Konjunkturanalyse

Aufschwung hat an Stärke und Breite gewonnen


Aufschwung hat an Stärke und Breite gewonnen News

Die führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute zeigen sich optimistischer für die weitere Entwicklung des Wachstums als noch im Frühjahr. In ihrem Herbstgutachten sagten die Ökonomen für dieses Jahr einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 1,9 Prozent und für nächstes Jahr von 2,0 Prozent voraus. Damit hoben sie ihre Prognosen gegenüber dem April kräftig an. Damals hatten sie Zuwächse von 1,5 und 1,8 Prozent erwartet. Sie warnten aber auch vor zunehmenden Anspannungen. Für 2019 sehen sie 1,8 Prozent Wachstum.

"Der Aufschwung der deutschen Wirtschaft hat an Stärke und Breite gewonnen", konstatierten die Konjunkturforscher in ihrer "Gemeinschaftsdiagnose". Neben den Konsumausgaben trügen nun auch das Auslandsgeschäft und die Investitionen zur Expansion bei. Die sehr hohe konjunkturelle Dynamik in der ersten Hälfte des laufenden Jahres wird sich nach den Berechnungen der Institute zwar etwas abschwächen. "Gleichwohl nimmt die Wirtschaftsleistung in diesem und im nächsten Jahr stärker zu als die Produktionskapazitäten wachsen", betonten sie aber. Im Ergebnis steige die gesamtwirtschaftliche Auslastung, und die Wirtschaftsleistung liege über dem Produktionspotenzial.

Die Arbeitslosigkeit geht nach der Prognose der Institute weiter zurück, die Quote sinkt nach ihren Berechnungen auf 5,7 Prozent im Jahr 2017, 5,5 Prozent im Jahr 2018 und 5,2 Prozent im Jahr 2019. Die Zahl der Arbeitslosen soll dann bei 2,380 Millionen liegen, nach 2,460 Millionen im kommenden und 2,541 Millionen in diesem Jahr. Allerdings wird sich der Beschäftigungsaufbau verlangsamen, warnten die Forscher. Der Anstieg der Verbraucherpreise wird nach ihrer Erwartung mit 1,7 Prozent in diesem und im kommenden Jahr merklich höher ausfallen als noch 2016. Für 2019 wird ein weiteres Anziehen auf 1,8 Prozent erwartet.

Erste Anzeichen einer Anspannung

Die Investitionstätigkeit kommt laut den Ökonomen spürbar in Gang, auch wenn die Expansionsraten hinter den Werten früherer Hochkonjunkturen zurückblieben. Da die Kapazitätsauslastung inzwischen hoch sei, dürften die Unternehmen mehr und mehr Erweiterungsinvestitionen vornehmen. Etwas abnehmen dürfte die Dynamik der privaten Konsumausgaben. Dämpfend wirkten hier zum einen eine weiter zunehmende Abgabenbelastung, zum anderen die höhere Inflation.

Der Konjunkturchef des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Stefan Kooths, warnte aber vor zunehmenden wirtschaftlichen Anspannungen. "Da die Konjunktur bereits seit einiger Zeit kräftig aufwärtsgerichtet ist, machen sich in einigen Segmenten der Wirtschaft erste Zeichen einer Anspannung bemerkbar", sagte er. Insbesondere in der Baubranche gäben mehr und mehr Unternehmen an, dass ein Mangel an Arbeitskräften ihre Produktion beeinträchtige.

Die Finanzlage des Staates wird sich nach der Prognose der Wirtschaftsforscher weiter verbessern. "Die staatlichen Einnahmen werden weiter sprudeln, da eine von der inländischen Verwendung getragene Expansion abgabenergiebig ist und umfangreichere Steuersenkungen hier nicht unterstellt sind." Unter Annahme der vorliegenden Haushaltsplanung zeichne sich für dieses Jahr eine Zunahme des Budgetüberschusses des Staates von 26 Milliarden Euro auf 28 Milliarden Euro ab. Er soll im Jahr 2018 auf 37 Milliarden Euro und im Jahr 2019 auf 44 Milliarden Euro zunehmen. Dies entspräche 1,2 Prozent des BIP, nach 1,1 Prozent im kommenden und 0,9 Prozent in diesem Jahr.

Arbeitslosen- und Rentenversicherung im Blick

Die Überschüsse im Staatshaushalt seien "nur zum kleineren Teil konjunkturell bedingt", betonten die Ökonomen. Sie rieten dazu, sich abzeichnende strukturelle Budgetüberschüsse des Staates in Höhe von rund 0,75 Prozent der Wirtschaftsleistung zur Verbesserung der ökonomischen Rahmenbedingungen zu nutzen.

Angesichts einer hohen Abgabenbelastung sprachen sie sich dafür aus, neben dem Einkommensteuertarif auch Beitragssatzsenkungen bei den Sozialversicherungen in den Blick zu nehmen. Spielräume bestünden vor allem bei der Arbeitslosenversicherung. Zudem könnte nach der Analyse der Forscher die gesetzliche Rentenversicherung "konsequenter von versicherungsfremden Leistungen entlastet werden".

Der Schuldenstand des Staates soll laut dem Gutachten in Relation zur Wirtschaftsleistung weiter sinken und im Jahr 2019 die 60-Prozent-Marke unterschreiten "Sofern die nächste Bundesregierung die sich aus den strukturellen Budgetüberschüssen ergebenden Spielräume für Abgabensenkungen oder Mehrausgaben nutzt, wäre die Finanzpolitik nicht nur in diesem, sondern auch im weiteren Prognosezeitraum expansiv ausgerichtet", erklärte Kooths.

[ Bildquelle Titelbild: © ra2 studio - Fotolia.com ]

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RiskNET Redaktion /29.09.2017 08:28
+++ Wirtschaftsstimmung im Euroraum legt stärker zu als erwartet +++

Die Wirtschaftsstimmung in der Eurozone hat im September kräftiger als erwartet zugelegt. Der von der Europäischen Kommission veröffentlichte Sammelindex zur Einschätzung der wirtschaftlichen Entwicklung stieg auf 113,0 Punkte von 111,9 im Vormonat. Das war der höchste Stand seit Juni 2007. Volkswirte hatten nur mit einem Anstieg auf 112,0 Zähler gerechnet.

Die Stimmung hellte sich in der Industrie, im Einzelhandel und im Bausektor auf. Im Dienstleistungssektor und unter den Konsumenten blieb die Stimmung stabil. Der für die gesamte Europäische Union (EU) berechnete Indikator kletterte ebenfalls auf 113,0 Punkte von 111,9 im Vormonat.

Der Sammelindex zur Wirtschaftsstimmung umfasst die Einschätzung von Industrie, Bauwirtschaft und Dienstleistungsgewerbe sowie das Verbrauchervertrauen und die Entwicklung des Einzelhandels.

Für Deutschland sank der Index auf 112,4 Punkte von 111,9 im Vormonat. Auch in Frankreich, Italien und Spanien hellte sich die Wirtschaftsstimmung auf.

Die Zuversicht der Industrie in der Eurozone stieg auf plus 6,6 Punkte von plus 5,1 im Vormonat. Ökonomen hatten einen stabilen Wert von plus 5,1 erwartet. Beim Verbrauchervertrauen für den gemeinsamen Währungsraum wurde ein Indexstand von minus 1,2 Punkte nach minus 1,5 gemeldet. Das entsprach der ersten Veröffentlichung und auch den Prognosen von Volkswirten.
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