Large Language Models

KI in Banken birgt disruptives Potenzial


Large Language Models: KI in Banken birgt disruptives Potenzial Studie

ChatGPT & Co. verändern die Welt der Finanzdienstleister grundlegend. Im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz müssen die Institute daher lieb gewonnene Traditionen über Bord werfen und eine offensive Digitalisierungsstrategie verfolgen.

KI-Anwendungen werden im Bankensektor voraussichtlich eine immer größere Rolle spielen. Insbesondere Large Language Models (LLM) wie ChatGPT bekommen aktuell besonders viel Aufmerksamkeit. In einer gemeinsamen Studie der Unternehmensberatung Cofinpro und der VÖB-Service GmbH geben acht von zehn Finanzexperten an, dass neue Sprachmodelle ein hohes bis sehr hohes disruptives Potenzial haben. Die Branche steht also vor großen Umwälzungen. Darauf sollte sie sich jetzt einstellen, statt Chancen zu verpassen. 

Die Branchenexperten wünschen sich daher einen offensiveren und mutigeren Umgang mit Zukunftsthemen wie KI. So stimmen 87 Prozent der Aussage zu, dass sich Banken zu einer lernenden Organisation entwickeln sollten, anstatt vorrangig auf Effizienz zu achten. Dazu gehört auch, den Werkzeugkasten im laufenden Betrieb um KI zu erweitern, statt sie nur in Innovationsabteilungen zu verproben. Obwohl Effizienzsteigerungen im ureigenen Interesse der Banken als Unternehmen liegen, sollte der Fokus für die langfristige Strategie breiter gesetzt sein. Aspekte wie die Neupositionierung für nachwachsende Kundengenerationen dürfen nicht vernachlässigt werden.

Risiken für die Bank minimieren

Dabei ist nicht jede KI-Anwendung aus dem neuen Werkzeugkasten für beliebige Anwendungsfälle passend. Insbesondere für Sprachmodelle wie ChatGPT empfehlen die Bankexperten den Einsatz im Kundenservice (85 Prozent), im Marketing (71 Prozent) und im Personalmanagement (42 Prozent). Zwar gibt es noch Herausforderungen bei der Validierung der Antworten, aber der bereits erreichte Reifegrad ist beachtlich. Ein Manko der Technologie: KI-generierte Antworten suggerieren einen 100-prozentigen Wahrheitsgehalt und haben eine hohe Überzeugungskraft. Bei statistischen Modellen, wie es bei ChatGPT der Fall ist, ist eine gewisse Fehlerquote eben Teil der Statistik. Daraus folgt für die Bank: KI kann dem Bankberater zunächst nur als "Zulieferer" dienen, also Informationen sichten, zusammenstellen, analysieren und aufbereiten. Die eigentliche Entscheidungsgewalt liegt aber auf absehbare Zeit beim Menschen.

So könnte in Zukunft eine KI noch während des Beratungstermins das Gespräch in Echtzeit analysieren, um Hinweise, Anlagealternativen oder auch Hintergrundinformationen einzubringen. Der Berater hätte damit einen digitalen Kollegen an seiner Seite, der über alle Anlageprodukte und Risikoklassifizierungen Bescheid weiß. Damit kann das optimale Portfolio für den Kunden zusammengestellt werden. Aber auch andere begleitende Informationsmaterialien wie die Briefingmappe oder Ergänzungen zum Beratungsprotokoll lassen sich mit Hilfe von KI in Sekundenschnelle auf Knopfdruck erstellen.

Das Potenzial liegt in den Daten

Überall dort, wo viel Feedback und Text generiert wird, können Anwendungen wie ChatGPT als Effizienztreiber und Beschleuniger wirken. Das größte Potenzial der digitalen Helfer liegt jedoch im Maschinenraum der Bank. Denn die größte Stärke von KI liegt in der Entscheidungsunterstützung bei großen Datenmengen. Wenn es darum geht, Muster zu erkennen, Unregelmäßigkeiten zu markieren oder Prognosen zu erstellen, übertreffen die Fähigkeiten der Maschine die des Menschen bei weitem – sofern ein menschlicher Experte weiterhin die Entscheidung trifft.

Zudem haben Banken auf diesem Gebiet aufgrund ihres Geschäftsmodells einen historischen Vorteil. Denn der Umgang mit großen Datenmengen zur Betrugserkennung oder Bonitätsprüfung gehört ebenso zu den Kernkompetenzen der Finanzindustrie wie die Informationsverarbeitung für Prognosen und Simulationen im Investmentbereich. Insofern verfügen die Institute hier über deutlich mehr Erfahrungswerte als beispielsweise bei dem Metaverse-Trend.

Noch zu wenig Erfahrung mit ML

Doch gerade bei der geschäftsunterstützenden Auswertung von Daten haben die Banken noch Verbesserungspotenzial. So gibt nur etwas mehr als die Hälfte der Befragten an, bereits mit Machine Learning (ML) zu arbeiten. Und von dieser Teilgruppe haben 57 Prozent diese Technologie unter anderem zur Automatisierung von Prozessen eingesetzt, 31 Prozent zur Trendvorhersage etwa im Anlagebereich, 30 Prozent zur Betrugserkennung und 28 Prozent im Kundenservice. Immerhin: Die dabei gemachten Erfahrungen waren bei 70 Prozent der Umfrageteilnehmer gut bis sehr gut.

Insofern ist es erstaunlich, dass die Banken einerseits über die Jahre einen Berg an wertvollen Informationen angehäuft haben, andererseits aber das Potenzial dieser Daten nicht voll ausschöpfen. Sicherlich fällt es anderen Branchen wie den Tech-Unternehmen leichter, Insights und Geschäftsmodelle aus Daten abzuleiten, aber die Finanzbranche kann sich nicht ausschließlich hinter datenschutzrechtlichen Bestimmungen verstecken. So nennen die Befragten schlechte Datenqualität (62 Prozent) als Hauptgrund für Probleme bei ML-Projekten im eigenen Haus. Es folgen: fehlendes Know-how (43 Prozent) und erst dann Einschränkungen durch regulatorische Anforderungen (41 Prozent).

Abb. 01: Hürden bei der Umsetzung von KI in der Praxis [Mehrfachantworten möglich | nur teilnehmende Unternehmen, die bereits mit KI arbeiten]Abb. 01: Hürden bei der Umsetzung von KI in der Praxis [Mehrfachantworten möglich | nur teilnehmende Unternehmen, die bereits mit KI arbeiten]

Banken haben nicht zuletzt aufgrund ihrer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rolle eine besondere Verantwortung und dürfen sich nicht dem Risiko aussetzen, sensible Daten leichtfertig auszuwerten. Dennoch bieten sich der Branche genügend potenzielle Anwendungsfälle, um neue Technologien im Rahmen der regulatorischen Möglichkeiten und der gesellschaftlichen Akzeptanz zu nutzen. Denn bei aller Vorsicht müssen sich die Banken auch ihrer Marktposition gegenüber neuen Wettbewerbern bewusst sein. Wenn KI künftig ein wichtiger Bestandteil der Finanzbranche ist, fährt der Zug jetzt gerade ab. Allerhöchste Zeit, den Anschluss nicht zu verpassen.

Über die Studie: 
Die von Cofinpro herausgegebene Studie "Künstliche Intelligenz in Banken" wurde im März 2023 in Zusammenarbeit mit der VÖB-Service GmbH durchgeführt. 382 Experten von Finanzdienstleistern, davon mehr als die Hälfte Führungskräfte, haben an der Befragung teilgenommen.

Autor:
Michael Heck | Senior Manager | Cofinpro​​​​​​​
Michael Heck

Senior Manager 
Cofinpro

 

[ Bildquelle Titelbild: Adobe Stock.com / Daniel CHETRONI ]
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