Gefangenen-Dilemma

Definition:

Die grundlegende Idee der Spieltheorie lässt sich am Beispiel des häufig zitierten Gefangenen-Dilemmas (engl. Prisoner's dilemma) beschreiben. Zwei eines Verbrechens beschuldigte Gefangene werden isoliert inhaftiert und bekommen vom Staatsanwalt jeweils folgendes Angebot unterbreitet: Bei Gestehen des Verbrechens wird im Rahmen einer Kronzeugenregelung Haftverschonung garantiert, der zweite Beschuldigte erhält dann neun Jahre Haft. Gestehen beide, erhalten sie beide jeweils fünf Jahre Haft. Leugnen beide, können sie nur wegen geringfügigerer Vergehen für je ein Jahr inhaftiert werden. Da aber das Verhalten nicht mehr gegenseitig abgestimmt werden kann, kommt es sowohl zu einem persönlichen Dilemma jedes Einzelnen als auch für die Gruppe beider Inhaftierter.

Matrix Szenario 1Matrix Szenario 1

Die Matrix bedeutet: Wenn Peter und Frank leugnen, bekommen sie jeweils ein Jahr Haft. Wenn Peter gesteht und Frank leugnet, bekommt Frank neun Jahre Haft und Peter geht straffrei aus. Wenn beide gestehen, erhalten sie jeweils fünf Jahre Haft. Die Maximalstrafe beträgt für jeden Einzelnen neun Jahre Haft und die persönliche Nutzenmaximierung besteht nun in der Reduzierung der maximalen Haftzeit. Dazu wird die Matrix überführt in eine Darstellung der verkürzbaren Haftzeit in Jahren (= Maximalstrafe – Hafterleichterung durch Gestehen bzw. beidseitiges Leugnen).

Matrix Szenario 2 Matrix Szenario 2

Die neue Matrix kennzeichnet die Hafterleichterung durch Verkürzung der Haftzeit in Jahren und dadurch einem Zugewinn von Jahren in Freiheit. Wenn Peter gesteht und Frank leugnet, gewinnt Peter neun Jahre in Freiheit und Frank null, da er die Maximalstrafe absitzen muss. Wenn beide leugnen, gewinnen sie jeweils acht Jahre in Freiheit, da beide nur das eine Jahr absitzen müssen. Gestehen beide und müssen folglich fünf Jahre absitzen, haben sie immer noch vier Jahre in Freiheit gewonnen. 

Die Strategie "beidseitiges Leugnen" stellt immer noch die für beide beste Alternative da und führt damit zum maximalen Ergebnis für die Gruppe. Für jeden Einzelnen jedoch entsteht durch die Ungewissheit über das Handelns des jeweils Anderen das folgende Dilemma: Egal wie Frank sich verhält, für Peter bietet die Variante "Gestehen" den größten individuellen Nutzen: Wenn Frank leugnet, bekommt Peter neun Freiheitsjahre und damit eins mehr als bei der Variante "Leugnen". Wenn Frank ebenfalls gesteht, bekommt Peter vier Freiheitsjahre und damit vier mehr als bei der Variante "Leugnen". Gleichgültig wie Frank sich verhält, die Variante "Gestehen" bietet in jedem Szenario die für Peter persönlich beste Lösung. Das Gleiche gilt auch aus Franks Perspektive gegenüber Peter. 

Die Variante "beidseitiges Gestehen" wird auch als strategisches Gleichgewicht bzw. Nash-Gleichgewicht bezeichnet, da für jeden einzelnen Entscheider als Einziger das Abweichen von dieser Strategie zu einem für ihn persönlich schlechteren Ergebnis führt. Denn weicht nur einer ab, so erhält er statt vier Freiheitsjahren keine Haftverschonung (null).

Sowohl das strategische Gleichgewicht als auch die persönliche Nutzenoptimierung führen zu einem Ergebnis, das aus Gruppensicht die schlechteste Lösung darstellt: Wenn beide gestehen, müssen sie in der Summe zehn Jahre Haft absitzen (= Gruppenergebnis von 2 • 5 Jahren). In jeder anderen Variante wäre das Gruppenergebnis besser (zum Beispiel 2 • 1 Jahr oder 0 + 9 Jahre). Auch ist der Nutzen für jeden Einzelnen geringer als bei beidseitigem Leugnen. Trotzdem stellt die Variante "beidseitiges Gestehen" bei Unsicherheit über das Verhalten des Konkurrenten die persönlich beste Lösung dar.

Vgl. vertiefend: Rapoport, Anatol / Chammah, Albert M.: Prisoner's dilemma: a study in conflict and cooperation. University of Michigan Press, 1965.

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