BGH verurteilt Deutsche Bank zu 540.000 Euro

BGH-Urteil: Deutsche Bank muss wegen riskanter Zinswetten zahlen


BGH-Urteil: Deutsche Bank muss wegen riskanter Zinswetten zahlen News

Die Deutsche Bank hat im Rechtsstreit um die Aufklärungspflichten beim Verkauf von Zinswetten eine Niederlage einstecken müssen. Wie der Bundesgerichtshof (BGH) am Dienstag entschied, muss das größte deutsche Geldhaus mehr als eine halbe Million Euro Schadenersatz an den hessischen Hygieneartikelhersteller Ille Papier Service zahlen, weil es diesen nicht genügend über die Risiken bei einer sogenannten "Spread Ladder Swap" aufgeklärt habe. Die Deutsche Bank muss nun zwar "nur" 541.000 EUR Schadenersatz zuzüglich Zinsen zahlen. Das Urteil könnte aber weit über den aktuellen Fall hinausreichen und damit weitere Strafzahlungen nach sich ziehen.

Die Deutsche Bank hatte Anfang 2005 einen sogenannten "Spread Ladder Swap" an den Hygieneartikelhersteller verkauft. Ein solches Produkt beruht auf der Differenz zwischen langfristigen und kurzfristigen Zinsen. Die hochriskante Wette war, dass die langfristigen Zinsen stärker steigen als die kurzfristigen. Doch im Fall der hessischen Ille endete das Geschäft mit einem Verlust von über einer halben Million Euro. Ursprünglich wollte der Hygieneartikelhersteller, der laut seiner Webseite 2006 auf einen Jahresumsatz von 38,5 Mio EUR kam, Kreditzinsen sparen.

Deshalb verklagte Ille die Deutsche Bank mit der Begründung, man sei im Vorfeld nicht genügend über die Risiken aufgeklärt worden. Der BGH sah dies offenbar ähnlich und fand deutliche Worte. "Bei einem so hochkomplex strukturierten und riskanten Produkt ... sind hinsichtlich der Risikodarstellung des Anlageprodukts hohe Anforderungen an die beratende Bank zu stellen." Dem Kunden müsse in verständlicher und "nicht verharmlosender Art und Weise" vor Augen geführt werden, dass das unbegrenzte Verlustrisiko nicht nur ein "theoretisches" ist sondern real und ruinös sein kann. Das Verlustrisiko der beratenden Bank sei "von vornherein eng begrenzt", heißt es in dem Urteil weiter.

Eine Klagewelle erwartet die Deutsche Bank nun offenbar nicht. Ein Sprecher sagte, die Zahl der Rechtsstreitigkeiten der Deutschen Bank über Swapgeschäfte sei überschaubar. So lägen derzeit insgesamt acht Verfahren dem BGH vor, weitere 17 Verfahren befänden sich in den Vorinstanzen. Der Streitwert sämtlicher Gerichtsverfahren ist nach Angaben der Bank "sehr begrenzt". Ob und inwieweit auch andere Finanzgeschäfte betroffen sind, lasse sich erst nach Prüfung der schriftlichen Urteilsgründe beurteilen.

Dennoch könnte das höchstrichterliche Urteil Signalwirkung haben. Wie das "Wall Street Journal" am Dienstag berichtet, verkaufte die Deutsche Bank bis 2005 rund 700 Spread Ladder Swaps an mittelständische Firmen oder Kommunen. Der Deutschen Bank ist eine mögliche Signalwirkung wohl nicht verborgen geblieben. In einer ersten Verhandlung vor dem BGH Anfang Februar hatte der Anwalt der Bank, Reiner Hall, im Falle einer Niederlage noch vor einer zweiten Finanzkrise gewarnt.

Der Aktienmarkt sieht dies momentan weniger dramatisch. "Das BGH-Urteil zum Schadensersatz wird erst einmal nur zur Kenntnis genommen", sagte ein Händler am Vormittag. Die Aktie profitiere vom festen Branchenumfeld mit sehr festen südeuropäischen Banken nach der Zustimmung der Euro-Finanzminister zu den Änderungen beim Rettungsschirm. Die Deutsche-Bank-Aktie gewinnt im Mittagshandel rund 1 Prozent.


[Bildquelle: Deutsche Bank]

Kommentare zu diesem Beitrag

Pleitegeier /22.03.2011 22:28
Grundsätzlich ist es sehr zu begrüßen wenn Banken, Versicherungen und Makler bei der Beraterhaftung stärker in die Pflicht genommen werden. Zahlreiche Vertreter dieser Branchen machen immer wieder wegen ihrer Skrupellosigkeit von sich Reden.

Aber bei den wilden Derivaten der Deutschen Bank gibt es zwei Schuldige. Die Bank und die gierigen Käufer. Wie kann man ein Produkt kaufen das man nicht versteht??? Wenn ich im Restaurant eine Speise bestelle die ich nicht kenne, dann werde ich wohl trotzdem die Rechnung bezahlen müssen, auch wenn es nicht schmeckt.

Als ehemaliger Deutsche-Bank-Kunde bin ich schon seit vielen Jahren kein Fan dieses Hauses, aber ein faires Urteil hätte wohl den Schaden 50:50 auf beide Parteien verteilt.
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