Geldpolitisches Krisenmanagement an globalen Finanzmärkten

Finanzmarktschocks und monetäre Stabilisierungspolitik bei globalisierten Finanzmärkten


Rezension

September 2008. Die US Immobilienkrise, ausgehend von der Krise im Subprime-Segment ein Jahr zuvor, hatte ihren Höhepunkt mit dem Konkurs der US Investment-Bank Lehman Brothers erreicht. Laut Prüfungsbericht der SEC war die Bank unter einem Schuldenberg von mehr als 600 Milliarden US Dollar kollabiert. Die Folge waren weltweite Turbulenzen an den Finanz- und Aktienmärkten. Gestiegene Unsicherheiten führten zu einem Vertrauensverlust der Banken untereinander, so dass auch im Interbankenmarkt die Kreditvergabe zum Erliegen kam. Die Volatilitäten am Devisenmarkt nahmen noch weiter zu. Der Dollar geriet gegenüber dem Euro immer weiter unter Druck. Die Finanzmarktkrise hatte schon längst die Realwirtschaft erfasst und beeinträchtigt. Nur durch ein koordiniertes Eingreifen der wichtigsten Staaten und der Zentralbanken verhinderte den vollständigen Kollaps der Finanzmärkte und der Realwirtschaft.

Vor dem Hintergrund der jüngsten Krise befasst sich der Autor primär mit den folgenden zwei Fragestellungen: Ob und wieweit wirken sich Entwicklungen an Finanzmärkten auf gesamtwirtschaftliche Zielgrößen aus. Aus Sicht des Autors ergibt sich nur dann ein Handlungsbedarf für die makroökonomische Stabilisierungspolitik, wenn es einen unmittelbaren Zusammenhang gibt. Auch wenn die Frage zunächst trivial erscheint, so wird zunächst herausgearbeitet,  welche Indikatoren, zum Beispiel extreme Renditeschwankungen, die ökonomischen Unsicherheiten haben ansteigen lassen. In der Konsequenz wurde auch die Realwirtschaft beeinträchtigt. Erst eine konkrete Analyse ermöglicht die Therapie mit konkreten Maßnahmen. Eine Maßnahme ist die Präzisierung geldpolitischer Aktivitäten, um die Realwirtschaft gegenüber den Verwerfungen zu immunisieren oder zumindest besser zu schützen.

Das Buch ist systematisch in sechs Teile gegliedert: Neben einer kurzen und prägnanten Einleitung legt Teil 2 den stabilisierungspolitischen Handlungsrahmen dar und geht auf Politikziele sowie auf die Gründe für Zielverfehlungen ein. Teil 3 vermittelt einen Überblick über den Zusammenhang zwischen Finanzmarktvolatilität und Investitionstätigkeit. Auf Basis empirischer Studien und Überprüfungen werden in Teil 4 die Volatilitätsanstiege am Beispiel USA und Deutschland und deren Auswirkungen und Unterschiede aufgezeigt.

Sich daraus ergebende handlungspolitische Möglichkeiten sowohl unter Beachtung zinspolitischer Aspekte als auch die Steuerung von Erwartungen, sind Gegenstand der Erörterungen in Teil 5. Der letzte Teil befasst sich mit der Herangehensweise von Federal Reserve und der Europäischen Zentralbank zur Krisenbewältigung. Es überrascht dabei nicht, dass trotz übereinstimmender Zielsetzungen der beiden Zentralbanken die therapeutischen Maßnahmen unterschiedlich ausfallen.

Das hochaktuelle Buch vermittelt dem interessierten Leser einen Überblick über die Zusammenhänge zwischen Finanzmarktkrise und Realwirtschaft und beschreibt mögliche geldpolitische Maßnahmen. Empirische Studien zeigen, dass Finanzmarktvolatilitäten in den USA kaum oder nur einen geringeren Einfluss auf das Investitionswachstum haben, im Gegensatz zu Deutschland.

Eine divergierende Ausrichtung der Geldpolitik diesseits und jenseits des Atlantiks ist eine mögliche Erklärung. Der Autor plädiert im Falle von Finanzmarktschocks für einen Mix von Maßnahmen. Beispielsweise eine rasche und deutliche Zinspolitik, quantitative geldpolitischer Maßnahmen über Portfoliokanäle und die Steuerung über Erwartungen, wobei der Autor hier auf die Psychologie zielt. Denn schon Ludwig Erhard war bewusst, dass fünfzig Prozent der Ökonomie Psychologie ist.  Dem Buch wünscht man eine rege Aufmerksamkeit.

Autor der Rezension: Christoph Tigges, RiskNET GmbH

 

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Details zur Publikation

Autor: Kenan Šehović
Seitenanzahl: 182
Verlag: Peter Lang GmbH
Erscheinungsort: Frankfurt am Main
Erscheinungsdatum: 2011

RiskNET Rating:

Praxisbezug
Inhalt
Verständlichkeit

sehr gut Gesamtbewertung

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