Risiko- und Kapitalmanagement als Basis der Unternehmenssteuerung


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Infolge strengerer Anforderungen seitens der Regulierungsbehörden und Rating-Agenturen ist das unternehmensweite Risikomanagement (Enterprise Risk Management, ERM) zu einem integralen Bestandteil der Geschäftsprozesse von Versicherungsunternehmen weltweit geworden. 60 Prozent der Teilnehmer an einer Studie ziehen bei ihren Entscheidungsprozessen ausdrücklich Risikomanagement-Überlegungen in Betracht,entsprechend der vierten zweijährigen durch den Geschäftsbereich Tillinghast von Towers Perrin durchgeführten Untersuchung von Risiko- und Kapitalmanagement-Praktiken unter Versicherungsunternehmen weltweit. Die 2006 abgeschlossene Studie konzentrierte sich auf eine Reihe von Problemen, darunter Risikoermittlung, Quantifizierungskompetenz, Berechnung und Einsatz von Finanzkapital, Risk-Reporting sowie Bereiche, in denen die globale Versicherungsgemeinschaft danach trachtet, ihre Risikomanagement-Funktionen zu erweitern. Außerdem wurde eine spezielle Abteilung geschaffen, die die Auswirkung von Solvenz II auf die Europäische Union untersucht.

EC zur Risikoquantifizierung

Äußere Einflüsse sorgen dafür, dass die Anforderungen an das Risikomanagement weltweit immer höher werden. Während die meisten Unternehmen weltweit „gute Geschäftspraktiken“ als wichtigsten Antriebsfaktor für ihre derzeitigen Anstrengungen im Risikomanagement nennen, steht für nordamerikanische Unternehmen die Bewertung durch Rating-Agenturen im Vordergrund (72%); Versicherungsunternehmen der Europäischen Union hingegen richten ihr Hauptaugenmerk auf Änderungen der Solvenzbestimmungen. 

Zwei Drittel der Versicherungsunternehmen weltweit verwenden EC zur Risikoquantifizierung. Dies ist ein deutlicher Anstieg gegenüber 2004, wo nur die Hälfte der Befragten angaben, dass sie EC verwendeten. Weitere 19% der Teilnehmer gaben an, dass sie die Verwendung von EC in Betracht zogen.

Verschiedene Kennzahlen auf dem Monitor

Versicherungsunternehmen verwenden eine ganze Reihe von Risikokennzahlen. Versicherungsunternehmen bewerten auf verschiedene Weise den Einfluss von Risiken auf ihr Kapital, ihren Wert und ihre Erträge, wobei 63% der Unternehmen mindestens drei verschiedene Kennzahlen verwenden. Die häufigsten Kennzahlen sind das satzungsmäßige oder aufsichtsrechtliche Eigenkapital, der Reingewinn (56%), der wirtschaftliche Wert (42%) sowie Kennzahlen gemäß GAAP oder IAS (38%).

Unternehmen sind heute sehr viel disziplinierter in ihrer Anwendung von ERM als jemals zuvor, da Katastrophenereignisse, Kapitalrendite und Wettbewerbsdruck einen gründlicheren Ansatz bei Risikofragen erforderlich machen“, so Managing Director Tricia Guinn, die sowohl den Geschäftsbereich Tillinghast als auch das Rückversicherungsgeschäft von Towers Perrin leitet.

Chief Risk Officer gewinnt an Bedeutung

„Nicht nur Risikofragen haben an Bedeutung gewonnen, sondern auch die Rolle des Chief Risk Officer“, so Brauch Prakash Shimpi, Practice Leader mit globalen ERM-Funktionen. „Versicherungsunternehmen untersuchen nicht nur Risiken genauer, sondern machen außerdem Manager für die Ergebnisse verantwortlich.“ Nahezu die Hälfte der Befragten (43%) geben an, dass sie einen Chief Risk Officer (CRO) mit Hauptverantwortung für Risikomanagement besitzen, gegenüber 39% im Jahr 2004 und nur 19% im Jahr 2002.

Die Untersuchung ergab außerdem, dass Risikomanagement in der Unternehmensführung an Bedeutung gewonnen hat: So gaben nahezu alle Befragten (94%) an, dass sie mindestens einmal im Jahr dem Verwaltungsrat über Risiken berichten, gegenüber 84% im Jahr 2004. 53% aller Befragten legen mindestens einmal pro Quartal dem Verwaltungsrat einen Risikobericht vor. Risikoberichte an die Geschäftsleitung sind mittlerweile Gang und Gäbe, wobei diese Berichte in 39% aller Fälle monatlich und in 35% aller Fälle auf Quartalsbasis vorgelegt werden.

Regionale Unterschiede beim Risk-Reporting

Versicherungsunternehmen von den Bermudas (89%) und aus Kanada (82%) legen ihre Risikoberichte an den Verwaltungsrat eher auf Quartalsbasis vor als Unternehmen aus den USA und dem asiatisch-pazifischen Raum (53%). Europäische Lebensversicherungsunternehmen (65%) und Sach- und Haftpflicht-Versicherungsunternehmen (60%) legen im Durchschnitt zweimal so oft monatliche Berichte vor wie nordamerikanischen Unternehmen der gleichen Sparten.

Auswirkung von Solvency II auf das Risikomanagement

Europäische Versicherungsunternehmen stimmen im Allgemeinen überein, dass die neuen Solvency II-Bestimmungen erhebliche Verbesserungen ihrer Risikomanagement-Ressourcen einschließlich Verbesserungen bei der Risikoquantifizierung (63%) und bei versicherungsmathematischen und Bilanzierungstools (59%) erfordern. Es gibt jedoch deutlich unterschiedliche Ergebnisse zwischen Kontinentaleuropa und Großbritannien bei ihren jeweiligen Ansätzen im Hinblick auf Solvency II, was nicht überraschend ist angesichts der in Großbritannien geltenden ICAS-Bestimmungen:

  • Verbesserung der Risikoquantifizierung (76% Kontinentaleuropa, 41% Großbritannien)
  • Verbesserung der Risikosteuerung und -organisation (61% Kontinentaleuropa, 19% Großbritannien)
  • Verbesserung der Risikoidentifizierung (52% Kontinentaleuropa, 15% Großbritannien)

Britische Versicherer fühlen sich gut positioniert

"Britische Versicherungsunternehmen fühlen sich eindeutig besser positioniert aufgrund aufsichtsrechtlicher Änderungen, die von der FSA in Vorwegnahme von Solvency II eingeführt wurden. Ihr Schwerpunkt liegt mittlerweile auf der Entwicklung angemessener Instrumente, die an das neue Umfeld angepasst sind", betont Ian Farr, Principal. "Die erhöhte Risikosensitivität und Flexibilität von Solvency II wird Innovationen bei Produkten, Kapitalmanagement, Kapitalbeschaffung und Finanzierungsstrukturen vorantreiben."

Schwachstellen bei ERM

Während ERM in den letzten Jahren greifbare Fortschritte gemacht hat, gibt es immer noch einige Schwachstellen: Die meisten Befragten (77%) konzentrieren sich stark auf die Verbesserung der Risikomessungs- und Quantifizierungsverfahren, um ihre Gesamtanstrengungen im Bereich ERM auszuweiten, insbesondere in Großbritannien und Japan (95%). Die Befragten sind im Allgemeinen mit ihren derzeitigen Ressourcen in zahlreichen von ihnen als wichtig erachteten Bereichen des Risikomanagements nicht zufrieden. Sie betrachten ihre Fähigkeit, betriebliche Risiken zu quantifizieren und in Leistungsmessgrößen auszudrücken, als eindeutig unzureichend.  „Versicherungsunternehmen sind sich mittlerweile die potenziellen Auswirkungen eines einzelnen Ereignisses wie eines Sicherheitsverstoßes oder Systemfehlers auf ihre betrieblichen Prozesse sowie auf ihre Finanzsituation bewusst. Da Betriebsrisiken kompliziert und schwer quantifizierbar sein können, wird oft eine Szenarienanalyse angewandt, um aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen“, so Shimpi. „Wir erwarten, dass die Praktiken in der Modellierung von Betriebsrisiken und Managementpraktiken sich in den kommenden Jahren beständig verbessern werden.“

Economic Capital als entscheidendes ERM-Instrument

Die Untersuchung ergab außerdem, dass viele Versicherungsunternehmen dazu übergehen, ökonomisches Kapital (Economic Capital, EC) als Risikomanagement-Tool zu verwenden. Wie oben aufgeführt, führen nahezu zwei Drittel (65%) aller Befragten EC-Berechnungen durch und weitere 19% geben an, dass sie eine solche Berechnung in Betracht ziehen, was bedeutet, dass dieses Tool schon bald Standard sein wird. Die Verwendung von EC erreicht in Großbritannien bereits 99%, wo die FAS den Unternehmen die Durchführung einer individuellen Kapitalbewertung vorschreibt. Nahezu alle Befragten (89%) planen, weitere Verbesserungen ihrer EC-Modellierungsressourcen vorzunehmen.

Über die Studie

Der Bericht liefert detaillierte Ergebnisse über die internetbasierte Studie, die im Sommer 2006 unter den Chief Risk Officers, den Chief Financial Officers, den leitenden Versicherungsmathematikern und anderen höheren Führungskräften von mehr als 200 Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen weltweit durchgeführt wurde. 80 Prozent der Teilnehmer waren nahezu gleichmäßig aufgeteilt zwischen Nordamerika und Europa, mit weiteren 16% aus dem asiatisch-pazifischen Raum und 4% aus Lateinamerika.

 

Download: "Risk Management. Risk Opportunity. The 2006 Tillinghast ERM Survey"

 

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