Marktkommentar

Goldener Herbst


Marktkommentar: Goldener Herbst Kolumne

Die Sommermonate standen im Zeichen überwiegend ruhiger Kapitalmarktentwicklungen. Die saisonal sonst oft erhöhte Schwankungsanfälligkeit blieb im 3. Quartal des aktuellen Jahres aus. Während Rentenmärkte weitgehend unverändert waren, verbuchten europäische Aktienmärkte moderate; US-Aktienmärkte kräftige Zugewinne. Mit herausragenden Steigerungen konnte neuerlich der Goldpreis aufwarten. In Euro gerechnet stieg er im 3. Quartal um weitere 15% an. Mit einem Wert von 3.888 US-Dollar je Feinunze zum Quartalsschluss lag die Gesamtwertentwicklung seit Jahresbeginn bei 48% (in US-Dollar) bzw. 31% (in Euro). In der weiteren Folge kletterte das Edelmetall bis Ende Oktober auf ein weiteres Allzeithoch bei 4.381 US-Dollar je Feinunze, bevor eine kräftige Korrektur den Preis in Richtung der 4.000 Dollar-Marke zurückfallen ließ.  

Abb. 01: Entwicklung verschiedener Assetklassen in 2025Abb. 01: Entwicklung verschiedener Assetklassen in 2025

Thematisch bestimmten weiterhin die dynamischen Entwicklungen um die US-Zollpolitik die Schlagzeilen. Inzwischen treten dabei an den Märkten aber erkennbar Gewöhnungseffekte ein. Zusätzlich stand Frankreich im Fokus der Aufmerksamkeit. Die ohnehin fragile Staatsschuldensituation rückt mit zunehmender politischer Instabilität in Paris stärker in das Bewusstsein der Marktteilnehmer. 

Die französischen Staatsschulden liegen mit 114% Gesamt- und 5,8% Neuverschuldung weit oberhalb der Maastricht-Kriterien und inzwischen auf einem Niveau, auf dem andere Länder (z.B. Griechenland, Italien) in der Vergangenheit in schwieriges Fahrwasser geraten sind. Die politische Instabilität (mehrere Rücktritte und Neuordnungen der Regierung in kurzer Zeit) und mangelnde Reformbereitschaft und -fähigkeit (weitere budgetstrapazierende Effekte aus der Nichtumsetzung der geplanten Rentenreform) stellen ernsthaft in Frage, ob der Pfad der Schuldenstabilisierung mittelfristig gelingen kann.

Die mehrfache Abstufung der Bonität französischer Staatsschulden durch die Ratingagenturen hat die Nervosität bei Anleihekäufern erhöht. Sie fordern nun deutlich höhere Risikoprämien ein, die Refinanzierungskosten steigen damit weiter an. Die Renditeaufschläge für französische Staatspapiere haben sich den Sommer über weiter erhöht. Frankreich muss für 10-jährige Staatsanleihen inzwischen höhere Renditen zahlen als Italien oder gar Griechenland! 

Abb. 02: Risikoaufschlag für französische Staatsanleihen deutlich gestiegenAbb. 02: Risikoaufschlag für französische Staatsanleihen deutlich gestiegen

Auf dem aktuellen Pfad bewegt sich die französische Staatsverschuldung in den kommenden Jahren auf 120% zu. Selbst Vertreter der Notenbank, die üblicherweise zu diplomatischer Kommunikation neigen, zeigen sich alarmiert: Der Gouverneur der französischen Nationalbank, Francois Villeroy de Galhau, findet ungewöhnlich deutliche Worte. Er warnte jüngst vor einem "graduellen Ersticken" Frankreichs unter der Schuldenlast und mahnte dringlich zu Reformen und zur Begrenzung des Budgetdefizits. Villeroy verwies zudem auf Ansteckungsrisiken, wonach höhere Zinsen für den Staat Frankreich auch zu höheren Refinanzierungskosten für Unternehmen und Privathaushalte führen würden. Weitere Schulden könnten, so Villeroy, zudem auch keine weitere Stimulierung der Wirtschaft mehr bewirken – eine Einschätzung, die wir mit Blick auf empirische Evidenz teilen. Schließlich, so Villeroy, sei das 3%-Maastricht-Kriterium nicht einfach nur eine europäische Regel, sondern vor allem der nötige Grenzwert, um endlich die Staatsverschuldung zu stabilisieren. Ungewöhnlich deutliche Worte aus Frankreich. Sie zeigen die Brisanz der Lage und die Einsicht, dass die bisher beschrittenen Pfade fiskalisch nicht nachhaltig sind. 

Die Situation in Frankreich mag speziell sein, sie ist aber weithin repräsentativ für viele westliche Staaten, die sich in oder knapp vor einer Überdehnung der Schuldentragfähigkeit befinden.  Seit 1971 wachsen Geldmengen und Schulden deutlich oberhalb der Wertschöpfung. Zwischen 1971 und der Finanzkrise 2008 waren die Wachstumsraten in der westlichen Welt zu einem gewissen Anteil durch die Kreditausweitung künstlich erhöht. Nun testen viele Staaten die Grenzen der Staatsverschuldung. Die Entwicklung der Vergangenheit ist nicht wiederholbar, der Grenznutzen zusätzlicher Verschuldung nimmt rapide ab. Die Hoffnung auf mehr Wachstum durch mehr Schulden hat sich oberhalb bestimmter Schwellen nicht mehr erfüllen können. Japan ist dafür ein Paradebeispiel. Zudem erreicht die Geldschöpfung keine breite Wohlstandmehrung. Wie mit dem Cantillon-Effekt nachgewiesen, erfolgt lediglich eine Umverteilung auf der zeitlichen Schiene (aus der Zukunft geborgtes, vorgezogenes Wachstum) und/oder eine Umverteilung zwischen den Früh- und den Spätempfängern der neu geschaffenen Geldmengen. Die Unterschiede in der Einkommens- und Vermögensverteilung nehmen zu, in der Folge entstehen viele der heute zu beobachtenden Effekte gesellschaftlicher Polarisierung. 

Repräsentativ scheint Frankreich auch in der Erstarrung und begrenzten Reformfähigkeit. An den Märkten schwindet das Vertrauen in die Problemlösungs- und Handlungsfähigkeit vieler westlicher Regierungen. Instabile Mehrheiten, ein fragmentiertes politisches Spektrum und fehlender Mut zur schonungslosen Diagnose in der Bestandsaufnahme und zur Formulierung folgend auch notwendiger, schmerzhafter Therapievorschläge sind wiederkehrende Muster in zahlreichen der hoch verschuldeten Ländern. Die gescheiterte Rentenreform in Frankreich ist Folge der politischen Blockierung und zeigt die mangelnden Reformmöglichkeiten zur Eingrenzung der Verschuldungstrends.  

Investmentimplikationen: Unverändert ist aus unserer Sicht Vorsicht geboten mit Blick auf Anlagen in Staatsanleihen hochverschuldeter westlicher Staaten. Die Zinsen für Staatspapiere in Japan, Frankreich oder auch Großbritannien sind zuletzt immer wieder deutlich angestiegen, die Investoren fordern zunehmend höhere Prämien für die steigenden Risiken aus fehlender Bereitschaft zu Spar- und Haushaltsdisziplin. 

Besonders gut illustriert ist die Sorge der Rentenmärkte mit den hartnäckig hohen Zinsen in längeren Laufzeiten, teils bei zeitgleich sinkenden oder zumindest stabilen Renditen am kurzen Ende. Die steilen Zinsstrukturen und hohen Laufzeitprämien unterstreichen sowohl Bonitäts- als auch Inflationssorgen der Anleger in den entsprechenden Papieren.  Das Vertrauen schwindet, Investoren fordern eine höhere Risikokompensation ein. Daraus resultieren weitere Lasten für den Schuldendienst der betroffenen Länder.

Empirisch gut belegt ist der enge Zusammenhang zwischen Staatsschulden und Inflation. Niedrige Schulden gehen oft einher mit niedriger Inflation. Notenbank und Regierung in niedrig verschuldeten Ländern haben keinen Inflationsanreiz. Ein gutes Beispiel ist die Schweiz, wo die Inflationsrate zuletzt bei gerade 0,2% und seit Mai 2023 nie höher als 2% lag. Haushaltsdisziplin und Niedriginflation führen zu wertstabilen Währungen. Der Wechselkurs des Schweizer Frankens hat über die letzten Jahre gegenüber dem Euro und dem US-Dollar kontinuierlich aufgewertet. Umgekehrt folgt erhöhte Inflation oft auf hohe Verschuldung. Notenbanken in hoch verschuldeten Währungsräumen tendieren oft zur direkten oder indirekten Monetarisierung, in dem sie entsprechend höhere Geldmengenausweitungen vornehmen.

Abb. 03: Schweiz nicht von der Hochinflationsphase der Jahre 2021-2023 getroffen; lediglich moderate Ausschläge nach oben, die längst überwunden sindAbb. 03: Schweiz nicht von der Hochinflationsphase der Jahre 2021-2023 getroffen; lediglich moderate Ausschläge nach oben, die längst überwunden sind

In der übermäßigen Erhöhung der Geldmengen ist die Entstehung der Inflation zu sehen. Mit Zeitverzug nachfolgende Anstiege der Güterpreise sind meist nur die Folge der zuvor erfolgten Ausweitung des Geldangebots, nicht die eigentliche Ursache. Die Inflation hat sich immer wieder als probates Mittel zur realen Entschuldung gezeigt. Heute bereits praktizierte Methoden der Notenbanken (Ankaufprogramme, Niedrigzinspolitik, finanzielle Repression) und künftig denkbare Mittel (Zinskurvenkontrolle) lasten allesamt auf der Kaufkraftstabilität der Währung und sind direkt nachteilig für Investoren in Nominalwerten, für die der reale Kaufkrafterhalt zunehmend schwierig wird. 

Für Anleger am Rentenmarkt sind Beimischungen inflationsindexierter Anleihen, die Präferenz von Staatsanleihen aus fiskalisch soliden Staaten und die bewusste Beimischung von Fremdwährungsanleihen aus wertstabilen Währungsräumen unverändert Möglichkeiten, sich gegen Risiken weiterer Bonitätsverschlechterungen in vielen Ländern der Eurozone und gegen finanzielle Repression zu wappnen. 

Käme es zu einer krisenhaften Zuspitzung der französischen Schuldensituation, scheint es eher wahrscheinlich, dass die EZB mit gezielten Maßnahmen eingreifen würde, als dass unter Reformauflagen Mittel aus dem ESM oder anderen europäischen Rettungsinstrumenten in Anspruch genommen würden. Die Märkte scheinen derzeit auch keine Neuauflage einer Eurokrise zu befürchten, die Marktbewegungen waren bis zuletzt nicht von ungeordneten Entwicklungen geprägt. Das Vertrauen in die im Bedarfsfall greifenden Rettungszusagen der EZB scheint noch immer recht fest verankert. Parallel deutet vieles auf erhöhte Wahrscheinlichkeiten, dass sich weitere schleichende Annäherungsschritte hin zu einer schlussendlich doch einsetzenden Vergemeinschaftung der europäischen Schulden abzeichnen könnten.  

Zumindest kann Frankreich zuletzt auf deutlich höheres Wachstum blicken als viele andere Länder der Eurozone. Im 3. Quartal 2025 lag das französische BIP im Quartalsvergleich bei +0,5%, während etwa Deutschland stagnierte. Damit bestätigte das französiche Wachstum den bereits besseren Trend des Vorquartals. 

Sind in Frankreich die hohen Schulden das Hauptproblem, liegt in Deutschland das Augenmerk unverändert auf der chronischen Wachstumsschwäche. Ursachen und wahrscheinliche Folgewirkungen der deutschen Strukturkrise haben wir an dieser Stelle in der Vergangenheit vielfach diskutiert. Zu einer vergleichbaren Einschätzung, dass in Deutschland "nur noch der Staat wächst", gelangt auch der Chef des Ifo-Instituts, Clemens Fuest. Er mahnte jüngst in klaren Worten: "Deutschland befindet sich seit Jahren in einem wirtschaftlichen Niedergang. Die Lage ist mittlerweile dramatisch". Fuest beklagt, dass staatliche Ausgaben weiter steigen, während private Investitionen sinken, und fordert ein umfassendes Reformkonzept, insbesondere Sozialreformen und Bürokratieabbau. 

Investmentimplikationen: Zunächst sprechen derzeit intuitiv viele Argumente für eine defensive Positionierung bei Durationsrisiken in der Eurozone. Unter anderem wirken die Fiskalprogramme mittelfristig mit hoher Wahrscheinlichkeit bonitätsverschlechternd und inflationserhöhend, was Aufwärtsdruck auf die längerfristigen Realzinsen erzeugt.

Die finanzielle Repression führt dazu, dass Anleger in langen Laufzeiten nicht angemessen für die eingegangen Risiken entschädigt werden. Wir plädieren stets dafür, gut kompensierte Risiken zu suchen und schlecht kompensierte Risiken zu meiden. Für Euro-Anleihen besteht folglich aktuell eine gewisse Skepsis sowohl bei Spreadrisiken (Risikoaufschläge für Unternehmensanleihen sind im historischen Vergleich niedrig), als auch bei Laufzeitrisiken.  

Wir können aber auch nicht ausschließen, dass im Kontext der hartnäckigen und strukturellen Wachstumsschwäche in Europa "japanisierungsähnliche" Szenarien eintreten können, in denen der disinflationäre Wachstumsimpuls die fiskalischen und monetären Inflationierungsversuche über ausgedehnte Zeiträume hinweg dominiert. Gerade bei Ausbleiben von Strukturreformen und Wiederherstellung wachstumsfreundlicher Rahmenbedingungen bleiben die Schuldenpakete mit einiger Wahrscheinlichkeit Strohfeuer. 

Unter einem solchen denkbaren Szenario anhaltend niedriger realer Wachstumsraten haben auch langlaufende Anleihen im Portfolio durchaus ihre Daseinsberechtigung. In diesem Zusammenhang ist in Erinnerung zu rufen, dass in Japan zwischen 2000 und 2020 30-jährige Staatsanleihen über weite Strecken den Aktienmärkten überlegen und überhaupt die Anlageklasse mit den besten risikoadjustierten Gesamterträgen waren.

Wohin steuert die Inflation?

Ganz entscheidend für die Gesamtertragsmöglichkeiten eines Rentenportfolios ist die folgende Inflationsentwicklung. Der Richtungstrend der Nominalzinsen hängt primär an den Inflationserwartungen der Marktteilnehmer.  
Für die Eurozone stehen sich unterschiedliche Einflussfaktoren gegenüber, die über die kommenden Jahre inflationär, aber auch disinflationär wirken könnten. 

Inflationäre Triebkräfte sind u.a.: 

  • Fiskalische Überdehnung der Staatsfinanzen und resultierender Inflationsanreiz
  • Geldpolitik der EZB mit hoher Wahrscheinlichkeit als inflationärer Impuls (primärer Orientierungspunkt Handlungsfähigkeit Staaten, nicht Geldwertstabilität)
  • Währungseffekte (höhere Risiken einer importierten Inflation, wenn der Euro in Folge expansiver Geld- und Fiskalpolitik wieder schwächer notieren sollte) 
  • Rückbau des globalen Freihandels, Aufbau von Handelsbarrieren
  • Umbau von Lieferketten ("Onshoring") 
  • Investitionskosten für Infrastruktur, Rüstung, Umbau Energieversorgung
  • Engpässe in der Rohstoffversorgung mit kritischen Grundstoffen (seltene Erden, Inputmetalle für KI, Halbleiter, Elektrifizierung) bzw. chinesisches Angebotsmonopol

Preisbremsende Faktoren bestehen hingegen u.a. aus den folgenden Aspekten: 

  • Ungünstige Demographie
  • Überschusskapazitäten und exportierte Deflation aus China
  • Geringe Kreditnachfrage der Unternehmen aufgrund fortbestehender struktureller Wachstumshemmnisse (Regulierung, Bürokratie, Energiekosten, usw.)
  • "Crowding out" privatwirtschaftlicher Initiative und Wachstumschancen durch hohe Staatsquoten 
  • Technologischer Fortschritt, Innovation, KI – marktwirtschaftlich erreichte Produktivitätssteigerungen wirken stets per Definition deflationär

Wesentliche Inflationstreiber müssen stets isoliert und für jeden Währungsraum unabhängig voneinander analysiert werden. Die hier beispielhaft für die Eurozone aufgeführten Einflussfaktoren für die Inflation, die in der Folge bestimmend sind für Währungsentwicklung und Vermögenspreise innerhalb des Währungsraums, können in anderen Währungsgebieten abweichen oder gänzlich andere Dynamiken aufweisen. Traditionell haben aufgrund länderspezifischer Faktoren im Vergleich zur Eurozone in einigen Währungen strukturell höhere Inflationsraten vorgeherrscht (etwa in rohstoffbasierten Volkswirtschaften wie Australien und Kanada; in Großbritannien oder aufgrund meist struktureller höherer Wachstumsraten auch in den USA). In anderen Fällen (Japan, Schweiz) waren – aus ganz unterschiedlichen Gründen – über weite Strecken strukturell niedrigere Teuerungsraten zu beobachten. 

Investmentimplikationen: In der Portfoliokonstruktion gilt es, keine allzu einseitigen Sensitivitäten gegenüber möglichen oder erwarteten Inflationsdynamiken zu wählen. Ein ausgewogenes Portfolio hält daher weitgehend prognosefrei sowohl Vermögenswerte, die von reflationären Entwicklungen profitieren (wie z.B. Aktien, Schwellenländeranlagen, Gold), als auch Anlagen, die im deflationären Umfeld outperformen können (Cash, langlaufende Anleihen, Schweizer Staatsanleihen). 

Der dominierende Einflussfaktor auf die nachfolgenden Verbraucherpreise ist u.E. eindeutig die Grundverfasstheit der Notenbank eines jeweiligen Währungsraums und das Maß ihrer Bereitschaft, Geldmengen auszuweiten (als "Saat" der Inflation, die des "Niederschlags" der Geldnachfrage, also steigender Umlaufgeschwindigkeit bedarf, um "aufgehen" zu können).  Notenbanken, die traditionell einer stabilitätsorientierten Politik zuneigen, finden sich selten in übermäßiger Versuchung, über Gebühr Geldmengenausweitung zu betreiben. Prominente Beispiele sind heute Tschechien und die Schweiz, in der Historie vor allem auch die an der Geldwertstabilität ausgerichtete Philosophie der Bundesbank bis Euroeinführung. In solchen von Niedriginflation geprägten Währungsräumen setzen Anleger traditionell und durchaus berechtigt stärker auf Nominalwerte. Sichere Anleihen und Geldmarktanlagen unterliegen unter Bedingungen der Stabilitätskultur nicht der finanziellen Repression und ermöglichen auch in realer Betrachtung angemessene Renditen. 

Während in niedrig verschuldeten Währungsräumen meist keine Notwendigkeit für hohe Geldschöpfung und erhöhte Inflation besteht, ist empirisch die Bereitschaft der Notenbanken in höher verschuldeten Regionen durchaus feststellbar, auch die Fiskalinteressen des Staates in der Ausrichtung ihrer Geldpolitik zu berücksichtigen. In vielen Schwellenländern war und ist die mehr oder minder offene monetäre Staatsfinanzierung gängige Praxis. Vor Einführung des Euros dominierte eben diese erhöhte Inflationstoleranz der Notenbanken zulasten der Währungsstabilität in den meisten Peripherieländern. Heute scheint sich diese südeuropäische Währungsmentalität in der EZB weithin durchgesetzt zu haben, sodass Anleger ihr auch nach vorne blickend eine gewisse Präferenz erhöhter Inflationsraten und eine Abneigung gegen ein "zu geringes" Teuerungsniveau unterstellen können. Konträr zu stabilitätsorientierten Währungsräumen sind unter diesen Prämissen Nominalzinsanlagen für Investoren meist risikobehafteter. Anleger, die mit erhöhten Geldmengenausweitungen rechnen, setzen stärker auf Sachwerte und auch auf Anlagen außerhalb des eigenen Währungsraums. Die traditionell höheren Immobilienbesitzquoten in Südeuropa (gegenüber Deutschland oder der Schweiz) erklären sich u.a. auch genau aus diesem Zusammenhang.  

Wir erachten ausgewählte Fremdwährungsinvestments als Portfolioergänzung ebenfalls für sinnvoll. Dabei ist allerdings die nötige Differenzierung geboten. Bestenfalls lassen sich in seltenen Fällen etwas höhere Mehrrenditen gar mit moderaten Währungsaufwertungen kombinieren. Niedriger verzinsliche Anleihen (etwa im Schweizer Franken) geben Stabilität in das Portfolio, lassen kontinuierliche Währungsaufwertungsbeiträge erwarten und bieten Optionalität in Krisenphasen. Einige Schwellenlandanleihen lassen gesicherte Währungsabwertungen erwarten, sind aber aus Gesamtertragssicht dennoch sinnvoll, wenn der zum Ausgangszeitpunkt zu vereinnahmende Anlagezins der Investition weit genug oberhalb der über die Haltedauer erlittenen Währungsverluste liegt. 

Weitgehend ohne wiederholt nötige Inflationsprognose kommen inflationsindexierte Anleihen aus. Aus unserer Sicht entwickeln sich diese Papiere im Umfeld strukturell erhöhter Inflationsunsicherheiten zunehmend zur Core-Anlage im Rentenbereich. Als solche praktizieren wir sie auch seit geraumer Zeit im Rentensegment des BKC Treuhand Portfolios. Zwar muss der Anleger einmalig ein Urteil fällen, ob die voraussichtlich über die Restlaufzeit einer inflationsgeschützten Anleihe eintretende Steigerung der zugrundliegenden Verbraucherpreisindizes höher oder niedriger sein wird als die eingepreiste Break-even Rate, wenn er beurteilen will, ob die Anlage einer herkömmlichen Nominalanleihe überlegen ist. Doch ist diese Prognose dann nicht notwendig, wenn die Beweggründe agnostischer sind, und beispielsweise schlicht eine in der Zukunft liegende Verbindlichkeit mit einem wirksamen Inflationsschutz versehen oder aber ein bestimmter Realzins für eine bestimmte Zeitperiode gesichert werden soll. 

Abb. 04: Starker Anstieg längerfristiger Realrenditen war für die Märkte schmerzhaft, bietet aber nach vorne attraktive Kaufgelegenheiten

Abb. 04: Starker Anstieg längerfristiger Realrenditen war für die Märkte schmerzhaft, bietet aber nach vorne attraktive Kaufgelegenheiten

Ende Oktober 2025 kann in deutschen inflationsindexierten Anleihen mit 20 Jahren Restlaufzeit ein sicherer Realzins von 1,17 % vereinnahmt werden (über weite Strecken des Sommers gar noch bei nahe 1,40%); unabhängig von der (unsicheren und unbekannten) Inflationsentwicklung über die 20 verbleibenden Jahre bis Endfälligkeit. Dieses Niveau ist im historischen Vergleich durchaus ansprechend und gewährt u.E. Anlegern eine auskömmliche Kompensation für eine Basisanlage mit begrenzten Bonitätsrisiken im Euroraum. Unverändert sehen wir inflationsgeschützte Anleihen risikoadjustiert derzeit weit vorn in der Rangfolge bestmöglicher Selektionen im Rentenbereich und als eines der sinnvollsten Instrumente, um ein überlegenes Interaktions- und Korrelationsverhalten mit anderen Portfoliobausteinen erreichen zu können. 

Wie lange hält die Goldgräberstimmung? 

Eine noch höhere Eignung im Portfolio, eine Bandbreite von Risiken adressieren zu können, wohnt Investitionen in physischem Gold inne. Nach der fulminanten Kursrallye bis in den Oktober 2025 stellte sich zunehmend die Frage, wie lange dieser Trend noch trägt. Anzeichen einer zunehmend überkauften und überhitzten Marktdynamik ließen sich nach dem schnellen Ansprung oberhalb der Marke von 4.000 US-Dollar je Feinunze und dem Erreichen des Hochs am 20. Oktober bei 4.381 US-Dollar nicht mehr zurückweisen. Kaum überraschend setzte danach auch eine merkliche Korrektur ein. Ende Oktober oszilliert der Goldpreis wieder um die Marke von 4.000 US-Dollar. 

Fundamentaldaten und Nachrichtenlage allein hatten die weiteren Anstiege zuletzt kaum noch plausibel erklären können. Der Verweis auf den Regierungs-Shutdown in den USA, der vielfach angeführt wurde, konnte nicht überzeugen. So begegnete auch uns vermehrt die Frage, ob Gold nun zu teuer sei. 

Sieht man Gold als Geld, ist der Versuch der Ableitung "angemessener" Preisziele oder Bewertungen ein wenig sinnvolles Unterfangen. Anhaltspunkte dafür, ob aktuell gehandelte Goldpreise tendenziell als eher teuer oder günstig zu werten sind, können sich allenfalls aus der relativen Betrachtung gegenüber anderen Sachwerten ergeben.

Abb. 05: Gold erscheint im historischen Vergleich gegenüber US-Aktien fair bewertetAbb. 05: Gold erscheint im historischen Vergleich gegenüber US-Aktien fair bewertet

Wählt man als Bezugspunkt den Aktienmarkt, bietet die Dow/Gold-Ratio eine instruktive Aussage, wie sich US-Aktien (gemessen am Dow Jones) und der Goldpreis im relativen Verhältnis zueinander bewegen. Im langfristigen Durchschnitt (Daten seit 1920) liegt das Verhältnis bei 11,9 – Ende Oktober bei 11,8, also fast genau auf dem langjährigen Mittel. Wählt man das Jahr 1971 (Entankerung des US-Dollars vom Gold) als Startpunkt, liegt das historische Mittel mit 13,6 gar oberhalb des aktuellen Wertes. Demnach scheint Gold gegenüber Aktien aktuell nicht überteuert, aber auch nicht günstig. 

Abb. 06: Gegenüber europäischen Aktien liegt der Goldpreis über dem historischen MittelAbb. 06: Gegenüber europäischen Aktien liegt der Goldpreis über dem historischen Mittel

Abb. 07: Der Goldpreis ist über die letzten Jahren deutlich stärker gestiegen als Immobilien

Abb. 07: Der Goldpreis ist über die letzten Jahren deutlich stärker gestiegen als Immobilien

In der relativen Betrachtung mit europäischen Aktien scheint der Goldpreis dagegen ambitionierter bepreist. Der aktuelle Wert von 1,6 im Dow Jones Euro Stoxx / Gold Index steht einem historischen Mittel von 5,3 gegenüber, allerdings bei deutlich kürzerer verfügbarer Historie, beginnend im Jahr 1998. Gegenüber Immobilienpreisen liegen entsprechende Indexwerte sowohl für US-Daten als auch in Europa am oberen Ende ihrer historischen Spannen. Gerade über die letzten Jahre ist der Goldpreis sehr viel dynamischer angestiegen als (ebenfalls knappe) Immobilien.

Anleger, die taktisch und stärker in relativen Bewertungen denken, können entsprechende Verhältnisse zu Rate ziehen, um geeignete Phasen zu identifizieren, in denen sich ggf. der Tausch von Aktien oder anderen Sachwerten in Gold oder umgekehrt anbieten würde. Aktuell scheint Gold demnach je nach Betrachtung zwischen neutralen Werten und dem teuren Ende zu rangieren - in jedem Fall aber nicht mehr günstig. 

Im Versuch einer fundamentalen Annäherung an die Bewertungsfrage hatten wir in  vergangenen Berichten bereits ähnliche Überlegungen verfolgt und dabei (noch) keine Anzeichen einer ausgeprägten Überbewertung feststellen können. Aber auch relativ zu Inflation und Geldmengen ließ sich dabei schon das Fazit ziehen, dass Gold auch nicht mehr als günstig erwerbbar zu werten ist. 

Weitgehend preisinsensitiv zeigen sich weiterhin die Notenbanken in ihrem Kaufverhalten. Sie fragten nach Daten des World Gold Councils im 3. Quartal 2025 netto 220 Tonnen nach, auch bei rekordhohen Preisen. Dieser Wert korrespondiert mit einem Anstieg von 28% (!) gegenüber dem Vorquartal und war der viertstärkste Kaufzeitraum seit dem Jahr 2000. Die Zentralbanknachfrage dürfte damit der wesentliche Treiber der auffälligen Preisdynamik des Edelmetalls im Quartal gewesen sein. Gold ist inzwischen das zweitwichtigste Reserve-Asset in den aggregierten Notenbankbilanzen und könnte bei fortgesetzter Dynamik in nicht allzu ferner Zukunft den US-Dollar als Hauptreservewährung ablösen. Ab einem solchen Zeitpunkt stiege gewiss auch die Phantasie rund um mögliche Szenarien einer denkbaren Re-Monetisierung des Goldes. 

Abb. 08: Neben Gold verzeichnen in diesem Jahr auch Silber und Platin hohe KurzgewinneAbb. 08: Neben Gold verzeichnen in diesem Jahr auch Silber und Platin hohe Kurzgewinne

Investmentimplikationen: Abhängig von ihren Anlagezielen und dem Zeithorizont können Investoren nur jeweils individuell beantworten, ob und in welchem Umfang sie Anlagequoten in Gold taktisch variieren wollen. Ähnlich dem Rebalancing zwischen Aktien und Renten nach stärkeren Marktbewegungen kann es durchaus begründet sein, nach Kurssteigerungen oberhalb der historischen Norm auch beim Gold Quoten durch Gewinnmitnahmen wieder auf einst als strategisch definierte Zielquoten zurückzuführen. 

Ebenso zulässig ist aber auch das Halten einmal als sinnvoll definierter Goldanteile am Gesamtvermögen, unabhängig von kurzfristigen Preisbewegungen. Dient Gold als Schutz vor Extremereignissen oder schlicht als zuverlässiges Instrument zum langfristigen Kaufkrafterhalt, wäre ein Rücktausch in jene Währungen, deren Risiken der Anleger mit dem Goldkauf eben gerade nicht mehr eingehen wollte, schwieriger begründbar. 

Gold hat als nahezu einziges Anlageinstrument ohne Gegenparteirisiko überlegene Portfolio- und Risikovermeidungseigenschaften und bietet seit Jahrhunderten Schutz gegen adverse Bedingungen, die auf andere im Portfolio gehaltene Instrumente negativ wirken würden. Das Edelmetall hat Pest, Hungersnöte, Kriege, Währungsreformen und Hyperinflation überdauert und Anlagevermögen gegen Kaufkraftverlust geschützt. 

Gerade der Umstand, dass 2025 auch andere monetäre Metalle (Silber, Platin) die Goldrallye bestätigen und im aktuellen Jahr teils gar noch stärker zulegen als Gold selbst, zeigt, dass die Preisentwicklung sicherlich auch damit unterfüttert ist, dass Anleger eine weiter fortschreitende Entwertung und Kaufkraftverluste der Fiat-Währungen antizipieren. Global steigen die Geldmengen aktuell wieder an. Erfahrungsgemäß folgen die Verbraucherpreise mit einem Zeitverzug von ein bis zwei Jahren auf Geldmengenausweitungen. Gut möglich, dass Gold abermals - wie schon im Jahr 2020 - in "Echtzeit" auf die Entstehung der Inflation reagiert, um später, bei Sichtbarwerden der Symptome, also der erhöhten Güter- und Dienstleistungspreise (2021-22), nicht mehr im von vielen erwarteten Ausmaß weiter anzusteigen. 

In jedem Fall bleibt der langfristige Aufwärtstrend des Goldpreises gut unterstützt und begründet durch die einfache Tatsache der Knappheit. Jedes Jahr kommen lediglich 1-2% der bestehenden Menge durch neue Förderung hinzu. Diese natürliche Knappheit steht im Gegensatz zum Wachstum von 6,3% p.a. der Geldmenge M2 in den USA oder zum Wachstum der öffentlichen US-Verschuldung von 7,7% p.a. in den letzten 10 Jahren. Weil Gold nicht beliebig vermehrbar ist, steht der Preis definitionsgemäß unter kontinuierlichem Aufwärtsdruck gegenüber allen Währungen, deren Angebot sich schneller beschleunigt. 
Nahezu alle Fiat-Währungen erweisen sich über längere Zeiträume als nicht kaufkraftstabil. Gerade dann, wenn dem zu erwartenden Kaukraftverlust nicht oder nur ungenügend mit entsprechend höheren Anlagezinsen entgegengewirkt werden kann, sind Gold und andere monetäre Metalle im Portfolio als Anlagealternative oder Ergänzung wichtige Lösungen zum Erreichen des realen Kapitalerhalts. 

Autor:
Bernhard Matthes, CFA, Bereichsleiter Pax-BKC Asset Management, Fonds-Advisor BKC Treuhand Portfolio
Bernhard Matthes
, CFA, Bereichsleiter Pax-BKC Asset Management 
Fonds-Advisor BKC Treuhand Portfolio

[ Bildquelle Titelbild: Generiert mit AI ]
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