Stakeholderorientierung, Systemhaftigkeit und Stabilität der Corporate Governance in Deutschland


Die drei Stichworte Stakeholderorientierung, Systemhaftigkeit und Stabilität hängen eng zusammen und kennzeichnen gleichzeitig die tradierten Besonderheiten des deutschen Systems der „Corporate Governance“, d.h. der Unternehmenssteuerung und Kontrolle: In Deutschland ist die Corporate Governance schon seit dem Beginn der „verspäteten Industrialisierung“ nach 1870 „stakeholderorientiert“. Das bedeutet, sie ist an den Interessen verschiedener Gruppen, und nicht nur der Eigentümer oder Aktionäre, ausgerichtet und räumt diesen auch gewisse Mitwirkungsmöglichkeiten ein.

Corporate Governance ist auch in ausgeprägter Weise systemhaft. Sie bildet für sich ein System von komplementären Elementen oder Merkmalen, die sich, wenn es ein gutes und funktionsfähiges oder konsistentes System ist, gegenseitig ergänzen und stützen. Dieses System ist zudem eingebettet in das jeweilige Finanzsystem eines Landes und zumindest nach der Ansicht einiger Wissenschaftler sogar Teil eines noch umfassender zu verstehenden nationalen Wirtschaftssystems. Das gilt im Prinzip für die Corporate Governance aller wichtigen Industrieländer und damit auch für den deutschen Fall. Dessen Stakeholderorientierung trägt zur Gesamtstruktur des Systems bei und wird durch das Zusammenwirken aller Systemelemente der Corporate Governance und des Finanzsystems gestützt.

Das deutsche Modell der Corporate Governance ist im Rückblick verblüffend stabil. Seine Grundzüge haben sich seit dem Ende des 19. Jahrhunderts herausgebildet, dann in der späten Kaiserzeit und der Weimarer Zeit verstärkt. Die Entwicklung der Corporate Governance und des Finanzsystems nach dem zweiten Weltkrieg knüpfte an diese Tradition nahezu bruchlos an. Im letzten Drittel des vorigen Jahrhunderts wurde die deutsche Corporate Governance vor allem durch die Einführung und Erweiterung der gesetzlichen Mitbestimmung zu dem internationalen Musterbeispiel eines stakeholderorientierten Systems. Es gibt, wie noch darzustellen ist, Grund zu der Vermutung, dass die Systemhaftigkeit, das Zusammenpassen der Elemente der deutschen Corporate Governance in ihren konkreten Ausprägungen und mithin auch deren Stakeholderorientierung ursächlich dafür sind, dass das System als Ganzes so lange so erstaunlich stabil war.

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[Erschienen in "Perspektiven der Corporate Governance", herausgegeben von Ulrich Jürgens u.a., Nomos-Verlag, Baden-Baden 2006]

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