Heiße Zeiten für das Risikomanagement: Der aktuelle IPCC-Report


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Seit einigen Tagen überschlagen sich die Meldungen rund um den aktuellen Klima-Report des IPCC. Das „Intergovernmental Panel on Climate Change“ (IPCC) wurde im Jahr 1988 vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen UNEP und der Weltorganisation für Meteorologie WMO ins Leben gerufen. Das Panel hat die Hauptaufgabe, Risiken des Klimawandels zu beurteilen und Vermeidungsstrategien zusammenzutragen.

Das auch als Weltklimarat bezeichnete IPCC soll umfassend, objektiv und ergebnisoffen die wissenschaftlichen, technischen und sozioökonomischen Informationen über den von Menschen verursachten Klimawandel bewerten. Das Gremium, dem Hunderte von Wissenschaftlern in aller Welt zuarbeiten, soll die Folgen und Risiken der Klimaveränderung abschätzen und ausloten, wie man sie abschwächen oder sich an sie anpassen kann. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass das IPCC selbst keine Wissenschaft betreibt, sondern die Ergebnisse der Forschungen in den verschiedenen Disziplinen zusammenträgt. Es bildet eine kohärente Darstellung dieses Materials in Berichten ab, den „IPCC Assessment Reports“. Die ersten drei Berichte wurden 1990, 1995 und 2001 veröffentlicht. Nähere Informationen zum IPCC findet man im Internet unter www.ipcc.ch und zum WCRP unter

www.wcrp.wmo.int

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IPCC-Reports aus den Jahren 1990 und 2001

Im ersten Klimareport des IPCC von 1990 war noch von einem natürlichen Treibhauseffekt die Rede, der von Emissionen des Menschen verstärkt werde. Der Report von 2001 ging wesentlich weiter: Er besagte, dass die Treibhausgas-Emissionen des Menschen für den größten Teil der Erwärmung verantwortlich sind. Auch Computersimulationen, die zur Prognose der zukünftigen Entwicklung eingesetzt werden, räumte das IPCC 2001 steigende Glaubwürdigkeit ein. Beides brachte dem Klimarat teils harsche Kritik von Regierungen und Industrievertretern ein.

Der IPCC-Report von 2001 sagte voraus, dass die Temperatur an der Erdoberfläche im globalen Schnitt bis 2100 um 1,4 bis 5,8 Grad steigen werde. Experten gehen inzwischen davon aus, dass eine Erwärmung von weniger als zwei Grad zwar zu einer deutlichen Zunahme von extremen Wetterphänomenen führen, insgesamt aber noch beherrschbar sein wird. Bei einer Erwärmung von deutlich mehr als zwei Grad werden katastrophale Folgen befürchtet.

Aktueller und vierter IPCC-Report aus dem Jahr 2007

Der aktuelle IPCC-Report präsentiert sechs Szenarien. Im besten Fall sei bis 2100 mit einer Erwärmung von 1,1 bis 2,9 Grad Celsius zu rechnen, im schlimmsten Fall mit 2,4 bis 6,4 Grad. Am wahrscheinlichsten sei ein Anstieg um 1,7 bis 4 Grad. Der Meeresspiegel werde bis 2100 im besten Szenario um 19 bis 37 Zentimeter, im schlimmsten Fall um 26 bis 59 Zentimeter steigen. Der aktuelle IPCC-Report basiert auf Hunderten Modellrechnungen, ausgefeilten Computermodellen, zahllosen Studien und Messreihen. 450 Hauptautoren liefern die bisher genaueste Beschreibung dessen, was die Temperatur der Atmosphäre etwa seit dem Jahr 1800 in die Höhe treibt. An dieser vierten Studie des IPCC haben 2500 Experten sechs Jahre gearbeitet.


Abb 1: Die globale Durchschnittsoberflächentemperatur seit dem Jahr 1850 (oben), die globale Durchschnittsmeereshöhe seit 1870 (Mitte) und die Schneebedeckung der Nordhalbkugel seit 1920 - in allen drei Grafiken werden die relativen Veränderungen (in Grad Celsius Temperatur, Millimeter und Quadratkilometern) zum Durchschnittswert des Vergleichszeitraums der Jahre 1961 bis 1990 angegeben. Blau unterlegt ist jenes Intervall um die Durchschnittswerte herum, in dem sich nach Einschätzung der IPCC die Mess-Unsicherheit bewegt [Quelle: IPCC]

 

In seinem vierten Bericht, dessen Zusammenfassung am 2.2.2007 veröffentlicht wurde, stellt das IPCC folgende Änderungen im Klimasystem fest (wenn nicht anders gekennzeichnet, gelten die Änderungen für den Zeitraum 1906-2005):

  • Der Kohlendioxid-Gehalt der Luft ist seit 1750 um 35 Prozent gestiegen - von 280 auf 379 Teilchen pro Million im Jahr 2005. Der heutige Wert ist der größte seit 650.000 Jahren. 78 Prozent der Erhöhung gehen auf die Nutzung fossiler Brennstoffe zurück, 22 Prozent auf die Nutzung von Landflächen, etwa durch Rodungen.
  • Andere wichtige Treibhausgase wie Methan oder Lachgas sind zusammen etwa halb so stark an der Erwärmung beteiligt wie der Anstieg des Kohlendioxids. Die Konzentration von Methan und Lachgas hat seit 1750 um 148 bzw. 18 Prozent zugenommen.
  • Die Erwärmung des Klimasystems ist "ohne jeden Zweifel vorhanden". Die globale Oberflächentemperatur ist um 0,74 Grad gestiegen; elf der letzten zwölf Jahre waren die wärmsten seit Beginn der Aufzeichnungen.
  • Die Temperaturzunahme der letzten 50 Jahre ist doppelt so hoch wie die der letzten 100 Jahre.
  • Die Arktis hat sich doppelt so stark erwärmt wie im globalen Mittel.
  • Die Häufigkeit heftiger Niederschläge hat zugenommen.
  • Klima-Rekonstruktionen besagen, dass die Temperaturen der vergangenen 50 Jahre sehr wahrscheinlich höher waren als jemals zuvor in den vergangenen 1300 Jahren.
  • Die schneebedeckte Fläche hat seit 1980 um etwa 5 Prozent abgenommen.
  • Die Gletscher schmelzen weltweit und lassen die Weltmeere derzeit um 0,8 Millimeter pro Jahr zusätzlich steigen.
  • Das Meereis in der Arktis ist seit 1978 im Jahresmittel um acht Prozent zurückgegangen und im Sommer um 22 Prozent. In der Antarktis ist dagegen kein Rückgang zu beobachten.
  • Neben dem Meereis geht auch das Festlandeis in Grönland und der Antarktis zurück: Die Schmelze und Gletscherabbrüche und tragen 0,4 Millimeter pro Jahr zum Meeresspiegelanstieg bei.
  • Die Temperaturen in den oberen Schichten des Permafrostsbodens sind seit 1980 um drei Grad gestiegen, die Fläche des saisonal gefrorenen Bodens hat seit 1900 um sieben Prozent abgenommen, im Frühling sogar um 15 Prozent.
  • Die Ozeane sind im globalen Mittel wärmer geworden, bis in Tiefen von 3000 Meter. Diese Erwärmung trägt durch die Ausdehnung des Wassers ebenfalls zum Anstieg des Meeresspiegels bei.
  • Der Meeresspiegel ist seit 1993 durchschnittlich um etwa drei Millimeter pro Jahr gestiegen, im 20. Jahrhundert um 17 Zentimeter. Mehr als die Hälfte davon geht auf die thermische Ausdehnung des Ozeans zurück, etwa 25 Prozent auf das Abschmelzen der Gebirgsgletscher und rund 15 Prozent durch das Abschmelzen der Eisschilde.

Abb 2: Drei Was-wäre-wenn-Szenarien haben die Forscher hier gegenübergestellt. Die Globen zeigen die erwarteten regionalen Klimaveränderungen (Mittelspalte 2020 bis 2029, Rechte Spalte 2090 bis 2099). Die Skala zeigt den Farbcode für die Temperaturveränderung in Schritten von einem halben Grad Celsius. Im Szenario B1 wird die Nutzung klimaschonender Technologien betont. Szenario A1B steht hingegen für weiter starken CO2-Ausstoß. A2 steht für eine langfristig besonders erwärmungsträchtige Entwicklung [Quelle: IPCC]

 

Die Risikolandkarten der Unternehmen müssen angepasst werden

Selbst wenn alle CO2-Emissionen sofort gestoppt würden, stiege die Temperatur noch um weitere 0,6 Grad, da das Klimasystem nur sehr träge reagiert, heißt es im IPCC-Bericht. Der Meeresspiegel werde auch dann noch „über viele Jahrhunderte“ steigen. Sollte die Erwärmung aber deutlich über drei Grad bis zum Jahr 2100 liegen, würde das Festlandeis Grönlands vollständig abschmelzen - mit wahrscheinlich katastrophalen Folgen für die Küstengebiete der Welt.

Auch nach Ansicht der Rückversicherer wird die Klimaveränderung langfristig immer öfters zu Winterstürmen führen, die deutlich mehr Schäden anrichten werden als bisher. In der Folhe werden wohl auch die Versicherungsprämien steigen. Bis zum Jahr 2100 rechnet der Rückversicherer, gestützt auf eigene Untersuchungen, mit einer Zunahme der Schäden durch Winterstürme von 16 bis 68 Prozent. „Was wir sehen ist eigentlich genau das, was uns die Klimamodelle prognostizieren. Alle Prognosen sagen, dass wir in Zukunft höhere Variabilität bekommen. Es wird also immer wieder Ausreißer geben, auch hin zu manchmal kalten Wintern. Langfristig werden die warmen schneelosen Winter aber eher zum Regelfall.“, so Professor Peter Höppe, Leiter des Fachbereichs Georisikoforschung der Münchener Rück. „Die Daten zeigen, dass in den letzten Jahrzehnten global gesehen extrem hohe Temperaturen herrschten. Allein die vier letzten Jahre gehören zu den fünf weltweit wärmsten seit 1861. Das lässt sich mit Zufällen oder natürlichen Klimaschwankungen nicht mehr erklären, ebenso wenig mit zyklischen Veränderungen wie der Sonnenaktivität. Nach unseren Prognosen wird sich der Klimawandel noch weiter beschleunigen.“, so Höppe weiter.

Die Ergebnisse des Berichts müssten nun systematisch in das Risikomanagement einfliessen, so die Swiss Re. „In Europa sind die Prämien noch nicht risikogerecht“, so die Aussage vieler Versicherungsexperten. Hier würden in den nächsten Jahren deutliche Anpassungen nötig. Auch die Allianz Versicherung verweist auf höhere Preise: „Bislang hat unsere Branche ihre Versicherungsprämien immer auf die Analyse von Daten aus der Vergangenheit ausgerichtet“, sagte Olaf Nova, der die Sparte Rückversicherung von Naturkatastrophen leitet, gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.

[Quellen: Intergovernmental Panel on Climate Change, Spiegel Online, Reuters, eigene Recherchen]


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