwickelt wurden, werden eine Vorbildfunktion für Solvency II einnehmen. Wir erwarten, dass sich Solvency II eng an diesen marktwert-orientierten Modellen orientieren wird."

Modelle aus Großbritannien, Schweiz und Niederlanden

Die europaweite Untersuchung der Unternehmensberatung Tillinghast zeigt, wie unterschiedlich die Situation der Versicherungsaufsicht in verschiedenen europäischen Ländern ist. Belgien, Italien, Norwegen, Portugal, Schweden und Spanien arbeiten nach wie vor auf der Basis der Solvency I Standards, während Finnland, Frankreich und Deutschland durch Stresstests oder formelbasierte Risikokapitalmodelle die bestehenden Standards verbessert haben. In den Niederlanden, der Schweiz und Großbritannien dagegen arbeiten die Versicherer bereits mit komplexeren marktwert-orientierten Aufsichtsmodellen. Nach marktwert-orientierten Methoden werden Aktiva und Passiva der Versicherer mit Bewertungsmethoden des Kapitalmarktes berechnet. So ist es möglich, die Risikosituation und Finanzlage von Lebensversicherern besser zu beobachten und einzuschätzen.

Die Regelwerke aus Großbritannien mit dem Twin Peaks-Ansatz und ICAS, aus den Niederlanden mit FTK und der Swiss Solvency Test haben wesentliche gemeinsame Charakteristika: Aktiva und Passiva werden mit marktwert-orientierten Methoden bewertet. Die Bestimmung des Risikokapitals erfolgt dann nach vorgeschriebenen Stresstests dieser marktwert-orientierten Bilanz. In allen drei Ländern schließt die Bilanz die Bewertung von Optionen und Garantien in den Versicherungsprodukten mit ein.

Versicherer müssen sich eigenständig vorbereiten

Weil vieles noch unklar ist – so wie der Zeitpunkt, an dem Solvency II starten soll als auch der konkrete Inhalt der neuen Eigenkapitalregelungen – steht die Assekuranz in allen europäischen Ländern vor der Frage, wie sie sich am besten auf die bevorstehenden Änderungen und Herausforderungen vorbereiten sollte.

Wolfgang Hoffmann: "Unternehmen sind gut beraten, sich auf die marktorientierten Bewertungsmethoden vorzubereiten." Vor allem die internen Kenntnisse und Techniken zu marktorientierten Bewertungsverfahren sollten verbessert werden.

Tillinghast empfiehlt den Versicherungsgesellschaften, sich in fünf Schritten auf Solvency II vorzubereiten:

  • Interne Fähigkeiten ausbauen: Die Anwendung von wertorientierten Bewertungstechniken und entsprechender finanztheoretischer Methoden erfordert grundlegende konzeptionelle Veränderungen der bisherigen Reservierungs- und Kalkulationsmethoden, sowohl in theoretischer als auch in praktischer Hinsicht. Im Bereich Theorie bedarf es oft einer Intensivierung oder Verbesserung des internen Kenntnisse und Fähigkeiten. In der praktischen Arbeit sind meist neue Tools und Techniken zu entwickeln und zu implementieren.
  • Bestandsaufnahme: Versicherungsunternehmen sollten ihre Produkte überprüfen und die darin enthaltenen Optionen und Garantien identifizieren. Das Ziel sollte sein, angemessene und praktikable Bewertungsmethoden zu finden und eine konsistente marktwert-orientierte Bewertung der Aktiva und Passiva der Bilanz zu erreichen. Auf dieser Basis ist es dann möglich, über Stresstests Abhängigkeiten zu erkennen und einen Risikokapitalbedarf zu ermitteln.
  • Flexible Systeme schaffen: Die Bestandsaufnahme kann Schwächen im Bewertungssystem eines Unternehmens zu Tage bringen. Bestehende Systeme können daher entweder ergänzt oder in einigen Fällen sogar durch neue Systeme ersetzt werden. Flexible Bewertungssysteme erweisen sich am geeignetsten, um zeitnah auf die Entwicklung neuer Aufsichtssysteme und Rechnungslegungsstandards zu reagieren.
  • Konsistente Bewertung von Risiko, Kapitalbedarf und Wertschöpfung: Die bevorstehenden Änderungen des Aufsichtssystems haben viele Unternehmen dazu veranlasst, die vorhandenen Methoden hinsichtlich der Risikomessung, des Kapitalbedarfs und der Quantifizierung der Wertschöpfung zu überdenken. Die erwarteten Solvency II Entwicklungen geben die Möglichkeit, einen einheitlichen Rahmen für die Bewertung von Risiko, Kapital und Wertschöpfung zu finden.
  • Konkrete Vorbereitungen für Solvency II treffen: Diese Schritte sollen zur konkreten Umsetzung von Solvency II in den Unternehmen führen: Dies kann zum Beispiel die Einführung neuer Produkte mit niedrigeren Garantien bedeuten, welche dann zu geringeren Kapitalanforderungen führen. Denkbar ist auch die Anpassung bestehender Produkte mit dem Ziel, das Risikoprofil zu optimieren. Darüber hinaus ist es sinnvoll, über eine Änderung des Asset Liability Management nachzudenken, beispielsweise über die Aufnahme von Sicherungsoptionen.

 

Kontakt: Wolfgang Hoffmann ist Principal bei Towers Perrin Tillinghast und Co-Autor der Studie. Er ist unter wolfgang.hoffmann@towersperrin.com oder +49 221 921234-21 zu erreichen.

 

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