Interview mit Nikolaus von Bomhard, Munich RE

Atomunfall-Risiken lassen sich mit klassischen Modellen nicht berechnen


Atomunfall-Risiken lassen sich mit klassischen Modellen nicht berechnen News

Der Vorstandsvorsitzende des Rückversicherers Munich RE, Nikolaus von Bomhard, hält eine Absicherung von Atomunfall-Risiken für Versicherer und Kraftwerksbetreiber nicht für tragbar. "Für die Assekuranz wäre eine weitergehende Risikotragung wegen der Addition der möglichen Schäden nicht verantwortbar", sagte er im Gespräch mit der "Welt am Sonntag" (WamS). Wie hoch eine entsprechende Prämie ohne Staatsgarantie im Hintergrund ausfallen würde, lasse sich "mit unseren herkömmlichen Modellen nicht berechnen." Grundsätzlich gebe es zwar einen Preis für jede Versicherung. "Bei großer Unsicherheit der Berechnung ist er aber außerordentlich hoch. Die Frage ist, wer am Ende die Deckung zu zahlen bereit wäre - der Verbraucher, der Steuerzahler?"

Die Kosten der Katastrophenschäden in Japan würden Munich RE nicht überfordern, sagte von Bomhard und fügte hinzu: "Die höchste Versicherungsdichte verzeichnen wir in der Bucht von Tokio. Dort war die Intensität des Erdbebens bei Weitem nicht so hoch wie weiter nördlich." Zudem habe der Atomunfall in Fukushima für Munich RE nicht "die Relevanz, die er für die Menschen und das Land selbstverständlich hat. Wir versichern Atomrisiken nur in sehr geringem Umfang. Wenn Firmen nur aufgrund der Strahlungsbelastung nicht produzieren können, erhalten sie keine Entschädigung für die Betriebsunterbrechung, da dieser Schaden nicht versichert wird."

Anders sehe es allerdings aus, wenn ein Produzent von seiner Zulieferung abgeschnitten werde. "Dann kommt es auf die Police des einzelnen Unternehmens an", sagte er weiter. Zu den Folgen für die Unternehmensbilanz sagte er: "Wir müssen unsere Verträge in den verschiedenen Sparten analysieren. Noch bebt in Japan die Erde. Wir sind aber vorbereitet - natürlich auch bilanziell." Bei einzelnen Erstversicherern führe die Serie an Großschäden wohl aber zu einer "erheblichen Belastung".

Von Bomhard geht zudem davon aus, dass die Gefahr durch weitere Erdbeben noch nicht vorüber ist. "Experten sagen, dass die mit dem Erdbeben erfolgte Entladung nicht die gesamten Spannung abgebaut hat und sich zudem Spannungen auf angrenzende Zonen übertragen haben. So gesehen ist die Wahrscheinlichkeit von späteren Beben erhöht, aber niemand weiß, wann, wo und in welcher Stärke sie stattfinden."


[Bildquelle: iStockPhoto]

Kommentare zu diesem Beitrag

Panzerknacker /20.03.2011 21:27
Die Aussagen wundern mich nicht. Bestimmte Ereignisse sind einfach nicht kalkulierbar und damit auch nicht versicherbar (z.B. die aktuelle Verkettung von Unglücken in Japan, die Finanzmarktkrisen etc.). Das ist auch gut so, denn sonst wäre der Risikoappetit von Politikern und CEO wohl grenzenlos...
marcus /20.03.2011 22:35
Kalkulierbar nicht ... dann wäre man ja Prophet oder Hellseher. Aber man kann sich mit Hilfe eines angemessenen Krisenmanagement oder auch Business Continuity Managements darauf vorbereiten. Das passiert leider in der Praxis zu selten. da man sich darauf verlässt dass das Undenkbare schon nicht passieren wird. Und so undenkbar war ein Tsunami und ein Erdbeben in Japan nicht (ein Atomunfall übrigens auch nicht)
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