Studie: Marktkapitalisierung an den Weltbörsen

Vom Homebrew Computer Club zum wertvollsten Unternehmen


Studie: Marktkapitalisierung an den Weltbörsen: Vom Homebrew Computer Club zum wertvollsten Unternehmen Studie

An den Weltbörsen ging es im Jahr 2022 für die meisten Top-Konzerne abwärts. Allein die 100 aktuell höchstbewerteten Unternehmen verloren im Jahresverlauf insgesamt 7,2 Billionen US-Dollar an Marktkapitalisierung, so das Ergebnis einer Analyse der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und des Beratungsunternehmens EY. Ihr Wert sank im Verlauf des vergangenen Jahres um 20 Prozent auf 28,6 Billionen US-Dollar.

Besonders betroffen waren Technologiekonzerne, deren Börsenwert insgesamt um 33 Prozent einbrach. Allein die Top US-Konzerne Tesla, Apple, Meta, Microsoft, Alphabet und Amazon verloren zusammen 4,6 Billionen US-Dollar an Wert. Aber auch Konsumgüterhersteller und Telekommunikationsunternehmen verzeichneten mit 29 bzw. 27 Prozent kräftige Wertverluste.
Insgesamt schrumpfte der Börsenwert von 69 der 100 wertvollsten Unternehmen – entsprechend schafften immerhin 31 Konzerne einen Wertzuwachs. Aufwärts ging es vor allem für Energiekonzerne (plus 12 %) und Industrieunternehmen (plus 10 %).

Kein europäisches Unternehmen unter den Top-10

rotz der hohen Kursverluste der US-Digitalkonzerne: An der Dominanz der USA an den Weltbörsen hat sich insgesamt nichts geändert. Die Zahl der US-amerikanischen Unternehmen, die sich zur Jahresmitte unter den 100 wertvollsten Unternehmen der Welt platzieren können, liegt bei 61 (Vorjahr: 62). Und von den zehn höchstbewerteten Unternehmen der Welt haben neun ihren Hauptsitz in den USA. Das wertvollste Unternehmen der Welt ist zum Jahresende 2022 das gleiche wie vor einem Jahr: Apple. Der US-amerikanische Computerhersteller ist damit an der Börse mehr wert als alle 40 Dax-Unternehmen zusammen.

Europäische Unternehmen schaffen es derzeit nicht unter die weltweiten Top 10. Und von den 100 wertvollsten Unternehmen haben nur 15 ihren Hauptsitz in Europa – 19 stammen aus Asien. Das wertvollste europäische Unternehmen ist aktuell der französische Luxuskonzern LVMH auf Rang 15. Unter den Top 100 ist auch kein einziges deutsches Unternehmen vertreten.
Grundlage der Berechnung war eine Analyse der Marktkapitalisierung der am höchsten bewerteten Unternehmen weltweit. Stichtag für die vorliegende Analyse ist der 27.12.2022 (Börsenschluss).

Deutschlands Bedeutung an den Weltbörsen rückläufig 

Die Bedeutung Europas an den Weltbörsen ist seit Jahren rückläufig – und auch das vergangene Jahr brachte keine Trendwende. Vor der Finanzkrise – Ende 2007 – kamen noch 46 der 100 wertvollsten Unternehmen der Welt aus Europa, derzeit sind es nur noch 15. Besonders das Gewicht Deutschlands ist gesunken: Zum Jahresende 2007 fanden sich noch sieben deutsche Unternehmen unter den Top 100, Ende 2021 waren es noch zwei Unternehmen, aktuell schafft es kein einziges deutsches Unternehmen unter die Top 100.

Hierbei wird deutlich, dass es den deutschen Unternehmen vor allem an Zukunftsperspektiven mangelt, denn bei der Marktkapitalisierung spielen vor allem die erwarteten Chancen in der Zukunft eine ganz wesentliche Rolle. Es wäre allerdings zu einfach, hier die Ursachen ausschließlich in gestiegenen Energiepreisen und geopolitischen Konflikten zu suchen. Die Ursachen sind vielschichtiger. So verschlechtern sich seit vielen Jahren die Standortbedingungen, so dass Konzerne Investitionen ins Ausland verlagern. Allein die Bürokratiekosten für die deutsche Wirtschaft betragen nach Schätzungen des Statistischen Bundesamtes über 40 Milliarden Euro jährlich. Man könnte fortfahren mit politischen Fehlern in den Bereichen Digitalisierung und Infrastruktur sowie einer ideologisch betriebenen Energiepolitik sowie vielen weiteren Baustellen. In diesem Umfeld ist Deutschland gerade dabei, seine industrielle und wirtschaftliche Basis zu zerstören. 

Zentralplanerischer Sozialismus ist eine Sackgasse

Bereits Ende 2020 hatte der Ökonom und ehemalige Chef des ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, in einem Interview darauf hingewiesen, dass die Autoindustrie in die Falle getappt sei, die die amerikanische Umweltbehörde ihr gestellt hat. "Nur was hat diese moralische Verwerfung mit der Industriestruktur und der zukünftigen Entwicklung unseres Landes zu tun? Gar nichts. Es ist vollkommen verfehlt, hier moralisierend zu argumentieren, wenn es um Millionen von Arbeitsplätzen geht", so Sinn. So geht die Entwicklung zum Elektroauto nicht von den Verbrauchern aus, sondern wurde den Konzernen und den Bürgern von der Politik aufoktroyiert. "Das ist eine Gesinnungsdiktatur, die nicht sachdienlich ist und durch das Problem nicht gerechtfertigt wird. Dadurch entsteht ein neuer zentralplanerischer Sozialismus. Manchmal gebären sich die Grünen tatsächlich so, als wären sie Sozialisten, nur mit einem grünen Anstrich", so der Ökonom im Interview mit dem Automobilclub "Mobil in Deutschland e.V.".

Wir benötigen in Deutschland und in Europa eine höhere unternehmerische Risikobereitschaft und unternehmerisches Denken und weniger Bürokraten. Hierfür sind ein Gründer-Ökosystem und ein gründerfreundliches Klima erforderlich. Nur dann können neue Chancen entdeckt, Risiken getragen und Innovationen durchgesetzt werden. Im Benchmark ist die Gründungsquote in Deutschland mit 4,8 % vergleichsweise gering. In den USA beträgt die Quote 15,4 %. So machen u.a. ein erschwerter Zugang zu Wagniskapital und ein hoher Bürokratieaufwand Deutschland als Gründungsstandort unattraktiv. So stellt sich beispielsweise die Frage, warum Entrepreneurship und Digitalisierung in unserem Bildungssystem nicht einen höheren Stellenwert spielt? 

Es sei daran erinnert, dass das wertvollste Unternehmen der Welt erst vor rund 47 Jahren, am 1. April 1976, von Steve Jobs, Steve Wozniak und Ronald Wayne mit einem Startkapital in Höhe von 1.300 US-Dollar gegründet wurde. Und zwar in einem Umfeld von Leidenschaft und Risikofreude. Ohne große bürokratische Hürden gründeten sie im Umfeld des "Homebrew Computer Club", einem Club von Enthusiasten und Hackern, das Unternehmen Apple.
 

[ Bildquelle Titelbild: Adobe Stock.com / BGStock72 ]
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