Warten auf positive Nachrichten


Kaum dass sich bei den Hauptbelastungsfaktoren der vergangenen Monate – der Finanzkrise, dem Ölpreis und der Inflationsfront – eine leichte Entspannung abzeichnet, kommt mit dem Russland-/Georgienkonflikt nun ein weiterer nicht zu unterschätzender Unsicherheitsfaktor hinzu. Gerade Osteuropa war zuletzt einer der Haupt-Wachstumstreiber der deutsch-/europäischen Wirtschaft. Da mit einem Russlandkonflikt einerseits der Öl- und Gaspreis jederzeit wieder in Fahrt kommen könnte und andererseits ein wichtiger Absatzmarkt z.B. durch Sanktionen verstopft wird, sind die Zukunftsaussichten für unsere Wirtschaft und damit auch die Aktienmärkte weiterhin extrem schwierig einzuschätzen.
 
Wirtschaft zeigt erste Schwächen

Die sehr uneinheitlichen internationalen Konjunkturdaten wirkten zusätzlich auf die Märkte und haben den DAX im August, ausgehend von 6.400 Punkten, zwischen 6.200 und 6.600 hin und her gerissen. Trotz der schlechten Stimmung bei den hiesigen Konsumenten (der GfK-Konsumklimaindex fiel auf das Niveau von 2003 zurück) und bei den Unternehmern (der IFO-Geschäftsklimaindex fiel zum dritten Mal in Folge) konnte sich der deutsche Leitindex zumindest auf dem Niveau vom Monatsanfang halten. Die Detailbetrachtung des IFO-Geschäftsklimaindex zeigt dabei ganz klar, dass sich nicht nur die Stimmung bzw. die Geschäftsaussichten verschlechtert haben, sondern dass bereits die aktuelle Situation, d.h. die „Realwirtschaft“ deutliche Bremsspuren aufweist. Dies bestätigte auch das im 2. Quartal gegenüber dem 1. Quartal rückläufige Wirtschaftswachstum (-0,5 Prozent) für Deutschland. Aber nicht nur Deutschland bremst. Besonders problematisch ist, dass die US-Immobilienkrise weiter anhält und längst auch in Europa und hier allen voran in Großbritannien, Spanien und Irland angekommen ist. Auch in diesen drei Ländern war, ähnlich wie in den USA, der Immobilienmarkt nicht gerade unbedeutend für den gesamtwirtschaftlichen Boom der letzten Jahre. In den 20 wichtigsten Ballungszentren der USA gingen die Preise innerhalb von einem Jahr um über 15 Prozent und in Großbritannien um über elf Prozent zurück. Nicht wenige Ökonomen halten in England sogar einen Gesamtrückgang um 35 bis 40 Prozent binnen zwei Jahren für wahrscheinlich. Und für Spanien und Irland muss mit ähnlichen Quoten gerechnet werden.
 
Ausgang der US-Immobilienkrise noch ungewiss

Das Risiko, dass sich aus einer Immobilienkrise eine Negativspirale entwickelt, wächst mit jedem Prozentpunkt, den die Immobilien abwerten. Schließlich bedeutet ein niedrigerer Immobilienwert weniger Kreditsicherheit und damit weniger finanzieller Spielraum für jeden Hypothekenbesitzer bis hin zur Überschuldung, wenn die Schulden den Wert des Hauses bzw. des Privatvermögens übersteigen. Dies ist in den USA bei rund 20 Prozent aller Hypothekenbesitzer der Fall. Die Zwangsverwertung durch die Banken drückt derweil die Immobilienpreise weiter und potenzielle Immobilienkäufer warten mit deren Kauf, weil sie auf noch günstigere Preise warten. Auch wenn in den USA zum Teil nur die Immobilie, nicht aber das sonstige Privatvermögen, für die Hypothekenkredite mit haftet, so droht in vielen Fällen dennoch die Privatinsolvenz. Denn Ratenkredite, Leasing- und Kreditkartenschulden können nicht mehr wie früher, mit der Wertsteigerung der Immobilie „bezahlt“ werden. Stattdessen muss nun das „Ersparte“ – welches bisher nicht vorhanden war – herhalten. Wenn nun in den USA die Steuerschecks der Regierung „verbraten“ sind, welche maßgeblich für den unerwartet hohen BIP-Anstieg (3,3 Prozent) im 2. Quartal (vgl. Deutschland -0,5 Prozent) verantwortlich gewesen sein dürften, so schwant für das dritte und vierte Quartal nichts Gutes.

Hoffnung liegt auf US-Wahl

Aber: Wir haben Wahljahr und so könnte es durchaus sein, dass doch noch ein Regierungsprogramm aus dem Hut gezaubert wird, welches neben den (höchstwahrscheinlich nicht ausreichenden) Steuerschecks und den Zinssenkungen die beschriebene Abwärtsspirale verhindern hilft. Der Harvard-Professor und Ex-Reagan-Berater Martin Feldstein hat vorgeschlagen, den halbwegs sanierungswürdigen Hypothekenkreditnehmern, die zumindest noch über ein positives Eigenkapital verfügen, ein langfristiges (15jähriges), niedrigverzinstes Staatsdarlehen, bis zur Höhe von 20 Prozent der Hypothek (max. 80.000 USD) zu gewähren. So könnte der immense Verkaufsdruck vom Immobilienmarkt genommen und die Abwärtsspirale vielleicht vermieden werden. Ob das „Feldstein-Konzept“, das dieser bereits im März empfahl, mehrheitsfähig und auch finanzierbar ist, wird sich zeigen. Am wahrscheinlichsten ist dies unter demokratischer Flagge. Womöglich muss auch in Spanien, Irland und Großbritannien demnächst über ähnliche „Innovationen" nachgedacht werden.
 
Zurückhaltung bei Aktieninvestments

Die nach wie vor unbestimmte Situation an den Märkten spricht noch nicht für eine Ausweitung der Investitionen. Vielmehr halten wir die Aktienquoten in den GECAM-Portfolios aktuell eher „neutral“. Bei Immobilienfonds empfiehlt es sich, die Länderstruktur genauer zu betrachten. Im Falle einer starken Gewichtung der vorab genannten „schwierigen“ Immobilienmärkte kann eine Reduzierung der Positionen vorausschauend sein. Auch mit Interbankenzinsen von 4,3 Prozent (Tagesgeld) bis knapp 5 Prozent (3-Monats-Geld) kann man die kommende „Hurrican“-Saison durchaus überbrücken. Vor diesem Hintergrund hat GECAM aktuell das Engagement im Geldmarkt deutlich erhöht.
 

Autor: Helmut Knestel ist Fondsmanager der unabhängigen Vermögensverwaltung GECAM AG.

 

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