Hohe Dunkelziffer von rund 80 Prozent

Wirtschaftskriminalität: Management als Haupttäter


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Laut einer Studie der Schweizer Dependance der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft KPMG geht die Mehrzahl der Delikte im Bereich der Wirtschaftskriminalität auf das Konto des Managements. Im Rahmen des "KPMG Fraud Barometers" wurden 30 aktuelle Fälle von Betrug und ähnlichen Wirtschaftsdelikten mit einem Schadensbetrag von mindestens 50.000 Schweizer Franken berücksichtigt, die im ersten Halbjahr 2009 vor einem Schweizer Strafgericht zur Verhandlung kamen oder zur Anklage gebracht wurden.

Da im Beobachtungszeitraum von Januar bis Juni 2009 auch zwei Fälle von Geldwäsche mit einer Deliktsumme von weit über eine Milliarden Schweizer Franken (darunter der für die Schweiz bislang größte Fall von Geldwäsche und organisierter Kriminalität) abgeschlossen wurden, ist die Schadenshöhe in dieser Periode stark überzeichnet. Auch ohne Berücksichtigung der genannten Extremfälle lag die gesamte Deliktsumme der untersuchten Fälle jedoch noch immer über 200 Mio. Schweizer Franken.

Management als Haupttäter

Der Studie zufolge geht die Mehrzahl der Wirtschaftsdelikte auf das Konto von Mitgliedern des Managements. Außerdem wurden über drei Viertel der Schadenssumme von dieser Gruppe verursacht. Der gewerbsmäßige Betrug ist hierbei nach wie vor weit verbreitet, als häufigste Deliktsform manifestiert sich jedoch zunehmend die Veruntreuung von Geldern von Investoren und Finanzinstituten. "Diese Ergebnisse bedeuten nichts anderes, als dass der Blick noch stärker auf das Wirken der Führungsebenen gerichtet werden muss. Denn hier bietet sich aufgrund von hierarchischer Position, Seniorität und Vertrauen nach wie vor das größte Schadens- und Deliktpotenzial" erläutert Arno Thürig, Director Forensic bei der KPMG Schweiz die notwendigen Konsequenzen.
Die erlangten Gelder wurden von den Tätern für ganz unterschiedliche Zwecke verwendet, im Vordergrund stand jedoch häufig der Kauf von Luxusgütern, die Finanzierung eines aufwändigen Lebensstils, Schönheitsoperationen, Spielsucht oder Besuche im Rotlichtmilieu.

Integration und Prävention als Erfolgsfaktoren

"In der momentanen Wirtschaftslage kann sich ein Betrugsfall besonders schwerwiegend auswirken. Viele Firmen ergreifen noch immer erst nach einem schmerzhaften Betrugsfall präventive Maßnahmen", so die Beobachtung von Anne van Heerden, Partner und Leiterin Forensic bei KPMG Schweiz. Viele Unternehmen verfügten zwar über Ansätze zur Betrugsprävention, allerdings werden diese oft dezentral betrieben und könnten somit nicht effizient gestaltet werden. So sind laut der Studie vielfach unterschiedliche Stellen im Unternehmen gleichzeitig mit verschiedenen, im Grunde aber zusammenhängenden Aufgaben beschäftigt. Beispielsweise kümmere sich das Risk Management um die Identifikation von Risiken, die Compliance-Abteilung prüfe die Einhaltung von Vorschriften, die Interne Revision untersuche die Unternehmensprozesse und die Sicherheitsabteilung komme beim Eintritt von Schadensfällen zum Einsatz. "Effektive Betrugsprävention jedoch bedeutet, die Kompetenzen der verschiedenen Abteilungen zu koordinieren, um damit deliktischem Fehlverhalten effizient vorzubeugen", so das Plädoyer van Herdens für einen integrierten Ansatz.

Hohe Dunkelziffer vermutet

Nach wie vor sei anzunehmen, dass die Dunkelziffer im Bereich der Wirtschaftskriminalität relativ hoch angesetzt werden müsse. So gehen Schätzungen davon aus, dass bei lediglich 20 Prozent aller Wirtschaftsstraffälle überhaupt die Justizbehörden eingeschaltet werden. Demgegenüber gibt es zunehmend Fälle, bei denen die betroffenen Unternehmen den Sachverhalt intern aufarbeiten und ihr Augenmerk ausschließlich auf die Wiederbeschaffung der entzogenen Mittel richten. "Betrügerische Handlungen finden immer statt, gerade auch in Zeiten der Rezession. Sind die wirtschaftlichen Bedingungen günstig und die Gewinnmargen stabil, so bleiben Betrugsfälle häufig unentdeckt. Gehen die Margen jedoch zurück, nimmt die Wahrscheinlichkeit zu, dass betrügerische Handlungen aufgedeckt werden, weil sich Unternehmen vermehrt internen Prozessen widmen", so die Beobachtung von Katarina Kurtin, Director Forensic bei der KPMG Schweiz.

[Bildquelle: iStockPhoto]

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