Reform der internationalen Finanzordnung

Prävention systemischer Risiken


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Über die Ursachen der Finanzkrise gibt es längst tief greifende Analysen. Klar ist, es gibt nicht die eine Ursache, die erklären kann, wie es zu dieser schweren Finanzkrise kommen konnte. Vielmehr war es ein ganzes Bündel von Ursachen, die zusammenwirkten. Unzulänglichkeiten in der Mikroökonomik der Finanzmärkte paarten sich mit Schwächen in der Regulierungspraxis und wirtschaftspolitischen Fehlentwicklungen, auch aber nicht nur in der Geldpolitik. Zu den mikroökonomischen Unzulänglichkeiten gehören mit Sicherheit die Schwächen im Verbriefungsprozess.

Erinnern wir uns: Die Krise begann im Subprime-Segment des US-amerikanischen Immobilienmarktes. In einem makroökonomischen Umfeld, in dem Liquidität sehr reichlich vorhanden war, kam es auf den Kreditmärkten zu gefährlichen Auswüchsen. So wurden die Vergabestandards bei Immobilienkrediten zunehmend laxer, und der Hypothekenmarkt für Schuldner zweitklassiger Bonität explodierte förmlich. Das ging so lange gut, wie die Zinsen niedrig waren und die Häuserpreise weiter anstiegen. Steigende Ausfallquoten auf dem Subprime-Hypothekenmarkt waren bereits seit 2005 zu verzeichnen. Zu einem Überschwappen auf andere Finanzmarktsegmente kam es indes erst im Sommer 2007, als das Vertrauen der Marktteilnehmer in die Werthaltigkeit der strukturierten Wertpapiere, in denen die zunehmend problembehafteten Kredite verpackt waren, rapide schwand. Ohne den lukrativen Prozess des Verbriefens und Wiederverbriefens von Immobilienkrediten wäre es indessen gar nicht zu dem enormen Zuwachs bei den Subprime-Krediten gekommen, und die Immobilienkrise wäre vermutlich regional beschränkt geblieben. Durch den über Verbriefungen ermöglichten Risikotransfer zeigte sich aber nach und nach, dass auch europäische und gerade deutsche Finanzinstitute in diese Wertpapiere investiert hatten. Bei den betroffenen Verbriefungstranchen handelte es sich um äußerst komplexe Finanzprodukte, deren Risikostruktur für Investoren zu häufig schwer zu durchschauen war.

Investitionsentscheidungen beruhten daher maßgeblich auf den Urteilen von Ratingagenturen. Als es dann im Sommer 2007 mit den massiven Ratingherabstufungen losging, dauerte es nicht lange, bis der Markt für strukturierte Wertpapiere austrocknete und die Störungen auf andere Bereiche des Finanzsystems übergriffen, insbesondere den Markt für forderungsbesicherte Geldmarktpapiere (Asset-Backed Commercial Paper) und den Interbankengeldmarkt. Was hat das alles mit Pfandbriefen zu tun? Die massiven Abschreibungen auf die strukturierten Hypothekenprodukte verdeutlichten schmerzhaft, dass Mortgage Backed Securities, CDOs usw. keine Ähnlichkeit mit Pfandbriefen haben, ja sogar bei genauerem Hinsehen sehr deutliche Unterschiede aufweisen. Sicher, in beiden Fällen werden Kredite als Sicherheiten für Wertpapieremissionen verwendet. Beide dienen der Refinanzierung der Kredite. Damit enden aber auch die wesentlichen Gemeinsamkeiten. Die Emission von Pfandbriefen wird bekanntlich von der Bankenaufsicht streng überwacht und Pfandbriefe sind aufgrund der gesetzlichen Regelungen wesentlich standardisierter, das heißt auch transparenter. So ist zum Beispiel die Deckungsfähigkeit der Vermögenswerte eng definiert. Bei den Verbriefungsprodukten dominieren dagegen individuelle vertragliche Vereinbarungen. Die Absicherung der Vermögenswerte ist deutlich schlechter.

Ein weiterer bedeutsamer Unterschied ergibt sich aus der üblichen Tranchierung bei den Kreditverbriefungen, dem Kaskadenprinzip bei der Verlustverteilung. Hier machte die Finanzkrise schmerzhaft bewusst, dass auch die sog. Senior-Tranchen sehr sensitiv auf steigende und zudem korrelierte Ausfallraten reagieren. Die von den Ratingagenturen vergebenen Bestnoten erwiesen sich mithin als trügerisch, zumal sie Unterschiede im Risikoprofil zwischen strukturierten Wertpapieren und klassischen Anleihen nicht verdeutlichten. Der Sachverständigenrat beschrieb den Verbriefungsprozess einmal mit dem Vergleich "aus Landwein wird Qualitätswein". Man könnte hinzufügen, die Ratingagenturen haben daraus Qualitätswein mit Prädikat gemacht. Ein weiterer Punkt ist, dass Verbriefungspapiere gezielt dazu genutzt wurden, Bilanzen zu entlasten. Während Pfandbriefe von den Pfandbriefbanken selbst emittiert werden und die registrierten Deckungswerte auf ihrer Bilanz bleiben, wurden die Verbriefungspapiere von außerbilanziellen Zweckgesellschaften emittiert, für die kein Eigenkapital vorgehalten werden musste, da es sich ja formal nicht um Banken handelt.

Die Verbriefung von Kreditrisiken ist durch die Finanzkrise sicherlich in Verruf geraten. Das ändert jedoch nichts daran, dass sie im Grundsatz eine sinnvolle Sache ist, sofern die Anreizmechanismen richtig funktionieren. Eine Wiederbelebung des Verbriefungsmarktes in Deutschland wäre daher zu begrüßen. Ordnungspolitische Bedenken bestehen allerdings gegenüber Ideen, den Verbriefungsmarkt mittels aktiver Stützungsmaßnahmen in Schwung bringen zu wollen. Sinnvoller als staatliche Garantieerklärungen für Finanzprodukte, denen die Anleger nicht mehr hinreichend vertrauen, wäre es – dem Beispiel des Pfandbriefs folgend – einheitliche Qualitätsstandards sowie transparentere Produkte zu schaffen. Zu den ersten Konsequenzen, die als Lehren aus der Krise bezeichnet werden können, gehörte es demzufolge auch, Unzulänglichkeiten im Bereich der Verbriefung von Kreditrisiken zu beseitigen. Es wurden bereits entsprechende Änderungen von Basel II beschlossen, so dass in Zukunft eine höhere Eigenkapitalunterlegung von Wieder-Verbriefungen, Liquiditätszusagen gegenüber außerbilanziellen Zweckgesellschaften und Verbriefungsprodukte im Handelsbuch notwendig sein wird.

Verschärfung der Krise

Die deutlichen Unterschiede zwischen Verbriefungsprodukten und Pfandbriefen konnten nicht verhindern, dass der Pfandbriefmarkt mit dem Ausbruch der Finanzmarktturbulenzen gewissermaßen in Kollektivhaftung genommen wurde. Deswegen kam es schon im Sommer 2007 zu einem deutlichen Anstieg der Renditespreads von Pfandbriefen gegenüber Bundesanleihen. Mit der Verschärfung der Finanzkrise im Herbst 2008 stiegen die Spreads nochmals kräftig an. Auch gerieten die gedeckten Bankschuldverschreibungen in den allgemeinen Strudel der Flucht aus dem Risiko und des Austrocknens von Liquidität. In der Spitze stieg der Aufschlag für 10-jährige Pfandbriefe gegenüber Bundesanleihen im April 2009 auf über 120 Basispunkte. Bei spanischen Cedulas, die zum breiten Segment der Covered Bonds gehören, stieg der Zinsspread sogar auf etwa 190 Basispunkte. Auf einen deutlichen Rückgang der Marktliquidität deuten Geld-Brief-Spannen (Bid-Ask-Spreads) hin, die die Differenz zwischen An- und Verkaufskursen messen. Vor den Marktturbulenzen, im ersten Quartal 2007, lagen die Bid-Ask-Spreads deutscher Pfandbriefe ebenso wie die von spanischen Cedulas (jeweils im Jumbo-Segment, das heißt mit einem Emissionsvolumen von über 1 Mrd. Euro) bei etwa 0,8 Basispunkten. Im ersten Quartal 2009 lagen die (gemessenen) Bid-Ask-Spreads deutscher Pfandbriefe etwa doppelt so hoch, die der spanischen Jumbo-Anleihen sogar fast sechs Mal höher als vor der Krise. Gleichwohl blieb der deutsche Pfandbriefmarkt auch während der Krise durchweg der liquideste Markt für Covered Bonds. Eine besonders schwere Erschütterung des deutschen Pfandbriefmarkts mit seinem Volumen von über 800 Mrd. Euro drohte im Herbst 2008 aus der Schieflage der Hypo Real Estate, einem der wichtigsten Akteure am Pfandbriefmarkt. In diese Schieflage geriet die HRE-Gruppe bezeichnenderweise nicht durch das Pfandbriefgeschäft, sondern vor allem durch eine extrem ausgeprägte Fristentransformation bei der Refinanzierung von Staatsfinanzierungen seitens der irischen Tochter. Meines Erachtens war die Rettung der HRE alternativlos, denn gerade einmal zwei Wochen nach dem Fall von Lehman Brothers hätte der Zusammenbruch eines weiteren systemrelevanten Instituts zu schwersten Verwerfungen innerhalb des deutschen Finanzsystems geführt, und eine nochmalige Verschärfung der globalen Finanzkrise wäre die Folge gewesen.

Bewältigung der Krise und Konjunktureinbruch

Mit den Stabilisierungsmaßnahmen für die HRE begann in Deutschland quasi die Bewältigung der Finanzkrise. Es folgte die Einrichtung des Finanzmarktstabilisierungsfonds SoFFin, mit dessen Instrumentarium Banken mit Liquiditäts- und/oder Solvenzproblemen systematisch geholfen werden kann. Nicht zu vergessen sind die Stützungsmaßnahmen einzelner Bundesländer für ihre Landesbanken. Insgesamt hat der Staat, und das gilt ja nicht nur für Deutschland, massive Risiken auf sich genommen, um das Finanzsystem zu stabilisieren. Der Staat schenkt den Banken aber auch nichts, schon gar nicht den Eigentümern der Banken, wie das Beispiel HRE einprägsam belegt. Dies ist auch eine Erklärung dafür, dass die Instrumente, die dem SoFFin zur Verfügung stehen, nur zögerlich in Anspruch genommen werden. Mehr als ein Jahr nach Auflegung des SoFFin ist jedoch noch einmal daran zu erinnern, dass die Finanzmarktstabilisierung auch dem Ziel dient, die Versorgung der Realwirtschaft mit Krediten zu sichern. Die Gewährleistung des Zugangs grundsätzlich solventer und solider Unternehmen zu Bankkrediten ist nicht nur im gesamtwirtschaftlichen Interesse, sondern nutzt letztlich mit Blick auf die Festigung der Kundenbeziehungen für die Zeit nach der Krise auch den Banken selbst. Insofern gilt weiterhin die Aufforderung an Finanzinstitute mit hohen Beständen an toxischen Aktiva und dünnen Eigenkapitaldecken, die staatlichen Rekapitalisierungs- und Auslagerungsangebote zu nutzen.

Die Stützungsmaßnahmen für den Finanzsektor sind neben der extrem expansiven Geldpolitik ein wichtiger Grund dafür, dass sich die Situation an den internationalen Finanzmärkten seit dem Frühjahr merklich entspannt hat. Sie haben einen maßgeblichen Beitrag zur allmählichen Rückkehr des Vertrauens geleistet. Dies kam auch der Realwirtschaft zugute. Nach der Verschärfung der Finanzkrise im Herbst 2008 übertrugen sich die Probleme auf den Finanzmärkten geradezu schockartig auf die Realwirtschaft. Nahezu simultan brach in sämtlichen Industrie- und Schwellenländern die Konjunktur ein. Deutschland wurde in besonderem Maße von der beispiellosen Kontraktion des Welthandels getroffen. Als deren Hauptursachen werden der starke Nachfragerückgang nach handelbaren Gütern im Gefolge des Vertrauensschocks in Verbindung mit der stark gewachsenen Bedeutung internationaler Lieferketten sowie Schwierigkeiten bei der Außenhandelsfinanzierung gesehen. Der scharfe Einbruch im Winterhalbjahr hat dazu geführt, dass Deutschland in diesem Jahr den mit Abstand kräftigsten BIP-Rückgang der Nachkriegszeit verkraften muss. Bereits im zweiten Quartal 2009 konnte jedoch mit 0,4 % wieder ein leichter Anstieg des BIP gegenüber dem ersten Quartal verzeichnet werden. Im dritten Quartal hat sich die Erholung weiter beschleunigt, das BIP stieg (saison- und kalenderbereinigt) um 0,7 %. Auch im Euro-Raum war im dritten Quartal mit 0,4 % wieder positives Wachstum zu verzeichnen.

Expansive Fiskal- und Geldpolitik

Als maßgebliche Ursache für den Stopp des freien Falls und den Beginn einer leichten Erholung ist die extrem expansive Ausrichtung von Fiskalpolitik und Geldpolitik zu sehen. Diskretionäre Konjunkturprogramme und automatische Stabilisatoren gaben und geben einen kräftigen fiskalischen Impuls, der zur Stabilisierung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage beiträgt. Die Kehrseite ist indes ein starker und rascher Anstieg der staatlichen Verschuldung. Nebenbei bemerkt: Den seit Ende der neunziger Jahre zu beobachtenden Abwärtstrend bei den öffentlichen Pfandbriefen vermag auch der enorme Anstieg der Netto-Neuverschuldung nicht umzukehren, zumal sich die öffentliche Hand auch unterhalb der Bundesebene in zunehmendem Maße direkt am Kapitalmarkt verschuldet. In dieser Hinsicht bemerkenswert ist übrigens, dass sich die Brutto-Emission von Hypothekenpfandbriefen (auf Basis gleitender Zwölfmonatsdurchschnitte) seit Juli dieses Jahres erstmals seit 1966 vor das Emissionsvolumen von öffentlichen Pfandbriefen geschoben hat. Klar ist, dass sich die Finanzpolitik, sobald sich die konjunkturelle Erholung gefestigt hat, auf den Pfad der Konsolidierung begeben muss. Deutschland sollte sich das Ziel setzen, schon 2012 das Defizitkriterium von 3% wieder einzuhalten, denn dies ist wegen der günstigeren Ausgangslage durchaus machbar. Deutschland hat hier eine wichtige Vorbildfunktion für die anderen Euro-Länder, die zum Teil deutlich anspruchsvollere Konsolidierungsaufgaben vor sich haben.

Die enorm wachsenden Schuldenberge sind auf Dauer nicht nur eine Belastung für die Kapitalmärkte, sie stellen auch ein Gefahrenpotenzial für die stabilitätsorientierte Geldpolitik dar. Hierzu muss man sich nur vor Augen halten, dass die Schuldenstandsquote des Euro-Raums im Jahre 2011 gemäß den Schätzungen der EU-Kommission bei über 88 % des BIP liegen wird und somit um ein Drittel höher als im Jahr 2007 (66 %). Ein Anstieg des Kapitalmarktzinsniveaus hat damit (langfristig) auch einen um ein Drittel kräftigeren Anstieg der Zinsausgaben zur Folge. Angesichts der ohnehin schon hohen Zinsbelastungen in den öffentlichen Haushalten ist deswegen davon auszugehen, dass der politische Druck auf das Eurosystem in den nächsten Jahren deutlich zunehmen wird. Der EZB-Rat hat nach beinahe elf Jahren gemeinsamer Geldpolitik hinreichend unter Beweis gestellt, dem Primärziel Gewährung von Preisstabilität glaubwürdig verpflichtet zu sein.

Das elfte Jahr der gemeinsamen Geldpolitik war mit Sicherheit das bislang herausforderndste. Das Eurosystem hat mit kräftigen Leitzinssenkungen auf ein historisch niedriges Niveau und einer Reihe von unkonventionellen Maßnahmen auf die Schwere der Wirtschafts- und Finanzkrise reagiert. In der operativen Geldpolitik haben wir einige Modifikationen vorgenommen, um dem Austrocknen  des Interbankengeldmarkts entgegenzuwirken. Wir haben bei den geldpolitischen Refinanzierungsgeschäften auf die Vollzuteilung aller Gebote umgestellt, zusätzliche langfristige Geschäfte hinsichtlich Frequenz und Fristigkeit eingeführt, Geschäfte in Fremdwährung angeboten und die Bonitätsanforderungen für notenbankfähige Sicherheiten gelockert. Das Eurosystem rückte so in die Rolle des zentralen Intermediärs am Geldmarkt, aus der es sich zweifelsohne wieder zurückziehen muss – schrittweise und geordnet, zumal die absehbare Erholung der Finanzmärkte dies zunehmend zulässt. Bei der Ausrichtung unserer Politik zur Unterstützung der Kreditvergabe stand für uns stets das Prinzip im Vordergrund, die überragende Bedeutung von Banken im Finanzierungssystem des Euro-Raums zu berücksichtigen. Dies gilt auch für die – von Ihnen womöglich am meisten beachtete – Entscheidung zum Ankauf von Covered Bonds.

Covered Bonds-Ankaufprogramm

Covered Bonds sind zwar Kapitalmarktinstrumente, werden aber vor allem von Banken zu ihrer Refinanzierung emittiert. Daraus ergibt sich ihre Wichtigkeit für den Kreditfluss in der Realwirtschaft. Wie bereits erwähnt, waren im Zuge der Verschärfung der Finanzkrise deutlich steigende Risikoprämien und eine merklich sinkende Liquidität im Handel zu verzeichnen. Zudem kam die Emissionsaktivität bei Covered Bonds, insbesondere im Jumbo-Segment, beinahe zum Erliegen. Eine gewisse Rolle spielte hierbei sicher auch die zeitweilige Konkurrenz auf dem Kapitalmarkt in Gestalt von staatlich garantierten Bankschuldverschreibungen. Vor diesem Hintergrund beschloss der EZB-Rat im Frühjahr, in Euro denominierte und im Euro-Raum emittierte Covered Bonds sukzessiv bis zu einem angestrebten Nominalvolumen von 60 Mrd. Euro bis Juni 2010 zu erwerben. Die Gesamtsumme der bislang getätigten Ankäufe beläuft sich derzeit auf etwa 25 Mrd. Euro. Erklärte Absicht hinter dem Programm war, (a) den anhaltenden Rückgang der Geldmarktzinsen zu fördern, (b) die Finanzierungskonditionen für Kreditinstitute und Unternehmen zu lockern, (c) die Kreditinstitute zu ermutigen, die Kreditgewährung an Kunden aufrechtzuerhalten und auszuweiten sowie (d) die Marktliquidität in wichtigen Segmenten des Marktes für private Schuldverschreibungen zu verbessern. Das Ankaufprogramm hat sich sicherlich positiv auf den Covered Bonds-Markt ausgewirkt. Schon nach seiner Ankündigung im Mai und noch bevor konkrete Details bekannt gegeben wurden, konnte ein kräftiger Rückgang der Renditespreads vor allem im langfristigen Bereich beobachtet werden, der sich mit dem Beginn der Käufe im Juli nochmals beschleunigte. Das Programm unterstützte somit die bereits erkennbare Erholung der Märkte, die sich in steigendem Risikoappetit ausdrückte. Mittlerweile haben die Covered Bond-Spreads wieder ein "Vor-Lehman"-Niveau erreicht und bewegen sich seit einigen Monaten tendenziell seitwärts bis leicht aufwärts (Cedulas). Spürbare Auswirkungen hatte das Programm auch auf die Aktivität am Primärmarkt. So war das Emissionsvolumen nach der Ankündigung im Mai geradezu sprunghaft angestiegen. Dabei kamen nicht nur neue Emittenten, sondern auch neue Herkunftsländer hinzu. Die letzte Septemberwoche war sogar die emissionsstärkste Covered Bond-Woche überhaupt. Mittlerweile zeichnet sich wieder eine gewisse Beruhigung ab, der Trend zu massiv überzeichneten Orderbüchern scheint vorläufig gestoppt zu sein.

Eine breit angelegte Verbesserung der Marktliquidität konnte mit dem Covered Bonds-Ankaufprogramm bislang allerdings nicht erzielt werden. Darauf deuten neben qualitativen Beobachtungen auch die zuletzt zwar offenbar leicht rückläufigen, jedoch anhaltend hohen Bid-Ask-Spreads hin. Die Krise sollte freilich bewusst gemacht haben, dass auch Pfandbriefe letztlich nicht die gleiche Liquidität wie Bundesanleihen haben können. Ein permanentes Market Making, also kontinuierliches Stellen von Geld- und Briefkursen scheint in turbulenten Marktphasen nur eingeschränkt zu gewährleisten zu sein. Nachdem mehr als ein Drittel der geplanten Käufe des Eurosystems durchgeführt worden ist, kann man dennoch ein positives Zwischenfazit für das Ankaufprogramm ziehen. Dabei war es die richtige Entscheidung, sich mit einem begrenzten Finanzvolumen speziell in diesem Finanzmarktsegment zu engagieren. Das Eurosystem verfolgt mit dem Ankaufprogramm keine gezielte Marktstrukturpolitik. Es begünstigt aber die Fortentwicklung des europäischen Covered Bond-Marktes, was im Sinne der europäischen Finanzintegration zu begrüßen ist. Pfandbriefe und Covered Bonds haben sich jedenfalls auch in der Krise als hochwertige Finanzinstrumente bewährt. Sie werden auch zunehmend in angelsächsischen Ländern wahrgenommen, als Alternative zu anderen Finanzinstrumenten im Hypothekenbereich, mit denen schlechtere Erfahrungen gemacht wurden.

Ausblick

Was vor mehr als zwei Jahren als Subprime-Krise in den USA begonnen hatte, entwickelte sich zur weltumspannenden Finanz- und Wirtschaftskrise. Dank massiver wirtschaftspolitischer Intervention konnte der Absturz gebremst und gestoppt werden. Vom Ende der Krise spreche ich aber noch nicht, auch wenn sich der konjunkturelle Ausblick deutlich aufgehellt und der Zustand der Finanzmärkte weiter normalisiert hat. Der Patient hat die Intensivstation verlassen, aber das Immunsystem ist noch geschwächt. Rückschläge sind daher nicht auszuschließen. Die Immunkräfte sind nun weiter zu stärken. Es ist aber auch auf die Prävention zu achten. Dazu muss die Reform der internationalen Finanzordnung vorangetrieben werden, um das Finanzsystem stabiler und widerstandsfähiger zu machen. Das Regelwerk für die Finanzmärkte muss ebenso wie die Geldpolitik Risiken für die Systemstabilität stärker in den Blick nehmen. Und die Institutionen auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene müssen darauf ausgerichtet werden, die systemischen Risiken besser zu erfassen. Eine Reihe von "Präventionsmaßnahmen" wurde bereits auf den Weg gebracht. Aber es bleibt noch viel zu tun. Prävention heißt aber auch, mehr Sorgfalt walten zu lassen und die Transparenz der Finanzprodukte zu verbessern. In dieser Hinsicht ist es nicht übertrieben, dem Pfandbriefmarkt in gewisser Weise Vorbildcharakter zuzuschreiben. Damit hat gerade dieses Finanzmarktsegment, obwohl ebenfalls von der Finanzkrise belastet, eine gute Ausgangsposition für die Zukunft.


Autor: Professor Dr. Axel A. Weber ist Präsident der Deutschen Bundesbank. Der Beitrag entspricht der Rede des Autors beim Jahresempfang des Verbands Deutscher Pfandbriefbanken am 26. November 2009 in Berlin.

[Bildquelle: iStockPhoto]

Kommentare zu diesem Beitrag

oekoek68 /04.12.2009 07:12
Neben den vielfach diskutierten regulatorischen Fragen (und deren Umsetzung in der Praxis) gibt es doch ein strukturelles Problem: Die Banken sind so groß geworden dass die meisten von ihnen systemrelevant sind. Ein Zurück zu vielen kleinen, von einander unabhängigen Banken (Risikodiversifikation) gibt es kaum noch.

Umgekehrt ist das klassiche Bankgeschäft von so engen Margen geprägt dass ausgerechnet die großen Banken mit ihren überzeugenen ROE-Anforderungen (EK-Rendite) nach immer exotischeren und riskanteren Geschäftsalternativen Ausschau halten.

Beides, Größenkonzentration und Geschäftsmodell, lässt sich in einer Marktwirtschaft regulatorisch nicht spürbar ändern.... Die aktuelle Wundversorgung der Aufsicht wird daher zukünftige Krisen nicht dieser Art nicht verhindern können. Im Gegenteil, mit der zunehmenden Globalisierung und weltweiten Vernetzung werden sich solche Krisen häufiger zeigen als in den vergangenen hundert Jahren!
mmk /04.12.2009 07:33
Hatte Größe unbedingt was mit Systemrelevanz zu tun? Was ist mit der IKB und der HRE? Waren die groß? Sind die systemrelevant? Hängt die Systemrelevanz nicht viel stärker mit dem Geschäftsmodell zusammen? Auch der Hedgefonds LTCM war zunächst klein und doch systemrelevant ;-(
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