Professionalisierung des Risikomanagements von Hedge Funds durch Marktdisziplin


Führende europäische Zentralbankvertreter haben sich für eine indirekte Regulierung von Hedgefonds stark gemacht und hierfür mehr Transparenz gefordert. Mehrere Mitglieder des Rats der Europäischen Zentralbank (EZB) sahen bei einer Konferenz der Banque de France zum Thema Hedgefonds in Washington eine stärkere Kontrolle der Beziehungen zu Banken und Wertpapierfirmen als effektivsten Weg zur Eindämmung von Risiken an, die dem Finanzsystem zum Beispiel aus einem plötzlichen Liquiditätsverlust mehrerer großer Hedgefonds drohen könnten. Der Präsident der Deutschen Bundesbank, Axel Weber (Bild), setzte sich bei der Veranstaltung am Rande der Frühjahrstagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank dafür ein, die Risiken der Hedgefondsindustrie durch verstärkte Offenlegung von Informationen gegenüber ihren Geschäftspartnern und die Vereinbarung "bester Verfahrensweisen" zu minimieren. Hieraus solle als Ziel ein freiwilliger Verhaltenskodex abgeleitet werden, forderte Weber. "Wahrscheinlich die wichtigste Verteidigungslinie zur Eindämmung potenzieller Stabilitätsrisiken ist angemessene Marktdisziplin, die ihrerseits eine ausreichende Transparenz der Hedgefonds voraussetzt", sagte Weber bei der Konferenz. "Was ich von diesem Prozess erwarte, den die deutsche G-7-Präsidentschaft angestoßen hat, ist eine Versicherung der Industrie gegen systemische Risiken in einem möglicherweise ungünstigeren Marktumfeld", hob er hervor. Der rein marktgetriebene Prozess habe bisher aber "nur einen begrenzten Fortschritt bei der Verbesserung der Transparenz gebracht".

Angemessenes Risikomanagement als Informationsvoraussetzung

Weber warf auch die Frage auf, wie man die Erfüllung der besten Verfahrensweisen überprüfe, und schlug hierfür die Entwicklung einer "gemeinsamen Benchmark" vor. Die zusätzliche Information, die besonders gegenüber den Prime Brokers offengelegt werden solle, sei nicht mit einem höheren Aufwand für die Industrie verbunden. "Davon ausgehend, dass ein angemessenes Risikomanagement betrieben wird, sollte es keine große Anforderung sein, Informationen zu erbitten", hob der Bundesbank-Präsident hervor. Er regte auch eine verbesserte Koordination der Aufsichtsbehörden an.

Der französische Notenbankpräsident Christian Noyer (Bild, Gouverneur de la Banque de France) stellte sich bei der Veranstaltung hinter die Idee eines Verhaltenskodex. "Ein Code of Conduct könnte absolut vereinbar mit einem Marktansatz sein", sagte er. In einem Konferenzpapier nannte er es eine "offene Frage", ob eine strengere Beaufsichtigung der Hedgefonds durch einen solchen Verhaltenskodex oder etwa durch einen Ratingprozess oder bindendere Regulierung eingeführt werde. "Die spezifische Rolle und Marktauswirkung von Hedgefonds kann das Potenzial für Marktmanipulation und Marktmissbrauch möglicherweise erhöhen", warnte der Präsident der Banque de France aber.

Das Hedgefonds-Thema bleibt auf der Tagesordnung

Der italienische Notenbankpräsident Mario Draghi (Bild) zeigte sich zurückhaltender, wandte sich jedoch auch nicht direkt gegen diesen deutschen Vorschlag. "Es ist sicher eine der Ideen, die diskutiert werden", sagte er und fügte an, es sei "nicht absolut sicher", dass die Industrie diese zurückweisen werde. "Die Idee, dass es einige unabhängig entwickelte Benchmarks gibt, könnte künftig eine realistische  Idee sein", sagte Draghi, der wie Weber und Noyer Mitglied des EZB-Rats ist. Als Vorsitzender des Forums für Finanzstabilität werde er den Finanzministern der Gruppe der sieben führenden Industrieländer (G-7) und Russlands bei deren Treffen am 18. und 19. Mai in Potsdam einen Bericht zu dem Thema vorlegen, bekräftigte Draghi. Die deutsche G-7-Präsidentschaft hatte einen solchen Bericht in Auftrag gegeben. Insgesamt sollten die Arbeiten zu dem Themenkomplex bis zum Jahresende abgeschlossen sein, kündigte der Gouverneur der Banca d'Italia an. Deutschland hatte sich in Washington bereits im Vorfeld der Tagung trotz kritischer Einschätzungen in anderen führenden Industrieländern erneut für sein Vorhaben stark gemacht, strengere Regeln für internationale Hedgefonds aufzustellen. "Das Thema bleibt wichtig, es bleibt auf der Tagesordnung und wird von Deutschland vorangetrieben", hatte Finanzstaatssekretär Thomas Mirow zuletzt in Washington gesagt. Auch in der Industrie würden zunehmend Risiken gesehen, angesichts einer starken Neigung von Banken, hohe Beträge herauszugeben,  um mit den Hedgefonds zu kooperieren, und dieses Risiko zu verbriefen.

Investmentvehikel für internationales Finanzsystem

Der IWF hat sich allerdings generell gegen Bestrebungen nach einer stärkeren internationalen Regulierung von Hedgefonds gewandt. "Wir sind nicht für mehr Regulierung von Hedgefonds", hatte IWF-Chefvolkswirt Simon Johnson in Washington gesagt. Offensichtlich bestehende Besorgnisse über die Folgen von Kreditaufnahmen von Hedgefonds auf Banken würden aber überprüft. Weitere Gespräche der G-7 am Sonntagnachmittag mit Marktteilnehmern, Hedgefonds-Managern und Brokern sollen der Vorbereitung des Treffens der G-7 und Russlands (G-8) in Potsdam dienen, bei dem über Kontrollen für Hedgefonds beraten werden soll. Das Thema steht auch auf der Agenda des G-8-Gipfels Anfang Juni in Heiligendamm. Deutschland rechnet nach früheren Angaben dieses Jahr noch nicht mit einer Verständigung zu den Regeln für Hedgefonds. Schon Mitte Februar hatten die G-7-Finanzminister und -Notenbankgouverneure bei einem Treffen in Essen vor den Risiken gewarnt, die dem internationalen Finanzsystem aus der weltweiten Tätigkeit von Hedgefonds drohen, zugleich aber der Nutzen betont, den diese Investmentvehikel dem internationalen Finanzsystem bringen. In einem in Essen debattierten Diskussionspapier hatte es geheißen, die G-7 strebten keine direkte Regulierung von Hedgefonds an.

[Bildquelle: Banque de France, Bundesbank, Banca d'Italia] 

 

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