Korruptionssumpf bei Siemens zieht Kreise


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Die wegen Korruption unter Druck stehende Siemens AG bemüht sich um Schadensbegrenzung: Der Münchener DAX-Konzern hat eine Anwaltskanzlei und einen der Ermittler aus der einstigen Watergate-Affäre mit der Aufarbeitung der eigenen Affäre um Schmiergelder und Schwarze Kassen beauftragt. Die externen Experten sollen die internen Kontrollen bei Siemens verbessern und bei der Aufklärung der Vorgänge mithelfen. Das Bild des Großkonzerns hat dennoch bereits sichtbare Schrammen abbekommen: Auch nach den Ankündigungen von Siemens, die internen Kontrollen zu verstärken, muss Siemens damit rechnen, von Transparency Deutschland ausgeschlossen zu werden. "Unsere Entscheidung wird davon nicht berührt", sagte Peter von Blomberg, stellvertretender Vorsitzender der deutschen Vereinigung gegen Korruption. "Siemens kann nicht länger Mitglied unserer Organisation sein. Offen ist nur noch, in welcher Form Siemens ausscheidet." Aktionärsschützer kündigten zudem an, sowohl Vorstand als auch Aufsichtsrat bei der Hauptversammlung im Januar die Entlastung zu verweigern. Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) will weder dem Vorstand noch dem Aufsichtsrat noch den Wirtschaftsprüfern die Entlastung erteilen. Wenn in der Siemens-Kommunikationssparte 200 Mio. € verschwunden seien, dann müsse das auch einem Wirtschaftsprüfer auffallen, es sei denn, man habe mit Absicht nicht hingesehen, sagte SdK-Vertreter Willi Bender. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG wollte dem Siemens-Aufsichtsrat jüngst die Bilanz 2006 erläutern und zu offenen Fragen Stellung nehmen. Es gebe keinen Anhaltspunkt dafür, dass frühere Bilanzen auf den Prüfstand müssten, sagte Siemens-Sprecher Peik von Bestenbostel. Es gab bereits Spekulationen, dass einige Jahresabschlüsse womöglich revidiert werden müssten.

Heinrich von Pierer mächtig unter Druck

Unterdessen gerät insbesondere Aufsichtsratsvorsitzender Heinrich von Pierer (Foto) unter Druck, da der größte Teil der fraglichen Vorgänge in seine Amtszeit als Vorstandsvorsitzender fällt. "Herr von Pierer ist an der Spitze des Aufsichtsrates nicht mehr haltbar, und das müsste er selbst auch erkennen", sagte der Münchener Wirtschaftsprofessor und Corporate-Governance-Experte Manuel Theisen. Bereits in mehreren Staaten ermitteln Strafverfolger wegen Verdachts der Bestechung und Untreue gegen Siemens-Mitarbeiter. Fünf Beschuldigte sitzen in Untersuchungshaft, darunter ein ehemaliger Bereichsvorstand. Die Münchner Staatsanwaltschaft verdächtigt sie, 200 Mio. € in schwarze Kassen umgelenkt zu haben. Siemens hat nun die internationale und auf firmeninterne Untersuchungen spezialisierte Anwaltskanzlei Debevoise & Plimpton mit einer unabhängige Kontrolle der Compliance- und Kontrollsysteme von Siemens beauftragt. Bei ihrer Arbeit soll die Kanzlei von dem Siemens-Abschlussprüfer KPMG begleitet werden. Zusätzlich soll Debevoise eine unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft beauftragen, sie bei der Untersuchung der Kontroll-Systeme und der Einzelsachverhalte mit ihren "Forensic Accounting"-Experten zu unterstützen.

Um Schadensbegrenzung bemüht

Außerdem berief Siemens mit Michael Hershman einen Anti-Korruptionsexperten und Mitbegründer von Transparency International zum Compliance-Berater berufen. Hershman war leitendes Mitglied des Watergate-Ausschusses des US-Senats. Zusätzlich beruft der DAX-Konzern ab Januar noch einen externen Juristen zum Leiter des Siemens Compliance Office. Erst jüngst hatte Siemens eine unternehmensinterne "Compliance Task Force" unter der Leitung des Zentralvorstandsmitglieds Jürgen Radomski eingerichtet. "Siemens duldet absolut kein ungesetzliches oder regelwidriges Verhalten von Mitarbeitern. Hier gibt es keinerlei Toleranz", erklärte Vorstandsvorsitzender Klaus Kleinfeld. "Wir setzen auch das Wissen und die Erfahrung externer, unabhängiger Experten ein, um konkrete Verstöße festzustellen sowie mögliche Mängel im Siemens-Regelwerk, den Strukturen oder Prozessen aufzuspüren und mit aller Konsequenz zu beseitigen."

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