Die Länder der Welt im Risikocheck

RiskMap 2013: Politisches Risiko in Europa steigt


RiskMap 2013: Politisches Risiko in Europa steigt News

Laut der "RiskMap 2013" des Beratungsunternehmens Control Risks ist das politische Risiko in den entwickelten Ländern so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Während in den vergangenen Jahren vor allem Entwicklungs- und Schwellenländer als wichtigsten Gefahrenherde galten, führe die aktuelle Krise Europas zu einer neuen Dimension politischer Risiken für Unternehmen. So wurde beispielsweise das Sicherheitsrisiko für Griechenland von "Niedrig" auf "Mittel" heraufgesetzt, da die  andauernde Krise die Sicherheitslage auch außerhalb der traditionell schwierigeren Städte Athen und Thessaloniki verschlechtert habe. Gewalttätige Massenproteste und die Verwendung von Sprengsätzen würden voraussichtlich weiterhin nur in den urbanen Zentren auftreten, doch erhöhte Kriminalität sei im gesamten Land zu verzeichnen. Durch die Krise würden auch extrem linke und rechte Parteien stärkeren Zulauf erhalten.

Generell würde die politische und unternehmerische Führung in Zeiten wachsender Ungewissheit immer komplexer. In Zeiten geringen Wirtschaftswachstums werde es für Unternehmen immer schwieriger, das Ziel, weitere Märkte zu erschließen und neue Chancen wahrzunehmen, mit immer komplexerer Regulierung und Risikoaversion von Stakeholdern zu verbinden.

Der Bericht "RiskMap 2013" betrachtet darüber hinaus die weitere Entwicklung des "Arabischen Frühlings" sowie die Situation im Nahen Osten. Zudem steht die Einschätzung der Situation in Brasilien, Myanmar, Ägypten und Nigeria im Mittelpunkt. Den Experten zufolge werde die US-amerikanische Außenpolitik wird 2013 weiterhin einen globalen Fokus haben – trotz der Versuchung, sich aus dem Nahen Osten zurückzuziehen oder sich auf Ost-Asien zu konzentrieren.

Brasilien geht aus der globalen Finanzkrise vergleichsweise stark hervor

Die bevorstehende Fußball-WM und die Olympischen Spiele tragen zu diesem Optimismus bei. Erhebliche Schwierigkeiten bleiben allerdings im Land bestehen. Die Probleme der verbreiteten Korruption, der hohen Kriminalitätsrate und der ineffizienten Bürokratie konnten von den bisherigen Regierungen nicht gelöst werden. Auch Präsidentin Dilma Rousseff hat noch keine Lösung gefunden.

Auf ähnliche Weise lenkt die Freude über die erste Öffnung von Myanmar von den bevorstehenden Schwierigkeiten ab. Es wird eine große Herausforderung, diese bereits so lang existierende Militärdiktatur friedlich zu erneuern. Zentrale Fragestellung hierbei wird die Fähigkeit des Landes sein, unabhängig von einzelnen politischen Akteuren, politische und bürokratische Strukturen aufzubauen, die den Wandel sicher steuern können.

Positive Entwicklungen in Ägypten

In Ägypten werden sich ausländische Investoren wenig Sorgen wegen der Muslimbruderschaft machen müssen. Einige bewährte Unternehmerpersönlichkeiten in der Partei werden sich für einen pragmatischen Ansatz der Politik stark machen. Wenn die vom abgesetzten Präsidenten Mubarak hinterlassene Korruption massiv angegangen wird, kann dies ferner dazu führen, dass eine moderate islamistische Präsidentschaft den politischen Schutzwall bildet, um die Hoffnungen und Fortschritte des Tahrir-Platzes zu erhalten.

Wie viele andere Länder Afrikas südlich der Sahara ist Nigeria Ursprung vieler Geschichten über erfolgreiche Investitionen. Besonders Lagos steht heute für afrikanisches Unternehmertum. Doch diese Dynamik der afrikanischen Großstädte täuscht über die permanente Instabilität, die schlechte Infrastruktur und einer immer größer werdende Kluft zwischen Nord und Süd im Land selbst hinweg.

Trotz dieser Herausforderungen existieren immer noch enorme Chancen in zahlreichen Ecken der Welt für diejenigen, die die Komplexität der damit verbundenen Risiken identifizieren und handhaben können. Die RiskMap 2013 verdeutlicht, wie sehr die Möglichkeit eines Unternehmens oder eines Landes, diese Chancen wahrzunehmen, immer mehr von der Fähigkeit der jeweiligen Führungskraft abhängt, nicht nur Widerstandsfähigkeit, sondern auch eine gewisse Flexibilität in die Organisation oder den Staat zu integrieren.

Ausgewählte Analysen für 2013

Syrien

Sicherheitsrisiko von Hoch zu Extrem heraufgesetzt: Die Syrienkrise hat sich zu einem ausgewachsenen Bürgerkrieg entwickelt, welcher sich voraussichtlich 2013 noch intensivieren wird. Das Assad-Regime wird sich vielleicht noch eine Zeit an der Macht halten können, doch es wird keine Möglichkeit für eine Wiedererlangung der Stabilität und eine echte Lösung des Konfliktes geben. Ohne eine Möglichkeit oder die Bereitschaft von Drittparteien, konstruktiv in den Konflikt einzugreifen, wird der Staat weiter zerbrechen. Die insgesamt verschlechterte Sicherheitslage und ein Machtvakuum in einzelnen Regionen führen zu Kämpfen zwischen konkurrierenden Interessensgruppen und bewaffneten Milizen über die Kontrolle über bestimmte Gebiete und strategische Infrastruktur.

Mexiko

Sicherheitsrisiko gestiegen in Jalisco, San Luis Potosí und Michoacán: Extreme Maßnahmen gegen den Drogenhandel haben zwar die Geschäfte der Kartelle gestört, führten jedoch auch zu einer Verschlechterung der Sicherheitslage. Die Kartelle mussten sich alternative Umsatzquellen suchen, was zu mehr schwerwiegenden Kriminalitätsfällen führte. Kleinere kriminelle Gruppen haben ihren Fokus nun auf das lukrative Entführungs- und Erpressungsgeschäft verlegt. Trotz des ehrgeizigen Vorhabens von Präsident Enrique Peña Nieto die Mord- und Entführungsrate um 50% zu senken, werden diese Gefahren 2013 weiterhin bestehen.

Nigeria

Politisches Risiko heraufgesetzt von Mittel zu Hoch im Süden, Südosten, Nordosten, Plateau und Lagos, bzw. zu Extrem in Borno und Yobe: Die demokratischen Institutionen haben sich als erstaunlich widerstandsfähig gegenüber der ständigen Bedrohung durch Krisen und Sicherheitsrisiken herausgestellt. Doch die Politik der stetigen militärischen Präsenz zur Stabilisierung des Landes ändert nichts an den strukturellen Ursachen der Probleme. Herausforderungen für Investoren sind zahlreich: starke Interessensgruppen üben weiterhin großen Einfluss auf Lizenzvergabe und öffentliche Ausschreibungen aus, wodurch ein hohes Risiko für Korruption entsteht. Die Entwicklung des regulativen Rahmenwerkes für den Öl- und Gassektor Nigerias (Petroleum Industry Bill) wird weiterhin nur langsam vorangehen und auch nach Verabschiedung werden aufgrund ungleicher und langsamer Implementierung nicht alle Ziele erreicht werden.

Kolumbien

Keine Änderung der Risikoeinschätzung: Die Sicherheitslage in Kolumbien wird voraussichtlich unverändert bleiben. Illegal bewaffnete Gruppen werden die legalen Sicherheitskräfte herausfordern und Anschläge gegen strategisch wichtige Infrastruktur in ihren entlegenen Hochburgen verüben. Eine signifikante Verschlechterung der Lage wird aber nicht erwartet und die Regierung wird die Sicherheitslage unter Kontrolle behalten. Sollten die Friedensgespräche zwischen Regierung und der FARC Fortschritte machen, werden jedoch Splitter- und Nachfolgegruppen mit illegalen Aktivitäten weitermachen. Der Ausgang der Friedensgespräche wird keinen maßgeblichen Einfluss auf die generelle politische Stabilität haben.

Griechenland

Sicherheitsrisiko heraufgesetzt von Niedrig zu Mittel: Griechenlands andauernde Krise hat die Sicherheitslage auch außerhalb der traditionell schwierigeren Städte Athen und Thessaloniki verschlechtert. Gewalttätige Massenproteste und die Verwendung von Sprengsätzen werden voraussichtlich weiterhin nur in den urbanen Zentren auftreten, doch erhöhte Kriminalität ist im gesamten Land zu verzeichnen. Durch die Krise erhalten auch extrem linke und rechte Parteien stärkeren Zulauf.

Ukraine

Sicherheitsrisiko heraufgesetzt von Niedrig zu Mittel: Die Kriminalität ist hoch; die Situation wird verschärft durch Korruption in der Regierung und den Strafverfolgungsorganisationen. Die Anzahl an Diebstählen, Einbrüchen und Betrugsfällen hat stark zugenommen, ebenso Angriffe gegen die nicht-slawische Bevölkerung und religiöse Minderheiten. Vier Explosionen in der Innenstadt von Dnipropetrowsk im April 2012, die politischen Extremisten zugeordnet werden, haben zwei Dutzend Menschen getötet und verdeutlichen die Mängel der Anti-Terrorismus-Maßnahmen vor Ort.

Indien

Keine Änderung der Risikoeinschätzung: Investoren, die auf Reformen hoffen, werden erneut enttäuscht, denn der regierende indische Nationalkongress wird den eingeschlagenen Weg einhalten. Auch die momentan trüben Aussichten in Bezug auf die Wahlen 2014 werden wahrscheinlich keinen Ansporn für weitere Reformen bieten. Religiöser Extremismus und die extreme Linke bleiben eine verdeckte, aber permanente Gefahr für die Sicherheit. Ein wachsendes Problem Indiens ist ferner die Internetkriminalität: angemessene Gegenmaßnahmen der Regierung werden nicht erwartet.

Venezuela

Keine Änderung der Risikoeinschätzung: In Anbetracht korrupter, politisch beeinflusster und schlecht ausgestatteter Judikative und Exekutive wird sich Venezuelas Sicherheitslage weiterhin langsam verschlechtern. Im besten Fall wird die Kriminalitätsrate nicht so stark steigen wie in den letzten Jahren. Caracas und andere urbane Zentren werden weiterhin die Hauptlast dieser Probleme tragen. Präsident Hugo Chávez wird seine Sicht auf die politische und ökonomische Entwicklung des Landes beibehalten, doch seine Pläne zur Einführung eines kommunalen Systems politischer Institutionen werden vermutlich nur äußerst langsam umgesetzt. Ökonomische Misswirtschaft, Korruption und eine schlechte Sicherheitslage bestimmen Venezuelas Entwicklung auch 2013.

Gabun

Politisches Risiko heraufgesetzt von Mittel zu Hoch: Widerstand gegenüber Präsident Ali Bongo wächst. Eine oppositionelle Mehr-Parteienkoalition wurde bereits im September 2012 gegründet, doch es ist unwahrscheinlich, dass die politische Stabilität in Gefahr ist. Die politische Einflussnahme im Öl- und Gassektor wird voraussichtlich steigen, da die Regierung neue Regulierungen plant, um finanziellen Druck auf ausländische Unternehmen auszuüben.

Mali

Politisches Risiko heraufgesetzt von Mittel zu Hoch: Islamistische Rebellen und Jihadisten kontrollieren die nördlichen Wüstenregionen und demokratische Institutionen schwanken noch nach dem Coup im März 2012. Um die Krise im Norden anzugehen, die Glaubwürdigkeit des Staates wiederherzustellen und zu politischer Normalität zurückzukehren, müssen politischen Akteure persönliche, institutionelle und nationale Differenzen beiseite legen und eine aufeinander abgestimmte politische und militärische Strategie entwickeln und umsetzen. Umfassende Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft wird hierbei der Schlüssel für den Erfolg sein. In jedem Fall wird der Prozess jedoch von zahlreichen Rückschlägen begleitet sein.

Jemen

Sicherheitsrisiko Extrem in den südlichen Provinzen ausgeweitet; Sicherheitsrisiko in Saada auf Hoch verringert: Durch die Konsolidierug der Huthi-Rebellen und deren Kontrolle über die nördliche Provinz Saada wurde die Anzahl an Zusammenstößen mit Regierungstruppen und damit die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Ausbruches des Krieges zwischen den Parteien erheblich reduziert. Die Regierung von Präsident Abed Rabbo Mansur Hadi steht unter sehr starkem Druck und wird versuchen, eine erneute Eskalation mit den Huthis zu vermeiden. Stattdessen wird die Regierung sich vermutlich auf die anhaltende Gefahr durch Milizen in den südlichen Provinzen konzentrieren (Aden, Lahj, Dali, Bayda und südliche Bereiche der Shabwa Provinz).

RiskMap 2013: Bitte hier klicken für größere Abbildung



[Bildquelle oben: © pholidito - Fotolia.com, Bildquelle unten: Control Risks]

Kommentare zu diesem Beitrag

Locke /30.01.2013 11:39
Kein Wunder. Das politische Risiko in Europa wird in den nächsten Jahren noch weiter steigen. Die Publikation "The Rise and Fall of the Great Powers: Economic Change and Military Conflict From 1500 to 2000" von Paul Kennedy liefert zu dem Thema interessante Einblicke ;-) Die Vergangenheit wiederholt sich ...
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