Corporate Sustainability Reporting Directive

CSRD: Mehr als ein Papiertiger?


CSRD: Mehr als ein Papiertiger? Kolumne

Die neue CSRD-Richtlinie fordert eine Offenlegung der Nachhaltigkeitsstrategie. Das können Unternehmen als eine Pflicht sehen, die viele Kapazitäten verschlingt – oder als Chance, sich einen internationalen Wettbewerbsvorteil zu sichern.

Das Pflichtenheft der Unternehmen in Deutschland wird bald noch um ein Kapitel länger – und damit auch ihr Lagebericht. Hier muss künftig ein Nachhaltigkeitsbericht inkludiert werden. Die neue CSRD-Richtlinie der Europäischen Union (EU) wird 2024 in deutsches Recht überführt und gilt dann für immer mehr Unternehmen. Gemeinsam mit anderen Gesetzen und Verordnungen ist die CSRD ein Bestandteil des European Green Deal von 2019. Das Ziel dieses Konzeptes ist, Kapitalflüsse gezielt in nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten zu lenken. Mit der CSRD wird nun ein EU-weit einheitliches Berichtsformat geschaffen und damit die Transparenz zu Nachhaltigkeit erhöht. Die neue Pflicht hat das Potenzial, die europäische Wirtschaft grundlegend zu verändern. Wir geben einen Überblick über die wichtigsten Eckdaten und sinnvolle erste Schritte.

Im Einklang mit globalen Vorgaben

Die EU leistet hier keineswegs Pionierarbeit, sondern fordert ein, was an anderen Stellen des Globus bereits umgesetzt wird. Internationale Standards und Richtlinien zur Nachhaltigkeitsberichtserstattung wie GRI und TCFD gelten seit Jahren und sind vor allem getrieben durch die USA, Großbritannien und Kanada. Die Harmonisierung der unterschiedlichen internationalen Berichtsstandards wird noch einige Jahre dauern. Unternehmen, die sich bereits an internationalen Standards orientieren, haben aber dadurch wichtige Grundlagen gelegt, die sie für die Berichterstattung nach CSRD nutzen können.

Die neue EU-Richtlinie gilt nicht sofort für alle Unternehmen, außerdem gibt es voraussichtlich eine dreijährige Übergangsfrist. In dieser Zeit testieren Wirtschaftsprüfungsunternehmen, dass ein vollständiger Nachhaltigkeitsbericht vorliegt, nehmen aber noch keine inhaltliche Prüfung vor. Es bleibt also noch ein bisschen Zeit zu üben, bevor es richtig ernst wird. Doch es gibt viele gute Gründe, damit nicht zu lange zu warten. Indem sich Unternehmen mit CSRD beschäftigen, stärken sie sich für künftige Krisen und erzielen einen Vorteil im internationalen Wettbewerb.

Doppelte Wesentlichkeit im Fokus

Doch wie fangen Unternehmen konkret damit an, einen Nachhaltigkeitsbericht nach CSRD zu erstellen? Indem sie die richtigen Schwerpunkte setzen. Dabei spielt die Analyse der doppelten Wesentlichkeit eine Schlüsselrolle, weil sie Komplexität reduzieren kann. Einerseits bestimmen Unternehmen hier selbst, welche Auswirkungen ihr Handeln auf verschiedene Aspekte der Nachhaltigkeit hat (Inside-Out). Andererseits wird festgestellt, welche Chancen und Risiken sich aus Nachhaltigkeitsthemen für die finanzielle Lage des Unternehmens ergeben (Outside-In). Letzteres zahlt insbesondere auf die Resilienz und Widerstandsfähigkeit der Unternehmensbilanz ein. Indem sich Unternehmen mit CSRD beschäftigen, stärken sie sich für künftige Krisen und erzielen einen Vorteil im internationalen Wettbewerb.

Wer prüft, darf nicht beraten (Q&A)

Viele Unternehmen sind 2024 noch nicht von CSRD betroffen, außerdem gibt es Übergangsfristen. Dann muss das Thema noch nicht ganz oben auf die Agenda, oder?
Unternehmen sollten sich möglichst jetzt schon mit CSRD auseinanderzusetzen. Aus drei Gründen: Erstens werden kleinere Unternehmen indirekt in die Pflicht genommen, etwa von ihren Kunden, die die Nachhaltigkeit ihrer Lieferkette prüfen. Zweitens dauert es eine Zeit, sich in die neuen Anforderungen einzuarbeiten, Zuständigkeiten zu definieren und Daten zu sammeln – das geht besser jetzt schrittweise als später in einer kräftezehrenden Hauruck-Aktion. Und drittens kann es ein echter Wettbewerbsvorteil sein, das Thema frühzeitig anzugehen.

Kommen im ESG-Kontext noch weitere Pflichten auf Unternehmen zu?
Damit ist zu rechnen. Gerade für die Industrie wird die Regulatorik noch zunehmen, zum Beispiel bei der CO2-Besteuerung, um nur einen Punkt zu nennen. Auch hier hat es Vorteile, wenn sich Unternehmen frühzeitig nachhaltiger aufstellen, denn dann können sie bares Geld sparen.

Reichen Wirtschaftsprüfer zur Unterstützung?
Kernstück der CSRD ist die Wesentlichkeitsanalyse. Unternehmen müssen hier intensiv in die Analyse und Bewertung einsteigen. Dazu braucht es Fachwissen im Risikomanagement. Risiken müssen ermittelt und bewertet sowie der Versicherungsschutz angepasst werden, etwa auf potenziell höhere Schäden bei Naturgefahren. Eine alleinige Zusammenarbeit mit Wirtschaftsprüfern reicht wohl nicht aus: Denn wer prüft, darf nicht beraten.

Sicher durch den ESG-Dschungel

Im ersten Schritt sollten Unternehmen sich daher einen Überblick über die geltenden Regularien verschaffen. Mögliche Überschneidungen von bereits vorhandenen Ansätzen im Unternehmen mit der CSRD herauszuarbeiten hilft, den Aufwand zu verkleinern. Es gilt zudem Strukturen und Prozesse für eine CSRD-konforme Berichterstattung zu definieren.

Sind diese Vorarbeiten geleistet, kann es mit der Wesentlichkeitsanalyse im zweiten Schritt an die eigentliche Arbeit gehen. Notwendig ist eine Priorisierung, die Ermittlung von Messgrößen und Metriken (Skalen) sowie die Durchführung von Stakeholder-Analysen. So können Unternehmen das Wesentliche vom Unwesentlichen begründet unterscheiden.

In den weiteren Schritten geht es um konkrete Analysen. Auch hier kann oft auf Vorhandenem aufgesetzt werden, etwa bei der Klimarisikofolgeabschätzung. Die Analyse der Gefährdung von Standorten durch Naturgefahren ist aus der Sach-Versicherung bekannt. Hier sollte die Methodik erweitert werden und Lieferanten sowie Schlüsselkunden einbezogen werden. Zugleich muss die Perspektive auf die nächsten 80 Jahre gelingen und aufgezeigt werden, wie sich beispielsweise der Anstieg des Meeresspiegels auf das Überschwemmungsrisiko auswirkt. Mit Maßnahmen wie einem Business Continuity Management können Unternehmen Ihre Risiken dann zielgerichtet reduzieren.

Daher gilt die vielfach bestätigte Weisheit, dass eine gute Grundlagenarbeit spätere Nachbesserungsaufwände reduziert.

Autoren

Dr. Alexander Skorna

Geschäftsführer Funk Consulting GmbH

Julia Timmerbeil
Consultant Funk Consulting GmbH

 

[ Bildquelle Titelbild: Generiert mit AI ]
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