Abwehr von Währungsspekulation

Euro-Finanzminister beschließen Euro-Rettungsfonds von 700 Mrd EUR


Euro-Finanzminister beschließen Euro-Rettungsfonds von 700 Mrd EUR News

Die Finanzminister der Eurozone haben sich darauf geeinigt, zur Abwehr von Währungsspekulation auf einzelne Mitgliedsländer der Gemeinschaftswährung 700 Milliarden Euro bereitzustellen. Allerdings steht diese Summe nicht sofort und auch nicht effektiv zur Verfügung, wenn der ständige Rettungsschirm ESM am 1. Juli seine Arbeit aufnimmt. "Es ging hier darum, eine möglichst großen Betrag zustande zu bringen, um ein Zeichen an die Märkte und internationale Kreditgeber wie den IWF zu geben", sagte Commerzbank-Analyst Christoph Weil.

Die 700 Milliarden Euro setzen sich zusammen aus 500 Milliarden Euro des ständigen Rettungsfonds ESM und 200 Milliarden Euro, die der vorläufige Rettungsfonds EFSF Griechenland, Portugal und Irland bereits zugesagt hat. Ist also ein weiteres Land akut von der Pleite bedroht, kann es nicht mit 700 Milliarden Euro rechnen, weil die Kredite an Griechenland, Portugal und Irland nicht noch einmal vergeben werden können. Außerdem wird der ESM nicht sofort nach Gründung den kompletten Betrag am Kapitalmarkt wird aufnehmen können. Denn das hierfür notwendige Eigenkapital in Höhe von 80 Mrd Euro werden die Euro-Länder erst Mitte 2014 eingezahlt haben.

"Die Eurogruppe hat dann zusätzlich noch etwas Zahlenkosmetik betrieben und die bilateralen Kredite an Griechenland dazugenommen, damit die Summe noch einmal größer erscheint", urteilte Commerzbank-Volkswirt Weil. Zusammen mit bereits gezahlten Krediten der EU-Kommission (EFSM) und bilateralen Kredite von Nationalstaaten für Griechenland über 49 und 53 Milliarden Euro ergibt sich ein aufaddiertes Finanzvolumen von rund 790 Milliarden Euro, weshalb in Meldungen häufig 800 Milliarden Euro zu hören sind.

Weil die volle Feuerkraft im kurzfristigen Notfall nicht vorhanden wäre, haben die Finanzminister zumindest für ein Jahr noch ein zweites Rettungsmittel an Bord geholt. Beim drohenden Zahlungsausfall eines Euro-Mitglieds könnte bis Juni 2013 noch der unverbrauchte Kreditrahmen des vorläufigen Rettungsfonds EFSF ausgeschöpft werden. Er beträgt 240 Milliarden Euro, "wird aber nur im absoluten Ausnahmefall aktiviert", sagte ein hochrangiger EU-Vertreter, der an den Verhandlungen teilgenommen hat.

Weil diese Notvariante nur bis Mitte nächsten Jahres zur Verfügung steht, sollen die Euro-Länder die Barbeträge für den ESM vorfristig einzuzahlen. So sollen die ersten beiden der fünf geplanten Tranchen bereits im Juli bereit gestellt werden. Auf diesem Weg erhält der ESM 16 der insgesamt 80 Milliarden Euro an Stammkapital.

Aus Sicht von Berenberg-Chefvolkswirt Holger Schmieding hat Deutschland die Forderungen Frankreichs nach einem Gesamtvolumen von einer Billion Euro abwehren können. "Trotzdem reicht die Summe aus, um auch ein großes Land wie Spanien oder Italien für eine zeitlang über Wasser halten zu können", urteilte er. Nach Schmiedings Berechnungen muss Spanien bis Ende 2014 rund 300 Milliarden Euro am Kapitalmarkt refinanzieren, Italien 600 Milliarden Euro. "Die Märkte könnten sich von der jetzigen Entscheidung unbeeindruckt zeigen", sagte Schmieding, "Mario Draghi und die EZB scheinen im Zweifel aber bereit zu stehen."

 

[Bildquelle: iStockPhoto]

Kommentare zu diesem Beitrag

RiskNET Redaktion /30.03.2012 18:40
+++ IWF begrüßt Aufstockung des Euro-Rettungsfonds +++

Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, hat die Aufstockung des Euro-Rettungsfonds von 500 auf 700 Milliarden Euro begrüßt. Die Kombination von Mittel des vorläufigen Rettungsfonds EFSF mit dem ständigen ESM werde die europäischen "Brandmauer" stärken und den IWF in seinem Bemühen unterstützen, neue Ressourcen zum Nutzen aller Mitglieder zu erschließen", hieß es in einer schriftlichen Mitteilung Lagardes. IWF-Mitglieder wie China Brasilien haben höhere Zahlungen an den IWF davon abhängig gemacht, ob es den Europäern gelingt, ihre Rettungsmittel unabhängig vom IWF aufzustocken.
Markus /30.03.2012 18:56
"...Beim drohenden Zahlungsausfall eines Euro-Mitglieds könnte bis Juni 2013 noch der unverbrauchte Kreditrahmen des vorläufigen Rettungsfonds EFSF ausgeschöpft werden...."

Ich wage die tollkühne Prognose, dass bis Herbst 2012 der Markt Richtung Spanien an Fahrt aufnimmt. Höhere Zinsen, Druck auf die EU-Gremien,...

Die Devise lautet: Von Griechenland lernen

Einige Investoren werden ganz gezielt gegen Spanien wetten, also nicht mehr so aktiv am Markt auftreten -> Angebot-Nachfrage-> Spreads steigen ->
Zinsen steigen - damit in der Folge - Geld der liquiden EU-Staaten zu längeren Laufzeiten für Spanien haften muss - also wiederum höhere Zinseinnahmen generiert werden können

"...Er beträgt 240 Milliarden Euro, "wird aber nur im absoluten Ausnahmefall aktiviert", sagte ein hochrangiger EU-Vertreter, der an den Verhandlungen teilgenommen hat...."

Der absolute Ausnahmefall wird im Herbst also eintreffen
RiskNET Redaktion /10.04.2012 07:56
+++ Höhere Euro-Brandmauer unnötig +++

Jörg Asmussen, Mitglied des Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB), hält einen noch höheren Schutzschild des Euroraums gegen Spekulanten für unnötig. "Die Diskussion an den Kapitalmärkten über immer größere und massivere Brandmauern basiert meiner Meinung nach auf der vereinfachenden Annahme, dass eine einzige Maßnahme die Lösung der Krise bringt. Das ist Wunschdenken", sagte Asmussen der Rheinischen Post. Die Krise könne nur gelöst werden durch nachhaltige Konsolidierung der Staatsfinanzen und wachstumsfördernde Strukturreformen in den Euro-Ländern, bessere Regulierung des Finanzsektors sowie die Weiterentwicklung der Eurozone hin zu einer echten Wirtschaftsunion.

Asmussen trat zugleich der Erwartung entgegen, die EZB Refinanzierungsgeschäfte mit sehr langer Laufzeit quasi zu einem Standardinstrument ihrer Politik machen werde. "Wichtig ist, dass die Sondermaßnahmen der EZB nur zeitlich befristet zur Verfügung stehen und niemand aus dem Umstand, dass wir zwei Mal eine solche Refinanzierungsoperation durchgeführt haben, darauf schließen sollte, dass wir dies auch ein drittes Mal tun werden, sagte er.

Das EZB-Direktoriumsmitglied rechnet nach eigenen Angaben mit einer wirtschaftlichen Erholung in Griechenland schon in zwei Jahren. "Ich erwarte bei Umsetzung des Sanierungsprogramms positives Wachstum in Griechenland ab 2014", sagte Asmussen. Es sei das Ziel, Griechenland in der Währungsunion zu behalten und schrittweise ab 2015 wieder an die Finanzmärkte zu bringen. "Die Kosten eines Austritts Griechenlands aus der Währungsunion wären unkalkulierbar", so Asmussen.
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