Breite Abschwächung ohne Hoffnungssignale

Deutschlands Wirtschaft im Wintermodus


Deutschlands Wirtschaft im Wintermodus Studie

Die deutsche Wirtschaft befindet sich zum Jahreswechsel 2025/26 in einer spürbaren konjunkturellen Schwächephase, die sich sowohl in den Befragungsdaten des ifo Instituts als auch in den Produktions- und Insolvenzstatistiken deutlich abzeichnet. Das ifo-Geschäftsklima ist im Dezember erneut gesunken und liegt nun bei 87,6 Punkten, was die anhaltende Zurückhaltung der Unternehmen in allen großen Wirtschaftsbereichen dokumentiert (siehe Abb. 01). Besonders auffällig ist, dass sich zwar die aktuelle Lage nicht weiter verschlechtert hat, die Erwartungen jedoch erneut nach unten gedreht sind – ein klassisches Muster am Beginn oder im Fortgang einer Rezessionsphase. Die ifo-Konjunkturuhr (siehe Abb. 02) zeigt dies klar: Die Lage-Erwartungs-Kombination positioniert Deutschland weiterhin im Krisenquadranten, in dem sowohl die gegenwärtige Geschäftslage als auch die Geschäftserwartungen unterdurchschnittlich ausfallen.

Abb. 01: ifo Geschäftsklima, Geschäftslage und -erwartungen [Quelle: ifo Institut, Dezember 2025]Abb. 01: ifo Geschäftsklima, Geschäftslage und -erwartungen [Quelle: ifo Institut, Dezember 2025]

Auch in der Detailbetrachtung zeigt sich ein konjunkturell breites und tiefes Bild: Das verarbeitende Gewerbe meldet rückläufige Neuaufträge und plant eine weitere Reduktion der Produktion. Der Dienstleistungssektor ist nach einem kurzen Zwischenhoch wieder in den negativen Bereich gefallen, und im Handel trübten ein schwaches Weihnachtsgeschäft und pessimistische Ausblicke die Stimmung weiter ein. Das Bauhauptgewerbe verharrt schließlich auf einem historisch niedrigen Niveau – ein Befund, der auch die strukturellen Belastungen widerspiegelt, die seit Jahren auf der Branche lasten. Zusammen ergeben diese Indikatoren ein Umfeld, das sich durch verhaltene Investitionsbereitschaft, Planungsunsicherheiten und eine nur sehr begrenzte Zuversicht auf kurzfristige Besserung auszeichnet.

Abb. 02: ifo Konjunkturuhr [Quelle: ifo Institut, Dezember 2025]Abb. 02: ifo Konjunkturuhr [Quelle: ifo Institut, Dezember 2025]

Deutliche Zunahme der Unternehmensinsolvenzen

Dieses Stimmungsbild korrespondiert eng mit den Befunden anderer Wirtschaftsinstitutionen. Die jüngsten Analysen von Creditreform zeigen eine deutliche Zunahme der Unternehmensinsolvenzen, insbesondere im Baugewerbe, im stationären Handel und in industrieintensiven Bereichen. Hinzu kommt ein verschärftes Finanzierungsumfeld: Banken agieren restriktiver, das Risikodeckungspotenzial der Unternehmen schrumpft, und gerade mittelständische Unternehmen verschieben ihre Investitionen zunehmend auf reine Ersatzbeschaffungen. In Summe entstehen damit Engpässe, die das schwache ifo-Geschäftsklima zusätzlich bestätigen und den Druck auf die wirtschaftspolitische Agenda erhöhen.

Abb. 03: Produktion, Verarbeitendes Gewerbe in Deutschland [Quelle: BDI]Abb. 03: Produktion, Verarbeitendes Gewerbe in Deutschland [Quelle: BDI]

Vor diesem Hintergrund weist der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) seit Monaten auf die strukturellen Ursachen der konjunkturellen Schwäche hin. Die vom Verband publizierte Grafik zur Industrieproduktion (vgl. Abb. 03), die das Niveau seit 2018 als weitgehend stagnierend oder rückläufig dokumentiert, zeigt die Dramatik der Entwicklung: Während andere Volkswirtschaften – insbesondere USA, Frankreich und einige osteuropäische Länder – im selben Zeitraum deutlich zulegen konnten, bleibt Deutschland im internationalen Vergleich sichtbar zurück. In diesem Zusammenhang fand BDI-Präsident Peter Leibinger wiederholt klare Worte: "Die Kosten für Unternehmen sind zu hoch – es müsste sich also gravierend etwas ändern, damit wir eine Chance haben, die Wertschöpfung in Deutschland zu halten." Damit bringt Leibinger auf den Punkt, was die Daten ebenfalls nahelegen: Die Schwäche ist kein zyklischer Ausreißer, sondern Ergebnis einer seit Jahren schleichenden Erosion der Standortattraktivität.

Leibinger fordert – im Einklang mit dem Reformprogramm des BDI – eine umfassende Entlastung der Unternehmen, schnellere Verwaltungs- und Genehmigungsverfahren sowie eine industriefreundliche Investitionsstrategie im Bereich Digitalisierung, Energie- und Infrastruktur. Besonders entscheidend sei die Wiederherstellung verlässlicher Rahmenbedingungen, denn Unsicherheit sei "Gift für Investitionen" – ein Befund, der sich auch in der steigenden ifo-Geschäftsunsicherheit widerspiegelt, die deutlich macht, wie schwer es Unternehmen fällt, ihre Geschäftsentwicklung für die kommenden Monate einzuschätzen.
Insgesamt ergibt sich ein konsistentes Bild: Die konjunkturelle Schwäche Deutschlands manifestiert sich in negativen Geschäftserwartungen, in real sinkender Produktion und in einer spürbaren Beschleunigung der Unternehmensinsolvenzen. Gleichzeitig wächst der wirtschaftspolitische Druck, die strukturellen Hemmnisse zu adressieren, die sich zunehmend als Bremsklotz für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit erweisen. 2026 könnte damit zum entscheidenden Jahr werden, in dem sich entscheidet, ob Deutschland in der Krise verharrt – oder durch entschlossene Reformen tatsächlich die oft beschworene Trendwende einleitet.

[ Bildquelle Titelbild: Generiert mit AI ]
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