Financial Engineering

Bewertung von Finanzinstrumenten


Arnd Wiedemann (2018): Financial Engineering: Bewertung von Finanzinstrumenten, Frankfurt School Verlag, 577 Seiten, 7. Auflage, Frankfurt/Main 2018 Book Review

Das Buch von Arnd Wiedemann verfolg das Ziel, dass der Leser sich im teilweise intransparenten und mitunter komplexen Dschungel der Finanzinstrumente zurechtfindet. Zu diesem Zweck werden die einzelnen Finanzinstrumente beschrieben und wie sie sich bewerten lassen. Zunächst werden symmetrische Basisinstrumente, wie Straight Bonds oder Floater aber auch derivative Produkt wie Forward Rate Agreements und Swaps beschrieben. Anschließend folgt ein Kapitel zu den asymmetrischen Basisinstrumenten.

Die Welt der Finanzindustrie und der Finanzinstrumente ist weiterhin dynamisch – das haben die turbulenten Ereignisse in den vergangenen Jahren vielen Marktteilnehmern teilweise schmerzhaft vor Augen geführt. In den Turbulenzen der Finanzmarkt-, Banken- und Staatskrisen standen auch die Finanzinstrumente am Pranger. Ihnen bzw. dem missbräuchlichen Einsatz wurde eine Mitschuld an der Krise gegeben, die seit dem Jahr 2007 die Welt in Atem hält. Seitens der Politik wurden daher auch recht schnell Forderungen nach einer stärkeren Regulierung laut, um beispielsweise den Derivatemarkt zu zähmen. So warnt etwa der US-amerikanische Großinvestor, Unternehmer und Mäzen Warren Buffett ("Das Orakel von Omaha") zeit vielen Jahren vor Derivaten. Diese Finanzkonstrukte seien "Zeitbomben" bzw. "Massenvernichtungswaffen", die beiden Seiten schadeten: den Parteien, die sie abschließen sowie dem volkswirtschaftlichen System. Diese Waffen tragen – seiner Ansicht nach – die Gefahr in sich, dass die Finanzinstrumente potenziell tödlich seien. Die Finanzinstrumente und -wetten seien in der Zwischenzeit derart kompliziert, dass sie niemand mehr verstehe. Und weil die Instrumente "mega-katastrophen-riskant" seien, könnten diese ganze Volkswirtschaften vernichten, so Buffet.

Dies ist jedoch nur eine sehr eindimensionale Sicht der Welt des "Financial Engineering". Ein wichtiger Aspekt ist die Erkenntnis, so Wiedemann in seinem Vorwort, dass den besten Selbstschutz ein fundiertes Wissen über die Funktionsweise der Instrumente liefert. Exakt hier setzt das Buch "Financial Engineering". Es liefert eine wissenschaftlich fundierte und doch praxisorientierte Einführung in die Welt der Finanzinstrumente. So kann der Leser sich eigenständig ein Bild von der Funktionsweise eines Produktes aber auch von den "downside"-Risiken sowie "upside"-Risiken machen.

Die erste Auflage der Einführung von Arnd Wiedemann, Inhaber des Lehrstuhls für Finanz- und Bankmanagement an der Universität Siegen, ist im Jahr 2002 erschienen. Nun liegt das Standardwerk in einer komplett aktualisierten und überarbeiteten siebten Auflage vor. So wurde ein neues Kapitel für strukturierte Produkte aufgenommen. Aufgrund ihrer wachsenden Bedeutung werden in dem neuen Kapitel unter anderem auch Garantie-, Bonus- und Hebel-Zertifikate beschrieben. Ein weiteres neues Kapitel widmet sich dem Thema „Ethik im Financial Engineering“. Der Grund hierfür ist recht schnell gefunden: Die ethische Konformität der Finanzindustrie sowie deren Produkte und Leistungen sind in den vergangenen Jahren verstärkt in die Bewertungen der Kunden und Marktteilnehmer eingeflossen.

Nachdem bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Anleihe als Anlageform dominierte, folgten gegen Ende des vorherigen Jahrhunderts asymmetrische Produkte. Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass ihre Gewinn- und Verlustmöglichkeit nicht gleichverteilt sind. Die bekannteste Form ist die Option. So kann mit Optionen beispielsweise an der Entwicklung von Aktien, Zinsen oder Währungen partizipiert werden.

Nachdem eine Vielzahl von verschiedenen Produkten am Markt existiert, wurde in den vergangenen Jahren damit begonnen, diese auch miteinander zu kombinieren. Ähnlich dem Konstruieren eines Ingenieurs wird dieser Vorgang "Financial Engineering" genannt.

Das Buch beginnt einführend – in Kapitel 1 – mit den Grundlagen des Financial Engineering sowie in Kapitel 2 mit den finanzmathematischen Grundlagen, etwa der Bestimmung der Zinsstrukturkurve, der Interpolation von Zinssätzen sowie der Barwertberechnung. Anschließend werden symmetrische Basisinstrumente (Kapitel 3), wie Straight Bonds oder Floater, aber auch derivative Produkte wie Forward Rate Agreements und Swaps erläutert. Anschließend folgen in den Kapiteln 4 und 5 Erläuterungen zu den asymmetrischen Basisinstrumenten. Die Grundlagen hierzu werden am Beispiel von Aktienoptionen erklärt. In einem ersten Block von strukturierten Finanzprodukten werden Kombinationen aus Anleihen und Aktienoptionen vorgestellt und bewertet. Dazu gehören Aktienanleihen, Discount-Zertifikate und index-basierte Anleihen. Im nachfolgenden Kapitel 6 werden Zinsoptionen erläutert und bewertet. Hierzu zählen Anleiheoptionen, Caps, Floors, Collars und Swaptions. Auch sie werden mit den symmetrischen Basisinstrumenten verknüpft. Dies ergibt Produkte wie Callable Bonds, Putable Bonds, Reverse und Leveraged Floater oder gecapte Constant Maturity Swaps (Kapitel 7 zu strukturierten Finanzprodukten mit Zinsoptionen).

In Kapitel 8 werden Wandelanleihen analysiert, die aufgrund ihrer Hybridstruktur sowohl Fremd- wie auch Eigenkapitalbestandteile enthalten. Neben den Varianten mit ausschließlichem Wandlungsrecht für den Investor werden auch Konstruktionen mit zusätzlichem Kündigungsrecht für den Emittenten näher untersucht.
Ergänzend zu den analytischen Bewertungsmodellen kommen Simulationsverfahren immer dann zum Einsatz, wenn analytische Formeln aufgrund der Komplexität der zu bewertenden Produkte an ihre Grenzen stoßen.

Die Konzeption und Methodik der Monte-Carlo-Simulation wird im neunten Kapitel beschrieben.
In Kapitel 10 schließlich diskutiert der Autor Zertifikate als zusammengesetzte Finanzprodukte und stellt verschiedene Zertifikatstypen vor. Abgerundet wird das Buch in Kapitel 11 mit einem kurzen Exkurs zur ethischen Konformität der Finanzindustrie im Kontext Financial Engineering. Hierbei weist Arnd Wiedemann darauf hin, dass die im Buch vorgestellten Finanzinnovationen, strukturierten Produkte oder auch Finanzderivate nicht ex ante unmoralisch sein können. Vielmehr entscheidet erst der konkrete Einsatz vor dem Hintergrund des normativen Rahmens einer Wirtschaftsethik über ihre moralische Konformität. Die Frage nach Ethik im Financial Engineering ist nach Ansicht des Autors eine Frage nach deren Lebensdienlichkeit.

Ein ausführliches Literatur- und Stichwortverzeichnis schließen das Buch ab.

Das Standardwerk von Arnd Wiedemann kann – insbesondere in der erweiterten, überarbeiteten und aktualisierten 7. Auflage – uneingeschränkt allen Praktikern und Studierenden als Einführung in die komplexe Welt der Finanzinstrumente empfohlen werden. Nach der Lektüre und der Bearbeitung der diversen Fallstudien (Lösungshinweise und Excel-Tools kann der Leser im Internet herunterladen) lichtet sich recht schnell der Nebel im Dschungel der Caps, Floors, Plain Vanilla Swaps, Constant Maturity Swaps, Collars und Swaptions recht schnell. Insbesondere Risikomanager und Treasurer (aller Branchen) sollten mit den wesentlichen Grundzügen des Financial Engineering vertraut sein. Denn – wie bereits ausgeführt – bietet ein fundiertes Wissen über die Funktionsweise der Instrumente einen exzellenten Selbstschutz für Unternehmen.

Fazit: Das Standardwerk von Arnd Wiedemann bietet eine didaktisch exzellente Einführung und Vertiefung in die Bewertung von klassischen und modernen Finanzinstrumenten.

[ Source of cover photo: Frankfurt School Verlag ]
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