Kommentar

(James) Bond jagt Dr. No


(James) Bond jagt Dr. No News

1962 betrat der Geheimagent seiner Majestät Bond, James Bond, in London erstmals die Weltbühne. An der Seite von Bond-Girl Ursula Andress legte Sean Connery den Grundstein für eine bis heute anhaltende, beispiellose Erfolgsserie. Mit Daniel Craig in der Hauptrolle konnte der letzte Bond-Streifen sogar alle bisherigen Besucherrekorde brechen. Und auch die englische Queen nutzt die Beliebtheit ihres Top-Agenten, um der Popularität des Königshauses etwas nachzuhelfen. Während James Bond aber die Welt von größenwahnsinnigen Schurken befreit und so kein Zweifel an der Rollenverteilung von Gut und Böse besteht, fällt den Kapitalmarktteilnehmern diese Unterscheidung derzeit alles andere als einfach.

Denn innerhalb kürzester Zeit wandelte sich die amerikanische Notenbank vom besten Freund der Investoren zu deren größtem Gegner. Anlässlich einer Kongressanhörung in Washington am 22. Mai ließ der, für seine monetäre Freizügigkeit als Helikopter-Ben bekannte Vorsteher der amerikanischen Notenbank, Ben Bernanke, durchblicken, dass es mit dem unbefristeten Ankauf von Hypotheken demnächst vorbei sei. Da bei dem Programm der amerikanische Immobilienmarkt jeden Monat mit einem Betrag von immerhin USD 85 Mrd. unterstützt wird, wurden "Dr. No" Bernankes Äußerungen umgehend als Anfang vom Ende der ultralockeren Geldpolitik ausgelegt. Befürchtungen, dass die Fed bereits die Zinswende eingeleitet haben könnte, lasteten jedoch nicht nur auf den Anleihen: Auch Aktien, Credit Spreads und Rohstoffe büßten zunächst deutlich an Wert ein, konnten sich aber zuletzt wieder erholen.

Abb. 01: Der "Taper"-Effekt (Quelle: Bloomberg)
Abb. 01: Der "Taper"-Effekt (Quelle: Bloomberg)

Da noch vor wenigen Wochen jeder Konjunkturindikator bzw. jede Arbeitslosenzahl sowohl bei Aktien als auch Renten einen willkommenen Vorwand für steigende Kurse lieferten, setzt nun ein Paradigmenwechsel ein. Zuvor galt, dass eine wirtschaftliche Erholung positiv für die Unternehmen und damit deren Kapitalgeber sei, während ein Ausbleiben des Aufschwungs die Zentralbanken zur Fortsetzung der bisherigen geldpolitischen Unterstützungsmaßnahmen zwingen und so die positive Wertentwicklung der verschiedenen Asset-Klassen weiter anfachen würde. Der aktuell zu beobachtende Rückgang der Arbeitslosigkeit deutet jedoch auf erste Erfolge der geldpolitischen Maßnahmen der US-Notenbank hin. Zieht sich die Fed daher allmählich aus dem Kapitalmarkt zurück, müssen Investoren befürchten, dass die Zeiten billiger Kredite und unbegrenzter Liquidität endgültig vorbei sind. Zwar ist in naher Zukunft unverändert keine Erhöhung des Leitzinses zu erwarten. In Antizipierung der Implikationen des "Taperings" zogen die Zinsen für Staatsanleihen jedoch deutlich an. Auffällig ist dabei auch, dass in den vergangenen Wochen nicht das lange Ende der Zinskurve, sondern die Mitte, also die fünfjährige Laufzeit, überproportional verlor.

Abb. 02 und 03: Veränderung der Zinskurve in den USA (Quelle: Bloomberg)
Abb. 02 und 03: Veränderung der Zinskurve in den USA (Quelle: Bloomberg)

Steigende Zinsen – Gift für Aktienmärkte?

Von den steigenden Zinsen betroffen waren allerdings nicht nur die USA, wo die wirtschaftlichen Rahmendaten auf eine moderate aber nachhaltige Erholung hindeuten. Auch die übrigen Teile der Welt konnten sich dem Zinstrend nicht entziehen. Im Vergleich zu amerikanischen Aktien, wo der Zinsanstieg sehr viel deutlicher ausfiel, verloren dagegen europäische und japanische Werte erheblich stärker. Insbesondere der amerikanische Leitindex S&P 500 zeigt sich nach einer ersten Schrecksekunde vergleichsweise wenig beeindruckt und handelt aktuell nahezu wieder auf dem Niveau vom 22. Mai. Dagegen schlagen beim DAX die Zinssorgen mit aktuell noch mit nahezu -4 % Wertentwicklung zu Buche, nach einem Verlust von in der Spitze knapp 10 %. Dies zeigt, dass nicht nur Anleihen, sondern auch Aktien von Zinsrisiken direkt und indirekt betroffen sind.

Eine unmittelbare Wirkung steigender Zinsen auf Aktienkurse entsteht einerseits durch die sich verteuernden Refinanzierungskonditionen, die bei sonst unveränderter operativer Marge (Ebitda) den verbleibenden Ertrag schmälern. Angesichts der bei den meisten Unternehmen immer noch recht niedrigen Gewinnspannen und den weitestgehend umgesetzten Kosteneinsparungen ist diese Gefahr nicht zu unterschätzen. Da aber höhere Zinsen gleichzeitig einen wirtschaftlichen Aufschwung signalisieren, werden die Marktteilnehmer abwägen, ob konjunkturell bedingte Mehreinnahmen ausreichen, um die durch die steigenden Finanzierungskosten entstehenden Zusatzbelastungen überzukompensieren. Weiterhin wird ein Unternehmen oft über ein Discounted-Cash-Flow-Modell bewertet. Vereinfacht dargestellt ist der Kaufpreis einer Firma eine Funktion der verbarwerteten zukünftigen Erträge.

Steigt also das Zinsniveau, steigt auch der Abzinsungsfaktor, was wiederum dazu führt, dass Erlöse in der ferneren Zukunft heute weniger wert sind und so der gegenwärtige Unternehmenswert sinkt. Auch könnten höhere Zinsen die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen belasten, da den privaten Haushalten weniger Geld für ihren Konsum verbleibt. Im Ergebnis ist die Situation jedoch nicht eindeutig. In der Vergangenheit waren Phasen steigender Zinsen oftmals von steigenden Aktienkursen und sinkenden Credit Spreads gekennzeichnet. Die Märkte sahen in den Zinsbewegungen also überwiegend die positiven Implikationen einer wiedererstarkten Konjunktur, die sowohl höhere Dividenden als auch niedrigere Kreditausfallraten in Aussicht stellten.

Abb. 04: Aktien zumeist unbeeindruckt von steigenden Zinsen (Quelle: Bloomberg)
Abb. 04: Aktien zumeist unbeeindruckt von steigenden Zinsen (Quelle: Bloomberg)

Die Vergangenheit wiederholt sich nicht

Die vergangenen Jahre zeigen aber auch, dass historische Korrelationsmuster – wenngleich plausibel und wirtschaftlich fundierbar – nicht immer halten. Insbesondere 2012, als ein Zusammenbruch des Euros als möglich erschien, sorgte das entschiedene Eingreifen der Zentralbanken für ein Kursfeuerwerk bei Aktien, Anleihen und Kreditderivaten – trotz aller bestehenden Risiken. Die von den Kapitalmärkten als unbedingte, unlimitierte und unbefristete Liquiditätsgarantie interpretierte Position der EZB sorgte für die nötige Kursfantasie bei Anlegern und so für eine erhöhte Risikobereitschaft. Diese erfüllte im Wesentlichen auch ihren Zweck, nämlich die Kapitalmärkte für die hochverschuldeten Peripherieländer wieder zu öffnen. In der Folge sanken weltweit Zinsen, Aktienkurse stiegen und Credit Spreads engten sich ein. Aus der deutlichen Marktreaktion auf das "Tapern" der Fed lässt sich schließen, wie ernüchtert die Marktteilnehmer sind und wie groß ihre Überraschung war. Hier liegt auch ein wesentlicher Aspekt bei der Erklärung der Marktbewegungen, denn oftmals bestimmt weniger die absolute Höhe der Zinsen, als vielmehr die Erwartungen hinsichtlich Zins und Inflation sowie die Erwartungsbildung, sprich die Kommunikation der Währungshüter, das Investorenverhalten.

Da sich Bernankes Amtszeit dem Ende nähert, kann davon ausgegangen werden, dass dieser nicht den Fehler seines Amtsvorgängers Greenspan wiederholen und als Herr der Preisblasen in die Geschichte eingehen möchte. Der Übergang aus dem Krisenmodus in die Normalität mag schwerfallen, ist aber aus Sicht der Fed sicher begründet. Dennoch ist das Drehen an der Zinsschraube ein Spiel mit dem Feuer. Denn ein zu früh und Zuviel hat nicht nur das Potenzial, den amerikanischen Hypothekenmarkt abzuwürgen. Auch würde der Finanzsektor unter zinsbedingten Verlusten aus dem Anlageportfolio leiden. Werden Anleihen im sogenannten Available-for-Sale-Bestand der Banken geführt, gehen Kursverluste – anders als beim Handelsbuch – nicht direkt in die Gewinn- und Verlustrechnung ein, sondern werden in der Neubewertungsreserve berücksichtigt und damit unmittelbar vom haftenden Eigenkapital abgezogen. Analystenschätzungen zufolge erodiert das Eigenkapital einiger Großbanken bei einem Zinsanstieg um 300 Basispunkte um etwa 1 %. Angesichts der aktuellen Diskussion um die vorzeitige Erfüllung der Kapitalmindestanforderungen nach Basel III und der darüber hinaus gehenden Forderung einiger Länder, unter ihnen besonders die USA, nach einem risikounabhängigen maximalen Verschuldungsgrad, dem Leverage, kommt wohl einigen Banken der Zeitpunkt des Zinsanstieges mehr als ungelegen.

Zinssorgen in Europa verfrüht

In Europa überwiegen dabei andere Sorgen. Denn während die Fed wie gewohnt schon sehr früh mit ihren monetären Wiederbelebungsmaßnahmen begonnen hat, sind andere Nationen erst recht spät ihrem Beispiel gefolgt. Und in Europa legt die aktuelle Diskussion um die fatale Wirkung der Sparpolitik in den Peripherieländern eine geldpolitisch unterstützende Haltung der EZB mehr als nahe. Da mag die Bundesbank schimpfen und sich sträuben, Draghi wird die bisherigen Erfolge im Kampf gegen Rezession und Staatsschuldenkrise nicht aufs Spiel setzen. Ganz im Gegenteil, sogar negative Nominalzinsen für kurzlaufende Bundesanleihen sind nicht mehr auszuschließen. Nicht wenige Volkwirte erwarten eine weitere Leitzinssenkung, sollten die Verspannungen in der Kreditversorgung Portugals, Spaniens und Italiens zunehmen.

Insbesondere Portugal sorgte kürzlich aufgrund des drohenden Kollapses der amtierenden Regierung für Schlagzeilen. Die Rating-Agentur Standard & Poor's nahm dies sogleich zum Anlass, dem derzeit nur noch mit "BB" bewerteten Land einen negativen Ausblick zu bescheinigen. Dadurch und wegen des weltweit seit Mitte Mai zu beobachtenden Zinsanstiegs verteuerten sich die Refinanzierungskosten Portugals im zehnjährigen Laufzeitbereich um nahezu 2 % auf nun etwa 7 %. Aber auch Italien konnte aufgrund der anhaltenden konjunkturellen Flaute sein bisheriges BBB+-Rating bei S&P nicht halten und ist jetzt nur noch mit BBB benotet – bei unverändert negativem Ausblick. Ein solcher Schritt der Rating-Agenturen würde Spanien erhebliche Probleme bereiten, denn dies ginge mit einem Verlust des Investment Grade Ratings einher. Grund für die Herabstufung Italiens ist die Senkung der Wachstums-prognose des Bruttosozialproduktes, verursacht durch einen Anstieg der Produktionskosten und dem damit verbundenen Verlust der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Aber auch die trotz aller Bemühungen der EZB weiterhin anhaltenden Probleme in der Kreditversorgung stehen einer wirtschaftlichen Gesundung entgegen und belasten das Rating. Der beibehaltene negative Ausblick deutet überdies an, dass mit einer Wahrscheinlichkeit von 33 % eine weitere Herabstufung noch 2013 oder 2014 folgen könnte. Die Investoren nahmen die Herabstufung Italiens recht gelassen auf. Und auch im Vergleich zu den 11 % Rendite, die noch vor Jahresfrist mit einer langlaufenden portugiesischen Staatsanleihe zu erzielen waren, sind die aktuellen Sätze nicht alarmierend. Zu bedenken ist aber, dass von der Anpassung der Länder-Ratings auch einige Unternehmen und Banken, die in enger ökonomischer Beziehung zum jeweiligen Land stehen, betroffen sind. Es ist also nur eine Frage der Zeit, dass S&P bei den italienischen Großbanken Intesa San Paolo und UniCredit nachzieht und das jeweilige Rating um eine Stufe nach unten korrigiert.

Damit ist der Teufelskreis aus Staatsschulden- und Bankenkrise unverändert intakt, auch wenn Investoren derzeit bereit sind, sowohl in Anleihen der Peripherieländer als auch in deren Banken zu investieren. Nicht nur für die italienische Regierung mag die fortgesetzte Verschlechterung der Bonitätsnote eine Ermahnung daran sein, in ihren Bemühungen um die Sanierung der Staatsfinanzen nicht nachzulassen.

Abb. 05: Rendite zehnjähriger Staatsanleihen in % (Quelle: Bloomberg)
Abb. 05: Rendite zehnjähriger Staatsanleihen in % (Quelle: Bloomberg)

Erfreuliche Nachrichten gab es dagegen aus Griechenland. Trotzdem oder möglicherweise weil das Land unter den zunehmenden Spannungen aufgrund des harten Sparkurses leidet, gab die Europäische Union ein weiteres Hilfspacket in Höhe von EUR 2,5 Mrd. frei. Im Oktober sollen zusätzliche EUR 500 Mio. folgen, sofern Griechenland seine Reformzusagen und Sparziele einhält. Insgesamt wird für die weitere Entwicklung der Peripherieländer von großer Bedeutung sein, ob sich die großen Nationen wie Italien und Spanien stabilisieren und Fortschritte bei der Konsolidierung des Haushalts aufweisen können, ohne dabei die heimische Wirtschaft abzuwürgen. Angesichts der unverändert fragilen Gesamtlage in Europa spricht schon aus diesem Grund derzeit nicht viel für weiter steigende Zinsen.

Unabhängigkeitstag einmal anders

Andererseits ist klar, dass sich der Rest der Welt nicht vollkommen den amerikanischen Vorgaben entziehen können wird. Dies wurde in den vergangenen Tagen sehr deutlich. Denn am amerikanischen Unabhängigkeitstag erklärten sowohl der neue Vorsitzende der Bank von England, Mark Carney, und sein Pendant von EZB, Mario Draghi, ihre Unabhängigkeit von der Fed. Mit der Ankündigung, die Zinsen für längere Zeit auf dem aktuellen oder sogar noch niedrigeren Niveau belassen zu wollen, setzten diese ein weithin sichtbares Zeichen. Dabei gilt dieser Schritt als sehr unüblich und zeigt, dass der jüngste Zinsanstieg bei den Zentralbankern auf erhebliche Bedenken stößt. Im Anschluss an die zeitlich koordinierten Pressemitteilungen fielen die Zinsen in beiden Ländern zunächst sehr deutlich, konnten sich allerdings nicht behaupten und schlossen nahezu unverändert.

Am Folgetag, dem 5. Juli sorgte dann ein überraschend positiver US-Arbeitsmarktbericht für eine deutliche Gegenbewegung bei den Zinsen. Im Ergebnis verpufften die Anstrengungen der Europäer, die Renditen zu drücken, vollständig. Die erfreulich gute Verfassung des amerikanischen Arbeitsmarktes gilt als Steilvorlage für Bernanke, weiter den Fuß vom Gas zu nehmen und den schon für September geplanten Ausstieg aus dem Hypothekenkauf auch tatsächlich umzusetzen.

Abb. 06: Renditesprung zehnjähriger Bundessanleihen in % (Quelle: Bloomberg)
Abb. 06: Renditesprung zehnjähriger Bundessanleihen in % (Quelle: Bloomberg)

Öffnet sich die Zinsschere zwischen den USA, Europa und Japan weiter, wird dies unvermeidbar entsprechende Konsequenzen für die jeweiligen Wechselkursverhältnisse haben, denn der Zins wird in der Volkswirtschaftslehre auch als Preis der Währung bezeichnet. Nach der Keynes'schen Theorie der Zinsparität gleichen Wechselkursbewegungen Unterschiede im Zinsniveau zweier Länder aus, so dass Investoren indifferent sind, in welchem Land sie investieren. Ein höherer Zins für amerikanische Treasuries impliziert dabei einen stärkeren Dollar. Dies wiederum begünstigt den Export der europäischen und asiatischen Unternehmen und unterstützt so die hiesige Konjunktur.

Abwarten – und Tee trinken

Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass weder sicher ist, dass sich in Europa der Zinsanstieg in gleichem Maße wie bisher fortsetzt, noch dass steigende Zinsen notwendig negativ für Aktien oder Credit Spreads sein müssen. Gleichwohl haben sich die Rahmenbedingungen für Investments und Portfolio-Allokationen nachhaltig verändert. Nicht wenige sprechen bereits von einem Ende des goldenen Jahrzehntes für Anleihen. Dabei fallen zwei Umstände besonders ins Gewicht: Zum Einen zeigte sich, dass bei dem jüngsten Zinsanstieg die Korrelation aller Asset-Klassen deutlich zunahm. Dadurch verliert eine hohe Portfoliodiversifikation an Wert. Daher schnitten solche Portfolios, die marktphasenabhängig zwischen Anleihen und Aktien umschichten, unter diesen Bedingungen nicht unbedingt besser ab als reine Aktien- oder Rentenportfolios. Zum Anderen wurde der Wert von Zinsrisikoabsicherungen sehr deutlich.

Angesichts des gegebenen unvorteilhaften Risiko-/Ertragsverhältnisses von Staatsanleihen, bei dem einem geringen laufenden Kuponeinkommen und begrenztem Kurspotenzial erhebliche Verlustrisiken entgegenstehen, dienen solche Zinssicherungen nicht nur der Verlustvermeidung, sondern auch der Portfolio-Optimierung. Dagegen deckt der hohe Renditeaufschlag, der bei vielen Unternehmensanleihen und Kreditderivaten zu beobachten ist, nicht nur vorhandene Kreditrisiken ab, sondern bildet auch einen Puffer gegen Marktbewegungen und eine höhere Volatilität. Unabhängig davon, ob aufgrund der aufgekommenen geldpolitischen Unsicherheit wirklich eine Zinswende und damit ein sogenannter Regime-Shift vorliegt, geben die jüngsten Kurskorrekturen doch Anlass zum Überdenken der bestehenden Portfolio-Allokation. Für Schwarzmalerei besteht jedoch kein Grund.

Wie so oft, wenn Kapitalmärkte unter Druck geraten, treten auch jene Cassandras auf den Plan, die mit Untergangs- und Crash-Szenarien auf sich aufmerksam machen wollen. Dabei ist diese Vorgehensweise spieltheoretisch nicht dumm. Denn stellt sich tatsächlich ein Crash ein, gelten solche Analysten als Hellseher und können sich zukünftig der ungeteilten Aufmerksamkeit der Anlegerwelt sicher sein. Passiert dagegen nichts, so wird die Freude über die vermiedenen Verluste den Ärger über die Fehlprognose überwiegen. Selten wird sich daher ein Untergangsbeschwörer der Kritik ausgesetzt sehen. Dabei sind die Aussichten für die Investoren derzeit nicht schlecht. Sollte die europäische Konjunktur entgegen der vorherrschenden Erwartungen an Fahrt gewinnen, werden sich über kurz oder lang die damit verbundenen positiven fundamentalen Aspekte in der Anlegerbetrachtung durchsetzen. Und ein höheres Zinsniveau nimmt den Druck von solchen Kapitalsammelstellen, die derzeit mit ihren Mindestrenditevorgaben zu kämpfen haben. Im Ergebnis wäre sogar ein Rückgang der systemischen Risiken möglich – vorausgesetzt, die Zentralbanken bleiben in ihren Entscheidungen transparent und kommunizieren diese adäquat. Sich nicht verunsichern lassen und die weitere Entwicklung abzuwarten, kann sich daher lohnen. Und bei der gegebenen Volatilität von Zins-, Aktien- und Kreditmärkten kann ein Glas Tee zur Nervenberuhigung sicher nicht schaden.


Autor:

Michael Hünseler, Head of Credit Portfolio Management, Assenagon Asset Management S.A.


[Bildquelle oben: © zamphotography - Fotolia.com]

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