Studie Corporate Debt

Hohe Risiken durch hohe Verschuldung und Strukturwandel


Studie Corporate Debt: Hohe Risiken durch hohe Verschuldung und Strukturwandel Studie

Unternehmen nutzen das "billige Geld" im Niedrigzinsumfeld. Seit Jahren bewegt sich die Verschuldung von börsennotierten Unternehmen außerhalb des Finanzsektors auf Rekordniveau. Dank guter Umsätze und Gewinne ist im Jahr 2017 die Nettoverschuldungsquote (Net Gearing Ratio) jedoch weltweit erstmals wieder gesunken. Sie fiel um 3,2 Prozentpunkte (pp) auf 53 Prozent. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Studie "Corporate Debt" des führenden Kreditversicherers Euler Hermes.

Brisanter Mix aus hoher Verschuldung und steigenden Risiken durch Strukturwandel

"Die Bilanzen der Unternehmen hatten zuletzt Rückenwind durch satte Gewinne. Die insgesamt hohe Verschuldung könnte dennoch einigen Unternehmen zum Verhängnis werden", sagt Ludovic Subran, Chefvolkswirt der Euler Hermes Gruppe. "Die Papier-, Transport- und Textilbranche weisen nicht zuletzt aufgrund des Strukturwandels und großen Investitionsbedarfs einen brisanten Mix aus hoher Verschuldung und steigenden Risiken auf."

Klimawandel, steigende Umweltanforderungen, Digitalisierung, veränderte Kundenbedürfnisse und Geschäftsmodelle oder schwierige wirtschaftliche Rahmenbedingungen sowie ein teilweise starker Wettbewerb stellen Unternehmen und ihre Lieferanten vor große Herausforderungen.

"Je schwieriger die Bedingungen und je einschneidender der bevorstehende Wandel in einer Branche, desto größer ist häufig der Kapitalbedarf. Wenn die Umsatzentwicklung nicht Schritt halten kann, steigt die Verschuldung weiter an – und damit auch die Anfälligkeit für externe Schocks", sagt Subran.

Nicht nur bei den Branchen, sondern auch regional gibt es jedoch gravierende Unterschiede.

Die Schuldenkönige sitzen in Portugal, Türkei, Griechenland und Spanien

"Regional sind Portugal, die Türkei, Griechenland und Spanien die Schuldenkönige", sagt Ron van het Hof, CEO von Euler Hermes in Deutschland, Österreich und der Schweiz. "Deutsche Exporteure sollten hier also genau hinschauen, mit wem sie Handel betreiben. Das kann teilweise mit hohen Zahlungsrisiken verbunden sein – zumal die Zahlungsmoral in diesen Ländern eher schlecht ist. In der Türkei kommt ein Währungsrisiko hinzu. Unternehmen sind vor allem in US-Dollar oder Euro verschuldet. Mit der massiven Abwertung der türkischen Lira seit Jahresbeginn wird die Rückzahlung fälliger Kredite teilweise sehr teuer und entsprechend schwer zu stemmen. Bereits jetzt sehen wir dort eine steigende Zahl an Pleiten und gehen deshalb 2018 von einem Anstieg der Insolvenzen um 5 Prozent aus."

Im Gegenzug sind Unternehmen in Afrika (38 Prozent), Australien (41 Prozent), Hongkong (42 Prozent), Polen und Großbritannien (je 43 Prozent) weniger stark verschuldet als der weltweite Durchschnitt.

Transportbranche: wenig Puffer, großer Investitionsbedarf – Schifffahrt im Fokus

Strukturwandel, geringe finanzielle Puffer, steigende Ölpreise, Wetterrisiken und hohe Schulden plagen die Transportbranche. Die Verschuldungsquote der größten Unternehmen in der Transportbranche liegt weltweit durchschnittlich bei 144 Prozent. Der Cash-Flow ist branchenweit schwach, so dass ein schneller Abbau der Schuldenberge derzeit auch nicht in Sicht ist.

Insbesondere in der Luftfahrt und der Schifffahrt stieg die Verschuldung sogar noch deutlich an, weil die Unternehmen ihre Flotten erneuern oder zuletzt erneuert haben. Vor allem die Schifffahrt steht seit Jahren unter Druck, ihre Schiffe zu erneuern, um ihre Margen angesichts steigender Ölpreise bei gleichzeitig hohem Verbrauch zu sichern. Neue Schiffe versprechen aufgrund ihrer Größe und einem niedrigeren Verbrauch eine größere Kosteneffizienz. Steigende Umweltanforderungen im Zuge des voranschreitenden Klimawandels werfen jedoch bereits weitere Schatten voraus.

Vorsicht Abwärtssog – Frachtvolumina durch Handelsbarrieren in USA und China unter Druck

"Risiken und Verschuldung sind in der Transportbranche bereits heute sehr hoch und die finanziellen Polster gering, insbesondere in der Schifffahrt. Durch höhere Umweltstandards steht in Zukunft eine erneute Welle der Schiffsmodernisierung und Flottenerneuerung an mit den verbundenen hohen Kosten – ein Teufelskreis", sagt Van het Hof. "Unternehmen müssen also bei ihren Investitionen sehr umsichtig planen und Umsatz und Kosten eng im Auge behalten, um nicht in den Abwärtssog zu geraten. Hinzu kommt die starke Abhängigkeit der Branche von der wirtschaftlichen Entwicklung. Der Konjunkturzyklus neigt sich langsam dem Ende zu und der drohende Handelskrieg sowie steigende protektionistische Maßnahmen sorgen für weitere Sorgen in der Branche. Das Wachstum beim Frachtvolumen von Asien nach Nordamerika ist durch Handelsbarrieren seit Jahresbeginn bereits ausgebremst worden."

Seit Jahresbeginn wurden gerade noch 4 Prozent mehr Waren auf der Route transportiert als im Vorjahreszeitraum. Das entspricht einem Rückgang um 3 Prozentpunkte beim Wachstum.

2017 haben Regierungen weltweit 467 neue Handelshemmnisse eingeführt, allen voran die USA, die für 90 neue protektionistische Maßnahmen verantwortlich sind. Diese wirken sich auf einigen Transportrouten bereits deutlich aus. Die USA prüfen aktuell zudem noch höhere Zölle auf chinesische Waren.

"Das sorgt für weitere Unsicherheiten, denn diese würden mit hoher Wahrscheinlichkeit zu entsprechenden Gegenmaßnahmen führen", sagt Van het Hof. "Europa und die USA sitzen aktuell zwar wieder am Verhandlungstisch, um über den Abbau von Handelshemmnissen zu sprechen, der Ausgang ist jedoch unklar und somit sind hier möglicherweise weitere dunkle Wolken am Himmel in Sicht – für die Schifffahrt, aber auch für alle deutschen Exporteure. Bei Handelsbarrieren gibt es am Ende immer viele Verlierer. Insbesondere trifft eine solche Spirale aus Maßnahmen und Gegenmaßnahmen Unternehmen, für die der weltweite Handel dadurch ein Stück unberechenbarer wird."

Papierbranche: Höchste Verschuldung und Risiken – gemischte Aussichten für Segmente

Die kapitalintensive Papierbranche hält den Negativrekord bei der Nettoverschuldungsquote. Die größten Player der Branche sind bei der Betrachtung von Risiken am aussagekräftigsten, da sie aufgrund ihrer Größe bei Ausfällen die größten Schäden verursachen würden. Deshalb betrachtet die Studie jeweils die Top 25 Prozent der jeweiligen Branche weltweit. Die Verschuldungsquote in der Papierbranche liegt in diesem Segment weltweit durchschnittlich bei 172 Prozent. Hinzu kommt ein schwacher Cash Flow. Unternehmen aus der Papierbranche bräuchten bei ihrer Verschuldung über 12 Jahre, um diese aus der laufenden operativen Tätigkeit zurückzuzahlen (Cash-Flow Koeffizient von 12,4).

Die Risiken sind über die Länder hinweg fast identisch, variieren jedoch innerhalb des Segments. Steigende Energiepreise stellen die energieintensive Branche vor Probleme. Hochspezialisierte Unternehmen in Nischensegmenten haben durch ihre Marktmacht allerdings größere Chancen, steigende Kosten an Kunden durchzureichen. Im Drucksektor kommen jedoch zusätzliche Herausforderungen durch die Anforderungen der Digitalisierung hinzu. Der demografische Wandel spielt hingegen der Verpackungs- und Zellstoffsparte in die Hände. Hier erwarten wir in den kommenden Jahren stetiges Wachstum, was im Gegenzug den Schuldenberg mit der Zeit verringern sollte.

Textilindustrie: Schuldenberge, starker Wettbewerb und veränderte Kundenbedürfnisse

In der Textilindustrie kämpfen Unternehmen ebenfalls mit einer Nettoverschuldungsquote, die bei den größten Branchenunternehmen bei 144 Prozent liegt. Zudem ist der Cash-Flow schwach und Unternehmen brauchen überdurchschnittlich lange, ihre Schulden aus dem laufenden Geschäft zurückzuzahlen. Strukturelle Risiken sind ebenfalls hoch, vor allem durch einen starken Wettbewerb, der auf die Margen drückt. Aber auch veränderte Kundenbedürfnisse spielen eine Rolle bei den signifikanten Risiken der Branche.

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[ Bildquelle Titelbild: Adobe Stock ]
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