An den Märkten ist es heiß geworden

Steigende Risikobereitschaft an den Kapitalmärkten


Steigende Risikobereitschaft an den Kapitalmärkten News

Die Aktienmärkte geben im Augenblick ein Rätsel auf. Da gibt es Krisen und Belastungen wie schon lange nicht mehr. Im Euroraum muss Portugal unter den Rettungsschirm. In Irland kostet die Bankensanierung mehr als erwartet. In Griechenland sagt selbst der Finanzminister, dass eine Umschuldung möglich werden könnte. In Japan sind die Schäden vom Erdbeben und vom Tsunami noch nicht aufgeräumt. Das Atomkraftwerk Fukushima setzt noch immer radioaktive Strahlungen frei. Es kommt schon wieder zu neuen Beben. In Nordafrika ist die friedliche Jasmin-Revolution in Ägypten und Tunesien in einen Krieg in Libyen übergegangen. Die Ölpreise sind, gemessen am Brent, auf über USD 120 je Barrel hochgeschnellt. Zuletzt hat die Europäische Zentralbank die Zinsen angehoben.

Und die Aktienkurse? Sie steigen und steigen. Wer zu Jahresbeginn diese Häufung von Belastungen geahnt hätte, hätte so eine Entwicklung für unmöglich gehalten. Die Ereignisse in Japan haben zu einem kurzen Einbruch geführt. Er wurde jedoch schnell ausgebügelt. Der DAX liegt inzwischen 3 Prozent über dem Jahresanfangsniveau, der amerikanische Dow Jones sogar 6 Prozent.

Natürlich kann man sagen, dass die hinter dem Aktienaufschwung stehenden Kräfte so stark sind, dass sie auch sehr schwere Belastungen auffangen können. Das ist aber schwer zu belegen. Die Konjunktur ist zwar noch gut. Sie ist aber nicht mehr so gut wie noch vor einem Jahr. Das gesamtwirtschaftliche Wachstum verlangsamt sich. Zudem befindet sich der Aktienkursanstieg im dritten Jahr. Das ist normalerweise eine kritische Zeit. Weniger als die Hälfte aller Aktienhaussen in Deutschland haben sie überstanden.

Manche erklären die Resistenz der Aktienkurse damit, dass es noch eine Reihe von Investoren gibt, die den Markteinstieg verpasst haben. Sie suchen nunmehr einen günstigen Moment, auch jetzt noch Dividendentitel zu kaufen. Das erklärt die hohe Nachfrage, als der DAX nach dem Erdbeben in Japan unter 7.000 fiel.

Schließlich wird darauf verwiesen, dass sich die Aufwärtsentwicklung in den letzten Wochen bei relativ geringen Umsätzen vollzog. Es waren vor allem Privatanleger, die auf den fahrenden Zug sprangen. Institutionelle Investoren sind eher vorsichtig. Sogar Versicherungen, die normalerweise spät in den Markt einsteigen, halten sich mit Käufen zurück.

All das deutet darauf hin, dass die gegenwärtige Marktentwicklung nicht sauber ist. Sie zeigt Anzeichen einer Überhitzung. Darauf deuten auch die Geschehnisse am Devisenmarkt hin. Der Dollar ist ungewöhnlich schwach. Es gibt also wenige, die den sicheren Hafen der amerikanischen Währung suchen. Die sogenannten Carry Trades, also die Aufnahme von Geld in niedrig verzinslichen Währungen und die Anlage in höherverzinslichen Währungen, nehmen wieder zu. Nur der steigende Goldpreis zeigt, dass es noch Krisen gibt.

Es kann bei den Aktien in den nächsten Wochen zwar noch etwas weiter nach oben gehen. Im April und Mai stehen traditionell die Dividendenzahlungen der Unternehmen an. Das bringt Liquidität in die Märkte und stützt die Nachfrage. Es könnte aber sein, dass es dann mit der Aufwärtsentwicklung erst einmal zu Ende geht. Es könnte sein, dass sich in diesem Jahr die alte Regel wieder bewahrheitet: Sell in May and go away.

Es gibt ein Argument, das mich hier besonders stutzig macht. Das ist die Entwicklung der Geldmenge M1. Sie enthält den Bargeldumlauf sowie die täglich fälligen Einlagen von Unternehmen und Privatpersonen. Sie erfasst also – anders als die übliche Geldmenge M3 – das Geld, das unmittelbar ausgegeben werden kann. Die Geldmenge M1 weist erfahrungsgemäß eine gute Korrelation mit der Konjunktur und mit den Aktienmärkten auf. Wenn die Menschen viel Geld liquide in der Tasche halten, ist es wahrscheinlich, dass sie das dann bald für Güter und Dienste oder auch für Aktien ausgeben. Wenn sie weniger liquide Mittel zur Verfügung haben, dann schränken sie meist auch ihre Käufe ein.

 
Abbildung: Geldmenge M1 und DAX; Reale Geldmenge M1 in % ggü. Vorjahr; zwölf Monate zeitlich versetzt [Quelle: Bundesbank]
Abbildung: Geldmenge M1 und DAX; Reale Geldmenge M1 in % ggü. Vorjahr; zwölf Monate zeitlich versetzt [Quelle: Bundesbank]
 

Dieser Zusammenhang zeigt sich in der Grafik, in der die Veränderung der realen, d. h. preisbereinigten Geldmenge M1 im Euroraum mit einer zeitlichen Verschiebung von zwölf Monaten der Entwicklung des DAX gegenübergestellt wird. Es stellt sich heraus, dass das reale M1 die Wendepunkte in der Entwicklung des DAX nicht perfekt, aber doch ordentlich indiziert.
Nach dieser Grafik müssten die Aktienkurse, gemessen am DAX, ihren Höhepunkt erst einmal hinter sich haben. Das reale M1 verlangsamt sich seit Herbst 2009 deutlich. Natürlich ist das nur ein Indikator. Er gilt auch nur für Deutschland. Man darf ihn nicht überbewerten. Der amerikanische Dow Jones könnte sich besser halten. Dort ist die Konjunktur noch besser, es gibt keine Eurokrise und die Zinsen steigen noch nicht an.

Es kann sein, dass ich zu pessimistisch bin. Bei mir leuchten aber die Warnlampen auf. Ich glaube, dass es an der Zeit ist, am Aktienmarkt vorsichtiger zu werden.


Autor: Dr. Martin W. Hüfner, Chief Economist, Assenagon Asset Management S.A.


[Bildquelle: iStockPhoto]

Kommentare zu diesem Beitrag

Markus /14.04.2011 17:13
Warum so pessimistisch???

Immer rein mit der Kohle in den Markt,...

... Oliver Kahn lässt grüßen:".. immer weiter, imma weida...."

Aber Ich denke auch, dass sich die globalen Verhältnisse verändert haben und Amerika und Europa nicht mehr alleine in der ersten Reihe stehen. Australien, Brasilien und China sind mitterweile nicht zu unterschätzende Märkte (der Rohstoffe wegen) und Marktteilnehmer. Insbesondere China sitzt auf Reserven, die investiert werden wollen. Es sei denn der kleine Hu Jintao wertet seine Währung auf, was er aus souveräner und stolzer Haltung gegenüber Amerika lassen wird. Pech für die Amis.....Pech für den Dollar.....

Also wo geht das Geld hin???
Wer profitiert ???

Ganz besonders Deutschland, also auch der DAX, weil man als Export- und Technologieland sein Wissen erfolgreich in entwicklungsfähige Länder verkauft.
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