Versicherer diskutieren neue Risiko-Modelle


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Die diesjährige Hurrikan-Saison ist im Vergleich zu den schweren Wirbelstürmen in den vergangenen beiden Jahre zwar bislang ruhig verlaufen. Für die Rückversicherer ist dies jedoch kein Grund zur Entwarnung. Die Rückversicherer werden auf ihrem am Sonntag beginnenden Treffen in Monte Carlo mit ihren Kunden, den Erstversicherern, und Maklern nächste Woche neue Modelle zur Bewertung von Risiken aus Wirbelstürmen und neue Anforderungen an die Hinterlegung der Deckungen mit Kapital diskutieren. Vor dem Hintergrund dieser höheren Anforderungen dürften die Rückversicherer sich für Preissteigerungen bei Naturkatastrophen-Deckungen stark machen. "Bisher ist die diesjährige Hurrikan-Saison sehr mild verlaufen", erklärt Analyst Konrad Becker von Merck Finck. "Aber die Rückversicherer, die noch immer dabei sind, die Schäden der vergangenen beiden Jahre zu verkraften und ihre Reserven aufzubauen, haben gute Argumente, die Preise hoch zu halten." Allgemein gebe es die klare Tendenz zu mehr Naturkatastrophen.

Teuerste Naturkatastrophe der US-Geschichte

Das jährliche Treffen in Monte Carlo, das bereits zum 50. Mal abgehalten wird, ist zugleich der Startschuss für die Verhandlungen zur Erneuerung der Rückversicherungsverträge zum 1. Januar. Zugleich veröffentlichen üblicherweise auch internationale Ratingagenturen ihre neuesten Einschätzungen zur Branche. Die 15 weltweit größten Rückversicherer verzeichneten 2005 Bruttoprämien von über 125 Mrd. USD. Obwohl auf dem Treffen noch keine konkreten Vertragsabschlüsse getätigt werden, verfolgen Analysten die Gespräche intensiv und beziehen die Kommentare in ihre Gewinnschätzungen der Unternehmen ein. Hohe Belastungen aus den Hurrikan-Saisons der vergangenen beiden Jahre haben die Gewinne vieler Rück- und Erstversicherer arg geschmälert, führten mitunter zum Ausfall der Dividende und zu Rating-Rückstufungen. Naturkatastrophen zogen 2005 nach einer Studie der Swiss Re weltweit versicherte Schäden von insgesamt mehr als 78 Mrd. USD nach sich. Allein Hurrikan "Katrina", der vor einem Jahr den Golf von Mexiko heimsuchte und die Metropole New Orleans überflutete, kostet die Versicherungsbranche nach Schätzungen zwischen 45 Mrd. und 65 Mrd. USD. Damit ist "Katrina" die teuerste Naturkatastrophe in der US-Geschichte, noch vor Wirbelsturm "Andrew" des Jahres 1992.

Angepasste Risiko-Modellierung

Schon 2004 brachten die Hurrikane "Charley", "Frances", "Ivan" und "Jeanne" Belastungen von über 20 Mrd USD mit sich, wie Analysten der Credit Suisse in einer Studie im Juli in Erinnerung riefen. Angesichts der stark gestiegenen Schadensbelastungen haben die Unternehmen zur Risikoabschätzung (Risiko-Modellierung) und die Ratingagenturen ihre Modelle für Hurrikan-Risiken sowie die Kapitalanforderungen für Rückversicherer überarbeitet und angepasst. Im Mai und Juni haben die weltweit drei größten Risiko-Modellierer - die Air Worldwide Corp, Eqecat Inc und Risk Management Solutions Inc  - überarbeitete Modelle zur Abschätzung von Hurrikan-Schäden herausgebracht. Diese berücksichtigen die Schadensbilanz der vergangenen beiden Jahre, einschließlich der Flutzerstörungen in Folge der Wirbelstürme.

Höhere Kapitalanforderungen

"Die neuen Modelle beinhalten mehr Parameter als bisher und dürften daher tendenziell besser sein. Allerdings sind auch sie nicht perfekt, und unsicher bleiben sie natürlich", sagt  Analyst Thorsten Wenzel von der DZ Bank. Seiner Einschätzung zufolge ziehen die neuen Modelle höhere Kapitalanforderungen nach sich, da die Modelle von höheren Schadensbelastungen ausgehen. Während einerseits die Modelle zur Risikoabschätzung geändert wurden, haben andererseits Ratingagenturen wie Standard & Poor's und A.M. Best ihre Kapitalanforderungen heraufgesetzt. Dabei stellen sie ein häufigeres Auftreten von Naturkatastrophen sowie auch einen höheren Maximalschaden in Rechnung.

Weiterhin hohe Hurrikan-Aktivitäten

Für die Zukunft gehen Wissenschaftler aufgrund begünstigenden Klimabedingungen von einer weiterhin hohen Hurrikan-Aktivität aus. Auch dies dürfte die Rückversicherer veranlassen, höhere Preise für diesen Versicherungsschutz zu fordern. Die US-Wetter-Behörde National Oceanic and Atmospheric Administration (NAOO) rechnet für die laufende Saison mit sieben bis neun Hurrikanen, von denen drei bis fünf schwere Hurrikane der Stärken 3 bis 5 auf der Saffir-Simpson-Skala sein könnten. Das bisher geringe Ausmaß an Hurrikanen in diesem Jahr sei keine Garantie, dass auch die noch verbleibende Saison weiter so ruhig verlaufe, warnten die Fachleute der NAOO. Zwar rechnen die Wissenschaftler damit, dass auch die Sturm-Aktivität 2006 über dem langjährigen Mittel ausfallen wird. Ein Rekord wie im Vorjahr dürfte aber unwahrscheinlich sein. 2005 hatte die NOAA im Atlantischen Ozean sieben schwere Hurrikane registriert. Während die Preise in den besonders durch Naturkatastrophen gefährdeten Gebieten hoch sind, dürfte die Rückversicherer in anderen Region nach Einschätzung von Marktteilnehmern Mühe haben, die Preise anzuheben. "Außerhalb der USA dürfte es für Rückversicherer erheblich schwerer sein, höhere Preise durchzusetzen, da die Erstversicherer argumentieren werden, dass sie nicht bereit sind, die hohen US-Verluste (der Rückversicherer) zu finanzieren, schreiben die Analysten von Credit Suisse.

[Bildquelle: Nasa, Hurricane Frances on 2004 Aug 31 17:55 UTC.]

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