Ifo-Konjunkturuhr weiter im Rezessionsquadranten

Die globale Wirtschaft im Sog der Finanzkrise


Nach Informationen des ifo Institut für Wirtschaftsforschung e. V. - renommiertes "An-Institut" der Ludwig-Maximilians-Universität München - hat sich das Geschäftsklima für die gewerbliche Wirtschaft Deutschlands im Februar wieder abgekühlt, nachdem es sich im Vormonat etwas verbessert hatte. Die seit Monaten anhaltende Verschlechterung der Geschäftssituation der Unternehmen geht auch im Februar weiter. Der Ifo-Geschäftsklimaindex fiel von 83 Punkten im Januar auf 82,6 Punkte. Experten hatten eine Stagnation bei 83 Punkten erwartet. Der Ifo-Geschäftsklimaindex gilt als Stimmungsbarometer der deutschen Wirtschaft. Der Geschäftsentwicklung in den kommenden sechs Monaten sehen die Befragungsteilnehmer jedoch erneut weniger pessimistisch entgegen. Dennoch bleiben die Erwartungen der Unternehmen vorwiegend skeptisch. Insgesamt deuten die Befragungsergebnisse nicht auf eine konjunkturelle Wende hin.

Im verarbeitenden Gewerbe ist der Geschäftsklimaindex weiter gesunken. Die Geschäftslage hat sich bei den befragten Industrieunternehmen abermals verschlechtert. Die Geschäftsentwicklung im kommenden halben Jahr schätzen sie jedoch etwas weniger negativ ein. Das Auslandsgeschäft wird ihrer Ansicht nach weiter schrumpfen. Die Personalplanungen deuten nahezu unverändert auf eine Reduzierung der Beschäftigung hin.

Abbildung: Geschäftslage und Erwartungen nach Wirtschaftsbereichen (Quelle:www.ifo.de)

Der Einzelhandel berichtet von einer etwas günstigeren momentanen Geschäftslage und blickt weniger kritisch auf die Geschäfte in den nächsten sechs Monaten. Das Geschäftsklima hat sich aufgeklart. Die Verbesserung rührt insbesondere aus dem Einzelhandel mit KFZ. Hier scheint die Abwrackprämie zu wirken. Ebenfalls verbessert hat sich das Geschäftsklima im Bauhauptgewerbe. Sowohl die derzeitige Lage als auch die Geschäftsperspektiven stufen die Befragungsteilnehmer günstiger ein. Im Großhandel hat sich das Geschäftsklima dagegen weiter eingetrübt. Die augenblickliche Geschäftslage und die Geschäftsaussichten bewerten die befragten Großhändler zurückhaltender.

Die ifo-Konjunkturuhr verharrt im Rezessionsquadranten

Die Grundidee der ifo-Konjunkturuhr besteht darin, der Geschäftslage zu jedem Zeitpunkt die jeweiligen von den Unternehmen gemeldeten Geschäftserwartungen zuzuordnen. Auf der Abszisse der Konjunkturuhr ist der Lageindikator aufgetragen, auf der Ordinate der dazugehörende Wert des Erwartungsindikators.  Durch das Fadenkreuz der beiden Nulllinien wird das Diagramm in vier Quadranten geteilt, die – gemessen am konkreten Verlauf der Geschäftslage – die vier Phasen der Konjunktur (Aufschwung, Boom, Abschwung, Rezession) markieren. Sind die Urteile der befragten Unternehmen zur Geschäftslage und zu den Geschäftserwartungen per saldo schlecht, d. h. im Minus, so befindet sich die Konjunktur in der „Rezession“ (Quadrant links unten). Gelangt der Erwartungsindikator ins Plus (bei sich verbessernder, aber per saldo noch schlechter Geschäftslage), so gerät man in die Phase Aufschwung (Quadrant links oben). Sind Geschäftslage und Geschäftserwartungen beide per saldo gut, d. h. im Plus, so herrscht „Boom“ (Quadrant rechts oben).

Abbildung: Ifo-Konjunkturuhr Deutschland (Quelle: www.ifo.de)

Weil der Erwartungsindikator dem Lageindikator systematisch um exakt sechs Monate bei einem insgesamt zweijährigen Konjunkturzyklus voraus läuft, bewegt sich die Konjunktur in diesem Diagramm im Uhrzeigersinn in einem Kreis. Die ifo-Konjunkturuhr verharrt für den Monat Februar im Rezessionsquadranten (siehe Abbildung). Das Geschäftsklima ist ein transformierter Mittelwert aus den Salden der Geschäftslage und der Erwartungen für die nächsten sechs Monate.

Weltwirtschaftsklima im Sog der Finanzkrise

Auch das ifo Weltwirtschaftsklima hat sich im ersten Quartal 2009 weiter verschlechtert. Der Indikator fiel auf einen neuen historischen Tiefstand. Der Rückgang des Indikators resultiert ausschließlich aus der ungünstigeren Einschätzung der derzeitigen wirtschaftlichen Lage; die Erwartungen für die nächsten sechs Monate haben sich demgegenüber etwas aufgehellt.
Die Verschlechterung des ifo Wirtschaftsklimas betrifft alle großen Regionen: Ungünstiger als im Weltdurchschnitt ist der Indikator für das Wirtschaftsklima in Westeuropa und in Asien; in Nordamerika entspricht er dem Weltdurchschnitt; in Lateinamerika, Ozeanien, den CIS Ländern und Osteuropa sowie vor allem dem Nahen Osten liegt der Klimaindikator über dem Weltdurchschnitt.
Die Inflationserwartungen für den Jahresdurchschnitt 2009 sind deutlich niedriger als die Inflationsraten des Vorjahres (3,3 Prozent gegenüber 5,4 Prozent). Zudem wird der Preisanstieg im Verlauf der nächsten sechs Monate nach Ansicht der WES-Experten weiter nachlassen. Der Inflationsrückgang ist besonders ausgeprägt in Westeuropa und Nordamerika.


Abbildung: Ifo-Weltwirtschaftsklima 1987 bis 2009 (Quelle: www.ifo.de)


Zinssenkungen erwartet

Angesichts der rezessiven Tendenzen und der spürbaren Verlangsamung des Preisanstiegs wird nahezu überall mit einem weiteren Rückgang der Leitzinsen gerechnet. Auch die Kapitalmarktzinsen dürften nach Ansicht der Ifo-World-Economic-Survey-(WES)-Experten in den nächsten sechs Monaten weltweit sinken, wenn auch weniger als die kurzfristigen Zinsen.

Nach der kräftigen Wertsteigerung des japanischen Yen wird dieser von den WES-Experten erstmals seit 2002 nicht mehr als unterbewertet, sondern sogar als leicht überbewertet eingestuft. Auf der anderen Seite gilt das britische Pfund nach der deutlichen Abschwächung in den vergangenen Monaten nunmehr als unterbewertet. Der US-Dollar wird im weltweiten Durchschnitt als weitgehend angemessen bewertet angesehen. Dementsprechend rechnen die WES-Experten mit einem stabilen US-Dollar im Laufe der nächsten sechs Monate.

[Sonstige Abbildungen: ifo Institut für Wirtschaftsforschung e.V., München]

Kommentare zu diesem Beitrag

Insolvenzverwalter /24.02.2009 12:39
Noch im Frühjahr 2008 hatte das ifo-Institut auf die robuste Verfassung der deutschen Wirtschaft verwiesen. So schnell können sich die Zeiten ändern. Und ich bin mir sicher, dass die Lagebeurteilung und die Erwartungen noch einige Zeit - vielleicht auch Jahre - im Rezessionsquadranten verharren werden. Wenn nun bereits Bundesländer darauf hinweisen, dass sie kurz vor dem Staatsbankrott stehen (siehe Fehlspekulationen der HSH Nordbank), dann benötigt man keine Kristallkugel, um mögliche Zukunftsszenarien zu prognostizieren ...
Jo /24.02.2009 14:58
Es ist die Zeit der Konjunkturprognosen: Optimisten und Schwarzmaler können in Zeiten größter Unsicherheit mit einem breiten Medienecho rechnen. Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Klaus Zimmermann, hat diesbezüglich vor einiger Zeit einen Beitrag geleistet: Die Institute sollten sich eine Pause für Prognosen verordnen, da sie die Menschen derzeit nur verwirrten. Die aktuelle Krise sei so spezifisch, "dass wir sie nicht erfassen können", so Zimmermann.
Moneymaker /24.02.2009 22:18
Bundesbankpräsident Weber hat heute ähnliche Prognosen abgegeben. Er rechnet damit, dass sich der Abwärtstrend der deutschen Wirtschaft weiter fortsetzt, wobei er keinen Zeitpunkt für eine Trendwende nennen wollte: "Wir werden noch eine Weile mit dieser Rezession leben müssen." Auch langfristig sieht er keine positiven Wachstumsaussichten. Was auch immer "langfristig" heissen mag. Interessanter war aber die folgende Aussage: "Sobald die Krise vorbei ist, werden wir die Zinsen schnell wieder anheben müssen. [...] Wir werden nicht zulassen, dass die jetzige Entwicklung zukünftig über Inflation zu Lasten der Preisstabilität und der Vermögen der Bürger geht."
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