Resilience Index

Mit Daten Klimarisiken besser verstehen


Mit Daten Klimarisiken besser verstehen Kolumne

Wetterextreme häufen sich in den letzten Jahren – das ist nicht nur die Wahrnehmung vieler Menschen, sondern wird auch von Klimaforschern bestätigt. Naturkatastrophen infolge des Klimawandels können sich auf die Geschäftstätigkeit von Unternahmen auswirken und zu langfristigen Verlusten führen. Hannah Witzel, Hauptbevollmächtigte bei FM Global, zeigt, wie sich Unternehmen mithilfe von Daten besser gegen die Auswirkungen schützen können.

Der Weltklimarat warnt eingehend vor dem Klimawandel und dessen Folgen. Demnach werde die im Pariser Klimaabkommen vereinbarte Grenze von 1,5 °C Erderwärmung bis 2100 bereits im nächsten Jahrzehnt überschritten. Nahezu alle Szenarien für den menschlichen Treibhausgasausstoß würden eine Temperaturerhöhung um 1,5 °C zwischen 2030 und 2035 voraussagen. Besonders betroffen soll Südwestdeutschland sein. Für Baden-Württemberg sagen Experten sogar einen Temperaturanstieg bis 2040 von 3 °C gegenüber dem Beginn des Industriezeitalters voraus. Sie erwarten daraus resultierend ein "deutlich häufigeres Auftreten von Extremwetterereignissen" und fordern Maßnahmen der Landesregierung zum Schutz vor Hochwasser und Dürren. 

Hannah Witzel | Hauptbevollmächtigte bei FM Global [Bildquelle: FM Global]Hannah Witzel | Hauptbevollmächtigte bei FM Global [Bildquelle: FM Global]

Risiken lassen sich nicht mehr ignorieren 

Staatliche Maßnahmen allein werden nicht ausreichen, auch Unternehmen sollten ihre Gefährdung verstehen, Vorsorge betreiben und ihre Anlagen besser gegen die Auswirkungen des Klimawandels, wie Hitzewellen, Dürreperioden und heftige Niederschläge, schützen. Denn bereits in den letzten Jahren zeigten sich vermehrt Flutkatastrophen, die in dieser Ausprägung früher kaum bekannt waren. 

Hierbei handelt es sich um Überschwemmungen abseits von großen Flüssen, die sehr plötzlich auftreten und sich anders als die Pegel der großen Ströme kaum vorhersagen lassen. Anhaltende Dürre, in deren Folge das Erdreich Wasser sehr schlecht aufnimmt, kann in Kombination mit einem hohen Anteil versiegelter Flächen, für immense Wassermassen sorgen. Wenn diese weder durch den trockenen Boden noch die überlastete Kanalisation aufgenommen werden können, kann es zu Überschwemmungen kommen, die sich unkontrolliert ihren Weg bahnen. 

Für Unternehmen ist es daher ratsam zu verstehen, in welchem Maß sie für derartige Risiken exponiert sind. Nur so können sie in einem weiteren Schritt an Plänen zur Schadenvermeidung arbeiten. Wichtig ist zunächst, eine solide Datengrundlage aus einer Kombination von öffentlich verfügbaren und proprietären Daten zu schaffen. Mit dieser Grundlage können zukünftige strategische Entscheidungen unterstützt werden. Bei der Wahl neuer Geschäftsstandorte, der Bewertung von Lieferketten und Unternehmensrisiken sowie bei der Durchführung von Due-Diligence-Prüfungen im Rahmen von Unternehmenszusammenschlüssen und -akquisitionen sollten heute und in Zukunft Klimarisiken immer mit berücksichtigt werden. 

Resilienz weltweit, regional und lokal betrachten 

Die meisten Unternehmen operieren heute zudem im Umfeld weltweiter Geschäfts-, Liefer- und Kundenbeziehungen. Resilienz – die Widerstandfähigkeit gegenüber Krisen, Katastrophen und Beeinträchtigungen – sollte daher heute immer auch global betrachtet werden. Unterbrechungen von Lieferketten in Asien können beispielsweise beachtliche Auswirkungen auf das produzierende Gewerbe in Europa haben. 

Um Unternehmen mit weltweiten Daten zur Klimasituation zu versorgen, hat FM Global den Resilience Index ins Leben gerufen. Diese Ressource wurde vor dem Hintergrund von langfristiger Nachhaltigkeit erstellt und verfügt über spezielle Filter für Klima- und ESG Faktoren. Das Tool beinhaltet außerdem Bewertungskriterien zur Beurteilung der Faktoren Wirtschaft, Risikoqualität und Lieferkette.

Neben der globalen Perspektive ist es auch wichtig, regionale und lokale Daten zu berücksichtigen. Unterstützung bieten hier neben dem Resilience Index beispielsweise spezielle Karten für Elementarrisiken​​​​​​​, die genauere und lokale Daten beinhalten. Daneben sollten Unternehmen technische Daten zu ihren Gebäuden erheben und durch die Zusammenführung von technischen Daten und Umweltdaten eine ingenieurstechnische Einschätzung für mögliche Gegenmaßnahmen ableiten. Mithilfe von prädiktiven Analysetechnologien können sie ermitteln, welche Anlagen am anfälligsten für einen Schaden sind und wie hoch die relative Wahrscheinlichkeit ist, dass ein bestimmtes Risiko tatsächlich zu einem Schaden führt. 

Im Fall des Hochwasserschutzes kommen als Gegenmaßnahmen vor allem ortsfeste Barrieren in Frage, die das Eindringen von Wasser in Gebäude verhindern können. Außerdem sollten Unternehmen Notfallpläne vorbereiten, diese regelmäßig testen und gegebenenfalls anpassen. Umfangreiche Sachinvestitionen sind dafür nicht notwendig, aber umfassende Vorbereitung kann dazu beitragen, Chaos im Ernstfall zu vermeiden. Langfristig ist es ratsam, bei einer sehr hohen Risikoexposition auch über dauerhafte bauliche Veränderungen oder sogar eine Verlegung des Standorts nachgedacht werden. 

Indirekte Schäden nicht unterschätzen 

Neben den unmittelbaren Schäden und Verlusten durch Katastrophen wie Überschwemmungen sollten Unternehmen auch indirekte Auswirkungen berücksichtigen. Zu diesen kostspieligen Folgeschäden können beispielsweise Produktionsunterbrechungen gehören, die wiederum Lieferschwierigkeiten und somit Umsatzeinbußen verursachen können. Zusätzlich kann es zu einem Reputationsverlust bei Kunden und Anlegern kommen. Schlechtes Krisen-Management kann Unternehmen langfristig substanziell schädigen. Derartige Risiken sind sehr schwer kalkulierbar, sodass keine Versicherung eine Police dagegen zu sinnvollen Konditionen anbieten kann. Stattdessen sollten Unternehmen in ihre Klimaresilienz investieren, um solche Schäden soweit wie möglich zu vermeiden. 

Gemeinsam für die Zukunft planen

Bei allen Überlegungen zur Resilienz sollten auch immer (internationale) Partner einbezogen werden, schließlich arbeiten Unternehmen nicht im isolierten Raum. Und die meisten Unternehmen kooperieren in der Realität mit Geschäftspartnern und Lieferanten in Regionen und Ländern, die gemäß dem Resilience Index als weniger widerstandsfähig gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels gelten. Daran wird sich voraussichtlich auch in Zukunft nichts ändern. vielmehr sind Unternehmen aus verschiedenen Gründen, wie beispielsweise die Verfügbarkeit besonderer Rohstoffe, auf Kooperationen auch in risikoreichen Regionen angewiesen. Daher ist es wichtig, gemeinsam mit Partnern vor Ort Vorkehrungen zu treffen. 
Aktuelle und zukünftige Herausforderungen, die aufgrund des Klimawandels häufiger auftreten, sollten bereits heute in die strategische Unternehmensplanung integriert und bei der Zusammenarbeit mit Partnern berücksichtigt werden. Damit können Unternehmen ihre Anlagen heute schon schützen, um langfristige Wettbewerbsfähigkeit und Resilienz in Zukunft zu gewährleisten.

[ Bildquelle Titelbild: Generiert mit AI ]
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