Historischer Wirbelsturm "Irene"

Rückversicherer sehen Hurrikan Irene gelassen entgegen


Rückversicherer sehen Hurrikan Irene gelassen entgegen News

Mit dem Wirbelsturm Irene steht der erste schwere Sturm der Hurrikan-Saison im Atlantik vor der Tür. Für die Versicherer wird es damit spannend, denn nach der verheerenden Naturkatastrophenbilanz des ersten Halbjahres sind die verbliebenen Schadenbudgets der Rückversicherer nicht mehr so üppig. Kommen weitere ungewöhnlich schwere Naturereignisse, drohen den Versicherern in der Gesamtjahresbilanz Verluste.

Der Hurrikan Irene hat sich mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 175 Stundenkilometern bereits zu einem Hurrikan der Stärke drei aufgeschwungen und rangiert damit in der mittleren von insgesamt fünf Kategorien. Bislang hat er mindestens fünf Todesopfer gefordert, in Puerto Rico wurden am Montag infolge von Sturmschäden rund 800.000 Menschen von der Stromversorgung abgeschnitten. Inzwischen hat er sich wieder leicht abgeschwächt. Die Prognosen gehen davon aus, dass Irene am Samstagmorgen North Carolina erreichen und sich dann entlang der US-Ostküste nach Norden bewegen wird. Weitere Vorhersagen sind schwierig, weil sie sehr stark davon abhängen, ob sich das Zentrum des Hurrikans weiter über Wasser oder über Land befindet.

Der Risikomodellierer EQECAT geht davon aus, dass sich der Hurrikan aufgrund des nach Norden hin immer kühler werdenden Atlantiks am Sonntag auf die Kategorie zwei abschwächt. Mit dieser Stärke könnte er dann in der Region New Jersey und nicht weit von New York City auf die Küste treffen und noch immer erhebliche Schäden anrichten. Für vergleichbare Hurrikans, die so weit im Nordosten der USA noch ihre Kraft entfalten, muss man schon einige Jahre zurückgehen. Im Jahr 1991 sorgte Hurrikan Bob für große Schäden in den New-England-Staaten nördlich von New York, 1985 ist Hurrikan Gloria auf Long Island nochmals an Land gegangen.

Im historischen Vergleich fielen die Schäden aus diesen beiden Stürmen nach einer Statistik der Hannover Rück für die Versicherer jedoch mit 2,4 Mrd. bzw 3,1 Mrd. US-Dollar (in heutiger Währung) vergleichsweise gering aus. So belastete Hurrikan Ike 2008 die weltweiten Assekuranzen mit 18,5 Mrd. US-Dollar, Ivan 2004 mit 13,8 Mrd. US-Dollar und die Mutter aller Hurrikane Katrina 2005 mit 62,2 Mrd. US-Dollar.

Auch bei den deutschen Rückversicherern schlugen sich Bob und Gloria weniger stark nieder. Deren Experten raten aber davon ab, von früheren Stürmen und Schadenbelastungen auf heutige Ereignisse zu schließen. Zum einen verändere sich ständig die regionale Verteilung der Sachwerte sowie der Grad ihrer Versicherungsdeckung. Zum anderen spiele die Haftungsstruktur für die jeweiligen Schadensfälle eine große Rolle. Je nach dem wie diese aussieht, können sehr hohe Schäden auch dazu führen, dass der Rückversicherer kaum belastet wird, weil der Erstversicherer diese ab einer bestimmten Höhe übernehmen muss.

Zudem sind die Kassen der deutschen Rückversicherer trotz der massiven Belastungen im ersten Quartal nicht leer. Die Munich Re hatte im August ihre Prognose eines positiven Jahresergebnisses unter den Vorbehalt gestellt, dass das verbleibende Budget für alle Großschäden von rund eine Mrd. Euro nicht überschritten wird, wovon rund 600 Mio. Euro für Naturkatastrophen reserviert seien. Bei der Hannover Rück ist man in diesem Jahr noch für eine Großschadenbelastung von 295 Mio. Euro gerüstet, wobei noch etwas zusätzlicher Puffer aus dem recht schadenarmen zweiten Quartal hinzukommt.

Wirklich bedrohlich wären angesichts dieser Budgets nur verheerende Hurrikanserien wie 2005 mit Katrina, Rita und Wilma, die alle drei in den Top 6 der teuersten Hurrikans zu finden sind, oder zumindest in der Größenordnung von Ike, der es hier auf Platz 2 geschafft hat. Der Hurrikan Irene weckt bei den Experten der Rückversicherer trotz aller Vorbehalte gegenüber Spekulationen zunächst keine besonderen Ängste.

Ganz ohne Sorgen bleibt die Industrie aber nicht. Auch für den Fall eines weniger starken Hurrikans - wie es sich bei Irene andeute - könnten sich bei einem Verlauf an der Ostküste entlang die Schäden summieren, so ein Branchenexperte, der namentlich nicht genannt werden will. "Wenn der Hurrikan bis New York die Küste so entlang rasiert, können auch nicht so extreme Stürme und der Regen eine Menge Schaden verursachen", so der Experte weiter.

Die Rückversicherer hoffen also, dass Irene nicht zu stark wütet und ihnen die Bilanz verhagelt. Aber zu ruhig darf die Hurrikan-Saison auch nicht ablaufen: Passiert zu wenig - wie etwa in den vergangenen zwei Jahren - würde das negative Auswirkungen auf die Preise der künftigen Versicherungsprämien haben. Auch das wäre nicht gut für das Rückversicherungsgeschäft.

 

Kommentare zu diesem Beitrag

Klimaforscher /27.08.2011 09:24
Vielleicht werden endlich die Menschen kapieren, dass der Anstieg der Anzahl wetterbedingter Katastrophen ohne den Klimawandel nicht zu erklären ist. Als Schadenprävention ist hier eine massive Verhaltensänderung notwendig, die ich allerdings nicht erkennen kann ... und auf die wir wohl auch noch ein wenig warten dürfen. Der Erkenntnisprozess wird wohl ein recht langer und schmerzhafter ;-(
Schaibel /27.08.2011 11:20
Wenn ich Versicherer wäre, würde ich das Risiko, dass zusammengenagelte Sperrholzplatten einem beim kleinsten Lüftchen um die Nase fliegen, eh nicht versichern ... ;-(
RiskNET Redaktion /30.08.2011 12:20
+++ Volkswirtschaftlicher Schaden durch "Irene" etwa 12 Mrd USD +++

Der Wirbelsturm "Irene" hat nach einer ersten Einschätzung von Ökonomen und Vertretern der Versicherungsbranche einen gesamtwirtschaftlichen Schaden in den USA von mindestens 12 Mrd USD angerichtet. In diese Bewertung fließen sowohl physische Schäden als auch volkswirtschaftliche Einbußen ein. Die Spanne reicht von unterspülten Straßen und zerstörten Häusern bis zum Ausbleiben von Hotelbuchungen.

Die Assekuranzen beziffern die versicherten Schäden auf 3 Mrd bis 6 Mrd USD. Als Daumenregel für den volkswirtschaftliche Gesamtschaden gilt Ökonomen zufolge das Doppelte der Versicherungsansprüche. Noch andauernde Überschwemmungen könnten jedoch die Schadenssumme in die Höhe treiben.

"Irene" hat am Samstag mit der Stärke eins, also der niedrigsten Hurrikan-Kategorie, die USA zunächst in North Carolina getroffen. Zuvor hatte der Sturm in der Karibik noch mit Stärke drei gewütet. Auf dem weiteren Weg nach Norden entlang der US-Ostküste schwächte er sich auf einen tropischen Sturm ab und traf mit deutlich geringerer Kraft auf New York als zunächst befürchtet.
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