Banken auf dem falschen Weg

Die Karotte, die man hinhängt, muss auch verdaubar sein


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Die Deutsche Bank hat schwer mit ihren Altlasten zu kämpfen. Einen Kulturwandel im Bankgeschäft hat die neue Führung angekündigt, doch noch jagt eine Negativnachricht die nächste. In "mehr als 80 Prozent" aller Fälle, so sagt Co-Vorstandschef Anshu Jain, gehe es dabei um das Geschäftsgebaren der Bank, wie es auf dem Höhepunkt der Finanzkrise üblich war.

Der Top-Investmentbanker hat es nicht leicht mit dem Image. Vor Jahren noch gefeiert für das hochlukrative Geschäft mit risikoreichen Anlagen, muss er heute erklären, wie es zu den Exzessen kam: "In den Jahren 2006 bis 2008 hat das gesamte System kollektiv versagt - und die Deutsche Bank war Teil davon."

So äußert sich Jain (Foto) bei einer Diskussionsveranstaltung mit anderen Vorstandschefs in Königstein. Doch es habe sich vieles geändert. "Vieles, was es früher gegeben hat, existiert nicht mehr." Die Deutsche Bank hat Geschäfte wie den Eigenhandel und Private Equity komplett eingestellt. Auch hat die Bank nach eigener Aussage auf einige lukrativen Geschäfte verzichtet, da sie ihren Ethikstandards seit dem Führungswechsel Mitte vergangenen Jahres nicht mehr gerecht werden.

Jain, Deutsche BankJain zeigte sich zufrieden mit den Fortschritten, die in der Bankenbranche seit Beginn der Krise gemacht wurden. Dazu hätten auch die Bankenaufseher viel beigetragen, sagte er unter Verweis auf das seit Jahresbeginn eingeführte Regelwerk mit dem Namen Basel III. Gerade hier haben die Finanzinstitute den Aufsehern aber einiges abgerungen.

Ursprünglich gab es viel strengere Pläne für die Kapitalausstattung der Banken. Die hatten argumentiert, werde dies Wirklichkeit, könnten sie die Wirtschaft nicht mehr wie bisher mit Krediten versorgen. Ein solches Szenario werteten die Aufseher als Gefahr für die Konjunktur und gaben nach.

So verwundert es kaum, dass der Vorstandschef der US-Großbank JP Morgan, Jamie Dimon, inzwischen deutlich freundlichere Töne zu Basel III anschlägt, nachdem er zum Jahresende mit seiner Aussage, das Regelwerk sei "unamerikanisch", besonders in Deutschland scharfen Gegenwind bekommen hatte.

"Es ist nicht wahr, dass ich Basel III ablehne; im Gegenteil: ich stimme mit den meisten Punkten überein", stellte er in Königstein klar. Seine Kritik habe sich gegen zu eng gefasste Anforderungen gerichtet, deretwegen eine "angemessene Liquidität" der Banken nicht mehr gesichert sei. Für JP Morgan sei die Erfüllung der Regeln "ohnehin kein Problem".

Universalbank-Modell verteidigt

Anshu Jain verteidigte das Universalbanken-Modell seines Institutes, nachdem in jüngster Zeit wieder vermehrt Forderungen die Runde machten, große Risiken vom eigentlichen Bankgeschäft zu trennen. "Große Banken werden gebraucht", argumentierte Jain. "Die Gesellschaft ist sehr komplex." Eine mittelgroße Bank sei nicht in der Lage, die vielschichtigen Bedürfnisse von Großkunden zu erfüllen.

An der Frankfurter Börse kursierten am Dienstag Gerüchte, wonach die deutsche Bankenaufsicht BaFin Jain und die Deutsche Bank aufgefordert hat zu simulieren, was geschehen würde, wenn ein Trennbanken-System nach dem Modell der Experten um Finnlands Notenbankchef Erkki Liikanen eingeführt würde. Die Deutsche-Bank-Aktie gab nach einem entsprechenden Zeitungsbericht um drei Prozent nach. Auch in Deutschland fordern Politiker, wie SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, eine Trennung von Bankrisiken. Sollte sich das Modell durchsetzen und verpflichtend werden, wäre die Umsetzung nicht nur organisatorisch aufwändig, sondern vor allem auch teuer.

Die BaFin habe bereits alle Rechte, bei einer Bank einzugreifen, sagte Jain im Verlauf der Diskussion. "Vergessen Sie Liikanen", sagte er, die BaFin sei jetzt schon bei Bedarf voll handlungsfähig.

Die Karotte, die man hinhängt, muss auch verdaubar sein

Der Deutsche-Bank-Vorstand äußerte sich erstmals zur Manipulation des Libor-Referenzzinssatzes in London, in den auch das Frankfurter Institut verwickelt sein soll. "Libor ist ein Thema, das uns alle krank macht", beteuerte Jain. Kein Vorstandschef einer Bank habe sich vorstellen können, dass ein derart großer Vertrauensmissbrauch überhaupt möglich wäre.

Derzeit versucht die Marktaufsicht herauszufinden, wie stark auch die Deutsche Bank an der Manipulation des täglich ermittelten Zinssatzes beteiligt war. Deren Führung hat erklärt, es handele sich bei den Absprachen um das Fehlverhalten einzelner, weniger Mitarbeiter. Banken wie die schweizerische UBS mussten bereits sehr hohe Strafen für Libor-Manipulationen zahlen.

Nikolaus von Bomhard, Munich ReKritik an den Banken kam vom Vorstandschef der Munich Re. Nikolaus von Bomhard (Foto) warf den Instituten vor, gerade junge Händler mit zu hohen Bonus-Anreizen dazu zu verführen, dass sie an die Grenzen des Legetimen gingen. "Die Karotte, die man hinhängt, muss auch verdaubar sein", sagte der Chef des weltgrößten Rückversicherers.

Jain räumte ein, das bisherige Vergütungssystem der Banken habe die Übertreibungen der vergangenen Jahre möglich gemacht. Händler hätten "irrsinnig hohe Summen" bekommen. "Das war der falsche Weg", sagte er. "Wir sind da alle schuldig."

 

 

 


[Bildquelle oben:© Natika - Fotolia.com / Bildquelle von Bomhard: Munich Re / Bildquelle Jain: Deutsche Bank]

 

Kommentare zu diesem Beitrag

RiskNET Redaktion /22.01.2013 20:41
+++ BaFin lässt Banken Aufspaltung durchspielen +++

Die deutschen Finanzaufseher lassen die Banken offenbar für den Ernstfall eines Trennbankensystems proben. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) habe einige Banken dazu aufgefordert, die Auswirkungen einer Aufspaltung in Geschäfts- und Investmentbank durchzuspielen, sagten mit den Vorgängen vertraute Personen dem Wall Street Journal Deutschland.

Mindestens zwei Banken - die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) und mit Sicherheit auch die Deutsche Bank - haben eine entsprechende Aufforderung der BaFin erhalten, sagten mehrere informierte Personen. Eine der Personen sagte, die BaFin-Methode könnte sich an dem Test orientieren, dem die französische Regierung die Banken des Landes mit den größten Handelsaktivitäten unterworfen hat. Demnach könnte die BaFin auch die Commerzbank und die deutsche UniCredit-Tochter in den Test einbeziehen.

Ein BaFin-Sprecher sagte, es sei eine der Aufgaben der BaFin, den Einfluss neuer Regelvorschläge zu untersuchen. Medienberichte zu dem Thema wollte er nicht kommentieren. Sprecher von LBBW, Deutscher Bank, Commerzbank und UniCredit Deutschland wollten ebenfalls keinen Kommentar abgeben.

Die Börsenzeitung hatte als erste von der Studie berichtet. Danach hat die BaFin eine Geschäftsbank und eine Landesbank ausgewählt, damit diese den Einfluss einer Aufspaltung auf ihre Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen prüfen. Ergebnisse sollen bis Mitte 2013 vorliegen. Die Zeitung geht davon aus, dass es sich um die Deutsche Bank und die LBBW handelt. Beide Häuser seien als Universalbank strukturiert, zudem liege der Anteil der Handelsaktivitäten an ihrer Bilanzsumme so hoch wie nirgends sonst bei großen deutschen Instituten.

Seit der vergangenen Finanzkrise steht eine Aufspaltung der Banken immer wieder zur Diskussion. Sie versprechen sich davon eine Minimierung des Risikos und die Vermeidung teurer Bankenrettungsmaßnahmen.

Ein Expertengremium um Finnlands Notenbankchef Erkki Liikanen war im Oktober zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Aufteilung der Institute in Geschäfts- und bestimmte Investment-Aktivitäten dazu führen würde, dass die Banken besser kontrolliert werden können.

Die Europäische Kommission erwägt derzeit die Erarbeitung eines Gesetzesentwurfs, der die Liikanen-Vorschläge berücksichtigen würde. Die BaFin hatte im öffentlichen Konsultationsprozess noch keine Stellungnahme abgegeben.

Die Deutsche Bundesbank hatte vergangenes Jahr dagegen gewarnt, der europäische Finanzsektor sei so eng vernetzt, dass eine Aufspaltung der Universalbanken nur einige der systemimmanenten Risiken lösen würde. Zudem kritisierte sie, dass die Liikanen-Vorschlägen in der Praxis schwer umzusetzen seien. Es sei nur schwerlich präzise auszumachen, wo das Kundengeschäft aufhört und der riskante Eigenhandel anfängt.
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