Forschungsprojekt

Energiewende und Deep Uncertainty


Forschungsprojekt: Energiewende und Deep Uncertainty Wissenschaft

Welche Rolle spielt die Deep Uncertainty in der Energiewende und wie beeinflusst sie das Verhalten von Investoren? Mit dieser Fragestellung beschäftigt sich das Forschungsprojekt von Ulf Moslener, Professor an der Frankfurt School of Finance & Management und seinem Team. Das von Frankfurter Institut für Risikomanagement und Regulierung (FIRM) geförderte Projekt startete im September 2019. Nun liegen die Ergebnisse vor.

Kaum ein Thema prägt die Diskussion um die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung hierzulande stärker als die Energiewende. Das Ziel zur Reduktion der CO2-Emissionen ist klar definiert. Der Weg dorthin ist jedoch alles andere als einfach: Hoher Investitionsbedarf, Zeitdruck, fehlende Infrastruktur, vor allem aber große Unsicherheit über die tatsächlichen Auswirkungen, über technologische Entwicklungen sowie über die politischen und regulatorischen Rahmenbedingungen sind die wichtigen Stichworte. Wie sich diese Unsicherheit auf Investoren und auf den Fortschritt der Energiewende auswirkt, hat das Forscherteam intensiv untersucht. Unter der wissenschaftlichen Leitung von Ulf Moslener sind Christian Haas, Henriette Jahns, Karol Kempa und Yuting Sun der Frage nachgegangen, wie sowohl Regulatoren als auch die Investoren mit dieser Unsicherheit (Deep Uncertainty, DU) umgehen können und ob sie am Ende zu Wohlfahrtsverlusten führen wird.

Fundamentale Unsicherheit

"In unserem Projekt analysieren wir die Rolle dieser Deep Uncertainty ”, erklärt Forschungsleiter Moslener: "Wir wollen wissen, ob sie systematisch die Investitionen in die Energiewende behindert und was das für unsere Gesellschaft bedeutet.
Dazu wurde ein mehrstufiges Vorgehen gewählt. Zunächst wurde der Zusammenhang von DU und der Energiewende untersucht: "Wir zeigen, dass die Energiewende systematisch sehr häufig solche von DU geprägte Situationen erzeugt", erklärt Moslener. Dies führe tatsächlich zu Verzögerungen von Investitionen, unter anderem weil Entscheidungsregeln aus dem klassischen Risiko-Kontext hier typischerweise nicht angewendet werden könnten.

Da die Energiewende ohne privatwirtschaftliche Investitionen kaum zu bewältigen ist, sollte die Politik dies als wichtiges Signal aufnehmen. "Die Glaubwürdigkeit langfristiger Politiksignale ist enorm wichtig", betont Moslener. Auch Transparenz erleichtere die Anwendung von Entscheidungskalkülen in unsicheren Situationen. Die Politik könne zudem erwägen, die für Investitionsentscheidungen genutzten "Decision-Support-Instrumente" aktiv zu unterstützen.

Fallstudien zeigen Auswirkungen von Deep Uncertainty

In der nächsten Stufe wurden die Auswirkungen der DU anhand konkreter Fallstudien zu Kohlekraft, Windkraft und E-Mobilität untersucht. Moslener erläutert am Beispiel des Kohlekraftwerks Datteln 4, wie fundamental ein milliardenschweres Investitionsprojekt über viele Jahre durch immer neue politische und regulatorische Vorgaben beeinflusst wird und nun im Zuge eines geplanten früheren Kohleausstiegs über den Interessenausgleich diskutiert wird.

Ergänzt wird das Forschungsprojekt um konkrete Studien mit Marktakteuren zur Wind-Offshore-Industrie. Hier zeigen sich zahlreiche von DU geprägte Situationen, die keinesfalls nur auf die Anfangsphase des Marktes konzentriert sind. Vielmehr verschieben sich die Quellen der DU über die Jahre vom technischen hin zum politischen Bereich. "Deep Uncertainty hat tatsächlich die Wind-Offshore Expansion und damit deren Beitrag zur Energiewende verzögert", lautet das Fazit der Forschergruppe. Einerseits würden sich die Unsicherheiten in unerwarteten Entwicklungen materialisieren, anderseits würden Akteure vielfach den Wait-and-See-Ansatz wählen und damit ein aktives Vorantreiben der Energiewende zumindest nicht unterstützen.

 

Die Ergebnisse des Projekts sind in drei Reports zusammengefasst:

1. Review Article
Dies ist ein an der akademischen Literatur orientierter Überblick zum Thema. Es wird aufgezeigt, dass eine Deep Uncertainty in der Energiewende systematisch und häufig auftritt. Zusammenhänge werden aus der Literatur abgeleitet.

2. Offshore-Wind-Report
Der Beitrag bietet eine tiefe Analyse der Praxis im jungen Offshore-Markt. Dies wird durch die zahlreichen Einblicke der beteiligten Marktakteure möglich.

3. Cases in Electricity and Transport
Ein Beitrag mit einem eher angewandt-akademischen Charakter. Hier bietet das Forscherteam eine informative und unterhaltsame Parallel-Aufarbeitung von Elektromobilität, Wind-Offshore und dem turbulenten und umstrittenen Neubau des Kohlekraftwerks Datteln 4.

[ Bildquelle Titelbild: Adobe Stock.com / gopixa ]
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